RoGaz Kaderanalyse 2022: Mittelfeld zentral

Schon bevor wir uns mit der Thematik der Kaderanalyse näher beschäftigt hatten, gab es Positionen bei denen wir mehr Handlungsbedarf gesehen hatten, als bei anderen. Direkt ins Auge stach hier der Bereich des zentralen Mittelfelds. Zwar hatte der FCA bei Arne Maier die Option auf eine feste Verpflichtung gezogen, was durch dessen Leistungen in der vergangenen Saison auch überaus gerechtfertigt war. Auf der anderen Seite ging Niklas Dorsch mit einem Schlüsselbeinbruch in die Sommerpause und musste diesen erstmal auskurieren. Zudem entschied man sich den auslaufenden Vertrag mit Jan Moravek nicht zu verlängern und auch mit Tim Civeja ein Talent aus der eigenen Jugend für eine Saison nach Ingolstadt zu verleihen.

Als Enno Maaßen nach der Generalprobe gegen Stades Rennes auf die personelle Lage angesprochen wurde, fiel der Satz: „Die Spieler schwinden“. Gemeint war hier v.a. auch das zentrale Mittelfeld und kurzfristige Entwicklungen bzgl. dieser Positionsgruppen, auf die wir im folgenden eingehen werden. Vielleicht einmal vorweg: die Positionsgruppen die damit gemeint sind, sind die der 6er, 8er und 10er. Hier gibt es eine gewisse Variabilität. Gegen Rennes waren es vom Start weg 3 Spieler die sich die Aufgaben in diesem Bereich teilten. Mit dieser Größenordnung ist grundsätzlich zu rechnen.

Stammspieler

Niklas Dorsch

Die Stammspieler, die der FC Augsburg im zentralen Mittelfeld zur Verfügung hat, verleiten etwas zum Träumen. Nun hatte Niklas Dorsch etwas Probleme in seine erste Bundesligasaison hineinzufinden. Danach konnte er sein enormes Potential mehrfach zeigen. Er ist ein Rhythmusgeber. Er kann das Spiel beschleunigen oder verlangsamen. In diesem Zusammenhang ist er essentiell für den FC Augsburg, und es gibt im Kader niemanden, der ihn gleichwertig ersetzen könnte. Umso tragischer ist nun der angebrochene Mittelfuß, den er sich gegen Stades Rennes zugezogen hat. 6 Wochen Trainingspause, ca. 8 Wochen bis zum nächsten Einsatz erklären, warum „die Spieler schwinden“.

Arne Maier

Arne Maiers feste Verpflichtung beim FC Augsburg wäre eigentlich ein Selbstläufer gewesen, wenn er nicht geschlaucht von U23 und Olympia beim FCA angekommen wäre und ihn dann sukzessive kleinere Verletzungen und eine Corona-Erkrankung immer wieder zurückgeworfen hätten. Gerade offensiv hat Maier immer wieder entscheidende Impulse gegeben durch seine 8 Scorerpunkte, so dass ich ihn auf der 8/10 stärker sehe, als auf der 6. Insgesamt ist der FC Augsburg allerdings nun schon sehr früh darauf angewiesen, dass Arne Maier fit und in Form bleibt. Er ist ein echter Stützpfeiler des Teams.

Ergänzungsspieler

Freddy Jensen beim FCA nun eher zentral und etwas defensiver. Die Kernfrage bleibt doch aber, ob er dauerhaft gesund bleiben kann. (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Carlos Gruezo

Gruezo ist ein klassischer 6er, der stark darauf spezialisiert ist, gegen den Ball zu arbeiten. In 17 Partien spielte er in der abgelaufenen Saison knapp 1000 Minuten für den FCA. Zu mehr kam es auf Grund einer Verletzung nicht und auch weil er im Spiel mit dem Ball limitiert ist. Gruezo sollte beim FCA eher jemand für die Kadertiefe sein, auch um vielleicht zu helfen eine Führung abzusichern. Den Beweis, dass er die Qualität zum Stammspieler hat, ist er trotz seiner Erfolge mit der Nationalmannschaft in der Bundesliga bisher schuldig geblieben.

Fredrik Jensen

Fredrik Jensen war lange jemand, den man beim FCA offensiver gesehen hat, entweder auf außen, im Sturm oder auf der 10. Enno Maaßen scheint ihn nun eher zentraler und vielleicht auf der 6 zu sehen. Seine stärkste Position sollte die 10 bleiben, wo er – wenn gesund – ein toller Backup für Arne Maier wäre. Gerade die Gesundheit hat ihm aber immer wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht und unter Markus Weinzierl kam es am Ende der abgelaufenen Saison noch nicht einmal mehr zu Kadernominierungen. Seine 12 Einsätze bei 410 Minuten in der letzten Saison zeigen, dass Jensen momentan nicht mehr als ein Ergänzungsspieler sein kann. Auch wenn wir gerne von mehr träumen würden.

Tobias Strobl

Kommen wir zum nächsten, der von Verletzungen außer Gefecht gesetzt wurde. Es war es eine Sprunggelenksverletzung, die Tobias Strobl zum Start der abgelaufenen Saison außer Gefecht gesetzt hatte. Dann folgten genau 5 Einsätze in der Bundesliga, bevor er sich das Kreuzband riss und weiterhin nicht auf dem Trainingsplatz zu finden ist. Ob der 32jährige dem FC Augsburg in der Bundesliga überhaupt noch einmal helfen kann, bleibt dahin gestellt. So dünn, wie die Positionen besetzt sind, hoffen wir auf die schnellstmögliche aller vollständigen Genesungen.

Perspektivspieler

Fabian Wessig im Halbfinale der U19 Deutschen Meisterschaft gegen Hertha BSC Berlin. Viele Einsätze für die U23 letztes Jahr machen Hoffnung auf mehr beim 19jährigen. (Photo by Matthias Kern/Getty Images)

Felix Götze

Felix Götze ist ein Rückkehrer. Er war nun zweimal zum 1. FC Kaiserslautern ausgeliehen und konnte in der abgelaufenen Saison mithelfen, dass die Roten Teufel über die Relegation in die zweite Liga aufsteigen. Unumstrittener Stammspieler war nach seiner Kopfverletzung zu Saisonbeginn nicht mehr, auch weil ihn immer wieder kleinere Wehwehchen außer Gefecht setzten. Für 23 Partien und ca. 1200 Minuten reichte es dennoch. Ob es für die Bundesliga reicht? Ich mag es bezweifeln. Bei einer etwas dickeren Personaldecke würde ich tippen, dass Felix Götze uns noch in dieser Sommerpause fest verlässt. Beim derzeitigen Personalstand wird er uns eventuell als Notnagel erhalten bleiben und seine Chance auf Einsätze gerade zu Saisonstart fast zwangsläufig bekommen.

Mahmut Kücüksahin

Außer man sieht Mahmut Kücüksahin schon so weit, dass man ihm den direkten Sprung zu den Profis zutraut. Kücüksahin hatte letzte Saison als Stützpfeiler die U19 ins Halbfinale um die deutsche Meisterschaft geführt. Daneben bekam er erste Einsatzchancen in der U23. Für diese Saison ist er dort nun voll eingeplant und stand in den ersten beiden Partien direkt auf dem Platz. In der Vorbereitung durfte er bei den Profis reinschnuppern und Enno Maaßen sich ein Bild von ihm machen. Die Einsätze bei der U23 deuten nun an, dass er die Saison dort wohl brauchen wird, um sich weiter zu entwickeln. Der Name sollte uns allerdings dann vielleicht im Winter oder auch in der Saison 2023/24 nicht überraschen.

Fabian Wessig

Auch den 19jährigen Fabian Wessig hat sich Enno Maaßen angeschaut. Wessig kam in der letzten Saison schon im Stamm der U23 des FC Augsburg auf 31 Einsätze. Parallel spielte er um die deutsche U19 Meisterschaft mit. Ein aufregendes Jahr liegt somit hinter ihm. Im Profikader scheint er sich nun vorerst nicht hat festbeißen können. Mal schauen, ob der Name im Profibereich des FC Augsburg noch einmal auftaucht.

Fazit

Enno Maaßen hat auch Mads Pedersen als eine Möglichkeit für die zentralen Positionen ins Spiel gebracht. Pedersen ist allerdings auch auf links oder rechts gefordert und kann nun mal nur einmal spielen. Er wird irgendwo zum Einsatz kommen und sich den Arsch aufreißen, wie wir es von ihm gewohnt sind.

Dennoch braucht es gerade auf den zentralen Positionen Spezialisten, die genau wissen, was dort zu tun ist. Und die Anzahl der Spezialisten für diese Positionen ist schlicht und ergreifend gerade zu gering. Für 3 Positionen gibt es gerade 4 fitte Spieler und der gegen Rennes erkrankte Fredrik Jensen ist hier schon mitgerechnet. Gerade weil Dorsch und Strobl länger ausfallen werden und auch weil es im Kader gerade einmal zwei Spieler mit Stammelf-Qualität gibt, muss hier unbedingt nachgelegt werden. Meine Forderung wäre hier, dass zwei weitere Spieler kommen sollten, auch weil die Ergänzungsspieler nicht so weit zu sein scheinen, dass sie hier helfen können. Ein Neuzugang sollte den Kader in der Spitze verstärken. Ein weiterer eine Ergänzung darstellen. Kandidaten habe ich an anderer Stelle schon früher vorgestellt. Nicht mehr alle sind mittlerweile verfügbar, weil auch andere Vereine nicht untätig bleiben.

So sehr auch ich eine Verkleinerung des Kaders für sinnvoll halte, so hat sie den FC Augsburg im zentralen Mittelfeld an die Grenzen gebracht, bevor die Saison überhaupt gestartet ist. Auf keiner Position sind Neuzugänge gerade so dringend wie dort. Hier wird sich in den nächsten Wochen zeigen, wie Stefan Reuters Transfersommer zu beurteilen ist.

RoGaz Kaderanalyse 2022: Defensive Schiene

Auch in dieser Saison hat das Team der Rosenau Gazette beschlossen, den diesjährigen Kader genauer unter die Lupe zu nehmen. Natürlich sei gesagt, dass das Transferfenster noch ein ganzes Weilchen geöffnet ist. Dieses schließt nämlich erst am 01.09.2022 um 18:00 Uhr. Es kann also noch einiges an Bewegung in die einzelnen Positionen kommen. Franzi hat euch bereits ihr Fazit im Tor genannt und Andi die Innenverteidigung betrachtet. Heute analysier ich eine sehr wichtige Position, da sie für Enno Maaßens System essentiell ist. Die defensive Schiene – links wie rechts.

Linke defensive Schiene

Sieht man sich die beiden Schienen als großes Ganzes an, dann ist die linke Defensivseite wohl diejenige, über die wir uns am wenigsten Gedanken machen müssen. Hier sind wir meiner Meinung nach am besten besetzt und zwar nicht nur, was die Stammspieler, sondern auch die Ergänzungs- und Perspektivspieler angeht. Sollte mal einer der Jungs ausfallen, dann hat unser Coach immer noch den einen oder anderen Spieler in der Hinterhand, dem auch die Fans großes Vertrauen schenken können.

Stammspieler

Iago Amaral Borduchi

Unser brasilianischer Flügelflitzer geht nun tatsächlich schon in seine vierte Saison beim FC Augsburg. Im linken Mittelfeld in der Vorwärts- bzw. in der linken Außenverteidigerposition in der Rückwärtsbewegung dürfte er unter Enrico Maaßen gesetzt sein. Vorausgesetzt natürlich, er bleibt fit. Denn das kennen wir ja von Iago, dass ihn gerne einmal die eine oder andere Verletzung ausbremst. Genau aus diesem Grund, hat er meines Erachtens auch länger gebraucht, um endlich so richtig bei den Fuggerstädtern anzukommen.

Doch gerade in der abgelaufenen Spielzeit konnte er sein Können vollends unter Beweis stellen. Mit wettbewerbsübergreifend 7 Vorlagen landete er hinter Arne Maier auf Rang 2 der besten Vorlagengeber. Zudem steuerte er auch noch selbst zwei Tore gegen Gladbach und gegen Wolfsburg bei.

Mit 35,35 km/h legte er in der Saison 21/22 den drittschnellsten Wert aller Augsburger hin
(Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Ein weiteres Argument, warum Enno hier auf den 25Jährigen setzen wird, dürfte definitiv Iagos Geschwindigkeit sein und die braucht es für das System unseres neuen Coaches. Unser Linksverteidiger knackt regelmäßig die 34 km/h und wurde mehrmals in der Saison 2021/22 zum schnellsten Spieler des Spieltages gekürt.

Mads Pedersen

Natürlich dürfen wir hier auch nicht den nahezu immer gut gelaunten Dänen vergessen, der zuletzt in den Profikader der dänischen Nationalmannschaft berufen wurde. Aus meiner Sicht könnte man auch „Mini“ guten Gewissens in die Startformation aufnehmen, denn auch er hat in der letzten Saison sehr gute Leistungen zeigen können. Seine Tore gegen Bayern (eines meiner persönlichen Saisonhighlights) und gegen Wolfsburg sind dabei nur die Kirsche auf dem Sahnetopping.

Aber auch wenn man einen Blick auf die anderen Leistungsdaten wirft, dann hat Mads definitiv weitere Stärken als seinen unermüdlichen Offensivdrang. Beispielsweise schafft er im Schnitt 1,35 Balleroberungen pro Partie. Das klingt jetzt vielleicht nicht gerade viel, aber ligaweit landet er hierbei auf Rang 28 aller betrachteten Spieler. Und vereinsintern ist er in diesem Punkt sogar der Beste. Noch besser ist er im Bereich Tackling. Seine Quote lag bei starken 50 Prozent, was ihm laut Ligainsider den 18. Platz einbringt.

Zuletzt testete Enno Mads jedoch auch auf anderen Positionen, wo er mich sehr überzeugen konnte. Sei es jetzt im defensiven Mittelfeld oder auch auf der rechten Schiene. Auf diesen Punkt gehe ich jedoch in meinem persönlichen Fazit noch genauer ein.

Ergänzungsspieler

Wie uns die letzten Jahre allerdings gelehrt haben, kann es immer passieren, dass ein Spieler ausfällt. Und gerade unsere beiden gesetzten Linksverteidiger haben es zuletzt geschafft, gerne auch mal zusammen auszufallen. Aus diesem Grund ist es wichtig, auf der einen oder anderen Position auch einen Ausweichkandidaten parat zu haben.

Auf der linken Seite kommen hier gleich mehrere Spieler in Frage. Zwar sehe ich Felix Uduokhai in der Innenverteidigung als gesetzt an. Doch sollte es hart auf hart kommen, dann könnte man ihn auch guten Gewissens auf der defensiven Außenbahn einsetzen, auch wenn das eine sehr defensive Variante wäre. Tatsächlich hat Felix schon das eine oder andere Mal dort gespielt. Zum Beispiel gegen Köln in der letzten oder gegen Hoffenheim in der Saison 2020/21.

Mit Frederik Winther haben wir sogar noch einen zweiten Spieler, der eventuell auf der Schiene aushelfen könnte. Der dänische U21-Nationalspieler hat bisher zwar überwiegend in der Innenverteidigung gespielt, doch bei seinem ehemaligen Club Lyngby BK durfte auch er schon mal Schienenluft schnuppern.

Ebenfalls als linker defensiver Schienenspieler kann Robert Gumny auflaufen. Dies hat er vor allem unter Heiko Herrlich schon des Öfteren gezeigt. Doch da wir ihn – Stand heute – eher im rechten Mittelfeld sehen, gehe ich später noch detaillierter auf ihn ein.

Dasselbe gilt auch für einen jungen Spieler wie Lasse Günther, der ebenfalls schon auf dieser Position spielen durfte und dabei gute Leistungen zeigen konnte. Doch auch ihn setzte Enno Maaßen in den Testspielen auf einer anderen Position ein, weswegen wir ihn eher auf der linken offensiven Außenbahn sehen und im entsprechenden Artikel einen genaueren Blick auf ihn werfen werden.

Perspektivspieler

Auch den Nachwuchs wollen wir hier natürlich nicht außer Acht lassen. Vor allem, weil man mit Aaron Zehnter zuletzt einen Spieler aus den eigenen Jugendreihen mit einem Profivertrag ausgestattet hat. Der 17Jährige Linksverteidiger zeigte in der letzten Saison in der U19 herausragende Leistungen und durfte mit seinem Team über die süddeutsche Staffelmeisterschaft jubeln. Mit wettbewerbsübergreifend 5 Toren und 15 Torvorlagen machte er nicht nur die Verantwortlichen des FC Augsburg auf sich aufmerksam. Doch Aaron entschied sich dazu, die Perspektive bei den Fuggerstädtern zu nutzen.

Immer wieder schön zu sehen, wenn ein Spieler aus der eigenen Jugend einen Profivertrag bekommt

Wir sind uns relativ sicher, dass diese Entscheidung auch mit Einsatzzeit belohnt werden könnte. Schon jetzt in den Testspielen wird der U18-Nationalspieler von Enno Maaßen immer wieder eingesetzt und darf sein Können unter Beweis stellen. Natürlich wird er noch ein klein wenig Zeit brauchen, da das Tempo im Jugendfußball ein ganz anderes ist als im Herrenbereich, aber bisher sieht das schon sehr ordentlich aus. Und man lernt ja am allerbesten in der Praxis.

Rechte defensive Schiene

Wirft man einen Blick in diverse Gruppen in den sozialen Netzwerke, dann ist das wohl schon seit Jahren eine der umstrittensten Positionen des Augsburger Kaders. Keiner der Spieler, die in der letzten Saison hier eingesetzt wurden, konnte die Fanbase so richtig von sich überzeugen. Es erweckte den Eindruck, als würden auf dieser Seite die meisten individuellen Fehler passieren, weswegen ständig ein Neuzugang gefordert wird. Dies ist aktuell allerdings noch nicht geschehen.

Stammspieler

Robert Gumny

Einige lieben ihn und sagen, dass in ihm eine Menge Talent steckt, sodass sie immer noch darauf hoffen, dass er dieses endlich vollends entfalten kann. Für andere wiederum ist er aufgrund der leider doch immer wieder auftretenden individuellen Fehler ein Dorn im Auge. Dem möchte ich aber doch teilweise widersprechen, denn nicht umsonst ist der 24Jährige mittlerweile in der Nationalmannschaft seines Landes gesetzt.

Leistungstechnisch gesehen hat Robert Gumny die Nase einen Tick weit vor der Konkurrenz. Zumindest rein von seiner offiziellen Position aus betrachtet. In der abgelaufenen Saison galt er unter Markus Weinzierl als gesetzt, konnte aber in 28 Bundesliga- und 2 Pokalspielen nicht immer im Positiven von sich reden machen. Immer wieder fielen viel zu leichte Gegentore über seine Seite.

Allerdings muss man dem jungen Polen auch zugute halten, dass er gerade zu Beginn der Saison oftmals nicht auf seiner Stammposition spielen durfte. Zwischen dem 4. und 8. Spieltag wurde er aufgrund von gewaltigen Ausfallproblemen in der Defensive in der Innenverteidigung eingesetzt und musste stellenweise sogar als Abwehrchef ran. Das lag ihm nicht wirklich, wie man sehen konnte.

Trotz allem muss ich leider zugeben, dass mich Gumny in den letzten Testspielen nicht vollständig von sich überzeugen konnte. Das Gegentor in der Partie gegen Dynamo Budweis kassierte man beispielsweise, da Jonas Vais am langen Pfosten vollkommen blank stehen durfte. Also wieder einmal durch einen Deckungs- und Abstimmungsfehler. Dies war nicht das erste und einzige Mal, dass man solche Situationen schon gesehen hat, auch wenn der polnische Rechtsverteidiger natürlich selbst zwei Tore in der Vorbereitung beisteuern konnte. Kurz: Das Team der RoGaz sieht diese Personalie etwas kritisch. Doch gibt es eine Alternative?

Mads Pedersen

Ja, die gibt es! Und deswegen möchte ich an dieser Stelle gerne noch einmal auf unseren kleinen dänischen Wirbelwind zurückkommen. Oben habe ich bereits seine Vorzüge aufgezählt und ebenfalls erwähnt, dass Enno Maaßen „Mini“ auf unterschiedlichen Positionen testet.

Eben auch auf der rechten defensiven Schiene. Dort kam er gegen Dynamo Budweis und auch in der Testpartie gegen Schalke 04 zum Einsatz. Und ich muss sagen, das hat nicht nur mir richtig gut gefallen. Mads raste die komplette Außenbahn rauf und runter und machte es seinen Gegenspielern nicht gerade leicht. Immer wieder stellte er seine Geschwindigkeit unter Beweis und tauchte mehr als einmal gefährlich vor dem gegnerischen Kasten auf.

Amazing finden wir ihn derzeit auch. 😀

Für mich daher eine wirklich sehr gute Option, die unser Coach in Betracht ziehen sollte, falls unsere Verantwortlichen hier nicht mehr auf dem Transfermarkt tätig werden.

Ergänzungsspieler

Raphael Framberger

Bei Raphael Framberger verhält es sich sehr ähnlich wie bei Robert Gumny. Wirklich überzeugt sind wir von ihm nicht, da seine Leistungen doch eher schwankend sind. Mal legt er ein Bombenspiel hin, nur um eine Woche später nicht die vollen 100 Prozent abrufen zu können und Unsicherheit ins Spiel zu bringen.

Für die Startelf reicht es daher aus unserer Sicht nicht. Für das System unseres neuen Coaches braucht es einen Schienenspieler mit starkem Offensivdrang, dessen Flanken von außen gezielt im Strafraum ankommen. Das kann Frami nicht immer zeigen, wie man in den letzten Jahren leider gesehen hat. Seine Stärken liegen eher in der Rückarbeit. Dort kann er seine Robustheit viel besser einsetzen und in puncto Balleroberungen weiterhin glänzen.

Von daher sehen wir ihn tatsächlich eher als Ersatzspieler, auch wenn das bei einem Eigengewächs natürlich schon immer schade ist, aber die Leistung ist letztendlich das, was ausschlaggebend ist.

Daniel Caligiuri

Offiziell ist Daniel Caligiuri natürlich ein offensiver Außenbahnspieler, weswegen wir ihn an anderer Stelle noch einmal ausführlicher betrachten werden. Dennoch muss der gebürtige Villingen-Schwenninger auch hier auftauchen. Wie man nicht nur in den Testspielen sondern auch im Verlauf der letzten Saison sehen konnte, ist Cali für diese Position ebenfalls eine Option.

Allerdings muss man auch hier sagen, dass es momentan aus unserer Sicht eher nur für einen Backup-Platz reichen dürfte. Natürlich ist Daniel ein sehr wichtiger Spieler für den FC Augsburg. Er kann eine sehr große Erfahrung aufweisen, mit der er auch die eine oder andere Schwäche schnell mal ausbügeln kann. Egal ob auf oder neben den Platz, kann er vor allem junge Spieler mitziehen und ihnen sicherlich einige Tricks zeigen. Er zeigt nicht nur Präsenz, sondern ist auch ein Kämpfer durch und durch.

Ein feines Füßchen hat er auf jeden Fall
(Photo by Matthias Kern/Getty Images)

Es wäre so schön, wenn es das Wörtchen Aber nicht gäbe. Und das kommt leider auch hier zum Zug. Gerade im Verlauf der letzten Saison – und auch jetzt in der Vorbereitung – zeigte sich mehrfach, dass Cali geschwindigkeitstechnisch nicht mehr ganz mithalten kann. In der Partie gegen Schalke konnte ihm dadurch mehr als einmal ein Gegner den Ball vom Fuß luchsen. Auch im 1 gegen 1 und in der Ballannahme zeigte er zuletzt einige Schwächen. Dazu muss man aber auch sagen, dass Cali der Mannschaft trotz dieser Kritik dennoch auf dem Platz weiterhelfen kann. Nur vielleicht nicht mehr von Beginn an.

Carlos Gruezo und Felix Götze

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch diese beiden als Nebenposition „Rechtsverteidiger“ in ihrer Vita stehen haben. Beide haben diese Position jedoch kaum gespielt. Da unser defensives Mittelfeld auch nicht gerade üppig besetzt ist, ist davon auszugehen, dass keiner der beiden auf der rechten Schiene spielen wird.

Perspektivspieler

Henri Koudossou

Es ist schön zu sehen, dass wir auch hier ein Talent aus den U-Mannschaften haben, der in Zukunft vielleicht den einen oder anderen Einsatz bei den Profis bekommen könnte. Mit Henri Koudossou wurde nach Aaron Zehnter gleich der zweite Jugendspieler mit einem Profivertrag ausgestattet. Dieser ist bis 30.06.2025 mit Option auf ein weiteres Jahr datiert.

Wir wollen unseren jungen Talenten wieder eine klare Perspektive aufzeigen und sie dabei unterstützen, den Weg beim FCA in die Bundesliga zu finden. Daher freue ich mich sehr, dass wir mit Henri Koudossou ein weiteres Talent langfristig an uns binden konnten, damit er sich hier stetig weiterentwickeln kann.

Geschäftsführer Stefan Reuter über den Vertrag Koudossous

Zwar kam der heute 22Jährige erst im August 2020 vom SV Pullach zu uns in die Fuggerstadt, dennoch machte er vor allem in der letzten Saison mit unserer Zwoten in der Regionalliga Bayern auf sich aufmerksam. Nicht nur aufgrund seiner Geschwindigkeit, die er auf der rechten Schiene regelmäßig zeigen kann, sondern auch mit seinem guten Auge für seine Mitspieler. In 27 Einsätzen scorte er 15 Mal. 4 Buden machte er selbst, 11 bereitete er vor.

Für Enno Maaßen Grund genug, ihn zurecht ins Trainingslager mitzunehmen. Allerdings blieb er dort nicht bis zum Schluss, da er in der U23 gebraucht wird. Das ist auch in Ordnung, denn Praxis ist in diesem Alter das A und O.

Fazit

Zu Beginn möchte ich die Frage in den Raum stellen, welche Eigenschaften ein defensiver Außenbahnspieler in Enno Maaßens System alles mitbringen muss. Da wären einmal natürlich die Geschwindigkeit und der Offensivdrang. Auch die Zusammenarbeit mit den Offensivkräften und eine gewisse Pass- sowie Flankengenauigkeit ist für einen Außenverteidiger bzw. defensiven Schienenspieler unerlässlich. Gleichzeitig muss er aber auch eine stabile Rückarbeit an den Tag legen. Natürlich hat jeder Spieler andere Stärken, weswegen man sagen kann, dass eine gute Mischung wichtig ist.

Ich für meinen Teil sehe uns gerade auf der linken Seite sehr gut aufgestellt. Zwar ist Iago auch nicht immer fehlerfrei oder auch mal verletzt, aber im Großen und Ganzen zeigt er sehr gute Leistungen. Auch in puncto Ersatz braucht man sich keine Sorgen zu machen, da hier genügend Spieler zur Verfügung stehen, die konstant ihr Können auf den Platz bringen.

Anders sieht es wohl auf der rechten defensiven Schiene aus. Bis auf Mads Pedersen, der hier eigentlich positionsfremd ist, konnte uns kein Spieler so richtig überzeugen, da die Schwankungen bzw. die individuellen Fehler auch nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Sollten die Verantwortlichen daher nicht noch einmal auf dem Transfermarkt tätig werden wollen – was ja immer wieder gefordert wird – so sehen wir tatsächlich unseren dänischen Wirbelwind diese Position bekleiden.

Erfreulich ist es auch, dass wir hier gleich zwei Perspektivspieler vorstellen konnten, die sich hoffentlich über die eine oder andere Einsatzminute in der Bundesliga freuen dürfen. Das Potenzial dazu haben sie auf jeden Fall.

RoGaz Kaderanalyse 2022: Innenverteidigung

Die Tage bis zum ersten Pflichtspiel des FC Augsburg werden weniger. Wir wollen die verbleibende Zeit nutzen, um den Kader der Schwaben genauer unter die Lupe zu nehmen. Nach unserer ersten Kaderanalyse Tor geht es heute weiter mit der Innenverteidigung.

Bevor wir auf die jeweiligen Spieler eingehen, soll es kurz um die taktische Ausrichtung des neuen Trainers gehen. Enrico Maaßen favorisiert eine Dreier- respektive Fünferkette. Drei Innenverteidiger sollen in der Zentrale für defensive Kompaktheit sorgen. Zudem soll von diesem Mannschaftsteil der Spielaufbau mitinitiiert werden. Maaßen will beim FCA auch das Spiel mit Ball verbessern. Unterstützt werden die Innenverteidiger von den Schienenspielern auf rechts und links außen, im modernen Fußballsprech auch Wingbacks genannt. Diesen Mannschaftsteil schauen wir uns im nächsten Teil an. Nun zu den nominellen Innenverteidigern im Kader.

Stammspieler

Jeffrey Gouweleeuw

Der Niederländer spielt seit 2016 beim FC Augsburg. Im Kicker-Interview zeigte sich der 31-Jährige zuletzt „sehr zufrieden“ mit seiner Situation bei Rot-Grün-Weiß. Er „hätte es nicht anders gewollt“ als so lange beim FCA unter Vertrag zu stehen. Karriereende in Augsburg? „Gut möglich.“ Gouweleeuw ist absoluter Führungsspieler beim FCA. Dass er die Mannschaft auch in der neuen Saison als Kapitän aufs Feld führt, gilt als sicher.

Gouweleeuw scheint gesetzt, muss sich allerdings fußballerisch etwas weiterentwickeln. 77 Prozent Passquote sind für einen Innenverteidiger okay, gleichzeitig aber auch ausbaufähig. Unter Maaßen soll es weniger Flugbälle geben. Kurzpassspiel statt Lang und Weit. Hier ist Gouweleeuw gefordert. Aus seiner Zeit in Alkmaar, wo er phasenweise Sechser spielte, sollte er es gewohnt sein.

Reece Oxford

Der 23-Jährige war vergangene Saison der auffälligste Verteidiger des FC Augsburg und der Stabilisator im damals noch mit Viererkette agierendem Abwehrbund. Kein Augsburger gewann mehr Zweikämpfe. Am Boden und in der Luft. Der Leuchtturm entschied ligaweit die elftmeisten Kopfballduelle für sich: insgesamt 121. Außerdem kam er auf die größte Laufdistanz (311 Kilometer) und die beste Passquote (87 Prozent) aller FCA-Profis und wurde sowohl zum wichtigsten als auch meistverbesserten Spieler durch die RoGaz-Leser gewählt.

Krönung seiner Weiterentwicklung sind die ersten Tore im FCA-Dress. Gegen Bielefeld (1:1) und Stuttgart (4:1) köpfte Oxford ebenso ein wie im Pokal in Bochum (7:6 n.E.). Im Trainingslager trainierte Oxford nur individuell. Den Saisonstart verpasst der Engländer damit wohl.

Vergangene Saison auch als Torschütze geglänzt: Reece Oxford (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Felix Uduokhai

Der dritte Stammspieler im Bunde blickt auf eine enttäuschende Saison zurück. Nach einer starken ersten Spielzeit im Dress des FCA spielte sich Uduokhai in den Fokus der deutschen Nationalmannschaft. Der 24-Jährige war bei Olympia dabei und wurde für die A-Nationalelf berufen (ohne Einsatz). Dann warfen den Deutsch-Nigerianer mehrere kleinere Verletzungen zurück. Mit 13 Bundesligaeinsätzen, sechs davon als Joker, kann Uduokhai nicht zufrieden sein. In der kommenden Spielzeit sollen es deutlich mehr sein. Vorausgesetz, der Körper spielt mit: „Ich fühle mich sehr gut, vom Fitnesszustand bin ich schon auf einem guten Niveau“, sagte Uduokhai jüngst der Augsburger Allgemeinen. Ist Uduokhai fit, ist er gesetzt. Zusammen mit Gouweleeuw und Oxford wird er die Dreierzentrale bilden.

Ergänzungsspieler

Maximilian Bauer

Schon im Winter machte der FC Augsburg den Transfer perfekt. Bauer kommt vom Bundesligaabsteiger Greuther Fürth. Für die Franken absolvierte der Niederbayer 26 Spiele. In der Hinrunde war Bauer noch unumstritten, dann beorderte in Kleeblatt-Coach Stefan Leitl des Öfteren auf die Bank. Vielleicht nicht schlecht, da solche Rückschläge auf dem Weg zum gestandenen Bundesligaprofi dazugehören. Ein solcher ist der 22-Jährige bisher nicht. Immerhin: Bauer kam zuletzt regelmäßig bei der deutschen U21-Nationalmannschaft zum Zug. Dem Rechtsfuß wird ein großes Potential nachgesagt.

Seine Fähigkeiten unter Beweis stellen durfte Bauer bereits in einigen Testspielen. Weil Positionskonkurrent Oxford noch verletzt ist, wird Bauer wohl zu Saisonstart in der ersten Elf beginnen. In der muss sich der Neuzugang erst einmal behaupten.

Seit September 2021 fünf Einsätze für die DFB-Junioren: Maximilian Bauer. (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Frederik Winther

Druck auf Bauer macht auch Frederik Winther. Der Däne war in der vergangenen Saison Innenverteidiger Nummer vier und kam auf vier Einsätze in der Bundesliga. Und das durchaus solide. In der ersten Pokalrunde gegen Greifswald trug er sich sogar in die Torschützenliste ein. Der dänische Juniorennationalspieler könnte von der Umstellung auf drei Innenverteidiger profitieren. Die Chancen auf Einsätze steigen damit. Gesetzt ist der 21-Jährige freilich nicht.

Robert Gumny

Eigentlich Rechtsverteidiger. Hat in der vergangenen Saison aber auch in der Zentrale agiert, weswegen der Pole auch in der kommenden Spielzeit bei akutem Personalmangel als Innenverteidiger auflaufen könnte. Ebenso wie Felix Götze, den Maaßen aber klar als zentralen Mittelfeldspieler sieht.

Machte vergangene Saison acht Partien als Innenverteidiger: Robert Gumny. (Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Perspektivspieler

Fabio Gruber

Der gebürtige Augsburger durfte mit den Profis ins Trainingslager reisen. Im ersten Test gegen Schwaben Augsburg (5:0) steuerte er sogar einen Treffer bei. Der 19-Jährige gilt als großes Talent, war vergangene Spielzeit unumstrittener Stammspieler in der U23. In der wird er auch in der kommenden Saison eingesetzt werden, so wie am ersten Spieltag gegen Vilzing. Für die Zukunft kann Fabio Gruber aber ein interessanter Mann sein.

Fazit

In der Innenverteidigung ist der FC Augsburg gut aufgestellt. Das Trio Gouweleeuw – Oxford – Uduokhai ist absolut bundesligatauglich. In der Breite hat man mit Neuzugang Bauer und Dänen-Talent Winther weitere Optionen. Hier braucht es keine weiteren Transfers. Ausschlaggebend für eine starke Defensive wird ohnehin sein, wie schnell die Abwehr das System Maaßen adaptieren kann. „Wenn man unseren Kader anschaut“, bilanziert Gouweleeuw, „dann würde die Dreierkette sehr gut passen“.

Jugendwahn oder gar kein Plan?!

Die Sommerpause neigt sich dem Ende zu, der FCA hat das Trainingslager in Österreich beendet und bereits wieder die Rückreise in die Fuggerstadt angetreten. Dank der zahlreichen Testspiele – in Österreich und im Augsburger Umland – kann nun insbesondere in Sachen Nachwuchs eine (vorläufige) Einschätzung gegeben werden. Auch aufgrund der Tatsache, dass die U23 des FCA am vergangenen Samstag bereits in die neue Punktrunde gestartet ist und einige Talente aus der Jugend an Bord waren.

Schmerzhafte Abgänge

Nach dem ebenso überraschenden wie herausragenden Erfolg der Augsburger U19 in der letzten Saison verwunderte es sicherlich kaum einen Augsburg-Fan, dass einige Leistungsträger aus dieser Mannschaft ins Training der Profis eingeladen wurden. Während Linksverteidiger Aaron Zehnter (17, U19) und Mittelfeldspieler Henri Koudossou (22, U23) einen Profivertrag erhielten, suchten die beiden auffälligsten Jugendspieler – Simic und Pejcinovic – ihr Glück abseits des Lechs. Zudem verlies – und dies bereits als Erster – U19 Kapitän Dikeni Salifou den Verein, den defensiven Mittelfeldspieler zog es zum 1.7.2022 zu Werder Bremen.

Noa-Gabriel Simić (17, offensives Mittelfeld) zog es nach der vergangenen Saison zum Ligakonkurrenten Borussia Dortmund und Dženan Pejčinović (ebenfalls 17, Sturm) zum VfL Wolfsburg. Dies ist tatsächlich alles andere als verwunderlich, fielen beide Offensivtalente doch in der abgelaufenen Punktrunde in ihren Teams besonders auf: Während Offensiv-Stratege Simić in 18 Einsätzen für die U19 11 Tore erzielte und für die U17 in 7 Partien deren 6, traf Sturmtank Pejčinović in 21 Partien für die U17 des FCA 12 mal. Auch in der U17 des DFB wusste er zu glänzen, dort markierte er seit seinem Debüt am 06.08.2021 in 16 Einsätzen 17 Treffer. Was für eine Quote!

Erfolgreich bei den U-Nationalmannschaften des DFB, jedoch nicht (mehr) beim FCA: Dženan Pejčinović . Er verließ Augsburg zuletzt in Richtung Wolgsburg.(Photo by Ian MacNicol/Getty Images)

Beide Abgänge sind sicher schmerzlich für den FCA, bis auf eine Ausbildungsentschädigung – laut Transfermarkt erhielt der FCA für Pejčinović 1,25 Mio. € Ablöse – steht der FCA in dieser Sache mit leeren Händen da. Insbesondere bei Pejčinović stellt man sich hier nun schon die Frage: Wäre dieser nicht einem Pepi beispielsweise vorzuziehen? Möglicherweise hätte sich ebenjener 17jährige Stürmer schneller im Profikader akklimatisiert als der US–amerikanische Rekordtransfer. Wäre dieser Abgang dann vermeidbar gewesen? Vielleicht, aber – und hier zeigen viele Finger auf Ex-Trainer Markus Weinzierl – hat in der vergangenen Saison nicht unbedingt auf die Jugend gesetzt. Generell, das haben wir hier bei der RoGaz zuletzt im Rahmen der SpoDi-Serie analysiert, gab es nicht mehr ganz so viele Nachwuchsdebüts des FCA in der Bundesliga.

Mit Adrien Koudelka ist ein einstiger Hoffnungsträger nun vereinslos. Der 1,90 Meter große Innenverteidiger hatte bereits bei den Profis mehrfach mit trainiert, wusste zudem im Trikot der U17 Auswahl des DFB zu überzeugen (13 Einsätze). Nun wird der 20 Jahre alte Verteidiger bei Waldhof Mannheim gehandelt, beim Drittligisten absolviert er diesertags ein Probetraining. Ob er dort einen Vertrag erhält, ist derzeit noch offen.

Ein Abgang auf Zeit ist mit Tim Civeja ein einstiger Shootingstar im Augsburg Dress, ausgebremst von einigen Verletzungen. Nun, nachdem der 20jährige das Abitur erlangt und in der vergangenen Saison bei den Profis keine Rolle gespielt hat, wurde er für ein Jahr an Drittligist FC Ingolstadt verliehen. Der zentrale Mittelfeldspieler, der auch offensiv oder defensiv im Mittelfeld spielen kann, wird aber in Augsburg weiterhin sehr geschätzt und könnte künftig – bei passender sportlicher Entwicklung – eine tragende Rolle bei den Profis spielen.

Welche Nachwuchsspieler sind im Fokus?

Die beiden genannten Spieler stehen dem FCA nun nicht mehr zur Verfügung, dies heißt aber nicht, dass es nicht noch andere talentierte Kicker in den U-Mannschaften gibt.

Aaron Zehnter zog beispielsweise in der letzten Saison alle Blicke auf sich, indem er sagenhafte 18 Scorerpunkte in 19 Spielen sammelte. Bemerkenswert hierbei, dass er neben vier eigenen Treffern satte vierzehn Tore für seine Teamkollegen auflegte. Auch in der Regionalliga konnte der 17jährige bereits Einsatzminuten sammeln, drei Einsätze und 104 Spielminuten stehen hier zu Buche. Für die deutsche U18-Auswahl spielt der gebürtige Münchener seit seinem Debüt am 1.9.2021 ebenfalls überwiegend als Linksverteidiger.

Henri Koudossou schnürte in der vergangenen Runde die Fußballschuhe für die Augsburger U23. Dort wurde er überwiegend auf dem rechten Flügel eingesetzt (RA, RV, RM). Als Rechtsaußen gelangen ihm in 12 Partien zwei Tore und vier Assists, als Rechtsverteidiger in sechs Spielen drei Vorlagen. Im rechten Mittelfeld wusste er ebenfalls zu überzeugen, hier resultierten in drei Einsätzen zwei Treffer und ein Assist.

Maurice Malone und Lukas Petkov sind nun zwei Spieler, die die letzte Saison fernab der Heimat verbracht haben. Während der gebürtige Friedberger Lukas Petkov in Ostwestfalen heimisch wurde und bei Drittligist Verl als Rechtsaußen für Furore sorgte, akklimatisierte sich der Augsburger Offensivallrounder Malone beim Zweitligisten Heidenheim eher weniger. Petkov konnte 37 Partien von 38 möglichen bestreiten, erzielte elf Tore und gab fünf Torvorlagen. Er spielte überwiegend auf den Flügeln, 12 Partien als Rechtsaußen und 6 Partien als Linksaußen. Zudem bestritt er neun Spiele als zentraler Mittelfeldspieler.

Malone hingegen blühte in der Saison 2020/21 bei Wehen-Wiesbaden in der dritten Liga total auf (35 Spiele, 12 Tore, 9 Assists), bei den Heidenheimern in Liga zwei tat er sich hingegen schwer. Dort wurde der gebürtige Augsburger in 20 Spielen eingesetzt, in diesen erzielte er zwei Tore. Überwiegend wurde der Offensivakteur hierbei als Rechtaußen und als Mittelstürmer eingesetzt. Beim FCA hatte er 13 Einsatzminuten gegen den Greifswalder FC im DFB Pokal erhalten und konnte sich dort als Linksaußen präsentieren.

Weitere Spieler, die aktuell oder in der näheren Vergangenheit bei den Profis reinschnuppern durften, sind Davide Dell’Erba (18, zentrales Mittelfeld), Fabian Wessig (19, zentrales Mittelfeld), Franjo Ivanovic (18, Linksaußen), Fabio Gruber (19, Innenverteidiger), Dion Berisha (19, Rechtsaußen), Mahmut Kücüksahin (18, defensives Mittelfeld), Marcel Lubik (18, Tor), Kristijan Taseski (18, Innenverteidiger), Josué Mbila (22, Linksaußen) sowie Mert Kömür (17, offensives Mittelfeld) aus der U19 respektive U23 des FCA.

Die Bundesliga fest im Blick: Klappt es diese Saison für Maurice Malone – unter Neu-Coach Enno Maaßen?! (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Vorbereitung und Trainingslager

Der FCA hat zum Auftakt der Saisonvorbereitung drei Testspiele in der Region bestritten. Das erste Spiel gegen den Bayernligisten Schwaben Augsburg ging vor rund 5000 ZuschauerInnen in der Rosenau mit 5:0 gewonnen. Während Taseski, Ivanovic und Petkov in der Startelf standen, wurden Gruber, Kücüksahin, Mbila und Malone im weiteren Spielverlauf eingewechselt. Auch im zweiten Testspiel – dieses Mal gegen den Regionalligisten Eichstätt in Donauwörth – standen im Angriff Mbila und Malone in der Startformation. Kücüksahin, Ivanovic und Taseski saßen auf der Bank. Beim 1:1 gegen Zweitligist Sandhausen stand jedoch kein Nachwuchsspieler in der ersten Elf. Mbila, Malone, Kücüksahin und Zehnter wurden im Laufe der Partie eingewechselt.

Einige Jugendspieler durften sodann mit den Bundesligaprofis des FCA ins Trainingslager nach Scheffau (Österreich) fahren, darunter Zehnter, Malone, Petkov, Koudossou, Mbila, Kücüksahin, Lubik und Gruber. Petkov absolvierte vor Ort sein Rehatraining, denn er hatte sich gegen Schwaben Augsburg im Testspiel bereits in der 12. Spielminute verletzt und musste vom Platz. Bei der 0:1 Niederlage des FC Augsburg gegen den tschechischen Erstligisten Budweis durfte Offensivspieler Maurice Malone von Beginn an starten, Aaron Zehnter wurde in der 46. Minute für Iago eingewechselt. Zuletzt spielte der FCA am vergangenen Sonntag gegen den Ligakonkurrenten FC Schalke 04: In der ersten Elf fand sich kein Nachwuchsspieler, jedoch wurden Malone und Zehnter im Spielverlauf eingewechselt. Beim 1:1 gegen den Aufsteiger saßen zudem noch Mbila, Petkvo und Lubik einsatzlos auf der Ersatzbank. Gruber, Kücüksahin, Ivanovic, Koudossou und Taseski waren nicht weiter mit von der Partie, da sie fester Bestandteil der U23 des FCA in der Regionalliga Bayern sind. Die Mannschaft bestritt ihr erstes Ligaspiel nach der Sommerpause am vergangenen Samstag gegen Vilzing, das knapp mit 2:3 verloren ging.

Welche Spieler haben nun Chancen?

Insbesondere in der Offensive hat der FCA Probleme. Daher sind hier – auch aufgrund der Vita und des neuen Trainertypus an der Seitenlinie der Augsburger – die Chancen für Jugendspieler am höchsten einzuschätzen. Insbesondere Malone und Petkov wirken hier durch ihre Leihen zu Dritt- respektive Zweitligisten schon am reifsten. Trainer Maaßen schätzt Malone und wünscht sich einen Verbleib in der Fuggerstadt, denn an ihm waren zuletzt St. Pauli und Eintracht Braunschweig interessiert. „Ich bin froh, dass er bei uns ist, und ich bin froh, wenn er bleibt“, wird Maaßen vom kicker zitiert.

Mbila wurde von Enno Maaßen zuletzt in seinem Resümee zur Vorbereitung ausdrücklich gelobt und der Neu-Coach hat ihm eine hohe Einsatzbereitschaft im Training attestiert. Der 22jährige Flügelflitzer ist seit einigen Jahren bereits Leistungsträger der U23 des FCA und konnte hierbei in 56 Partien 8 Tore und 6 Vorlagen erzielen. Gut möglich, dass er zum erweiterten Profikader unter Maaßen gehören wird. Gerade beim aktuellen Verletzungsstand auf den offensiven Außenbahnen. Mbila verblieb als einziger U23 Spieler im Trainingslager, während Gruber, Kücüksahin und Koudossou abreisten.

Aaron Zehnter, zuletzt mit Profivertrag ausgestattet, war der einzige Feldspieler aus der U19 des FCA, der nicht nach dem Testspiel gegen Budweis aus dem Trainingslager abreiste, um beim Regionalligaauftakt der Reserve zu unterstützen. Dies kann man schon als kleinen Fingerzeig erachten, denn der wuselige Außenbahnspieler kann auch ein Profiteur der Verletzungslage der Augsburger auf den Flügeln sein. Dort könnte er sowohl als Backup für Iago fungieren (Mads Pedersen wurde zuletzt mehrfach auf der rechten Verteidigerposition getestet) sowie auch für die verletzten Vargas und Günther auf Linksaußen.

Möchte bald bei den FCA-Profis jubeln: Nachwuchsjuwel Aaron Zehnter. (Photo by Oliver Hardt/Getty Images for DFB)

Aaron Zehnter profitiert auch sicherlich von der Erfahrung bei den Profis, immerhin nahm er auch schon in der Vorsaison an der Vorbereitung der Bundesligamannschaft teil. Lange eingewöhnen musste er sich daher nicht: „Ich wurde sehr gut aufgenommen, alle helfen mir“, so Zehnter. Allerdings braucht er noch eine Weile, um auf das geforderte Niveau zukommen. Zuletzt quälte ihn eine Muskelverletzung, anschließend legte er den qualifizierten Hauptschulabschluss ab. „Man merkt ihm schon an, dass er noch Nachholbedarf hat. Er macht es aber sehr gut“, berichtet Maaßen. Sein linker Fuß ist hier besonders im Fokus, mit diesem schlägt er präzise Flanken und Pässe. Körperlich muss er – wie viele andere Jungspieler auch – noch zulegen, um sich in der Bundesliga zu behaupten. Zehnter ist jedenfalls einer, der Perspektive im Bundesligakader hat und zeigt sich gewillt, den noch steinigen Weg zu gehen: „Ich werde hart arbeiten, mich anbieten und hoffe, ein paar Spiele machen zu können.“

Einer, der vermutlich keine Chance mehr haben wird, ist Benjamin Leneis. Wie zuletzt in der Kaderanalyse bereits erwähnt, war der 23jährige nicht mit ins Trainingslager nach Scheffau gereist. Dafür standen Daniel Klein und Marcel Lubik in Österreich auf dem Trainingsplatz. Insbesondere Lubik (18) ist ein interessanter Spieler, auch er verblieb bis zum Ende im Trainingslager der Profis.

Eine kleine Überraschung war der nachgereiste Mert Kömür, offensiver Mittelfeldspieler der U17, der zuletzt in die U19 aufgestiegen war. Der aktuelle U17-Nationalspieler Deutschlands (3 Spiele, 2 Tore) kann auch im zentralen und defensiven Mittelfeld spielen. Er feierte am 17.07. seinen 17. Geburtstag im Trainingslager in Scheffau. In der U17-Bundesliga gelangen ihm in der zurückliegenden Saison in 16 Spielen 5 Tore und 4 Vorlagen. „Wir wollen ihn mal bei den Profis sehen“, so Christoph Janker über Kömür.

Fazit

Es gibt einige interessante Spieler in den U-Teams des FCA, das ist nicht erst seit gestern so. Die Durchlässigkeit war generell in den letzten Jahren – und hier war nicht nur der angeprangerte Ex-Coach Markus Weinzierl der „Schuldige“ – ausbaufähig. Mit Enno Maaßen gibt es nun einen Förderer der Jugend am Lech, der sich die jungen Talente intensiver anschaut und diese auch ins Training der Profis integriert. Hier ist insbesondere der Austausch mit Neu-Coach Strobl der U23 wichtig, aber auch weiterhin mit Alexander Frankenberger, Erfolgstrainer der eigenen U19. Dass die U19 so Spaß macht und erfolgreich ist, hat sich auch außerhalb Augsburgs rumgesprochen und zeigt sich in den Verpflichtungen respektive Abgängen von drei U-Leistungsträgern. Die Hoffnung wäre hier, wenn sich schon direkte Konkurrenten beim FCA bedienen, künftig höhere Ablösen für Nachwuchstalente zu generieren. Dazu müssten diese aber bestenfalls schon in die Profimannschaft integriert sein.

Mit Aaron Zehnter, Maurice Malone, Lukas Petkov und Mbila scheinen es vier Nachwuchstalente in den erweiterten Kader der Profimannschaft geschafft zu haben. Wer dann tatsächlich von Maaßen berücksichtigt wird, kommt unter anderem auf die gezeigte Trainingsleistung, das gewählte System des Trainers und den aktuellen Verletztenstand an. Gerade auf den Flügeln ist die Personaldecke derzeit dünn, dies bietet Chancen für die Jugend. Um aus Rohdiamanten Bundesligaspieler zu formen, bedarf es allerdings mehr als nur eine Vorbereitung im Trainingslager der Profis. Es bedarf viel mehr langfristige, intensive Beobachtungen, viele Gespräche und Überzeugungsarbeit, Personalentwicklungskonzepte (ja, das gilt auch für Fußballer) und zu guter Letzt braucht es eins: Eine (gute) Perspektive. Denn jeder (junge) Kicker träumt insgeheim von Bundesligafußball, davon träumt auch weiterhin der FCA. Jugendwahn braucht daher einen (langfristigen) Plan.

„Als nächstes Spiele auf dem Mond für Milliardäre?“

Das Trainingslager des FC Augsburg neigt sich dem Ende entgegen. Bevor es wieder gen schwäbische Heimat geht, wollte der FCA gegen den katarischen Erstligisten Al-Duhail testen. Kurzfristig cancelte der Verein die Partie und spielt stattdessen gegen Schalke 04. „Wir waren uns der Sensibilität eines Testspiels gegen einen katarischen Verein bewusst“, sagte Manager Stefan Reuter. Gut so. Tatsächlich warf die Partie nicht nur wegen ihrer sportlichen Bedeutungslosigkeit Fragen auf.

„Igoranz und Doppelmoral“ – UBT kritisiert FCA

Die Ulrich-Biesinger-Tribüne, der Zusammenschluss der Augsburger Fanszene, war empört. In einer aktuellen Stellungnahme war von „Ignoranz, mindestens jedoch Gleichgültigkeit“ des FCA die Rede. Die klare Aufforderung: „Ein Verein, der derart gegensätzlich zu den Werten unseres FCA steht, stellt keinen geeigneten Gegner dar, um sich in Freundschaft zu testen.“ Der irrelevante Kick unter dem Alpenpanorama solle nicht überdramatisiert werden – eine gewisse Doppelmoral aufgrund des vom Verein ausgerufenen Tags der Vielfalt (Test gegen Rennes) wurde dennoch attestiert.

Während wir am 23.07 Vielfalt und Toleranz als Teil unserer Vereinsidentität zelebrieren wollen, findet nur wenige Tage zuvor ein freiwillig organisiertes Testspiel gegen einen Verein statt, der für ein System steht, dass maximal konträr zu eben diesen Werten ist.

Ulrich-Biesinger-Tribüne

Deutliche Worte, die einige Fragen aufwerfen: Verschafft der FC Augsburg dem „System Katar“ ein Stück weit Legitimation wenn er gegen einen katarischen Erstligisten spielt? Und wo zieht man dann die Grenze? Ist die Kritik am Verein gerechtfertigt? Fragen, die man nun nicht mehr vollends zu Ende denken muss.

Die Rosenau-Gazette begrüßt die Entscheidung des Vereins. Das Spiel war vor allem aufgrund des Mangels an Alternativen im Terminkalender gelandet. Und, nicht unwichtig: Nach RoGaz-Informationen ist der Verein keinerlei Verträge eingegangen. Der FCA unterstützte Al-Duhail also nicht finanziell.

Rettig: Katar-WM ist eine Schande

Das Thema scheint damit beendet. Wir wollen die Gelegenheit aber nutzen, um die aktuelle Situation in Katar zu skizzieren. Wir starten mit Worten von Ex-FCA-Manager Andreas Rettig. Der gebürtige Leverkusener, der dem FCA noch sehr verbunden ist, kritisiert Katar deutlich. Im Gespräch mit der Rosenau Gazette bezeichnet Rettig die WM-Vergabe nach Katar als Skandal.

2010 vergab die Fifa die Sommer-WMs 2018 und 2022 gleichzeitig. Katar setzte sich im entscheidenden Wahlgang mit 14:8 gegen die USA durch. „Erst Jahre später stellte man fest, dass es zu dieser Jahreszeit ziemlich heiß in dieser Region wird. Nun wurde flugs der komplette weltweite Spielplan angepasst, damit wir pünktlich zur Winterzeit beim Glühwein die Spiele verfolgen können.“ Die WM geht vom 21. November bis 18. Dezember.

„Wer trifft eine solche aberwitzige Entscheidung und warum?“, fragt Rettig, um die Antwort gleich selbst zu liefern. Die damaligen Mitglieder des Fifa-Exekutivkomitees – ein über weite Teilen korruptes Schurkenkabinett um Franz Beckenbauer und Sepp Blatter. „Ein Drittel der damals stimmberechtigten Mitglieder sitzen oder saßen im Gefängnis.“ Mittlerweile entscheiden alle 211 Fifa-Mitgliedsländer über den WM-Gastgeber. „Zum Glück“, wie Rettig sagt.

„Es ist nur verständlich, dass der Fan diese ausschließlich sportpolitisch und wirtschaftlich motivierten Spiele ablehnt“, meint Rettig. „Warten wir mal ab, was der Fifa als nächstes einfällt: Spiele auf dem Mond für Milliardäre? Ausschließen kann man in diesen Tagen nichts. Nehmen wir es mit Humor und hoffen auf ein PR- und Quoten-Desaster.“

Andreas Rettig mit Jos Luhukay an der Seitenlinie: Beide führten den FC Augsburg gemeinsam in die erste Liga (Photo credit CHRISTOF STACHE via Getty Images)

Amnesty erkennt Rückschritte bei Menschenrechten

Auf Katar ist derzeit ein Scheinwerferlicht gerichtet. Rund 125 Tage vor Start der WM sind die Menschenrechtsverletzungen am Golf aktueller denn je. Amnesty International attestierte dem Emirat in einem aktuellen Lagebericht Rückschritte bei der Umsetzung von Menschenrechten. Reformen gebe es zwar vereinzelt (etwa die Einführung eines Mindestlohns oder lockerere Ausreisemöglichkeiten für Gastarbeiter) – diese würden aber nur schleppend umgesetzt werden. Echte Verbesserungen ließen auf sich warten. Das in der Vergangenheit mit „moderner Sklaverei“ verglichene Kafala-Sytsem sei nur auf dem Papier abgeschafft.

  • Das Kafala-System: Ein System der Bürgschaft, das es auch in anderen Golfstaaten gibt. Arbeitnehmer brauchen einen Arbeitgeber, der für sie bürgt. De facto entsteht eine große Abhängigkeit, weil der Arbeitgeber eine Vielzahl an Rechten und Bestimmungen über den Arbeitnehmer besitzt. Amnesty schreibt von einem Machtungleichgewicht.

Katar hat rund 2,8 Millionen Einwohner, mehr als 2 Millionen davon sind Gastarbeiter. Die meisten kommen aus Indien, Pakistan, Bangladesch oder Nepal. Sie sind für Glanz und Glamour des Wüstenemirats verantwortlich, haben die unzähligen Hochhäuser und Wolkenkratzer aus dem Sand gestampft. Anerkennung bekommen sie dafür kaum. Katar ist nach kaufkraftbereinigtem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf das viertreichste Land der Welt. Der Reichtum gebührt jedoch fast nur den Kataris selbst.

Zur Wahrheit gehört auch: Den Gastarbeitern geht es finanziell teils besser als in ihrer Heimat. Die Menschenrechtslage in Katar ist (wohl auch durch die WM) besser als in anderen Golfregionen. Vorteile gegenüber Saudi-Arbabien oder Bahrain hat das kleine Emirat zudem im Bereich der Pressefreiheit. Dort liegt es im Ranking von Reporter ohne Grenzen auf Rang 119. Keine Topplatzierung. Nur weil die Situation bei den Nachbarn prekärer ist, ist Katar noch lange kein Vorzeigestaat. Als solcher will sich die katarische Herrscherfamilie al Thani jedoch gerne gerieren.

FIFA Präsident Gianni Infantino (L) beim Handschlag mit Katars Emir Sheikh Tamim bin Hamad al-Thani (R) im April 2022. (Photo by FRANCOIS-XAVIER MARIT/AFP via Getty Images)

Katar: Vision 2030 und Sportswashing

Die WM 2022 ist Teil der „Vision 2030“, die Katar als Marke etablieren und das Land in ein positives Licht rücken soll. Dazu zählt auch das Ausrichten von Sportveranstaltungen oder Investitionen in Vereine. In den vergangenen zwölf Jahren fanden mehr als 500 Sportveranstaltungen in Katar statt. Von Fußballspielen bis hin zu Schachturnieren oder Leichtatletik- bzw. Handball-Weltmeisterschaften. Katar investiert in mehrere europäische Spitzenklubs, darunter FC Barcelona, AS Rom, FC Bayern und vor allem Paris Saint-Germain.

Wenn es um Katar geht, ist sehr oft vom „Sportswashing“ die Rede. Darunter versteht man das Ziel von (meist autoritär regierten) Staaten, das eigene Image durch den Sport aufzupolieren. Mit dem Austragen von Sportveranstaltungen wie Formel-1-Rennen oder dem Investieren in Vereine, siehe auch Manchester City oder Newcastle United.

Im Falle Katars wird beim Sportswashing oft nur der monetäre Aspekt beleuchtet. Es steht außer Frage, dass das Emirat finanziell von PSG profitiert. Die Investitionen haben aber noch einen anderen Grund: Katar will sich einen Schutzpanzer gegenüber den Golfnachbarn zulegen. Das aufgrund der Bodenschätze extrem reiche Land, das Gewinne durch PSG-Erfolge eigentlich nicht nötig hat, sorgt sich vor den militärisch stärkeren Nachbarn Iran, Irak und Saudi-Arabien. Spätestens seit dem Einmarsch Iraks in Kuwait 1990, der in den Zweiten Golfkrieg mündete. Katar hat weniger Einwohner als Berlin und zwangsläufig weniger Militärstärke als etwa Saudi-Arabien. Das ist keine Rechtfertigung für Katars Einmischen in den europäischen Fußball, allerdings wichtig, um die katarische Strategie besser zu verstehen: Der Wüstenstaat verfolgt also primär zwei Ziele: Imagepflege und eine Nähe zum Westen. Beides gelingt Katar, das vor wenigen Jahrzehnten ziemlich unbedeutend war, gar nicht so schlecht.

Der katarische Geschäftsmann Nasser Al-Khelaifi: PSG-Präsident, Chef der europäischen Fußball-Klubvereinigung ECA, führendes Mitglied im Organisationskomitee der WM 2022 und sogar Minister in Katar. Oder kurz: der mächtigste Mann im Fußballbusiness. (Photo by FRANCK FIFE/AFP via Getty Images)

Wie die Politik Katar hofiert

Blicken wir auf die Politik und Wirtschaft: Hier hat es Katar geschafft, lukrative Geschäftsbeziehungen zu westlichen Unternehmen aufzubauen. Deutsche Firmen wie die Deutsche Bahn oder die Baufirma Hochtief sind an der immer wachsenden Infrastruktur Katars beteiligt. Etliche andere Firmen wie Volkswagen oder Siemens steigern mithilfe der katarischen Finanzkraft ihre Profite. Über Jahre hat sich Katar zu einem geopolitisch unverzichtbaren Akteur gehievt. Der Wirtschaftsminister tütete jüngst einen Deal für Flüssigerdgas eing.

„Katar ist kein Partner der Wahl, sondern ein Partner der Notwendigkeit“, erklärte Nahost-Experte Sebastian Sons dazu im Sportausschuss des Bundestags. Westliche Regierungen hatten in der Vergangenheit allerdings sehr wohl eine Wahl – haben diese nur schlicht nicht genutzt. Da wären die französischen Präsidenten, die mit als Erste die Nähe zu Katar suchten und diese durch die „katarische Nationalmannschaft Europas“ Paris Saint-Germain zementierten. Nikolas Sarkozy ist hier besonderes zu nennen. Er verabschiedtee ein Gesetz, das katarische Unternehmen in Frankreich von Steuern befreit. Er war maßgeblich daran beteiligt, dass Katar bei PSG (seinem Lieblingsklub) einstieg. Und er soll sich intensiv darum bemüht haben, dass Frankreichs Exko-Mitglied Michel Platini für Katar stimmte. Dazu der ebenfalls nicht unbescholtene Ex-Fifa-Präsident Sepp Blatter: „Katar hat aufgrund höchster politischer Interventionen von französischer Seite gewonnen. Das weiß man, das ist bewiesen.“

Ebenfalls zu nennen sind hier aber auch die USA, die bei mehreren Projekten am Golf mitmischen. Und freilich auch Deutschland. Ex-Kanzlerin Angela Merkel reiste noch 2010 (im Jahr der WM-Vergabe an Katar) nach Doha und lobte die guten wirtschaftlichen Möglichkeiten Katars. Christian Wulff besuchte Katar als Niedersächsischer Ministerpräsident, um Geschäfte mit Volkswagen voranzubringen. Die Liste der politischen Einflüsse auf Katar ist lang, das Thema Katar sehr komplex.

Wie umgehen mit Katar? Das war zuletzt die Leitfrage bei einer Podiumsdiskussion in der Universität Augsburg. Den in der Vergangenheit viel zitierten WM-Boykott wird es nicht geben. Den unnötigen Kick gegen Al-Duhail zum Glück aber auch nicht.

RoGaz Kaderanalyse 2022: Tor

Der FC Augsburg steckt mitten in der Saisonvorbereitung. Trainingsauftakt unter der Leitung unseres neuen Chef-Coaches Enrico Maaßen war vor rund dreieinhalb Wochen. Es folgten u.a. vier Testspiele. Das letzte gegen den tschechischen Erstligisten Dynamo Budweis fand im Trainingslager statt, das der FCA am Sonntag im Österreichischen Scheffau bezogen hat. Seitdem wird fleißig für das erste Pflichtspiel am 31. Juli trainiert. In der ersten DFB-Pokal-Runde geht es für unsere Fuggerstädter zum Niedersächsischen Regionalligisten Lohne. Zeit für uns von der Rosenau Gazette, den Kader für die kommende Saison bis dahin ins Visier zu nehmen. Von hinten nach vorne starten wir mit den Pfosten, die die Welt bedeuten: mit dem Tor.

Stammspieler

Rafał Gikiewicz

In unserem letzten Kadercheck war Rafał Gikiewicz noch die unumstrittene Nummer 1 im Augsburger Tor. Eine bärenstarke Saison 2020/2021 mit einer ganzen Palette an Glanzparaden hatte ihn dazu gemacht. Auch der Zusammenschnitt der vergangenen Spielzeit zeigt nochmal, wo die Stärken des heute 34-jährigen Polen liegen. Zweifellos in seiner Klasse auf der Linie, die er am besten ausspielen kann, wenn er mit Vorrücken solange wartet, bis der Gegner im Strafraum zum Abschluss kommt. Und Giki dann technisch stark und reaktionsschnell parieren kann.

Der „Beton“ begann aber auch zu bröckeln. Auch wenn Gikiewicz wieder alle 34 Bundesligaspiele über die vollen 90 Minuten bestritt, haperte es des Öfteren an der Abstimmung mit Jeff und Co. in der Innenverteidigung. Abschläge gerieten manchmal bedrohlich kurz und auch vermeintlich haltbare, gegnerische Bälle ließ Rafa wegen nicht immer optimalen Stellungsspiels ins Netz. Gerüchte, dass sich der FCA in Gesprächen mit Bielefelds Stefan Ortega befinde, kamen in der Rückrunde auf. Auch über eine Rückkehr von Marwin Hitz wurde in den Medien laut nachgedacht.

Mit so viel guter Laune wie im Trainingslager hat man Giki zuletzt selten gesehen. Strahl weiter so! (Quelle: @FC Augsburg auf Twitter)

Zwar haben sich die Gerüchte nicht bewahrheitet – Ortega ist jetzt Nummer 2 bei ManCity, Hitz gesetzt beim FC Basel. Sie zeigen aber, dass Gikis ehemaliger Stammplatz zu wackeln begonnen hat. Jüngst im Interview räumte er selbst ein, dass er seine Koffer packen würde, wenn sich die Verantwortlichen für einen Neuzugang im Tor entscheiden. Bzw. vielleicht schon gegangen wäre, wenn Enrico Maaßen nicht frischen Wind mitgebracht hätte. Genau darauf kommt es beim Polen jetzt an. Sich das Spielsystem des neuen Trainers anzueignen, in dem er – im Vergleich zu vorher – höher stehen muss. Um sich stärker am Spielaufbau zu beteiligen und Anspielstation zu sein. Allerdings zeigt sich Giki nicht erst im Trainingslager ungemein lernwillig und extrem gut gelaunt:

„Ich freue mich sehr, dass ich mit 34 neue Sachen lernen kann und ich bin wirklich zufrieden.“

Rafał Gikiewicz im Interview mit FCA TV nach dem Spiel gegen Sandhausen am 8. Juli 2022

Sollte es Gikiewicz gelingen, die Vorstellungen von Maaßen umzusetzen, wird er sich den Status als unangefochtene Nummer 1 bis zu seinem Vertragsende 2023 wieder zurückholen. Gelingt das allerdings nicht und Rafal kann sich nicht wie gewünscht ins Aufbauspiel integrieren, dann ist auch noch ein kurzfristiger Wechsel auf der Stammtorhüterposition denkbar. Die Verantwortlichen werden seinen Trainingsfortschritt daher genau beobachten.

Ergänzungsspieler

Tomáš Koubek

Wie schon in der Vorsaison kam Tomáš Koubek 2021/2022 auf genau null Pflichtspieleinsätze und damit nicht im Ansatz an der zwar nachlassenden, aber doch steten Nummer 1 vorbei. Trotzdem ließ sich der 29-Jährige Tscheche, der 2019 bekanntlich für satte 7,5 Mio. € geholt worden war, nicht beirren. In den Testspielen gegen Schwaben Augsburg, Sandhausen und seine Landsmänner aus Budweis durfte sich Koubek jeweils in der zweiten Hälfte beweisen. Beim 1:1-Gegentreffer gegen Sandhausen aus spitzem Winkel sah er allerdings nicht ganz glücklich aus, weil er für meinen Geschmack ein Stück zu weit rauskam. Ansonsten finde ich es als Außenstehende schwierig, seinen sportlichen Status Quo zu beurteilen. Gerade auch in Testspielen.

Klar ist jedenfalls, der FCA hat grünes Licht für einen Wechsel des bisherigen Ersatzkeepers gegeben. Was angesichts seines mutmaßlich gut dotierten Vertrags, der noch bis 2024 läuft, nachvollziehbar ist. Gerüchte, Frankreich winke Koubek wieder, haben sich jedoch nicht bestätigt. Bisher hat sich kein Abnehmer gefunden. FALLS sich bis zum Schließen des Transferfensters am 1. September aber noch einer findet, wird Stefan Reuter hoffentlich so schnell wie möglich einwilligen. Und idealerweise noch ein anständiges Sümmchen für ihn raushandeln. (Aber bitte kein zu anständiges, nicht, dass der Deal am Ende platzt…)   

Daniel Klein
Die Youngsters „Katze“ Klein und Marcel Lubik beim gemeinsamen Torwarttraining am Wilden Kaiser. (Quelle: @FC Augsburg auf Twitter)

Dass ein Weggang von Koubek aus finanzieller (und sportlicher) Sicht zu verkraften wäre, liegt an Daniel Klein. Der heute 21-Jährige, der im Juli 2021 von der TSG Hoffenheim II kam und bis 2025 unter Vertrag steht, hat nun seine erste FCA-Saison hinter sich. Zwar stand er erst zwei Mal im Profikader – Anfang Januar, als er Tomáš Koubek auf der Bank ersetzte. Er spielte aber vor allem in der Rückrunde regelmäßig für die Zwote in der Regionalliga, wo er in seinen 12 Einsätzen fast immer die volle Spielzeit mitnahm. Einzige Ausnahme war die Partie in der Rosenau gegen Unterhaching, in der der Jugendnationalspieler wegen Notbremse früh Rot sah.

Man hat den Eindruck, in Klein wird (spätestens seit Enno Maaßen) viel Zeit investiert. Dass er eifrig trainiert und für sein Alter sehr selbstbewusst agiert. Im Testspiel gegen den VfB Eichstätt stand er dann auch in der ersten Hälfte zwischen den Pfosten und hat dort einen passablen Job abgeliefert. Da unter Maaßen bekanntlich die Jugend stärker gefördert werden soll und offenbar auch wird, ist es für die anstehende Spielzeit daher durchaus denkbar, dass die ehemalige Nummer 3 im Tor in der Hierarchie vorrücken könnte. Das hat kürzlich auch die Viererkette berichtet, die einen Mann direkt im FCA-Trainingslager hat. Abhängen wird Kleins Vorrücken aber auch von den möglichen Transferaktivitäten rund um seinen Kollegen Koubek.   

Benjamin Leneis

Nicht annähernd eine Chance auf die dritte Torhüterposition hat dagegen wohl Eigengewächs Benjamin Leneis. 2015 zur U17 unserer Fuggerstädter gestoßen und 2018 mit dem ersten Profivertrag ausgestattet, ließ sich der gebürtige Münchner letztes Jahr im Gegenzug zu Kleins Verpflichtung in die dritte Liga zum FC Magdeburg verleihen. Das Ziel: Spielpraxis. Obwohl die Leihdauer wohl nicht unbedingt auf ein Jahr festgelegt war, kehrte der 23-Jährige nach nur einer Saison an den Lech zurück. Ein Innenbandriss hatte ihn wochenlang ausgebremst. Nur einmal, im Viertelfinale des Landespokals, durfte er sein Können zeigen. Dementsprechend wurde aus dem Plan, in Sachsen-Anhalt mehr Profiluft zu schnuppern, nichts.

Auch wenn er gegen die Eichstätter im Testspiel in der zweiten Halbzeit für Klein eingewechselt wurde, fand er im aktuellen Trainingslager keine Berücksichtigung. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass Leneis im Kampf um die Torhüterpositionen in der kommenden Saison keine Rolle spielen wird. Vielmehr könnte sich an die letzte noch eine weitere Leihe anschließen, um die restliche Vertragsdauer bis 2024 sinnvoll zu überbrücken. Selbst wenn Koubek seinen Platz räumen sollte.

Beim FC Magdeburg lief es für Benjamin Leneis nicht wie erhofft. (Photo by Karina Hessland/Getty Images)

Perspektivspieler

Marcel Łubik

Als der FCA verkündete, wen er ins Trainingslager mitnimmt, war neben Jugendspielern wie Josué Mbila oder Fabio Gruber, die bereits in den Testspielen auf sich aufmerksam machen durften, von einem weiteren Namen zu lesen: Marcel Łubik, Stammtorwart unserer Augsburger U19, der letzte Saison aus der eigenen U17 kam. Der 18-jährige Deutsch-Pole hatte entscheidenden Anteil daran, dass der FCA das erste Mal seit 29 Jahren die Meisterschaft in der A-Junioren-Bundesliga Süd/Südwest feiern und ins Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft einziehen konnte. In den beiden Halbfinals gegen Hertha BSC, die beide verloren gingen, musste Łubik zwar insgesamt fünf Mal hinter sich greifen. Trotzdem steckt in dem Nachwuchstorwart eine Menge Potential, mit dem er sich perspektivisch nun auch bei Maaßen empfehlen kann. Möglicherweise stattet man den jungen Keeper nach dem Vorbild von Teamkollege Aaron Zehnter sogar mit einem Profivertrag aus, wenn sich auf den Positionen 2 und 3 noch etwas tun sollte.

Fazit

Auf der Torhüterposition ist für die kommende Saison 2022/2023 definitiv mehr Bewegung drin als in der letzten. Waren die Verhältnisse zwischen Stamm- und Ergänzungsspielern letztes Jahr noch glasklar, könnten sich in den nächsten Wochen durchaus noch Änderungen ergeben. Je nachdem, ob Gikiewicz sich seinen Status als Nummer 1 zurückholen kann, ob sich ein Interessent für Koubek findet und ob der junge Klein schon reif für die zweite Position hinter dem Stammkeeper ist. Perspektivisch muss man auch Łubik – nicht nur bei einem verändertem Torhütergefüge in der ersten Mannschaft – auf dem Schirm haben.

Da ich aber davon ausgehe, dass Giki sich mit seinem Ehrgeiz, seiner Disziplin und seinem neu erlangten Enthusiasmus durchbeißen wird, wird sich der Kader höchstens auf den Positionen hinter ihm verändern. Aber selbst wenn, halte ich die Torwartposition – im Gegensatz zu manch anderer Position in der Mannschaft – für keine, um die wir FCA-Fans uns Sorgen machen müssen.

Mit einem weinenden und einem lachenden Auge

Überfällig war es. Seitdem der FC Augsburg den Kauf von Arne Maier fixiert hatte, war es still geworden auf dem Transfermarkt um den Club aus der Fuggerstadt (Achtung Schreibweise liebe Kollegen). Zum einen ist das ok, da der Verein sich ordentlich Zeit genommen hatte, um den richtigen Trainer für die kommende Saison und hoffentlich darüber hinaus zu identifizieren. Und dieser wollte sich auch erst einmal die Spieler, die im zur Verfügung stehen selbst anschauen. Zum anderen wollen auch Spieler Planungssicherheit haben und wissen woran sie sind. Jeder Club mag auch gerne seine Hauptakteure im Trainingslager beinander haben, um Automatismen einzuüben und ein Team zu formen. Und da sind die paar Lücken im Kader des FCA, die es da schon noch gibt, nicht hilfreich. Insofern war es ganz grundsätzlich begrüßenswert am Freitag, dass der FCA seine Themen auf dem Transfermarkt angeht.

Zum Tauschgeschäft selbst

Ganz konkret hat man sich mit dem SC Freiburg auf ein Tauschgeschäft geeinigt. Michael Gregoritsch, der beim FC Augsburg noch einen Vertrag bis zum Sommer 2023 hatte, verlässt den Verein. Dafür erhält der FCA aus Freiburg mit Ermedin Demirovic einen anderen Stürmer im Tausch, der sich in Augsburg bis 2026 bindet. Demirovic ist ein 24jähriger Nationalspieler von Bosnien-Herzegowina, der in 61 Bundesligapartien 7 Tore erzielt und weitere 13 vorbereitet hat. In Freiburg war nun bisher seine längste Profistation mit 2 Jahren. Davor wurde er von Deportivo Alavés immer wieder an unterschiedliche Vereine ausgeliehen. Deutschkenntnisse sind vor allem vorhanden, da er bis zur U19 einige Jugendmannschaften beim HSV und in Leipzig durchlaufen hatte. Sein Geburtsort ist Hamburg.

Mit Michael Gregoritsch verliert der FCA auf der einen Seite seinen effektivsten Offensivspieler der letzten Bundesligasaison. In 25 Partien hatte er 9 mal getroffen. Insgesamt kann man Gregerl getrost als gestandenen Bundesligastürmer bezeichnen. In 188 Partien hat er mittlerweile 40 Tore erzielt und 14 Vorlagen gegeben. Wenn er in Augsburg geblieben wäre, hätte er mit gr0ßer Wahrscheinlichkeit Alfred Finnbogason in Kürze als Rekordschützen beim FCA in der Bundesliga abgelöst (so ihm André Hahn hier nicht in die Quere gekommen wäre). Nachdem sich der FCA mit Gregoritsch anscheinend in diesem Sommer nicht über eine Vertragsverlängerung seines bis 2023 datierten Kontrakts verständigen konnte, war nun die letzte Gelegenheit für den Verein gekommen für Gregoritsch (und seine gute Ausbeute gerade in der Rückrunde) einen Gegenwert zu erhalten.

Und dieser ist mit Falle von Ermedin Demirovic mehr als ok. In beiden Lagern gibt es Kritiker des Deals, so dass es sich um eine recht ausgewogene Angelegenheit auf dem Papier zu handeln scheint. Einerseits hat Demirovic sein Potential in der Liga schon gezeigt. Er kennt die Bundesliga und benötigt wenig Akklimatisationszeit. Dazu hat er das Potential im richtigen Umfeld sich in seinen Leistungen zu steigern, gerade weil er in Enno Maaßens System wohl auf mehreren Positionen (u.a. auch rechts) flexibel einsetzbar ist. Zusätzlich bindet er sich in Augsburg bis 2026 und der Verein hat nach dem Abgang von Alfred Finnbogason und im Zusammenspiel mit Gregerls Abschied die Stürmer-Position nachhaltig verstärkt. Andererseits ist es ok, dass der FCA nicht riskieren wollte, Gregotisch im nächsten Sommer ablösefrei zu verlieren. An sich gibt an dem Tauschgeschäft somit nichts zu meckern.

Mit Ermedin Demirovic stößt ein Offensivspieler zum FCA, der sich in der Liga mit 20 Scorerpunkten in 2 Jahren schon einen Namen gemacht hat. (Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Der Abschied tut weh

Und dennoch berührt mich dieser Transfer emotional. Einerseits ist dort Gregoritschs Wandel in der vergangenen Saison. Nachdem er schon einmal Augsburgs absoluter Leistungsträger im Sturm war, kam eine lange Durststrecke inkl. Leihgeschäft nach Schalke. Und vor der letzten Saison gab es doch einige, die Gregerl nicht mehr viel zugetraut hatten. Gregerl hatte sich nach Christoph Jankers Aussage im FuF-Poddy „neu erfunden“. Er hatte extrem hart daran gearbeitet, wieder in die Erfolgsspur zurück zu finden. Mit seiner Abschlussstärke und diesem bewiesenen Mentalitätswechsel wird er sportlich der Maaßenschen Elf fehlen. Ich persönlich hätte mir sehr gewünscht, dass um ihn herum die Mannschaft der nächsten Jahre Form angenommen hätte.

Auf der anderen Seite ist Gregerl einfach ein guter, offener Typ. Da ist zuforderst die offensichtliche, die humorvolle Seite, die er in vielen Interviews und „Was Woisch?“ Clips gezeigt hat. Ich werde es vermissen, wie er „Stimmt’s oder stimmt’s nicht“ sagt. Das Leben ist halt nicht nur bierernst und Gregerl hat Humor. Dieser Humor hat auch dazu geführt, dass er einer gemeinsamen Aktion zugestimmt hat, in der wir ihn mit dem Slogan „Neigschaut“ auf T-Shirts gepackt hatten. In diesem Zusammenhang kam eine seiner weiteren positiven Seiten zum Tragen, denn Gregerl hat mit Tor.Chance einen Spendenverein, dessen vier Eckpfeiler die Integration, Inklusion sowie Förderung und Unterstützung von vermeintlich benachteiligten und schwächeren Kindern und Jugendlichen sind. Wir haben hier sehr gerne mit unterstützt und über die T-Shirt-Aktion für den Verein Geld gesammelt.

Hinter alle dem steht der Mensch Michael Gregoritsch. Gerne wird er als „sensibel“ bezeichnet. Ich liebe es an ihm, dass er seine Emotionen nicht hintern eine Fassade verbirgt, sondern offen über sie spricht. Wie sehr ich ihm den Treffer, in der Nationalmannschaft gegönnt habe zum ersten EM-Sieg der Österreicher überhaupt. Bei ihm merkt man sehr direkt, was ihm der Fußball bedeutet. Und er hat kein Problem z.B. im Interview mit Tiziana Höll sich zu öffnen und diese Emotionalität offen und authentisch einzugestehen. Dort hatte er auch kein Problem damit zu thematisieren, dass er psychologische Unterstützung an Bord hat, oder auch seine ablehnende Haltung ggü. der WM in Katar offen zu kommunizieren. Ich selbst durfte mich mit Gregerl über seine österreichische Heimat unterhalten und habe selten so einen offenen Interviewpartner erlebt. Die Tour nach Graz würde ich immer noch gerne jederzeit mit ihm machen.

Gregerl werde ich nicht nur auf dem Platz vermissen. Einfach ein guter Typ! (Photo by Alexandra Beier/Getty Images)

Wehmut und Neubeginn

Insofern trifft mich der Verlust von Gregerl als Mensch und Persönlichkeit mehr, als die sportliche Komponente des Transfers. Gregerl ist ein Juwel in Zeiten, in denen viele Profis, aus Angst sich angreifbar zu machen, möglichst wenig bzw. nur glatt geschliffenes über sich preis geben. Mit Gregerl kann man sich auf einer menschlichen Ebene identifizieren. Dabei muss man ihn nicht mögen, auch wenn das sehr leicht fällt, wenn man ihm zuhört und sich auf ihn einlässt.

Nun ist das Geschäft, wie es ist. Es bleibt mir nichts anderes übrig als Gregerl auf diesem Weg die besten Wünsche für seinen weiteren Weg mitzugeben. Ich bin davon überzeugt, dass er diesen auf dem Platz und abseits davon gehen wird. Und an 32 von 34 Spieltagen werde ich ihm die Daumen drücken. International mit dem Sport Club sowieso.

Daneben heißen wir Ermedin Demirovic in Augsburg herzlich willkommen. Gerade die nächste Saison bietet eine große Chance überraschend fett durchzustarten. Lass es uns gemeinsam angehen!

Achtung: Fehleralarm!

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Es ist manchmal etwas schwierig, den Verantwortlichen des FC Augsburg zu folgen. So vom Verständnis her. Einerseits hat man eine Phase der neuen Offenheit eingeleitet. Offenheit wird als wichtiger Wert benannt. Auch ich hatte das gefordert, in dem ich die sogenannte Wagenburg einreißen lassen wollte. Stefan Reuter war im Interview bei der Augsburger Allgemeinen, Enrico Maaßen bei a.tv (Ausstrahlung Mittwoch 18:45 Uhr oder auf Abruf in der Mediathek), Christoph Janker als Überraschungsgast beim Podcast Feuer & Flamme (seit diesem Montag abrufbar). Naiv wäre der, der jetzt glaubt, damit würde alles besser. Ich frage mich derweil: Warum erst jetzt? Und hält das an, auch wenn die Kritik, die es massenhaft an den Verantwortlichen in diesem Sommer gab, wieder etwas abklingt? Oder ist es vielleicht nur eine große Beruhigungs-Show?

Andererseits ist es doch auch interessant, was die Verantwortlichen, denn bei all der Offenheit so kommunizieren. Sie geben zu, dass in der jüngsten Vergangenheit nicht alles optimal lief (eine leichte Untertreibung, wenn man den Vorgängen folgt). Es fällt ihnen dennoch schwer Fehler konkret zu benennen. Dies möchte ich gerne an einer Entscheidung festmachen: der Verpflichtung von Markus Weinzierl zum Ende der vorhergegangen Saison.

Der FCA unter Markus Weinzierl

Ja, Markus Weinzierl hat in den letzten Spielen der Saison 2020/21 mit dem FCA die Klasse gehalten. Mit mehr Glück als Verstand. Gegen Bremen bedurfte es eines dummen Platzverweises auf Bremer Seite. Und es war meiner Meinung nach ein Fehler, den FCA unter Heiko Herrlich überhaupt in diese Situation schlittern zu lassen.

In 2021/22 wurde es unter Markus Weinzierl nun nur noch schlimmer. Spieler wie Ruben Vargas fielen in ein spielerisches Loch. Die Mannschaft stagnierte bestenfalls. Es gab weiterhin Spiele, in denen sie einbrach. Insgesamt etablierte Weinzierl weder ein erfolgsversprechendes Spielsystem noch war eine deutliche spielerische Entwicklung zu sehen. Träume zerplatzten. Und Weinzierl ergriff die Flucht nach vorne, in dem er nach dem letzten Spieltag selbst verkündete nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Eine Anschlussbeschäftigung ist kurzfristig nicht in Sicht.

Was sich im Nachhinein allerdings als noch viel tragischer erweisen könnte, sind die mangelhaften Entwicklungschancen vieler Jugendspieler, die Markus Weinzierl diesen bot. Tim Civeja blieb komplett ohne Kadernominierung, genau wie einige andere, und hat den FCA schon per Leihe nach Ingolstadt verlassen. Mit Dejan Pejcinovic sah das größte Talent des FCA-Nachwuchsleistungszentrums keine ausreichende Perspektive beim FCA und wird dem FCA wohl in diesem Sommer den Rücken kehren. Ansonsten hätte man die Vertragsverlängerung wohl schon längst unter Dach und Fach bringen können und Pejcinovic in den ersten Vorbereitungsspielen gesehen. Es war klar, dass Weinzierl schon in seiner ersten Phase kein Trainer war, unter dem die Jugendspieler groß Chancen bekamen. Und trotzdem nahm man es in Kauf, dass hier Porzellan unwiederbringlich zerschlagen wird.

Mit der dargestellten Agilität hätte Stefan Reuter, Heiko Herrlich früher den Rücken kehren sollen. Die Weinzierl-Verpflichtung ist ein hausgemachter Fehler. (Photo by LEON KUEGELER/POOL/AFP via Getty Images)

Die andauernde Rechtfertigung

Und so bildet sich zumindest bei mir der Eindruck, dass es besser gewesen wäre Markus Weinzierl gar nicht erst zu verpflichten. Heiko Herrlichs Schwächen waren offensichtlich. Im Nachhinein hätte man auf der Trainerposition schon früher etwas ändern müssen, und wäre dann nicht darauf angewiesen gewesen, mit Weinzierl jemanden zu holen, der Club und Umfeld schon kennt. Oder man hätte Weinzierl als reinen Retter geholt und im Sommer dann mit jemand komplett Frischen den Neustart gewagt. Und nachdem man sich nun angeschaut hat, was man von einem Trainer will und wie Enno Maaßen dargestellt wird: wie hätte man da nach eingehender Analyse mit Markus Weinzierl weitermachen wollen?

Im Interview mit der Augsburger Allgemeinen wurde Stefan Reuter explizit gefragt, ob es ein Fehler war, Markus Weinzierl zurückzuholen. Die Antwort: „Nein, damals war es genau richtig. Der Zeitpunkt war extrem spät in der Saison, es waren nur noch drei Spiele zu absolvieren. (…)“. Ja, ja, der Zeitpunkt. Als ob er bei Monopoly die Trainer-Wechsel-Dich-Karte gezogen hätte. Hat er halt nicht. Der Zeitpunkt war selbst gewählt. Die Entscheidung im Nachhinein keine Gute.

Was bleibt?

Außer viel Gerede bisher nicht viel. Mit Enrico Maaßen hat die Führungsspitze zwar einen Trainer gefunden, der im Gegensatz zu so manchem Vorgänger ein guter Kommunikator ist. Seine Erstligareife muss allerdings auch er erst noch beweisen. Dies gilt auch für den Kader. Mit dem drohenden Abgang von Michael Gregoritsch, mit dem man sich anscheinend nicht auf eine Vertragsverlängerung verständigen konnte, gehen dem FCA so langsam die offensiven Unterschiedsspieler aus. Finnbogason und Gregoritsch zu ersetzen, bei gleichzeitiger Formschwäche von Florian Niederlechner wird eine weitere Mammutaufgabe.

Und derweil fallen den Verantwortlichen weiter die einfachen Dinge schwer. Fehler konkret zu benennen und einzugestehen zum Beispiel. Ob die Änderungen im Kommunikationsverhalten nachhaltig sind, wird sich auch zeigen, je nachdem wie sich die sportliche Lage entwickelt. Es bleibt somit spannend rund um den FC Augsburg, der weiter Perfektion nach außen vorgibt, dem ein paar Ecken und Kanten mehr allerdings besser zu Gesicht ständen.

Goldjunge Enrico Maaßen

Drei Wochen ist es her, dass der FC Augsburg Enrico Maaßen erst mündlich, dann schriftlich als neuen Chefcoach verpflichtet hat. Einige haben die Zwischenzeit genutzt, um Portraits oder Trainerprofile über den 38-jährigen gebürtigen Wismarer anzufertigen. Sehr früh auch der FCA.

Vereine wählen dieses Format gerne, um die Öffentlichkeit mit den wichtigsten Daten und Fakten zu ihrem neuen Mitarbeiter zu versorgen. Dass dabei dessen Karriereerfolge und Vorzüge oft im Vordergrund stehen, dürfte niemanden groß verwundern. Schließlich handelt es sich auch bei solchen Mitteilungen um einen Teil der externen Kommunikation, in der der Club seinen neuen Trainer in einem möglichst guten Licht präsentieren möchte (und damit auch sich selbst). Daher habe ich es nicht ganz verstanden, dass sich Pitt Gottschalk, Chefredakteur bei Sport1, kürzlich ausgerechnet am Trainerportrait unserer Fuggerstädter so gerieben hat. Aber sei’s drum, das soll hier nur eine kleine Randnotiz bleiben.

Auch wir von der Rosenau Gazette haben uns nochmal intensiver auf die Suche nach Material zur Person „Enno“ Maaßen gemacht. Wir wollen aber kein ‚klassisches‘ Portrait abliefern. Sondern vielmehr sehen, wie unser neuer Coach sich selbst beschreibt. Und auch, wie sein fußballerisches Umfeld das bisher getan hat. Ob da auch was Negatives dabei ist? Ihr werdet es sehen 😊

Maaßen über sich selbst

Wenn man Enrico Maaßen über sich sprechen hört (oder liest), stößt man immer wieder auf zwei Selbsteinschätzungen. Einerseits sei er ein sehr familiärer Mensch, der aus seiner Familie – er hat Frau und zwei Kinder – viel Kraft schöpft. Nicht umsonst ist es ihm auch bei uns in Augsburg wichtig, seine Familie möglichst bald nachzuholen. Selbst mit seinen Eltern und Schwiegereltern fährt er – nicht selten zur Verwunderung anderer Hotelgäste – gerne in den Urlaub, wie er jüngst am PK-Mikro verriet.

Die familiäre Seite des 38-Jährigen ist andererseits flankiert mit einer riesigen Leidenschaft für den Fußball. Und das nicht nur während der Arbeitszeit, sondern 24 Stunden am Tag. Ein Fußballverrückter ist er, sagte er schon zu Beginn seiner Trainerzeit 2014/2015 beim Niedersächsischen Oberligisten SV Drochtersen/Assel (D/A). Bei seinem Amtsantritt als U23-Trainer in Dortmund beschrieb er seine Fußballverrücktheit so:

„Als Trainer ist es natürlich schwer, das komplett beiseite zu schieben. Ich bin schon jemand, der das mit Haut und Haaren lebt.“

Enrico Maaßen im BVB-Interview vom 20.09.2020

Wenn sich Enno als Trainertyp einordnen soll, kommt man spätestens seit seiner Dortmunder Zeit nicht um den ganzheitlichen Trainer herum. Was er damit meint: Sich nicht nur auf einen Mannschaftsteil, z.B. die Defensive, zu konzentrieren und davon ausgehend Tore aus dem Umschaltspiel heraus zu erzielen (wie es der FCA ja lange praktiziert hat). Vielmehr legt er sowohl Wert auf die Defensive, die stabil sein soll, und das Spiel gegen den Ball, das mit einer hohen Pressinglinie geführt wird und sich ggf. flexibel am Gegner orientiert. Als auch auf die Offensive, das Spiel mit dem Ball, durch das mit variablem Positionsspiel und Kreativität möglichst viele Torchancen kreiert werden sollen. Zu diesem ganzheitlichen Trainer habe er sich mit der Zeit entwickelt.

Wie unser neuer Chefcoach selbst sagt, erledigt er seine Arbeit im Team auch mit einer positiven Grundstimmung, Ruhe, Empathie und Transparenz: Er sei grundsätzlich jemand, der

„sehr ruhig ist, der auch nah dran ist, dem es wichtig ist, eine gute Atmosphäre in der Mannschaft zu haben, keine Wohlfühlatmosphäre, aber eine, wo jeder gerne zum Training kommt, wo jeder weiß, da gibt’s ne gewisse Transparenz auch, dass jeder weiß, woran bin ich.“

Enrico Maaßen im BVB-TV vom 04.08.2020

Der FCA über Maaßen

An vielen Stellen konnte man bereits nachlesen, dass der FCA in Person von Sportgeschäftsführer Stefan Reuter Enrico Maaßen als seine absolute Wunschlösung auf dem Trainerstuhl bezeichnet. Das wurde er auch auf Maaßens Antritts-PK nicht müde zu betonen. Reuter zeigte sich rundum von ‚seinem‘ neuen Trainer beeindruckt: von dessen Kaderkenntnis, von dessen Spielidee, von dessen Energie und Willen, sich zu verbessern, den man permanent spüren könne. Maaßens Selbstbeschreibung als „positiv Verrückter“ hat Reuter schon vor der PK übernommen.

Auch von unseren Spielern hört man, dass sie ihren neuen Übungsleiter schätzen, „seinen Plan“. Niklas Dorsch, dessen Genesung nach seinem Schlüsselbeinbruch extrem schnell vorangeht (Thank God!), attestiert Maaßen im neuen Kicker – wie schon Reuter – „Freude“ und „Hunger auf Erfolg“, dass er sehr kommunikativ sei und das Team ums Team mit ins Boot hole. Man merkt, die Attribute fangen langsam an, sich zu wiederholen.  

Medien über Maaßen

Beim Blick in die Medien- und Bloglandschaft kommen dagegen noch ein paar weitere Facetten hinzu. In einem sehr frühen Interview auf Blog trifft Ball – Maaßen hatte damals als gerade 30-Jähriger bei D/A angeheuert – heißt es schon, er sei ein Trainertalent. Auch beschreibt der Interviewer seinen Gesprächspartner als ziemlich entspannt. Ennos Lockerheit sei ansteckend, wobei er immer wieder um Contenance und Bescheidenheit bemüht sei, z.B. als er bezweifelt, schon jetzt, während seiner ersten Trainerstation in Niedersachsen, einen „so wertvollen Lehrgangsplatz“ wie den des Fußballlehrers zu bekommen.

Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Im August 2020 durfte sich Maaßen schließlich dann doch noch über seinen Fußballlehrer freuen, nachdem er sich schrittweise – über die B- und A-Lizenz – dazu hochgearbeitet hatte. Unter anderem deswegen sei er auch ein Vielbeschäftigter. 2015 war er nicht nur gelernter KfZ-Mechaniker und Sport- und Fitnesskaufmann. Daneben bildete er sich auch immer wieder erfolgreich weiter. Mit einem Sporttherapie-Fernstudium und seit Beginn seiner Trainerlaufbahn, die bis zum Schritt in den Hauptberuf beim Regionalligisten SV Rödinghausen 2018 immer noch nebenherlief, eben auch durch Trainerlehrgänge.

Bei all seinen Aktivitäten sei Maaßen trotzdem penibel, ein Perfektionist:

„Einer, der überall schraubt – sei es das Geschehen auf dem Rasen oder die Außendarstellung und externe Kommunikation. Wie er in der Öffentlichkeit zitiert wird, segnete er in Dortmund immerzu selbst ab – und regelte die sportlichen Geschäfte auf ähnliche Art und Weise.“

Der Kicker über Enno Maaßen am 09.06.2022

Frühere Weggefährten über Maaßen

Und da wären wir mit dem BVB, in dessen Diensten Maaßen seit 2020 als U23-Trainer stand, bei früheren Stationen angekommen, an denen er ebenfalls Eindruck hinterlassen hat. Was die Offiziellen beim BVB und Rödinghausen über ihn sagen, kommt einem nur allzu bekannt vor. Wunschtrainer, hier wie da. Bei Franz Pfanne, Mittelfeldspieler, den Maaßen aus Rödinghausen zu Dortmund gelotst hat, kommt nochmal unverkennbar der Perfektionist und Fußballverrückte zum Vorschein:

„Enrico ist ein Trainer, der sich wirklich über alles Gedanken macht. Also wirklich über alles. Egal ob auf dem Platz oder daneben. Der ist so fußballverrückt, das ist echt krass.“

Franz Pfanne über Maaßen im Schwatzgelb-Blog vom 20.02.2021

Besonders spannend fand ich aber auch Einschätzungen aus Fanforen. Für den DortmunderJungen z.B. war Maaßen schon längst vor seiner Verpflichtung bei den Schwarz-Gelben ein Traum. Für Molsiris danach dann ein absoluter Glücksgriff. Und TheKillingJoke imponiert, wie er das Team mitgenommen hat.

Ein Post eines Hansa Rostock-Anhängers, der früher mit dem gebürtigen Mecklenburger in der B-Jugend kickte, ist mir dabei besonders im Gedächtnis geblieben. Denn er enthält so vieles davon, wie auch spätere Weggefährten – wie wir jetzt gesehen haben – Maaßen beschrieben haben:

„Ich kenne ihn noch aus der B Jugend in Grevesmühlen. Dort haben wir 1 Jahr lang zusammen gespielt. Er war damals schon ein sehr euphorischer Typ, der als Spieler schon das Spiel gelenkt hat und in der Halbzeit hin und wieder taktische Ideen hatte und generell komplett fussballverrückt war.“

User Draven_ im TM-Forum vom 06.01.2019

Stimmt’s oder stimmt’s nicht?

Sofern man den Selbst- und Fremdbeschreibungen von und zu Enrico Maaßen glauben mag, dürfen wir uns in Augsburg die nächsten drei Jahre über ein wahrliches menschliches und fußballerisches Genie an der Seitenlinie freuen. Die Frage, die sich jetzt aber noch stellt, ist: Stimmen diese Lobeshymnen auf ihn oder nicht? (Die Nähe der Überschrift zur Lieblingskategorie unseres Gregerls im FCA-TV-Format „Was woisch“ ist hier natürlich rein zufällig gewählt 😊.) Ich versuche das zum Schluss noch ein bisschen einzuordnen.

Maaßens Fußballverrücktheit – gerade in seiner ‚Freizeit‘ – ist schwierig zu beurteilen. Aber gerade die Aussagen der früheren (Mit-)Spieler finde ich überzeugend. Auch dass Maaßen sich als ganzheitlicher Trainer begreift, zu dem er geworden ist, leuchtet mir anhand seiner bisherigen Laufbahn komplett ein. Bei D/A ließ er ergebnisorientiert noch hauptsächlich umschalten. In Rödinghausen verlagerte sich sein Fokus auf die Offensive, während beim BVB die individuelle Spielerentwicklung hinzukam. Und dazu gab ihm der Erfolg einfach recht.

In der Tat wirkt Maaßen in Interviews sehr ruhig, sehr besonnen, sehr klar auf mich. Ich höre ihm gern zu. Daher kann ich es gut nachvollziehen, wenn beim FCA schon jetzt der Prozess des Mitnehmens angefangen hat. Den Maaßen selbst ja auch initiiert hat, indem er nicht nur gleich die Mannschaft kennenlernen wollte, sondern auch alle weiteren Player im Verein und drumherum. Schon jetzt fühlen sich viele (wieder) mitgenommen von diesem „Menschenfänger“, wie es die Viererkette kürzlich ausgedrückt hat. Die von Maaßen gleich selbst zum Hintergrundgespräch mitgenommen wurde.

Aber (und hier kommt das vorläufig einzige und sehr kleine Aber): Dass Maaßen das Wort „gemeinsam“ auf der PK so oft genannt hat, wirkte auf mich irgendwie gekünstelt. Fast wie ein einstudierter Teil der aktuellen FCA-Kommunikation, die ja mehr denn je, hat man den Eindruck, um die Wiederherstellung eines Miteinanders auf allen Ebenen bemüht ist. Vor anderen Kameras oder in anderen Zeitungen hat Maaßen das meines Wissens nach nicht so oft betont. Zumindest nicht im Zusammenhang mit dem gesamten Verein, sondern eher mit dem Mannschaftszirkel.

Trotzdem habe ich es Maaßen abgenommen. Vielleicht hat ja auch seine penibel geplante Außendarstellung Wirkung gezeigt? Egal. Ich finde ihn mitreißend. Vielversprechend. Vertrauenserweckend. Allerdings kann erst die nächste Zeit zeigen, ob die angestrebte Gemeinsamkeit zwischen allen Vereinsteilen auch wirklich praktiziert wird. Sollte das aber gelingen, ist es nicht unwahrscheinlich, dass für den FCA mit Maaßen, diesem Goldjungen, wirklich goldene Zeiten anbrechen. Egal, ob Klaus Hofmann seine Aussage von neulich ironisch gemeint hat oder nicht.

Neuer Trainer, neue Chance

Der neue Coach ist da. Mitte Juni stellte der FC Augsburg Enrico Maaßen offiziell als neuen Trainer vor. Auf der Antritts-PK hörte man vielversprechende Töne von „Enno“, wie der neue Mann an der Seitenlinie genannt werden möchte. Er wolle offensiv „mit einer hohen Pressinglinie“ spielen und aus dem Kader, mit dem er sehr zufrieden sei, etwas herausholen. Er habe sich intensiv mit den FCA-Profis beschäftigt.

Nun ist es bei einem Trainerwechsel stets so, dass die Karten neu gemischt werden. Spieler, die unter dem Vorgängercoach gesetzt waren, müssen sich neu beweisen. Profis auf dem Abstellgleis haben eine neue Chance. Gerade in einer mehrwöchigen Vorbereitungsphase. Deshalb wollen wir nun auf die Spieler im Kader schauen, die unter Enrico Maaßen (wieder) aufblühen könnten.

Ricardo Pepi

Der Winterneuzugang muss allmählich liefern. Der FC Augsburg hat seinen Rekordtransfer erst via eigene Social-Media-Kanäle medial gehypted und dann betont, dass der US-Amerikaner noch Zeit brauche. Das stimmt bei einem 19-Jährigen. Die Erwartungshaltung war bei der Millionenablöse dennoch hoch. Vermutlich zu hoch. Unabhängig des Preisschilds hat Pepi aber klaren Verbesserungsbedarf. Etwa was die Zielstrebigkeit und die generelle Abstimmung mit dem Team (Laufwege, Kommunikation, etc) betrifft. Gleichzeitig hat er aber auch die Anlagen dazu, dem Verein viel Freude zu bereiten. Eine gesamte Vorbereitung unter neuem Coach sollte dem Nationalspieler gut tun. Etwas zynisch formuliert kann es ohnehin nur besser werden. Sein Premierentreffer im Test gegen Schwaben Augsburg (5:0) kann ein Anfang sein.

11 Spiele für den FCA, fast nur Kurzeinsätze. Kein Tor, keine Vorlage. Ricardo Pepi ist noch nicht in Augsburg angekommen. (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Ruben Vargas

Ruben Vargas blickt auf eine enttäuschende Saison zurück. Zwar hat der Schweizer regelmäßig gespielt (29 Einsätze in der Liga), wirklich erfolgreich war er mit einem Tor und drei Vorlagen allerdings nicht. An seine Premierensaison konnte der Flügelspieler nicht so recht anknüpfen. Ändert sich das nun? Derzeit ist der Nationalspieler verletzt. Dass Maaßen mit Vargas plant, scheint dennoch sicher. Zu groß ist das Potential des 23-Jährigen.

Verletzte sich bei den Nations-League-Duellen mit der Schweiz: Ruben Vargas (Photo via Getty)

Fredrik Jensen

In der Offensive sieht der neue Trainer Nachholbedarf. Ein „guter Transfer, der ein bisschen Quote bringt, würde uns guttun.“ Konkret braucht der FCA auf der Position des offensiven Mittelfelds Verstärkung. Hier fehlt es im Grunde genommen seit dem Abgang Ja-Cheol Koos an adäquater Besetzung. Fredrik Jensen wäre vom Spielertyp eigentlich der Ideale Zehner. In Augsburg hat er bislang aber kaum funktioniert, was auch daran liegt, dass er oft auf der falschen Flügelposition eingesetzt wurde. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Finne den Verein verlässt. Ebenso wenig wie allerdings, dass er unter Maaßen eine zweite Chance bekommt.

Fredrik Jensen spielt seit 2018 beim FCA: 46 Spiele, vier Tore und fünf Vorlagen. (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Raphael Framberger

Zugegeben, Raphael Framberger gilt mit seinen 26 Jahren nicht mehr als Talent. Maaßen betonte auf seiner Antritts-PK jedoch, dass es auch spannende Spieler Mitte 20 im Kader gebe. Ist Framberger einer davon? Seine Chancen auf Spielzeit hängen maßgeblich davon ab, ob der FC Augsburg auf der Rechtsverteidigerposition noch einmal aktiv wird. Gegen Robert Gumny allein scheint sich der gebürtige Augsburger durchsetzen zu können. Vorausgesetzt er bleibt verletzungsfrei und verbessert sein Spiel mit dem Ball. Wer weiß, vielleicht erweitert Maaßen Frambergers Qualitäten des defensiven Zerstörens um die ein oder andere offensive Komponente.

Raphael Framberger stand in der vergangenen Spielzeit 23-mal auf dem Platz. (Photo by Tobias Hase/Pool via Getty Images)

Lasse Günther

Fünf Bundesligaeinsätze stehen in Lasse Günthers Vita. Dass der 19-Jährige weitere Einsätze sammeln wird, scheint sicher. Die Anlagen dazu hat der Juniorennationalspieler, der in der Jugend des FCA und beim FC Bayern spielte. Günther ist klassischer Außenbahnspieler, kann sowohl Rechts als links agieren. In Maaßens System – der Ex-Dortmunder spielt oft mit Dreierkette – könnte er als Schienenspieler gebraucht werden. Gewiss kein Dauerkandidat für die Startelf, aber womöglich ein Kaderspieler, der mehr Einsätze sammeln wird als ihm mancher zutraut.

U19-Nationalspieler: Lasse Günther (Photo by Thomas Niedermueller/Getty Images)
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