Stabil genug?


Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette bei presse-augsburg.de.

Wenn man den Saisonstart des FC Augsburg betrachtet, dann kommen gemischte Gefühle auf. Einerseits hat der FCA sieben Punkte gesammelt und zumindest zweimal gewonnen. Das war in der letzten Saison schlechter. Auch im Pokal ist man weitergekommen. Dennoch ist die sportliche Situation unbefriedigend. Es hätten auf Grund der komischen Heimspiele gegen Bremen und Mainz auch mehr Punkte sein können. Auf der anderen Seite sind die bisherigen Auswärtsspiele gegen Heidenheim und Leipzig absolute Stimmungskiller. Zweimal 0:4 und viel zu wenig abgeliefert.

Eine Statistik haut aber über den Saisonstart hinweg gesehen ganz besonders rein: 15 Gegentore hat der FCA in den ersten 6 Bundesligapartien bisher kassiert. Das sind 2,5 Gegentore im Schnitt. Schlechter sind in dieser Kategorie bis dato nur Holstein Kiel und die TSG Hoffenheim. Wenn es nur darum ginge, dann wäre der FCA abstiegsreif. Nach einem stabilen Team sieht das in der Gesamtschau bisher nicht aus. Es gibt Anzeichen, die meiner Meinung nach allerdings auf eine nachhaltige Verbesserung hindeuten:

Nicht eingebrochen

Gegen Gladbach hat man zwar ein Gegentor kassiert. Tim Kleindienst ließ es sich nicht nehmen, eine Ecke einzuköpfen. Das verminderte den Vorsprung der Augsburger auf einen Treffer. Die Mannschaft fand aber in diesem Falle schnell wieder zu ihrem Spiel zurück und ließ kaum Unsicherheit aufkommen. So sollte es sein, wenn man ein Spiel an sich gut gespielt hatte bis zu diesem Zeitpunkt. Der FC Augsburg glänzte allerdings in den letzten Wochen auch dadurch, dass er Treffer gerne mal im Doppelpack kassierte. Gegen Mainz zu Hause oder gegen Leipzig auswärts. Aber nicht gegen Gladbach. Man ist einmal ausgerutscht, aber nicht gefallen. Ein Schritt nach vorne.

Stabilität auch in den Randphasen

Das Team hatte in den vergangenen Wochen immer wieder Probleme in den ersten 15 Minuten beider Halbzeiten. Es hat schlicht gedauert, bis man als Team im Spiel war und Mannschaften wussten das auszunutzen. Gegen Gladbach begann man in der ersten Halbzeit bewusst zurückhaltend. Aber man fand dann eben auch den eigenen Rhythmus und konnte sich immer mehr die Oberhand erarbeiten. Auch nach der Halbzeit gelang den Gladbachern nicht direkt der Ausgleich. Es ist noch nicht alles Gold was glänzt, und Freiburg wird gerade mit Blick auf einen schnellen Start ins Spiel den FCA testen. Erstmal sieht es so aus, als ob Jess Thorups mentale Sensibilisierungen angeschlagen wären.

Der X-Faktor ist da

Wenn Jess Thorup über seine Spieler spricht, dann hebt er manchmal den ein oder anderen hervor, der den X-Faktor hat. Spieler mit X-Faktor erlauben es einem Club, geduldig sein und im Spiel mit dem Ball sich auf deren Qualität verlassen zu können. Ermedin Demirovic hat in der letzten Saison gezeigt, dass er den X-Faktor hat. Ruben Vargas kann ein Spieler sein, der solche Momente kreiert. Demirovic ist allerdings weg und Vargas momentan verletzt. Da kam die Frage auf, wer diese Momente nun liefern kann. Und wenn die erste Antwort ein Innenverteidiger ist (Schlottis Abschluss sei an dieser Stelle trotzdem besonders hervorgehoben), dann muss man sich um ein Team Sorgen machen.

Wenn Neuzugänge wie Chrislain Matsima immer mehr ankommen, dann wird das Augsburger Team eventuell noch besser (Photo by Daniel Kopatsch/Getty Images)

In Augsburg haben sie aber im Sommer mehr als nur einen Spieler gefunden, der den X-Faktor auf den Rasen bringt. Frank Onyeka sorgt immer wieder für große Unruhe, wenn er aus dem Mittelfeld nach vorne stößt. Gegen Gladbach war dann auf einmal Alexis Claude-Maurice da, der eine gehörige Portion offensiver X-Faktor Ideen mit auf den Rasen brachte. Und man mag nicht vergessen, dass Samuel Essende recht mühelos in den ersten Wochen der Saison seine Wucht und Torgefährlichkeit unter Beweis gestellt hat.

Zusammenfinden

Diese vielen unterschiedlichen Charaktere müssen weiter zusammenfinden. Bei so manchem ist da noch deutlich Luft nach oben. Steve Mounié agierte bisher eher unglücklich. Auch Marius Wolf darf nun gerne mal 90+X Minuten voll überzeugen und in der Innenverteidigung kehrt keine Ruhe ein, weil sich Schlotti den Oberschenkel gezerrt hat. An dieser Stelle wird es aber weiter voran gehen, gerade vor dem Hintergrund zwischenzeitlicher Erfolgserlebnisse. Siege führen zu Vertrauen und stärken die Gemeinschaft, weil der Glaube an die gemeinsame Perspektive neue Luft erhält.

Nur die Ruhe

Wenn ich mir die Mannschaft des FCA anschaue, dann kommen mir regelmäßig Fragen. Warum wechselt der Trainer schon wieder das System? Wie kann man nur so leichte Tore kassieren? Auswärts so spielen? Und überhaupt, warum passt das nicht zu Beginn der Halbzeiten? Es läuft wahrlich noch nicht alles rund. Auf der anderen Seite hatte ich prognostiziert, dass es eine Übergangssaison für den FCA werden würde, alleine schon wegen des großen Kaderumbruchs. An die TOP10 mag ich da gar nicht denken. Dafür läuft es gar nicht so schlecht. Und es sind immer wieder positive Anzeichen zu erkennen, die weitere Hoffnung geben. Wichtig waren da vor allem die 3 Punkte gegen Gladbach, weil dadurch etwas Ruhe einkehrt. Fußball bleibt ein Ergebnissport und der FCA hat sich durch seine Ergebnisse erarbeitet, dass er seine Entwicklung weiter vorantreiben kann. Bei mir mittlerweile wieder mit mehr Hoffnung. Aber das nächste Auswärtsspiel kommt bestimmt. Oh…

Ausgerechnet Bauer

Bei all den Personalwechseln in der Innenverteidigung konnte man einen Spieler fast vergessen. Felix Uduokhai wollte weg und wechselte schlussendlich zu Besiktas Istanbul. Patric Pfeiffer war mit seiner Rolle nicht glücklich und durfte den FCA auch verlassen. Jeffrey Gouweleeuw war schon aussortiert, sein Vertrag wurde aber letztes Jahr dann doch verlängert und jetzt ist er sogar wieder Kapitän. Über Reece Oxford wird immer mal wieder gesprochen, weil man ihm nach seiner Long Covid Erkrankung einfach nur wünscht, wieder auf die Beine zu kommen. Im Sommer kamen dann Keven Schlotterbeck sehr früh und Chrislain Matsima sehr spät zum FCA.

Über wen redet niemand? Wer hat diese Saison schon 5 Spiele in der Bundesliga gemacht, davon 4 von Beginn an? Die Rede ist vom äußerst sympathischen Maxi Bauer, der in seiner dritten Saison in Augsburg ist. Ich habe mich während der Länderspielpause mit ihm unterhalten und habe ihn nach unserem Gespräch noch mehr ins Herz geschlossen. Nicht nur, weil er Robin Hack mit einer “No Bullshit”-Aktion am Ende gegen Gladbach die Grenzen aufzeigte. Sondern vor allem, weil er im Gespräch bodenständig und zugänglich alle Fragen mit großer Gelassenheit beantwortete. Aber lest selbst:

Andy: Gibt es ein besseres Gefühl, als am Samstag aufzuwachen und Bundesliga schauen zu können, wenn man am Freitag schon gewonnen hat?

Maxi: Nein, das gibt es nicht. Speziell in diesem Fall, wenn Du ein Heimspiel gewinnst. Dann fällt auch die nervige Rückreise weg und Du bist gleich daheim und kannst das Wochenende genießen.

Andy: Was nehmt ihr aus dem Heimsieg gegen Gladbach mit?

Maxi: Wir nehmen mit, dass wir stabiler geworden sind nach den vielen Gegentoren in den Vorwochen. Wir sind als Einheit näher zusammengerückt und haben gemeinsam verteidigt und in dieser Hinsicht einen wichtigen Schritt nach vorne gemacht, auf dem wir in den nächsten Spielen weiter aufbauen können. 

Andy: Dennoch gab es ein Standard-Gegentor. Was war da los?

Maxi: Nach Wechseln passt manchmal die Abstimmung nicht direkt zu 100%. Wir standen da nicht optimal bei dieser Ecke. Aber Tim Kleindienst ist natürlich auch außerordentlich gut und steht nicht zu Unrecht im Kader der Nationalmannschaft.

Andy: Was könnt ihr trotzdem noch verbessern?

Maxi: Im Spiel mit dem Ball geht da sicher noch mehr, vor allem hinten raus. Wir haben dann schon viele lange Bälle gespielt. Da können wir besser werden.

Andy: Welche Rolle spielt es da, so ein Spiel dann trotz des Gegentores ins Ziel gebracht zu haben?

Maxi: Das war einfach ein gutes Gefühl am Freitag, weil wir alle nicht angefangen haben zu wackeln. Wir haben als Einheit souverän weitergespielt und die Oberhand behalten und dieses Selbstvertrauen als Team zu haben war sehr gut.

Andy: Wie beurteilst Du insgesamt den Start in die Saison?

Maxi: Als Mannschaft könnten wir mit Sicherheit noch mehr Punkte haben. Wir haben gegen Bremen und Mainz zu Hause Punkte liegen gelassen und sollten in der Tabelle zu diesem Zeitpunkt besser stehen. An sich kann man mit dem Saisonstart zufrieden sein, wenn man die Auswärtsspiele ausblendet. Da hat zweimal nicht viel funktioniert.

Maxi Bauer in Action: etwas wovon ich diese Saison gerne noch mehr sehen will. (Photo by Daniel Kopatsch/Getty Images)

Andy: Und für dich persönlich?

Maxi: Da bin ich ganz ehrlich. Das lief deutlich besser als ich mir erhofft hatte. Hättest Du mir vor der Saison gesagt, dass ich viermal von Anfang spiele und zu fünf Einsätzen in den ersten sechs Spielen komme, dann hätte ich das sofort unterschrieben.

Andy: Im Sommer gab es ja viele Transfers in Augsburg. Deine letzte Saison wirkt wie ein Rückschritt nach der Saison davor, aber um dich war es trotzdem sehr ruhig. Was waren deine Gedanken im Sommer?

Maxi: Ich war natürlich mit der letzten Saison nicht zufrieden. Ich habe nur sporadisch gespielt und bin nicht so richtig in einen Rhythmus gekommen. Klar überlegt man dann für sich, wie es am besten weitergehen sollte. Auf der anderen Seite fühle ich mich in Augsburg sehr wohl, ich bin ja auch ein Bayer. Und übers Knie brechen wollte ich jetzt auch nichts. Und am Ende kommt ja jetzt schon die Bestätigung dafür.

Andy: Bist Du insgesamt der größte Fan der Dreierkette?

Maxi: Ich spiele das schon sehr gerne. Ich weiß, dass wird gerne diskutiert, weil wir mit dem System auch schon ordentlich auf die Mütze bekommen haben. Wenn wir das allerdings so umsetzen, wie gegen Gladbach und offensiv draufgehen als auch im Verbund nach hinten arbeiten, dann macht das System sehr viel Spaß. Und es gibt offensichtlich eine Position mehr in der Innenverteidigung, auf der ich dann spielen kann,

Andy: Welches Saisonziel hast Du Dir dann selbst gesteckt für dieses Jahr?

Maxi: Da bin ich nicht so der Typ für. Es ist ja alles auch sehr schnelllebig und entsprechend versuche ich einfach von Spiel zu Spiel zu schauen und bestmöglich vorbereitet zu sein.

Andy: Jetzt geht es als nächstes auswärts nach Freiburg. Warum sollte einem als FCA-Fan da nicht mulmig werden? Es ist immerhin ein Auswärtsspiel…

Maxi: Der Sieg gegen Gladbach wird uns Rückenwind geben und wir werden dadurch noch mehr als Einheit zusammenrücken. So können wir dann auch gegen Freiburg bestehen.

Andy: Danke Dir Maxi, ich drücke dafür auf jeden Fall die Daumen.

Vielfalt?

Es ist Länderspielpause und die wird vom FC Augsburg produktiv genutzt. In der vergangenen Woche gab es einen Mitgliederabend und die Kandidaten für den Aufsichtsrat stellten sich vor. Daneben eröffnete der FCA am Samstag seinen neuen Fanshop auf der Maximilianstr. Eine lange Schlange gab es vor der Eröffnung. Es war ein wichtiger Termin, denn Michael Ströll brachte sogar seinen Hund mit (wie schon zu den Demirovic-Verhandlungen in Stuttgart; der FCA ist im wahrsten Sinne des Wortes auf den Hund gekommen). Das Highlight dieser Phase kommt aber erst noch am Dienstag: die Mitgliederversammlung, kurz MV.

Eintönigkeit nach Neuaufstellung des e.V. Vorstands

Die Mitgliederversammlung ist deshalb so wichtig, weil dort der Vorstand des e.V. in Persona von Max Krapf den Mitgliedern direkt Bericht erstattet. Zudem wird der Aufsichtsrat als wichtigstes Gremium des Vereins – abseits der Mitgliederversammlung selbst – gewählt. Der Aufsichtsrat hat eine extrem hohe Bedeutung, weil er den Vorstand bestellt. Hier wurde erst vor kurzem noch umgebaut, als sich neben Raphael Brandmiller und Max Krapf, Jürgen Urban einsortierte. Jakob Geyer und Dr. Gerhard Ecker schieden in diesem Zusammenhang aus dem Gremium aus. Präsident Krapf hat so nach zweijähriger Amtszeit zum ersten Mal persönliche Wechsel in dem Gremium erlebt, dessen Führung er im Herbst des Jahres 2022 übernahm.

Beim Vorstand fängt es damit schon an, dass man den personellen Umbau nicht genutzt hat, um das Gesicht des Vereins nach außen vielfältiger aufzustellen. Der Vorstand besteht – und ich will da keinem der drei zu Nahe treten – aus mittelalten, weißen Männern. Ja, ja Kompetenz und so. Okay. Dafür wird es doch sicher beim Aufsichtsrat besser werden, oder?

Alte, weiße Männer wohin man schaut

Das ist leider weit gefehlt. Thomas Müller (57 Jahre), Manfred Ringer (64 Jahre), Gerhard Wiedemann (78 Jahre) und Walter Sianos (62 Jahre) treten erneut an. Im Durchschnitt macht das eine Rentner-Truppe. Dazu kommen mit Sebastian Priller (49 Jahre) und Markus Widmann (56 Jahre) zwei Kandidaten, die zwar den Altersschnitt senken, aber trotzdem nicht dazu führen, dass auch nur annähernd alle Altersgruppen in dem Gremium repräsentiert sein können.

Am Ende geht es aber nicht nur um Alter oder Geschlecht. Im Management-Sprech zählen zu den Diversity-Faktoren  innere Faktoren wie Alter, Geschlecht, Bildung, ethnische Herkunft oder Religion, aber auch äußere Faktoren wie Ausbildungswege oder Berufserfahrung. Wollen wir uns die Kandidaten aus dieser Gesamtsicht nochmal anschauen? Vielfalt ist hier bei weitem nicht in dem Umfang zu erkennen, den ein Verein wie der FC Augsburg abbilden können sollte. Frauen, Migrationshintergrund, aber auch Bildungswege und Berufserfahrung außerhalb der Unternehmenswelt sind nicht oder deutlich zu wenig repräsentiert.

So bunt wie es in der Kurve aussieht, geht es in den Gremien nicht zu. (Photo by Alexandra Beier/Getty Images)

Zwischen Marketing und echten “Werten”

Aber was interessiert das einen Verein wie den FC Augsburg? Das mag sich der ein oder andere fragen. Derweil sich Frau oder ein Mitglied einer anderen unterrepräsentierten Gruppe vielleicht leicht veräppelt vorkommt. Hatte der Verein nicht erst vor kürzerem die Ergebnisse seiner eigenen Werte-Ermittlung vorgestellt? Aber, doch. Und die 07-Werte beinhalten auf Platz 6 (Trommelwirbel): Vielfalt. Auf der FCA-Webseite heißt es dazu: “Jeder Mensch ist anders. Zum Glück. Wir sind offen gegenüber allen Menschen, unabhängig von Alter, Religion, ethnischer und sozialer Herkunft, Hautfarbe, sexueller Orientierung, Geschlecht oder körperliche und geistige Fähigkeiten. Wir treten für soziale Gerechtigkeit ein und schaffen ein barriere- und diskriminierungsfreies Fußballerlebnis.”

Wenn es um die Gremienbesetzung im Verein geht, dann hört es damit aber anscheinend auf. Um dann zur Wahl vorgeschlagen zu werden, musst Du aus Vereinssicht a) entweder dem Gremium schon angehört haben oder b) Vorstand der größten Augsburger Brauerei sein, die den FC Augsburg schon seit vielen Jahren unterstützt (weil der FCA aber auch ein sehr guter Bierabnehmer ist seit dem Stadionumzug). Wie man von Vereinsseite zu dieser Nominierung kommt, wenn man sich den Werte-Kanon auf den Tisch legt, wird dann zumindest an dieser Stelle einmal laut gefragt: Wie?

Der UBT macht es nicht besser

Weniger Vielfalt ist vor allem eine vergebene Chance. Ich hätte gehofft, der UBT e.V. als Dachverband der Augsburger Fanclubs nutzt die Gelegenheit um selbst mit einem vielfältigen Angebot an die Augsburger wahlberechtigten Mitglieder heranzutreten. Schon beim letzten Mal hatte man es nur mit Männern versucht. Diese waren zwar jünger und vom Berufs- und Bildungshintergrund diverser, alleine der Erfolg blieb aus.

Bei dieser Wahl hat man sich nun wohl dazu entschieden, die Bemühungen auf einen Kandidaten zu konzentrieren: Markus Widmann. Widmann ist schon ewig mit dem FCA verbunden und in der Fanszene bestens vernetzt. Aber – und das mag ich bei allem Respekt Markus gegenüber anmerken – aus der Perspektive der Vielfältigkeit keine echte Alternative. Die Entscheidung weniger Kandidaten aus der Fanszene zu nominieren, ist ein Bärendienst für das demokratische Angebot an die Mitgliederversammlung. Eine Vielfalt an Kandidat:innen wäre doch bereichernd gewesen. Aber von nichts kommt halt auch nichts. Auch der UBT e.V. schreibt auf seiner Webseite: “Die Verschiedenheit unserer Mitglieder betrachten wir als eine unserer Stärken.” Dann zeigt sie doch bitte auch und bringt sie ein, oder das ist nur eine Phrase.

Noch nicht verinnerlicht

Über dem Wert Vielfalt steht auf der FCA-Website: “Das braucht unsere Gesellschaft”. Echt, oder? Einen eigenen Grundwert so links liegen zu lassen, nachdem man in der eigen Außendarstellung eigene Fans gerade erst an wertegerechtes Verhalten erinnert hat, zeugt dann zumindest nicht von Aufrichtigkeit und das geneigte Vereinsmitglied darf sich nun überlegen, ob

a) der FCA zwar viel Brimborium, um seine Werte macht, diese aber gar nicht so ernst nimmt.

b) Werte zwar schön fürs Marketing sind, aber wenn es um Posten und Verantwortung geht, dann hört es eben auf.

c) Werte erstmal dazu gut sind, andere in ihre Schranken zu weisen, aber an die eigene Nase packen wir uns lieber nicht.

Ein vielfältigerer Wahlvorschlag wäre mutig gewesen. Ja, der Mut ist angeblich auch ein FCA-Wert. Nutzt die Wahl am morgigen Dienstag, um die Kandidaten zu wählen, die euch am besten repräsentieren. In diesem Sinne wünsche ich allen spannende Debatten auf der Mitgliederversammlung.

Weiter, immer weiter

2016 habe ich die Rosenau Gazette gegründet, weil es aus meiner Perspektive gar nicht ging, dass ein Club wie der FC Augsburg, der damals international spielte, von keinem dezidierten FCA-Blog begleitet wurde. Seitdem hat sich viel getan.

Einerseits ist unsere Leserschaft immer breiter geworden. Menschen finden auf unterschiedliche Wege den Weg zur Rosenau Gazette, lesen Beiträge und beschäftigen sich mit dem FCA. Es sind aber auch Menschen dazu gekommen, die für die RoGaz mehr oder weniger regelmäßig schreiben (hier ist Zuwachs immer gerne gesehen und bei Interesse meldet euch gerne mit einer direkten Email an riedl@rogaz.de). Was dabei immer erhalten geblieben ist, ist der Spirit. Der Blog kümmert sich nicht um tagesaktuelle Themen. Wir benoten nicht nach jedem Spiel die Spieler oder rennen jeder einfachen Nachricht hinterher. Die Texte sind manchmal länger. Wir schreiben über das, was wir sonst noch nicht gelesen haben.

Dies hat mit der Zeit zu einer breiteren Wahrnehmung geführt. Wir wurden für Bücher angefragt, manche von uns haben eines geschrieben und im Mai veröffentlicht. Ich werde aber auch immer wieder angefragt für Medienkooperationen mit anderen Medien. Vor dem Spiel gegen St. Pauli war ich beim Millernton (lass uns über inspirierende Vorbilder reden, WOW). Jetzt am Samstag war ich bei Sky in der 9 Uhr Sendung “Guten Morgen Fans” zugeschaltet. Und mit dem Ballesterer (wenn wir über Fußballmagazine reden, dann sollte der Name mit am schnellsten fallen, WOW) habe ich mich über Multi Club Ownerships unterhalten. Der FCA war hier Thema, weil David Blitzer ja nicht nur in Augsburg investiert ist. Spannende Themen und eine tolle Kooperationen.

Dies alles wäre nicht möglich, wenn ihr – unsere Leser:innen – uns nicht dauerhaft so gewogen wärt. Wir suchen deshalb auch immer wieder nach neuen Möglichkeiten, dass euch unsere Artikel auf die für euch präferierte Art und Weise erreichen. Dafür haben wir bisher schon die Inhalte in die OneFootball-App ausgespielt. Dafür haben wir auch schon einen Newsletter angeboten, den ihr im rechten Seitenteil der Seite abonnieren könnt. Und dafür konntet ihr mir unter @andyriedl bisher schon auf Twitter (X) folgen und es gibt schon eine ganze Weile eine Facebook-Seite.

Aber die Zeit steht ja nicht still. Deshalb habe ich vor ein paar Wochen dann doch mal eine Instagram-Seite eingerichtet. Und deshalb gibt es seit neuestem auch einen WhatsApp-Channel, dem ihr folgen könnt. Mal schauen, ob diese Kanäle bei euch ankommen, und ob ihr Lust habt, uns auch dort zu folgen.

Um mich für euren Support zu bedanken will ich deshalb drei Oktober-Ausgaben des Ballesterers verlosen, in denen der Beitrag über die Investoren-Geschichte des FCA enthalten ist. Ihr könnt auf zwei Arten an der Verlosung teilnehmen:

  1. Ihr folgt der RosenauGazette Instagram-Seite und antwortet auf die Ballesterer-Story bzw. schreibt eine Nachricht.
  2. Ihr folgt dem WhatsApp-Channel und kommentiert diesen Beitrag hier im Kommentarbereich.

Ich wähle vor dem nächsten Bundesligaspiel des FCA drei Teilnehmer:innen am Gewinnspiel zufällig aus und melde mich bzgl. eurer Versandadresse. Viel Glück! (Rechtsmittel sind natürlich ausgeschlossen)

Bleibt uns gewogen und auf bald!

Kurz vor der Ratlosigkeit

Wer FCA-Cheftrainer in diesen Tagen beobachtet, der wird erkennen, dass sich das ein oder andere wiederholt. Hatte man vor dem Spiel in Leipzig noch gehofft, dass die Leistung in Heidenheim ein einmaliger Ausrutscher war, so wurde man durch die erneute 0:4 Klatsche eines Besseren belehrt. Wenn man sich die Abwehr als einzelnen Mannschaftsteil nimmt, dann wurden Probleme nun über mehrere Wochen nicht gelöst.

Der FCA kassiert einfach zu viele Gegentore. Und immer wieder ist man zu Beginn des Spiels und nach der Halbzeitpause nicht voll da. War es Thorup nach seiner Ankunft noch gelungen, der Mannschaft wieder Selbstvertrauen einzuhauchen, so gelingt es seinem Team nun mehr nicht mal mehr Flanken ordentlich zu verteidigen. Oder konzentriert zu Beginn einer Spielperiode auf dem Platz zu stehen. Trübsal ist in Augsburg angekommen.

Einfache Fehler

Was dabei besonders auffällt: die Mannschaft scheitert nicht an komplexen Themen. Es sind die kleinen Dinge, die jeder Profi auf einem gewissen Niveau beherrscht, die momentan nicht abgerufen werden. Die zuvor genannten Flanken resultieren z.B. aus Einwurfsituationen, die schlecht verteidigt werden. Der FCA ist insgesamt im letzten Drittel zu passiv. Vom Thorupschen „Offensive Mindset“ ist ein Jahr nach seiner Ankunft nicht mehr viel zu sehen.

Als Ausrede lässt sich momentan noch verwenden, dass die Mannschaft sehr stark durcheinander gewürfelt wurde. 40 Transferbewegungen gab es auf dem Papier in diesem Sommer. Die halbe Stammelf wurde getauscht. Von den 5 Spielern in Abwehr und Tor sind 4 neu. Man kann also schon nachvollziehen, warum noch nicht alles perfekt läuft. Warum es trotzdem so viele einfache Fehler gibt, die leicht abstellbar sein sollten, verstehe ich persönlich nicht mehr. Wenn man die schlechte Schlussphase der letzten Saison noch zusätzlich mit beachtet, wird es Zeit den Kreislauf der negativen Ergebnisse langsam aber sicher mit einer kleinen Serie zu durchbrechen.

Konkurrenzkampf vs. Vertrauen

Dafür müssen Fehler aber auch Konsequenzen haben. Einerseits hat Jess Thorup in den letzten Wochen immer mal wieder darauf hingewiesen, dass er im Kader eine gewisse qualitative Breite zur Verfügung hat. Auf der anderen Seite hat er nun in der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Gladbach betont, wie jeder seiner Spieler seine Rolle im Kader kennt und weiß, was von ihm erwartet wird. Über die Woche will er den Spielern das notwendige positive Gefühl und Vertrauen geben, so dass sie ihre Leistung abrufen können.

Einerseits bin ich kein Freund von erratischen Kaderreaktionen. Nur weil mal ein Fehler passiert, heißt das nicht, dass es ein Spieler grundsätzlich schlecht macht. Wenn nun aber eine personelle Konstellation, wie die in der Abwehr des FCA, über Wochen keine guten Leistungen abliefert und anscheinend nicht dazu führt, dass Spieler ihr Leistungsmaximum erreichen, muss sich etwas ändern. Es liegt dann am Trainer auch mal zu wechseln und nicht immer wieder die gleichen Spieler von Anfang an spielen zu lassen. Darauf warte ich bei Jess Thorup gerade. Oder seine Mannschaft straft uns alle, in dem sie nun endlich mal konstant ihre Leistung abruft.

Jeffrey Gouweleeuw fällt momentan – wie die gesamte Abwehr – mehr durch Schiedsrichterdiskussionen auf als durch gelungene Klärungen. (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Systemfrage

Was bis dahin auch nicht verschwinden wird: die Systemfrage. Thorup wechselt bei den Grundformationen von 4er Kette auf 3er Kette und wieder zurück, Immer wieder stellt er um, ohne dass sich die Leistung dauerhaft verändert. In der Pressekonferenz wurde er nun diese Tage gefragt, wohin das führen soll und was sein langfristiger sportlicher Plan an dieser Stelle ist. Leider konnte er die Frage nicht so beantworten, dass ich verstanden hätte, wohin er langfristig will. Kurzfristig soll wohl die beste Elf spielen unabhängig vom System. Das kann ja im Umkehrschluss nur bedeuten, dass er entweder kein Wunschsystem hat, von dem er überzeugt ist, oder hierfür nicht die richtigen Spieler.

Alles in allem führt die Systemwechselei aus meiner Perspektive nur zu mehr Problemen. Ich hatte schon an anderer Stelle darauf hingewiesen, dass bei diesen vielen Transferbewegungen zu viele taktische Variabilität jetzt am Anfang nicht sinnvoll ist.

Welche Impulse kommen?

Thorup hat weiterhin ein Arsenal an Möglichkeiten zur Verfügung, um der Mannschaft einen Schubs zu geben. Er könnte sich auf ein taktisches System festlegen, um schneller Automatismen zu schaffen und hierdurch vielleicht schneller Ergebnisse zu erzielen. Er könnt aber auch schlicht Spieler wechseln und anders einsetzen, so dass es besser klappt. Muss Jeffrey Gouweleeuw in der 3er Kette die mittlere Innenverteidiger-Position besetzen oder wäre Keven Schlotterbeck hierfür evtl. besser geeignet?

Es wird auf jeden Fall Zeit, dass der FCA aus der Passivität erwacht. Es muss ein Ende haben mit den schlechten Starts in die Halbzeiten. Das Team muss zeigen, dass es hellwach und bereit ist für die Aufgabe. Ansonsten wird der FCA nicht drum herum kommen – auch wenn Thorups Vertrag gerade erst verlängert wurde – die jährliche Trainerdebatte intern zu führen, ob die Impulse nicht von jemand anders kommen müssten. Das Geschäft ist an dieser Stelle sehr vorhersehbar. Im Gegensatz zum letzten Jahr bin ich in diesem Jahr noch nicht überzeugt, dass der Zeitpunkt schon gekommen ist. Enno Maaßen hatte 5 Punkte gesammelt bis zu seinem Abschied. Thorup hat momentan 4 Punkte auf dem Konto. Die weiteren Berechnungen dürft ihr selbst unternehmen.

Es braucht Variabilität

Keven Schlotterbeck kommt mir nach fünf Pflichtspielen in der Saison schon gar nicht mehr wie ein Neuzugang vor. Einerseits liegt das daran, dass er schon direkt zu Anfang der Wechselperiode im Sommer den Weg nach Augsburg gefunden hat. Andererseits ist er aus der Startelf systemunabhängig nicht mehr wegzudenken. Gerade weil die Abwehr in den letzten Partien manchmal die nötige Stabilität auch hat vermissen lassen, war es besonders interessant mit ihm auf die letzten Monate zurückzublicken und über die Gründe für die fehlende defensive Stabilität zu sprechen. Meinungs- und zweikampfstark wie Keven ist, werden wir an ihm hoffentlich noch viel Freude haben.

Andy: Können wir einmal zurückspulen? Kannst Du uns einmal mitnehmen zurück in den Sommer und erklären, wie es dazu kam, dass Du in Augsburg unterschrieben hast?

Keven: Das ist ganz einfach. Der FCA hat sich so sehr um mich bemüht, so dass ich von Beginn an ein sehr gutes Gefühl hatte. Ich glaube wir passen vom Verein und mir als Person sehr gut zusammen.

Andy: Ich mag jetzt gar nicht zu sehr lobhudeln. Du bist ein Spieler der 2021 Olympia gespielt hat und hast ein starkes Jahr hinter Dir. Hattest Du da nicht auch eine andere Ambition im Sommer?

Keven: Das muss man schon auch realistisch sehen. Ich habe zwar die letzte Saison in Bochum viel gespielt, aber die Jahre davor eben auch nicht, und die ganz großen Clubs standen jetzt auch nicht Schlange. Aber davon mal ab: ich hatte wirklich ein sehr gutes Gefühl durch die Gespräche mit den Verantwortlichen, so dass ich auch gar keine anderen Optionen mehr in Erwägung gezogen habe. Für diese Entscheidung habe ich nicht lange gebraucht und will nun mit dem FCA Akzente setzen.

Andy: Du kommst ja ursprünglich aus dem Süden. Hattest Du schon vorher einen Bezug zu Augsburg?

Keven: Augsburg war für mich neu. In der Jugend ging der Weg früher eher nach München, weil das einfach die größere Stadt ist. Aber in der Zwischenzeit haben auch ein paar Freunde in Augsburg studiert, die mir von der Stadt erzählt haben und der schönen Altstadt. Und ich habe ja 5 Jahre in Freiburg gelebt und das ist ja auch eine kleinere Stadt, die idyllisch ist.

Andy: Und hat sich dieser Eindruck so bei Dir bestätigt?

Keven: Ja, auf jeden Fall. Es gibt zwar gefühlt keine 50 Restaurants, aber man kann gemütlich einen Kaffee trinken oder mit Freunden und der Familie essen gehen und hat seine Ruhe. Es ist wirklich schön hier. Ich fühle mich nach den ersten 2-3 Monaten schon heimisch.

Andy: Wie wichtig, war es für dich, sich früh in der Transferphase zu entscheiden?

Keven: Das Jahr davor bin ich spät nach Bochum gewechselt und dann hat es einfach gedauert, bis ich so richtig angekommen bin. Daraus habe ich gelernt, und wollte mich dieses Jahr bewusst früh entscheiden, um in der Vorbereitung dabei zu sein, den Verein und die Stadt kennenzulernen.

Andy: Dann hast Du in Augsburg sehr viele Transferbewegungen mitbekommen. Hat dich das überrascht?  

Keven: Wenn Du die Bundesliga verfolgst, dann hast Du schon mitbekommen, dass sich Spieler in Augsburg hervorgetan haben. Und wenn ein Verein wie der FC Augsburg für Ermedin Demirovic mehr als 20 Millionen Euro angeboten bekommt, warum sollte er ihm dann Steine in den Weg legen? Er kann den nächsten Karriereschritt gehen und Champions League spielen. Klar gab es viel Bewegung, trotzdem stehen wir jetzt mit einer Einheit da, die zusammenhält und sich für nichts zu schade ist und darauf kommt es am Ende an.

Andy: War das Bilden eines Mannschaftsgefüges besonders im Fokus bisher?

Keven: Ich halte das für grundsätzlich wichtig. Wir werden nie ein Team sein, das Spiele über die individuelle Klasse gewinnt. Wenn man Spieler wie Openda oder Bynoe-Gittens nimmt – mal ganz ab von Harry Kane – dann muss klar sein, dass wir über das Teamgefüge kommen. Gegen solche Spieler kann man schon mal einen Zweikampf verlieren, aber dann ist es besonders wichtig, dass andere Spieler aushelfen und immer jemand zur Hilfe kommt. Daher ist Zusammenhalt besonders wichtig. Von der ersten Elf, über die Einwechselspieler, die durch die fünf Wechsel an Bedeutung gewonnen haben, bis in den Kader hinein müssen wir zusammenstehen.

Andy: Wie wird dieses Vertrauen und dieser Zusammenhalt aufgebaut?

Keven: Das ist ein bisschen von allem. Der eine ist mal ein bisschen genervt, dass er nicht gespielt hat, der andere ist etwas glücklicher, weil er starten darf. Da muss man miteinander sprechen, damit jeder weiß, dass er sich auf den anderen verlassen kann, wenn es auch mal andersrum läuft. Und in diesem Prozess sind wir gerade.

Andy: Inwieweit schweißt da eine bittere Niederlage wie die letzte gegen Mainz 05 vielleicht alle noch ein bisschen mehr zusammen?

Keven: Das ist natürlich sehr bitter, dass wir dieses Spiel so verloren haben. Wir haben aber auch einen Schritt nach vorne gemacht und es sah nicht wieder aus wie gegen Heidenheim. Spielerisch sieht man, dass wir dazu lernen und das ist mir prinzipiell lieber wie ein schlechtes Spiel, aus dem man keinen Lernerfolg erkennen kann. Jetzt müssen wir weiter dazu lernen, die Gegentore abgestellt bekommen und so ein Spiel dann auch einfach mal 2:1 gewinnen.

Andy: Das war wohl klar, dass wir gerade über die Gegentore heute auch sprechen müssen. Wie ist es erklärbar, dass ihr so viele Gegentore nach Flanken von außen bekommt?

Keven: Das ist nicht einfach. Ich bin tatsächlich auch überfragt, wie das so passieren kann. Wir müssen in den entscheidenden Situationen näher am Mann stehen und die Zweikämpfe annehmen. Allerdings passen die Flanken auch perfekt und die Kopfbälle sind perfekt gesetzt, so dass Nedo Labrovic auch keine Chance hat, irgendetwas zu retten. Das tut uns weh. Wir müssen mit allem das Tor verteidigen und unser Verhalten in diesen Situationen weiter verbessern, auch in dem wir die Situationen im Training angehen.

Andy: Von außen wirkt es so, dass ihr in der letzten Kette zu tief stehen würdet, so dass euch der Zugriff fehlt. Passen die Abstände da noch nicht in dieser frühen Phase der Saison.

Keven: Ich glaube die Abstände passen zu 95%, aber genau bei diesen Flanken passen sie dann eben nicht. Es ist einfach ein sehr schmaler Grad, ab wann man auch den Raum hinter sich zu sehr öffnet. Die Genauigkeit muss noch höher werden und da müssen wir in den entscheidenden Situationen besser reagieren und die Schritte in die richtige Richtung machen.

Andy: Sind die unterschiedlichen Formationen und die Umstellung von 4er auf 3er Kette ein Faktor?

Keven: Nein, gerade dafür ist ja auch die Vorbereitungszeit da, um hier Routinen zu installieren. Der Fußball hat sich taktisch schlichtweg in den letzten Jahren so weiterentwickelt, dass es Variabilität braucht und die darf keine Ausrede sein. Die Null sollte in jedem Fall stehen.

Andy: Ist es schlichtweg Feinabstimmung, die notwendig ist?

Keven: Ja, das kann man so sehen. Die braucht Zeit, auch wenn wir natürlich dringend abstellen wollen, weiter die Gegentore so zu bekommen, weil es schon am Wochenende wieder um 3 Punkte geht.

Keven Schlotterbeck ist von Anbeginn der Vorbereitung aus dem FCA Team nicht mehr wegzudenken. (Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Andy: Wird über individuelle Fehler unter euch Spielern offen gesprochen, gerade nachdem Du vorhin über die Einheit und das Vertrauen im Team gesprochen hast?

Keven: Jeder geht anders mit Fehlern um. Man sollte nie mit dem Finger auf andere zeigen, sondern sich selbst zuerst an die eigene Nase packen. Aber Fehler müssen angesprochen werden, um sie abzustellen. Und ist es unsere Aufgabe, genau das zu tun. Auch wenn natürlich der Gegner da auch noch ein Wörtchen mitreden will und sich entsprechend vorbereitet…

Andy: …und das für die Gegner ja momentan auch gut klappt.

Keven: Nichtsdestotrotz haben wir ja auch unsere Chancen, und müssen den Ball halt einfach auch über die Linie drücken. Wir finden schon auch unsere Wege in Richtung gegnerisches Tor.

Andy: Das macht dann auch berechtigt Hoffnung. Kommt dann ein Gegner wie Leipzig jetzt genau zur rechten Zeit, nachdem dort auch gerade nicht alles Gold ist, was glänzt?

Keven: Wir verfolgen das natürlich schon. Ich habe aber auch die sehr gute Partie in Madrid gesehen. Diese Umstellung von Champions League auf Bundesliga ist nicht immer einfach, aber wir werden am Samstag gegen ein TOP4-Team spielen und dort mit Sicherheit weniger Chancen bekommen als noch gegen Mainz. Deswegen müssen wir effizienter mit unseren Chancen umgehen.

Andy: Nach der Erfahrung aus den ersten Spielen zu urteilen, werden wir uns wahrscheinlich trotzdem über den VAR ärgern müssen. Kann der in der jetzigen Form einfach weg?  

Keven: Ich vertrete immer noch die Meinung, dass uns der VAR gut tut.  Es ist schwierig für die Schiedsrichter und für die Beteiligten in Köln. Aber auch das sind nur Menschen, die Fehler machen. Natürlich tut uns das jetzt in der Anfangsphase weh, aber wir müssen uns auf unser eigenes Spiel konzentrieren. Gegen Mainz hätten wir mehr Tore schießen und weniger kassieren müssen und dann hätten wir das Spiel auch gewonnen.

Andy: Auf der sachlichen Ebene kann ich das verstehen. Aber wie siehst Du auf der emotionalen Ebene, dass die Freude verloren geht, durch die übermäßigen nachträglichen Korrekturen?

Keven: Ja, das sehe ich auch so. Die Entscheidungen müssen so schnell wie möglich erfolgen. Bei der Elfmeterentscheidung steht der Schiedsrichter einige Zeit am Screen und er muss da ja erst hingeschickt werden.

Andy: Und das er da überhaupt hingeschickt wird…

Keven: Da sind wir ja auch einer Meinung. Die Eingriffe müssen auf glasklare Fehlentscheidungen begrenzt werden und das war meiner Meinung nach keine. 

Andy: Verstehst Du die VAR-Abläufe noch? Ich habe gegen Bremen schon nicht verstanden, warum der Schiedsrichter bei dem Handspiel nicht das Signal bekommt: das ist ein Elfmeter. Da braucht es diesen On-Field-Review aus meiner Sicht nicht. 

Keven: Die Abläufe müssen dringend beschleunigt werden. Ich vermute das macht auch etwas mit den Schiedsrichtern. Die bekommen das natürlich auch alles mit und müssen da durch, wenn dann alle unzufrieden sind und das Stadion pfeift. Mit der jetzigen Situation ist ja wirklich keinem geholfen. Und es ist ein leidiges Thema und wir müssen uns weiterhin auf uns selbst konzentrieren.

Andy: Über euren Gegner haben wir schon kurz gesprochen. Die nächsten Spiele wirken grundsätzlich auf dem Papier schwerer als das Programm jetzt zum Saisonstart. Was stimmt dich dennoch hoffnungsfroh?

Keven: Wir haben prinzipiell in drei von vier Spielen gute Partien abgeliefert. Es war früher schon immer eklig gegen den FC Augsburg zu spielen und das müssen wir in den nächsten Partien auf den Platz bekommen, damit die Gegner es schwer gegen uns haben. Dafür muss jeder für den anderen mitlaufen. Und prinzipiell sind alle Spiele in der Bundesliga schwer und wir müssen Spiel für Spiel Mittel finden, um die Partien zu unseren Gunsten zu entscheiden.

Andy: Wie siehst Du deine Rolle dabei, als jemand der mit einer gewissen Erfahrung jetzt in Augsburg dazu gekommen ist?

Keven: Es braucht einen guten Mix aus „Kühlen Kopf bewahren“ und „Durchdrehen“. Wir müssen Themen in Ruhe analysieren und diese dann auch umgesetzt bekommen. In unserem Team gibt es einige gestandene Spieler, die nun die Führung übernehmen können und Qualität haben wir auch im Kader, wenn man sich Neuzugänge wie Samuel Essende anschaut. Da müssen wir zusammenfinden und die bestmögliche Leistung am Wochenende abliefern.

Andy: Dafür drücke ich die Daumen. Danke Dir für das Gespräch.

Und jetzt?

Wenn man bei dem Spiel des FCA gegen St. Pauli bei Hamburger Bildern bleiben mag, dann war das ein toller Abstecher auf die Reeperbahn. Am Tag danach klingt das Erlebnis noch nach und es ist doch mal schön, an einem Montag das Grinsen nicht aus dem Gesicht zu bekommen. Am Dienstag nimmt das dann schon wieder etwas ab und jetzt in der Mitte der Woche steht die Frage im Raum: Und jetzt?

Pflichtaufgabe erfüllt

St. Pauli ist bis jetzt noch nicht in der ersten Liga angekommen. Cheftrainer Hürzeler ist im Sommer gegangen und das Team – so stabil es zusammen geblieben ist – zeigt momentan nicht die Substanz für die Bundesliga. Zumindest bisher. Gegen den FCA ist den Hamburgern wenig gelungen. Gerade offensiv war das – bis auf das Tor- harmlos. In der Defensive ergaben sich selbst für einen in letzter Zeit nicht vor Offensivkompetenz strotzenden Verein wie den FCA viele Chancen.

Ich hatte es vor dem Spiel im Millernton-Podcast gesagt: Wenn nicht gegen St. Pauli, gegen wen sonst sollte der FCA gewinnen. Es war der zwingende Zeitpunkt um die negative Ergebnisserie endlich zu beenden und mal wieder einen Dreier in der ersten Liga einzufahren. Das war der Anspruch gegen St. Pauli und den konnte man auch erfüllen. Mehr aber auch nicht. Bei allem Realismus: der FCA hätte es in der zweiten Halbzeit fast schon wieder geschafft, wie schon gegen Bremen, eine Führung noch aus der Hand zu geben.

Die Trickkiste weit geöffnet

Für das dennoch gute Spiel musste Jess Thorup aber auch alle Tricks auspacken, die er zur Verfügung hatte. Im ersten Spiel nach seiner Vertragsverlängerung stellte er um auf ein System mit 3er Kette in der Abwehr und gab zum ersten Mal Marius Wolf auf der rechten Schiene die Möglichkeit sein Talent von Beginn an auf den Platz zu zeigen. Das war aber nur einer von 5 Wechseln in der Startaufstellung. Dazu durfte auch Maxi Bauer in der Abwehr ran, genau wie Frank Onyeka nach gefühlt 1,5 Trainingseinheiten mit der Mannschaft im Mittelfeld den Vorzug vor Arne Maier bekam. Zusätzlich rutschte Ruben Vargas – nachdem nun alle Transferfenster geschlossen sind- wieder in die Startelf, wo er mit Rückkehrer Kristijan Jakic zusammen auflaufen durfte. Insgesamt hat der FCA so bisher 22 Spieler in der bisherigen Bundesligasaison eingesetzt. Kein anderer Club kommt bisher auf mehr.

Frank Onyeka war einer der neuen beim FCA, der für ordentlich Wirbel sorgte. (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Einerseits ist das ein klares Mehr an Qualität auf dem Rasen gewesen. Die Neuzugänge kommen so langsam in Augsburg an und Jakic’ Blessuren sind zumindest vorerst auskuriert. Das neue System hat zudem dazu geführt, dass der FCA prinzipiell – bis auf in einer schwächeren Phase in der zweiten Hälfte (wo kam die schon wieder her?) – stabil stand und auch nach vorne einiges an Gefahr erzeugen konnte.

Bonuspunkte bekommt Thorup an dieser Stelle von mir, weil Henri Koudossou sein Bundesligadebüt geben durfte und anscheinend auf der rechten Schiene als kompetent genug angesehen wird. Koudossou war zwar derjenige, der sein Debüt als eigener Nachwuchsspieler feierte, aber damit war es mit der Jugend und Thorup am Sonntag noch nicht vorbei. Auch der 20jährige Yusuf Kabadayi wurde erneut eingewechselt und konnte in der Nachspielzeit direkt den Deckel drauf machen auf die Partie mit seinem Treffer zum 3:1. Thorup hat mittlerweile in seiner Zeit in Augsburg drei eigenen Jugendspielern zum Debüt verholfen und gibt den ganz Jungen auch in wichtigen Situationen ihre Chancen. Es kommen Manuel Baum Gefühle auf und das ist zumindest in Bezug auf die Jugendförderung etwas Gutes.

Was ist es wert?

Jetzt am Freitag geht es direkt weiter. Und die einfache Antwort auf die Frage nach dem Wert des Siegs gegen St. Pauli ist: 3 Punkte. Die werden aber erst dadurch abgerundet, in dem der FCA auf dieser Partie aufbauen und gegen Mainz am Freitag, erneut zu Hause, direkt nachlegen und den nächsten Dreier einfahren kann.

Was wäre der Unterschied? Mainz hat ähnliche Ambitionen wie der FCA und ist längst in der Liga angekommen. Zuletzt hatten die Mainzer eine sehr gute Ergebnisserie und blieben vor der Partie gegen Bremen in 11 Spielen ungeschlagen. Mainz ist ein echter Gegner auf Augenhöhe und damit steht ein Kräftemessen an, bei dem sich zeigen wird, wer von beiden Teams einen guten Saisonstart für sich verbuchen kann. Und wer den Erwartungen dann doch weiterhin hinterherhinkt. Wo St. Pauli ein absoluter Pflichtsieg war, ist das Spiel gegen Mainz ein Fingerzeig. Ich bin gespannt, in welche Richtung es geht.

1,2,3,4,5,6,7: Thorup zählt sich selbst an

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Nur drei Pflichtspiele standen an, bevor die erste Länderspielpause schon wieder den Spielbetrieb der Vereine unterbrach, damit sich die Nationalmannschaften bei der Nations League miteinander messen können. Als FCA-Fan war ich nach dem Pokalspiel gegen Viktoria Berlin erstmal erleichtert. Immerhin hatte sich der FCA nicht blamiert und war gegen einen unterklassigen Club nicht ausgeschieden. Aber die entscheidenden Partien absolviert der FCA nicht im Pokal sondern in der Bundesliga, und hier war der Start enttäuschend.

Die Serie wächst an

Gegen Bremen war der FCA sauer auf den Schiedsrichter, der eine Elfmeterentscheidung verkackte. Auf der anderen Seite hatte der FCA selbst das Spiel nach der Halbzeitpause aus der Hand gegeben und den SV Werder ausgleichen lassen. Ganz unbeteiligt war das Team also nicht daran, dass Bremen einen Punkt aus der wwk Arena mitnahm und der FCA somit im sechsten Spiel in Folge (saisonübergreifend) in der Bundesliga nicht gewann.

Auf die Partie gegen Bremen folgte in Heidenheim ein erstes Debakel in dieser noch jungen Saison. Der FCA machte einfache Fehler in der Abwehr und geriet früh in Rückstand. Das Team hatte zwar in der Folge relevante Spielanteile, nach vorne fehlte aber die letzte Konsequenz und Durchschlagskraft. Ganz im Gegensatz dazu trat Heidenheim sehr durchschlagskräftig auf. Und so verlor man am zweiten Spieltag mit 0:4 gegen einen Gegner, gegen den man in der Vorsaison zweimal gewonnen hatte. Und der FCA bleibt somit auch im siebten Spiel in Serie in der Bundesliga ohne Sieg.

Selbstvertrauten ade?

Ein Grund, weswegen der Verein in der Vorsaison nach dem Spiel gegen den SV Darmstadt den Trainerwechsel von Enno Maaßen zu Jess Thorup vornahm, war das fehlende Selbstbewusstsein des Teams. Dieses Selbstvertrauen scheint auch im Moment nicht vorhanden zu sein. Dazu kommt, dass es für Jess Thorup im Moment auch nicht einfach ist, dieses wieder aufzubauen. Einerseits gab es in der Sommerpause viele Spielerwechsel. Kapitän Demirovic wechselte nach Stuttgart. Mit Felix Uduokhai und Niklas Dorsch wechselten weitere Spieler, die in der Vergangenheit schon die Binde beim FCA getragen hatten, den Verein. Als Ersatz kamen im Sommer vor allem Spieler, die mit Liga und Verein noch nicht vertraut sind. Woher soll das Gefühl der Zusammengehörigkeit und Selbstvertrauen momentan kommen?

Der ein oder andere wird nun anmerken: Glücklicherweise ist doch jetzt Länderspielpause. Ja, aber der FCA verfügt über so viele Nationalspieler wie lange nicht und genau die sind jetzt in der Länderspielpause nicht beim FCA sondern mit ihren Nationalmannschaften unterwegs. Etwas unglücklich alles, aber so richtig voran geht es dann gerade auch nicht.

Wie sieht Thorups sportliche Lösung aus?

Aber auch auf dem Platz ist Jess Thorup als Lösungsfinder gefragt. Neben dem, dass er eine Mannschaft formen muss, die auf dem Platz auch als solche auftritt, stellen sich sportliche Fragen. Eine, die den FCA nun schon länger begleitet: aus welcher Grundformation heraus will man eigentlich antreten? Gegen Bremen hat man 60 Minuten mit der Raute gespielt und dann auf ein System mit 3er Kette gewechselt. Die 3er Kette hat gut funktioniert. Gegen Heidenheim orientierte man sich zurück zur 4er Kette und kassierte eine Klatsche.

Wenn Thorup mit den Medien redet, dann wird er meistens nicht besonders konkret. (Photo by Carsten Harz/Getty Images)

Es mag mir nicht in den Kopf, dass die Phase, in der ich so viele neue Spieler wie selten zuvor integrieren muss, die richtige ist, um von System zu System zu wechseln. Um schnell zu eingespielten Abläufen in kurzer Zeit zu kommen, kann es aus meiner Sicht nicht förderlich sein, immer wieder von System zu System zu wechseln. Und wie einen Gegner auseinander nehmen, wenn man halbgar einstudierte Systeme auf den Platz bringt und nicht ganz auf der Höhe ist, hat zuletzt Heidenheim eindrucksvoll gezeigt.

Ist Thorup überhaupt voll beim FCA?

Insgesamt sprechen die sportlichen Leistungen nun somit schon seit einer geraumen Weile nicht mehr für Jess Thorup als Trainer beim FCA. Dennoch hatte der kicker noch im Mai berichtet, dass der FCA den Vertrag über den Sommer 2025 hinaus verlängern wollte, um Konstanz auf dem Trainerposten zu schaffen. Eine Vollzugsmeldung gab es über den gesamten Sommer hinweg allerdings nicht.

Dies kann nun zweierlei bedeuten. Einerseits kann sich das Interesse des FCA geändert haben bzw. man hat sich entschieden, das Thema bis nach die Transferperiode zu verschieben. Andererseits kann es sein, dass Thorup gar kein längerfristiges Interesse daran hat, beim FCA zu bleiben. Ganz konkret ist Thorups Co-Trainer Interims-Nationaltrainer in Dänemark. Thorup hat die Nationalmannschaft immer als einen von zwei Traumjobs bezeichnet (neben der Trainerstelle in Kopenhagen, die er schon inne hatte). Bei seinem Absprung nach Kopenhagen war dieser auch früh während einer Saison erfolgt – Anfang November, um genau zu sein. Evtl. schielt Thorup auch auf einen Posten bei einem größeren Verein. Der FCA sollte hier im eigenen Interesse schnell für Klarheit sorgen. Im amerikanischen wird ein Trainer, der keine Zukunft mehr bei seinem Verein hat, als “lame duck” übersetzt “lahme Ente” bezeichnet, weil im die Glaubwürdigkeit fehlt, Konsequenzen durchzusetzen. Eine solche Situation sollte der FCA zwingend vermeiden.

Am Scheidepunkt

Und so kommt es, dass beim FCA schon sportlich früh in der Saison Spannung aufkommt. Wie geht es konkret weiter? Aus meiner Sicht gibt es zwei Möglichkeiten: Einerseits könnte man mit Thorup verlängern. Thorup hat auch schon letzte Saison sportliche Abläufe nach seiner Ankunft vereinfacht und seiner Mannschaft Selbstbewusstsein eingeimpft. Warum sollte er die Kurve nicht noch einmal bekommen? Dann bleiben die ersten beiden Spiele eine Randnotiz. Andererseits will der FCA vielleicht erst die sportliche Entwicklung abwarten, und sollte sich bei fehlender Überzeugung oder bei Fragezeichen bzgl. Thorups mittelfristiger Verfügbarkeit schneller von Trainer Thorup trennen als letztes Jahr von Enno Maaßen.

Vielleicht sieht es intern viel deutlicher aus. Nach außen vermittelt der FCA durch seine sportlichen Ergebnisse und die unterbliebene Vertragsverlängerung von Thorups Fragezeichen auf der Trainerposition. Mal schauen, wann sich diese auflösen. Bis dahin bleibt es spannend, rund um unseren Lieblingsclub. Etwas anderes war ja aber auch gar nicht zu erwarten.

Transfers, Transfers und nochmal Transfers

Das Transferfenster ist fast in allen Ländern geschlossen. Der FC Augsburg darf zumindest keine neuen Spieler mehr von anderen Vereinen verpflichten. Aber irgendwann ist ja auch mal genug. Der FCA hat in dieser Transferperiode gefühlt so viele Transfers vorgenommen, wie noch nie und es wird Zeit, sich alle Vorgänge einmal gebündelt anzuschauen. Los geht’s:

Die reinen Zahlen

Wenn man sich einen statistischen Überblick verschafft bzgl. der Transfers des FC Augsburg in der Sommerpause 2024/25 dann kann man laut transfermarkt.de folgendes feststellen: Den FCA haben 19 Spieler verlassen und das hat ca. 37 Millionen EUR eingebracht. Auf der Gegenseite sind 21 Spieler zum FCA gekommen und haben 15 Millionen EUR gekostet. Wenn man auf Preiskalkulationen schaut, dann wäre diese eine Bruttokalkulation. Es erfasst erst einmal alle vertraglichen Spielerbewegungen, gibt einem aber kaum ein Gefühl darüber, wie viele Spieler wirklich gekommen und gegangen sind.

Noch nicht verstanden? Kristijan Jakic ist im Sommer ein Abgang und Zugang gleichzeitig. Er kehrte formell zur Frankfurter Eintracht zurück, da seine Leihe beendet wurde. Der FCA hat aber seine Kaufoption gezogen und dadurch Jakic fest verpflichtet. Aus meiner Sicht kann man ihn aus der Gleichung nehmen. Jakic war faktisch vor und nach dem Sommer ein Spieler des FCA. Ähnlich ist es mit Leihrückkehrern, die nach ihrer Leihe wieder verliehen oder auch komplett verkauft wurden. Es sind 8 Leihspieler formell zum FCA zurückgekehrt. Es wurden auch erneut 8 Spieler verliehen. Klar, dabei handelt es sich nicht um die komplett identische Gruppe, aber viele echte Bewegungen sind auch nicht dabei. Gehen wir der Einfachheit halber einfach mal davon aus, dass die 8 Leihtransfers nicht für den Kern des Kaders relevant sind. Wenn wir mit Jakic mit in die Gleichung aufnehmen, dann verbleiben beim FCA 10 Ab- und 12 Zugänge, die sich sportlich auf die Mannschaft auswirken. Bei einem Kaderkern von 25 Spielern kann man dann feststellen: der FCA hat die halbe Mannschaft im Sommer ausgetauscht.

Was ist mit Qualität?

Und gerade die Abgänge tuen sportlich weh. Denn mehr als die Hälfte der 10 Abgänge, waren Spieler, die sportlich eine wesentliche Rolle beim FCA gespielt haben. Mit Iago, Kevin Mbabu, Ermedin Demirovic, Niklas Dorsch, Felix Uduokhai und Arne Engels haben 6 potentielle Stammspieler des FCA den Verein verlassen. Das sind 3/4 Spieler der Viererkette. Das ist die Hälfte des Mittelfelds. Und das ist – und das mag vielleicht am schwersten wiegen – der Stürmer, der an der Mehrheit der Tore in der letzten Saison beteiligt war und das Team als Kapitän aufs Feld führte.

Auf der anderen Seite hat Schlotterbeck und Wolf genau zwei Spieler verpflichtet (ich nehme Jakic unten wie oben hier aus), die die Bundesliga schon aus vorherigen Stationen kennen. Insgesamt ist da sowieso kein teurer Spieler dabei gewesen, wenn man sich auch vorherige Transferphasen mal anschaut. Der teuerste Zugang war die Kaufoption von Kristijan Jakic, danach kommt die Verpflichtung von Samuel Essende für kolportierte 4 Mio. EUR. Die Spieler werden nun nicht durch die gezahlten Transfersummen mit Erwartungen überhäuft. Aber Qualität kostet nun mal auch Geld und am Grabbeltisch langt man gut und gerne auch mal daneben. Insgesamt schreien die Personalien jetzt nicht danach, dass sie für sofortigen Erfolg in der Bundesliga sorgen.

Der Abwehr-Jeff ist in der Zeit des Umbruchs erneut Kapitän und mehr denn je gefordert, dieses neu-zusammengewürfelte Team zu stabilisieren. (Photo by Carsten Harz/Getty Images)

Und die Kohle?

Ja, was ist denn mit der ganzen Kohle? Hier mag man einmal anmerken, dass der FCA in den zwei vergangenen Wirtschaftsjahren jeweils einen kalkulatorischen Verlust erwirtschaftet hat, weil eben nicht ausreichend Transfererlöse vorhanden waren und man die Mannschaft zusammenhalten wollte. Auf der anderen Seite sind die Einnahmen noch größer als die genannten 37 Millionen EUR, denn diese enthalten nur die Zahlungen, die in diesem Sommer fällig waren und hier auch nur die Fixbeträge und keine Bonusse. Sowohl bei Demirovic als auch Engels werden relevanten Bonuszahlungen eingehen. Bei Felix Uduokhai sind nur 500.000 EUR jetzt gezahlt worden, die restlichen Millionen folgen im Januar. An sich kann man wohl davon ausgehen, dass der FCA kalkulatorische Einnahmen in Höhe von mind. 45 Millionen EUR in diesem Sommer generiert hat.

Und davon hat er nur 15 Millionen wieder für Transfers ausgegeben. Legen wir mal gr0ßzügig 20 Millionen für vergangene Verluste zur Seite, so bleiben noch mind. 10 Millionen mit denen man noch einen Kracher hätte holen können. Hier stellt sich nun die Frage: wollte man nicht? Sieht man die Mannschaft als stark genug, um in der Bundesliga eine gute Rolle zu spielen? Oder hat man mit dem Geld anderes vor? Die Zeit wird es zeigen.

Summa Sumarum

Wow, Marinko Jurendic, Wow für diesen ersten Transfersommer in Augsburg. Rekorde wurden gebrochen und es spricht für Jurendic und Ströll, dass sie für abwanderungswillige Spieler diese Beträge erlösen konnten. Die wirtschaftliche Stabilität des Clubs steht an erster Stelle und das war ein wichtiger Schritt, um diese zu erhalten.

Auf der anderen Seite steht die Aussicht auf kurzfristigen sportlichen Erfolg. Das wird Zeit brauchen, wenn man das halbe Team tauscht. Das wird auch Zeit brauchen, weil Spieler keine Maschinen sind und sich eingewöhnen und wohlfühlen müssen. Und dann muss die Mannschaft ihr Selbstbewusstsein wiederfinden. Gut, dass es mit Jeff, Tietzi, Elvis und Jakic einen stabilen Kern gibt, um den man drum herum aufbauen kann. Über den ein oder anderen wackeligen Moment sollte man sich aber auf Grund des Umbruchs in diesem Jahr nicht wundern. Hoffen, wir dass das Team daran wächst und nicht zerbricht.

Die Tage der Abschiede

Die letzte Woche der Transferbewegungen ist immer eine, die für Fans Überraschungen bereit hält. Beim FCA war in dieser Woche dieses Jahr mehr los als sonst, weil viele Personalien im Kader noch nicht abschließend geregelt waren. Bei manchen konnte man nun Vollzug melden. Bei dem ein oder anderen Spieler ist weiterhin nicht alles geklärt, auch wenn bei Nathanael Mbuku heute Vollzug bzgl. eines Abschieds gemeldet wurde. Eine Zusammenfassung der für mich wesentlichen Personalien aus der letzten Transferwoche:

Uduokhais Abschied

Wenn ein Spieler nach 5 Jahren den Club verlässt, dann macht das schon ein bisschen traurig. In diesem Fall kommt dazu, dass Felix Uduokhai ein Guter ist. Viele Spiele hat er für den FCA gemacht, war in der Innenverteidigung regelmäßig eine Stütze. Dazu ist er ein ruhiger Charakter, der nie für Unruhe gesorgt hat, sondern basierend auf seinen Glaubensvorstellungen ein positiver Einfluss auf und neben dem Platz war. Er wird dem FCA abgehen und man versteht, warum man in Augsburg auch gerne länger mit ihm geplant hätte.

Wehmut ist an dieser Stelle dennoch nicht angebracht. Uduokhais Weg war schon seit letztem Sommer vorgezeichnet. Der Spieler wollte damals schon weg, befand sich aber in der Situation, dass kein passendes Angebot für ihn einging. Ihn reizte das Ausland damals schon, nicht nur wegen den sportlichen Erfahrungen. Und so ist es nun nur denklogisch, dass es Uduokhai nach Istanbul verschlagen hat, in die laut einer meiner Kollegin schönste Stadt der Welt. Angebote aus Hoffenheim oder Frankfurt fanden – so es sie denn gab – da naturgemäß keinen Anklang. Gerade bei Hoffenheim hätte es wohl keiner verstanden. So können wir in aller Ruhe sagen: Danke für alles und mach es gut, Felix Uduokhai. Erzähl uns bei Gelegenheit mal von deinen Erlebnissen.

Mei Dorschi

Ich hatte am Sonntag noch prognostiziert, dass der FCA drei Spieler abgeben würde. Bei einem vermutete ich eine Überraschung. Als es am Freitag nun schnell ging bei Niklas Dorsch und einem festen Wechsel nach Heidenheim, da war diese Überraschung eingetreten.

Letzten Sommer hatte ich niedergeschrieben, warum ich einen Dorsch-Wechsel für beide Seiten als sinnvoll erachten würde. Sportlich war der Dorsch-Transfer ein großes Missverständnis. Dorsch war, überhypt und mit Erwartungen übergossen, als Nachfolger von Daniel Baier auserkoren, einem der besten 6er im deutschen Fußball der 2010er Jahre. In seiner ersten Saison spielte Dorsch dann zwar regelmäßig, danach legte ihn aber eine Verletzung nach der anderen lahm und er konnte seitdem nicht mehr an seine sportliche Klasse anknüpfen. Für die Breite hätte der FCA Dorsch gerne behalten, der wollte aber schlichtweg mehr spielen und so ergibt der Wechsel sportlich durchaus Sinn.

Sinn- oder nicht sinnvoll mal dahingestellt: hierbei kommt eine Sache zu kurz. Hatte ich selbst Dorsch zumindest zwischenzeitlich als arrogant wahrgenommen, so muss ich meine Meinung korrigieren. Niklas Dorsch ist ein feiner Kerl, jemand den man sofort zum Grillen zu sich nach Hause einladen würde. Und er hat ein bisschen Glamour nach Augsburg gebracht. Er ist eben nicht weichgespült und ohne Ecken und Kanten. Mei Dorschi, ich wünsche Dir, dass Du in Heidenheim spielen kannst und Erfolg hast. Es sei Dir von Herzen gegönnt. Servus Großer und auf bald!

Uduokhai im Besiktas-Trikot: ich muss mich an diesen Anblick erst noch gewöhnen. (Photo by Ahmad Mora/Getty Images)

Arne Engels unaufhaltsam

Zum Start der letzten Transferwoche hatte ich mir erhofft, dass ein Engels-Wechsel nach Celtic Glasgow funktioniert. Das Interesse schwirrte da schon durch die diversen sozialen Medien und Glasgow hatte selbst gute Transfereinnahmen erwirtschaftet, um einen Engels-Transfer stemmen zu können. Der Engels-Transfer spült dem FCA mehr in die Kassen als Dorsch und Uduokhai zusammen (lasst es euch auf der Zunge zergehen) und der FCA sichert sich zudem eine Weiterverkaufsbeteiligung. Engels wollte – auch auf Grund eines irrsinnigen Gehaltssprungs und der Möglichkeit international zu spielen – den Sprung machen und der FCA zeigt mit dem Transfer auch, dass er den Jungen keine Steine in die Weg legt, wenn sich Möglichkeiten ergeben.

Stimmen aus dem Umfeld des FCA meckern, dass man Engels ruhig noch ein Jahr behalten hätte können. Dem widerspreche ich. Erstens wäre es für Engels und andere junge Spieler nicht das richtige Signal gewesen. Zweitens weiß man nie, ob und wann erneut ein solches Angebot eingegangen wäre. Schaut euch an, wie Uduokhai und Vargas nach der richtigen Station für den nächsten Schritt gesucht haben. Engels wird auch sportlich nur insofern fehlen, als dass er im letzten Jahr nur eine Reservisten-Rolle inne hatte und sich auf der 10er Position sowieso noch beweisen musste. Sicher ist die sportliche Entwicklung leider nicht.

Arne, ich wünsche Dir deinen Durchbruch bei Celtic Glasgow und, dass sich deine Träume erfüllen mögen. Mach uns stolz!

Die großen Unbekannten

Der FCA hat die Lücken im Kader direkt wieder geschlossen. Für die Innverteidigung kam Chrislain Matsima aus Monaco. Fürs zentrale Mittelfeld wurde Frank Onyeka aus Brentford ausgeliehen und offensiv soll Alexis Claude-Maurice den FCA verstärken, der ablösefrei aus Nizza zum FCA gestoßen ist.

Bei allen dreien handelt es sich um Spieler, die sich an Land, Leute und Liga gewöhnen müssen und es wirkt erst einmal so, dass sie etwas Anlaufzeit in Augsburg brauchen werden. Onyeka ist auch direkt bei der Nationalmannschaft und somit erstmal nicht verfügbar.

Insgesamt lässt sich somit schon beobachten, dass der FCA ins Risiko geht. Er gibt 3 gestandene Spieler (auch wenn Engels noch jung ist) ab und holt dafür drei in Deutschland Unbekannte. Ob sich die Wechsel auszahlen und für wen, wird sich erst noch zeigen. Aber damit ist noch nicht alles geklärt.

Restlicher Klärungsbedarf

Hier kommen wir nun zu Ruben Vargas. Vargas wollte wie Uduokhai den nächsten Schritt machen, einzig ein für ihn passendes Angebot ging nicht ein. Jetzt läuft sein Vertrag in 2025 aus und der FCA wird ihn weiterhin nicht ablösefrei ziehen lassen wollen. Auf der anderen Seite würde dem FCA Ruben Vargas sportlich gut zu Gesicht stehen, nachdem Arne Engels den Club verlassen hat. Ich hoffe auf eine Vertragsverlängerung um zumindest 1 Jahr und eine weitere Saison Vargas-Fußball in Augsburg.

Der FCA hat sein Team ordentlich durchgewirbelt in diesem Sommer. Jetzt heißt es schleunigst zusammenfinden und endlich wieder positive Ergebnisse auf dem Platz feiern. Sonst wird hier keine Ruhe einkehren und die Personalbewegungen werden sich nicht mehr nur auf Spieler beschränken.

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