Thorups Lieblinge?

Nicht einmal drei Wochen ist es her, seit Jess Thorup die Nachfolge von Enrico Maaßen als Trainer beim FC Augsburg angetreten hat. Trotzdem hat sich in der Zeit schon etwas getan. Vor allem Positives. In den beiden Spielen unter dem neuen Chef-Coach hat der FCA acht Tore erzielt, zwei Rückstände gedreht und sechs Punkte eingesammelt. Über so viel Action, die am Ende auch noch von Erfolg gekrönt ist, durfte man als FCA-Fan schon lange nicht mehr jubeln. What a feeling!

Auch beim Personal gab es mittlerweile Veränderungen. Die aber nicht ganz so ins Auge stechen wie die Tatsache, dass unser Verein nach wochenlanger Durststrecke plötzlich wieder gewinnt. Thorup hat an der Aufstellung gebastelt. Akteuren sein Vertrauen geschenkt, von denen man es nicht unbedingt erwartet hat. Und Stammplatzgarantien aus früheren Tagen bekräftigt bzw. ins Wackeln gebracht. Welche Spieler profitieren individuell vom Trainerwechsel? Das haben wir uns angeschaut.   

Feinfuß Jensen

Auf dem Platz ist er ein Tausendsassa und neben dem Platz immer für einen Spaß zu haben: Freddy Jensen stand in den beiden Matches unter Thorup jeweils überraschend in der Startelf und wurde mit seinen drei Vorlagen in Heidenheim völlig zurecht zu unserem Man of the Match gewählt. In 41 Spielen, die Vorgänger Enrico Maaßen leitete, startete der Finne, der seit 2018 Mitglied der FCA-Familie ist, lediglich acht Mal von Beginn an.

Sicherlich profitierte Jensen davon, dass Ruben Vargas, der seit Saisonbeginn verstärkt die Rechtsaußen-Position besetzt, verletzungsbedingt fehlte. Allerdings ist der Schweizer schon seit Längerem nicht mehr unersetzlich und Irvin Cardona hat als weitere Alternative derzeit Probleme, überhaupt ins Aufgebot zu kommen. Sofern die Gesundheit hält, was in der Vergangenheit leider nicht immer der Fall war, dürften wir künftig häufiger in den Genuss von Jensens feinen Qualitäten, u.a. technischer Art (die Ecken!), kommen. Ich hätte absolut nichts dagegen. 

Emotional und lautstark feierte Phillip Tietz seine ersten beiden Treffer für den FCA. (Foto: FC Augsburg auf Twitter/X)

Erste Tietz-Treffer

Mit Phillip Tietz, der für die neue Saison aus Darmstadt geholt worden war, hat Dion Beljo, selbst zur Winterpause an den Lech gekommen, auf der Mittelstürmerposition Konkurrenz bekommen. Zwar gibt es etwa mit Kapitän Ermedin Demirović und Sven Michel weitere Kollegen im Sturm. Doch letztlich konkurrieren Tietz und Beljo am härtesten untereinander um Einsatzminuten. Unter Maaßen war die Bilanz der beiden noch recht ausgeglichen, allerdings schon mit leichter Tendenz zu Tietz, der öfter beginnen durfte. (Was aus Zuschauersicht manchmal nicht ganz nachvollziehbar war, weil dem Blondschopf außer einem Assist bis dahin noch nicht viel gelungen war…)

Unter Thorup verfestigte sich diese Tendenz nun. Den wilden Fight auf dem Heidenheimer Schlossberg konnte der 21-jährige Kroate nur von der Bank aus verfolgen, während der 26-jährige gebürtige Braunschweiger seinen ersten Treffer für den FCA feiern durfte. Da der nächste prompt daheim gegen Wolfsburg folgte, sieht es so aus, als wäre bei der Tietz der Knoten geplatzt. Das dürfte seine Aktien beim Cheftrainer wohl weiter steigen lassen. Sehr gerne! Aber nur, wenn er noch ein wenig mehr an seinen Abschlüssen arbeitet…   

Dorsch mit Kredit

Arne Engels war DIE Entdeckung der abgelaufenen Rückrunde. Ohne Wenn und Aber. Ich will an diesen Satz vom Januar erinnern, als der damals 19-Jährige vom Farmclub des FC Brügge zum FCA stieß:

„Allerdings ist nicht zu erwarten, dass sich der ‚hochveranlagte Mittelfeldspieler‘, wie Stefan Reuter von ihm schwärmt, auf der Stelle zur Stammkraft im Mittelfeld aufschwingen wird.“

Auszug aus meinem Text für die RoGaz vom 09.01.2023
Siegtreffer zum 3:2 gegen den VfL Wolfsburg! Was für eine Aktion von Arne Engels. (Foto: FC Augsburg)

Doch genau das hat der mittlerweile 20-jährige getan. Sein Marktwert ist von 100.000 Euro, die der FCA mutmaßlich nach Belgien überwiesen hat, auf schwindelerregende 7,5 Mio. Euro gestiegen. Seine Beorderung ins zentrale Mittelfeld, das er meist zusammen mit dem defensiver eingestellten Elvis Rexhbecaj bespielte, hatte aber auch damit zu tun, dass die ursprünglich dafür vorgesehenen Kandidaten Niklas Dorsch und Arne Maier durch langwierige Verletzungen bzw. ein langanhaltendes Leistungstief dem Trainer nicht oder nicht voll zur Verfügung standen.

Dorsch, den Thorup noch aus seiner Zeit beim KKA Gent kennt, hat sich mittlerweile zurückgearbeitet und will seine Führungsansprüche, die er u.a. als neuer Vize-Kapitän angemeldet hat, nun einlösen. Der Däne lässt ihm auch die Chance dazu. Zuungunsten von Engels, der beim FCH und gegen die Wölfe nur als Ersatzspieler fungierte. Gegen den VW-Club machte dieser mit einem Assist und seiner ersten eigenen Bude innerhalb von nur zwei Minuten aber so dröhnend auf sich aufmerksam, dass Thorup auch in dem jungen Belgier durchaus einen potentiellen Startelfkandidaten sieht, wie er auf der Pressekonferenz vor Köln schmunzelnd eingestanden hat. Wie dieser Fight ausgeht? Bleibt abzuwarten. Allerdings bin ich, sorry Dorschi, zugegebermaßen ein kleines Engels-Fangirl…

Dahmen auf Bewährung

Als Jess Thorup vor seinem ersten Spiel mit dem FCA mitteilte, dass auch Finn Dahmen im Tor keine Startplatzgarantie erhält, war ich erst überrascht. Und dann nicht mehr ganz so. Schließlich wollte der Däne in den ersten Wochen alles auf den Prüfstand stellen. Und dazu gehört eben auch der 25-jährige Ex-Mainzer, der in den ersten sieben Partien (noch unter Maaßen) im Schnitt fast 2,5 Gegentore kassierte. Klar, nicht ohne Zutun unserer oft wackeligen Defensive. Trotzdem sehen viele in ihm noch nicht den Dirigenten, der er hinter der Abwehr sein müsste.  

Mads Pedersen ist nach dem 1:0 gegen Union sofort auf seinen Teamkollegen zugestürmt und hat ihm zum lang ersehnten Sieg gratuliert. (Photo: Christof Stache/AFP via Getty Images)

Thorup ließ ihm trotzdem den Vortritt, auch wenn er sich aktuell auf Bewährung befindet. Dadurch kann sich Tomáš Koubek Hoffnung auf mögliche weitere Einsätze machen. Im Frühjahr hatte Augsburgs Nr. 2 den verletzten Rafał Gikiewicz für sieben Spiele würdig vertreten und diese Zeit – vor allem den 1:0-Sieg gegen Union – extrem genossen. Koubek, dessen erste Zeit beim FCA bekanntlich ja gehörig in die Hose ging, ist bekannt als jemand, der jeden Tag hart arbeitet und Teamplayer durch und durch ist. Ganz egal, auf welchem Rang in der Torhüter-Hierarchie er gerade steht. Daher würde ich mich über ein paar Spielminuten, die ihm Thorup verschafft, sehr freuen.

Erfrischend gleich

Enorme personelle Umstellungen hat Jess Thorup in der Kürze der Zeit (noch) nicht vorgenommen. Und doch hat er Präferenzen aufblitzen lassen und in seiner Wunschaufstellung umgesetzt. Was unter dem neuen Mann beim FC Augsburg gerade passiert, finde ich extrem spannend und lässt mich mit Vorfreude auf die nächste Zeit blicken. Allein, dass der Coach für Samstag gegen Köln in Erwägung gezogen hat, seinem linksfüßigen Landsmann Freddy Winther mal wieder eine Chance zu geben und ihn auf die Position des gelb-rot gesperrten Felix Uduokhai zu stellen, ist erfrischend. Oder ob doch Japhet Tanganga zu seinem Debüt für den FCA kommt, obwohl er Rechtsfuß ist? Thorup wird es wissen. Ihm ist vieles zuzutrauen. Und das mag ich.   

Punktspiel

Auch das Heimdebut mit Jess Thorup folgte dem gleichen Spannungsbogen wie die Auswärtspremiere in Heidenheim eine Woche voher: Der FCA gewinnt das Spiel nach zwischenzeitlichem Rückstand. Insbesondere in der zweiten Halbzeit zeigte die Mannschaft wieder den unbedingten Willen dieses Spiel gewinnen zu wollen. Und wie auch immer es hätte auch kommen können oder dann gelaufen ist, der FCA hat es sich verdient.

Auch wenn dies nach dem 9. Spieltag nur eine Momentaufnahme sein kann, sind 11 Punkte ein solider Zwischenstand. In fünf der bisher zwölf Spielzeiten konnte der FCA, mit 12 bzw. einmal 13 Punkten, zu diesem Zeitpunkt ein besseres Resultat erreichen.

Nach der Qualifikation für die Conference League 2022 und dem elften Tabellenplatz in der letzten Saison ist der Effzeh schwächer als in den vergangenen Jahren in die Saison gestartet. Nach dem Auswärtspunkt am 3. Spieltag in Frankfurt gelang erst am 8. Spieltag der erste Dreier – dieser allerdings gegen Mönchengladbach.

Nach der Niederlage in Leipzig stehen die Kölner aktuell mit der geringsten Torausbeute und einem Punkt Vorsprung auf den FSV Mainz auf Platz 17 der Tabelle. Noch dazu gab es unter der Woche eine Pokalniederlage in Kaiserslautern.

Nicht mehr im Kader steht Jonas Hector, der mittlerweile seine Karriere beendet hat. Ob der FC sich zur Winterpause möglicherweise verstärken kann hängt auch davon ab, ob die vom Internationalen Sportgerichtshof verhängte Transfersperre wieder in Kraft tritt.

Am kommenden Spieltag spielt Darmstadt gegen Bochum und Mainz gegen Leipzig. Die anderen hinter Augsburg stehenden Mannschaften spielen gegen Teams aus der oberen Hälfte. Mit einem gelungenen Auftritt hat der FCA die Chance den Abstand nach hinten zu vergrößern.

Diese Woche einige Überraschungen im DFB-Pokal, einschließlich der Niederlage von Bayern München in Saarbrücken.  Das erste Mal seit über 30 Jahren, das nur sechs Bundesligisten im Achtelfinale stehen. Im Viertelfinale waren es der Saison 1992/93 noch fünf und im Halbfinale zwei. Das Finale gewann dann Bayer Leverkusen gegen die Amateure von Hertha BSC. Zweimal, 1970 der OFC, und 1992 Hannover 96, konnte bisher ein Zweitligist den DFB-Pokal gewinnen.

Nachfolgend hat der FCA in diesem Jahr, der 17. Spieltag findet erst im Januar statt, noch die Heimspiele gegen Hoffenheim, Frankfurt und Dortmund, dazu die Auswärtsbegegnungen in Berlin, Bremen und Stuttgart. Zu früh für konkrete Prognosen wird es spannend sein, wie sich die Mannschaft dann auch gegen Teams, überwiegend aus der oberen Tabellenhälfte, schlagen wird.

Auch wenn verschiedene Szenarien denkbar sind, wäre ein erkennbarer längerer Entwicklungsprozess, der alle Mannschaftsbereiche betrifft, wünschenswert. Die Idee einer eigenen DNA und der perspektivischen Umsetzung einer dauerhafteren Spielvorstellung könnte dazu beitragen sich auch tabellarisch weiter zu bewegen. Zunächst aber gilt es von Spiel zu Spiel zu bestehen und dabei alle mitzunehmen.

Sechsmal spielte der FCA bisher an einem 04.11. In der Bayernliga gelang 1972 dabei ein Sieg gegen den SC Fürstenfeldbruck, 1989 gegen den die FT Starnberg, in der 2. Bundesliga 1978 gegen die SpVgg Bayreuth. Unentschieden gab es in der Bayernliga 2000 gegen die SpVgg Ansbach, in der 2. Bundesliga gegen Kaiserslautern 2007 und erstklassig, 2017, gegen Bayer Leverkusen. Verloren hat der FCA an diesem Kalendertag noch nicht.

Die viertbeste Bilanz gegen ein aktuell in der Bundesliga platziertes Team, von den letzten acht Auftritten in Köln nur einen verloren, und verschiedene Anekdoten, die damit verbunden sind. Vielleicht gelingt es an die erfolgreichen Auftritte anzuknüpfen und das erste Mal seit über ein Jahr in drei aufeinanderfolgenden Spielen zu punkten. Gutes Spiel!

Nur der FCA!

Jess, he can!

Neu-Coach Jess Thorup bestritt am gestrigen Samstag das zweite Pflichtspiel an der Seitenlinie des FCA. Und erstmals ein Heimspiel in der schmucken Augsburger Arena, die gestern kurzzeitig zur Festung wurde. Das Spiel gegen den VfL Wolfsburg war auch ein Spiel gegen einen direkten Tabellennachbarn.

Aufstellung

Never change a winning team – das Motto verfolgte Jess Thorup offensichtlich. Er vertraute seiner “Gewinner-Elf”, die in der vergangenen Woche furios nach Rückstand in Heidenheim gewann. Kapitän Ermedin Demirovic absolvierte sein 100. Bundesligaspiel, Defensivakteur Felix Uduokhai sein 100. Spiel für den FCA.

Bei der Ansetzung des Schiedsrichter-Gespanns lief es vielen Augsburg-Fans eiskalt den Rücken herunter, denn an Augsburger Spiele mit Daniel Schlager als leitenden Schiedsrichter auf dem Platz erinnert man sich hierzulande gar nicht gerne. Guido Winkmann bekleidete indes die Position des VAR im Kölner Keller.

Erste Halbzeit

Nun, besagter Schlager pfiff um 15:30 Uhr die Partie an. Die Aufstellung im 4-2-3-1 mit Tietz als einzige Spitze kam jedoch in der ersten Viertelstunde nicht zu nennenswerten Offensivaktionen, sondern verteidigte diszipliniert und bemühte sich um einen ordentlichen Spielaufbau. Die Wolfsburger drückten ein wenig mehr, allerdings auch ohne größere Torannäherungen.

In der 17. Spielminute sodann eine schöne Kombination der Augsburger: Jeffrey Gouweleeuw war als Abwehrspieler mit nach vorne geeilt und flankte von der Eckfahne aus klug in den Strafraum, dort stand Mittelstürmer Tietz und bugsierte den Ball noch vor dem Wolfsburger Lacroix ins gegnerische Tor. Ein schöner Spielzug!

Die kalte Dusche folgte in Minute 35 und äußerst chaotisch kam diese Spielsituation zustande: Paredes als ballführender Spieler wurde von mehreren Akteuren des FCA bedrängt, Niklas Dorsch grätschte den Ball im eigenen Strafraum unglücklich zu Wolfsburg-Goalgetter Jonas Wind, der gekonnt abgeklärt abschloss. 1:1 – Ausgleich, unglücklich im Zustandekommen, aber zu dem Zeitpunkt nicht unverdient.

Kurz vor der Halbzeitpause musste der FCA nochmal kurz durchatmen, denn Wimmer knallte nach einem Wolfsburger Angriff den Ball an die Latte. Doch wer dachte, dass das nochmal gut ausging und der FCA das 1:1 mit zum Pausentee nehmen würde, sah sich getäuscht. Denn besagter Hauptschiedsrichter Schlager entschied nach einem handelsüblichen Zweikampf zwischen Svanberg und Dorsch auf Elfmeter für Wolfsburg. Diese Entscheidung war mehr als fragwürdig, denn Svanberg suchte zum einen proaktiv den Kontakt und fädelte zudem geschickt bei Dorsch ein. Schade, dass Schlager sich die Szene nicht selbst ansah. Majer trat nach kurzen Diskussionen für den VfL vom Punkt an und versenkte die Kugel im linken unteren Toreck.

Und auch das war noch nicht das Ende der ersten Hälfte: In der fünften Minute der Nachspielzeit traf Pedersen Wimmer bei einem Konter deutlich am Fuß, der Ball war schon weg zu dem Zeitpunkt. Einige Augsburger protestieren vehement gegen den Freistoßpfiff. Schlager zog sofort den gelben Karton. Die Vehemenz der Augsburger Forderungen kann ich nicht so ganz nachvollziehen, denn hier hätte Schlager – ebenfalls nach einem notwendigen Review – gut und gerne die rote Karte zeigen können, wenn nicht müssen. Jeffrey Gouweleeuw sah für seinen verbalen Protest ebenfalls die gelbe Karte. Mit einem 1:2 ging es dann aber wirklich – nach einer zum Ende hin wilden ersten Hälfte – in die Halbzeitpause.

Zweite Halbzeit

Ohne personelle Wechsel ging die Thorup-Elf in die zweite Hälfte der Partie gegen die Wölfe. Der Start war eher etwas zurückhaltend, großartige Strafraumszenen waren nicht zu verzeichnen. Wolfsburg wusste die Führung gut zu verteidigen. Thorup wechselte dann in Minute 63 Arne Engels für Dorsch ein – ein Tausch, der sich noch auszahlen sollte. Ebenso kamen Iago und Vargas für Michel und Pedersen ins Spiel.

Die frischen Kräfte läuteten direkt die Schlussoffensive ein. Erst setzte Demirovic einen Kopfball nach Vargas-Flanke über die Latte, dann traf Tietz in Minute 71 zum vermeintlichen Ausgleich. Doch der Treffer zählte wegen einer Abseitsstellung von Ruben Vargas nicht, der Pervan beim Torschuss ablenkte. Auch Beljo und Okugawa bekamen noch einige Spielminuten.

In der 79. Minute ereignete sich ein maximal kurioses Eigentor von Wolfsburg-Profi Bornauw. Arne Engels schlug eine Flanke in den Strafraum der Wölfe, Bornauw wollte klären und lenkte den Ball volley ins rechte Toreck. Ein schönes Tor, wenn auch etwas ungewollt und unglücklich für den Eigentorschützen, der sich sichtlich ärgerte. Der zu dem Zeitpunkt verdiente Ausgleich!

2:2 – und dann ging alles blitzschnell. Die Ereignisse überschlugen sich. Vargas trieb den Ball auf der linken Seite, gab diesen weiter zu Iago, der sofort mustergültig flankte. Arne Engels konnte Lacroix abschütteln und nickte zum 3:2 ein. Ein tolles, wichtiges, erstes Bundesligator von Arne Engels, der hiermit zum Matchwinner mutierte.

Felix Uduokhai bekam in der 84. Minute die erste gelbe Karte zu sehen für ein Foul an Gerhardt, drei Minuten später kam er im Zweikampf mit Wind zu spät und flog somit folgerichtig mit gelb-rot vom Platz. Ärgerlich! Nun galt es die angezeigten sechs Minuten Nachspielzeit mit einem Mann weniger zu überstehen. Und Wolfsburg gab natürlich in Überzahl nochmal gewaltig Gas!

In der ersten Minute der Nachspielzeit ging der Puls der Augsburger direkt nach oben: Ein Schuss von Arnold landete im Augsburger Tor, doch der Treffer zählte nicht, da Bornauw vorher im Zweikampf Iago foulte.

Lacroix setzte in der vierten Minute der Nachspielzeit einen Torschuss ab, der Ball ging nur äußerst knapp am Pfosten vorbei und landete am Außennetz. Puuuh – durchschnaufen, weiter verteidigen! Bei der letzten Aktion der Partie – einem Eckball für die Wolfsburger – eilte Wölfe-Keeper Pervan mit in den gegnerischen Strafraum. Totales Chaos – Baku köpfte den Ball vor den Kasten, Pervan und Gerhardt blockierten sich gegenseitig. Keiner kam so richtig zum Abschluss, Augsburg konnte klären. Nach dieser vergebenen Großchance pfiff Schlager direkt ab. What a match!

Ziel anvisiert und erreicht. Throup ist bisher in Augsburg überaus erfolgreich. (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Was bleibt nun nach der Partie?

Der FCA hat nun erstmals seit über einem Jahr zwei Bundesligapartien in Folge gewinnen können. Nach dem Comeback bei Thorups Einstand gegen Heidenheim folgte erneut eine Augschburgerische Aufholjagd wie sie im Buche steht.

Wieder ist der FCA mit fast 121 Kilometern rund zwei Kilometer mehr gelaufen als der Gegner, wenn auch nicht in schwindelerregenden Sphären wie letzte Woche. Dafür zogen die Augsburger 233 Sprints an, die Wolfsburger einen weniger. Den Ballbesitz überließen die Augsburger hierbei eher den Gästen. Positiv hervorzuheben sind die Zweikämpfe (52% gewonnen) und insbesondere die Luftzweikämpfe (58% gewonnen).

Auszeichnen konnte sich auch Keeper Finn Dahmen, der vier Paraden zeigte, 67 Prozent der Bälle abwehren konnte und 100% der Flanken. Zudem kamen alle seine Abwürfe bei seinen Mitspielern an. Mads Pedersen war mit 33,71 km/h schnellster Spieler auf dem Platz. Elvis Rexhbecaj ist mit 11,8 Kilometern am meisten aller FCA-Spieler in 90 Spielminuten gelaufen.

Während Felix Uduokhai leider tendenziell im Formtief steckt, wird der zu Saisonbeginn noch angeschlagene Jeff Gouweleeuw immer wichtiger. Im Spiel gegen die Wölfe glänzte er mit der entscheidenden Torvorlage zum 1:0, zudem peitschte er nach dem Ausgleich das Augsburger Publikum an. Seine Mentalität könnte – ebenso wie die von Niklas Dorsch – im weiteren Saisonverlauf noch ganz wichtig werden.

Phillip Tietz befindet sich im Aufschwung, nach seinem Tor gegen Heidenheim folgte nun ein weiterer wichtiger Treffer gegen Wolfsburg. Entscheidend auch, wie er die Tore erzielt: in einer richtigen Abstauber Manier. Er wirft sich in die Flanken, wittert eine Chance und macht sie dadurch gefährlich. In etwa so unnachahmlich wie Thomas Müller. Er gewann 67% und damit rund 2/3 seiner Luftzweikämpfe. Kann sich sehen lassen.

Was man aus diesem Spiel mitnehmen kann? Viel positives wie der unbedingte Wille, das Spiel nach Rückstand noch zu drehen. Auch nach einem Nackenschlag wie dem unberechtigten Elfmeter kurz vor der Pause. Wie auch schon gesehen gegen Heidenheim: das Team zeigt umgehend eine Reaktion. Das ist neu und kam mutmaßlich mit Jess Thorups frischem Wind nach Augsburg. Zudem das Selbstbewusstsein, das neue Selbstverständnis, das die Mannen auf dem Platz zeigen. Die Körpersprache ist eine ganz andere. Was ebenfalls neu ist und eine positive Trendwende, ist die Kaltschnäuzigkeit im Torabschluss. Der xGoals-Wert des FCA lag bei 1,48 – dem gegenüber stehen drei Tore. Der xG-Wert der Wolfsburger lag hingegen bei 1,2.

In diesem Spiel hat sich zudem bemerkbar gemacht, dass viele Angriffe über die rechte Seite (43% der Angriffe, um genau zu sein) über den in der Ära Maaßen viel gescholtenen Robert Gumny kamen. Negatives, wenn man so möchte, sollte aber auch nicht außer Acht gelassen werden. Dumme Fouls, wie die von Felix Uduokhai oder ein rabiates Einsteigen wie von Mads Pedersen, sollten tunlichst vermieden werden. Wenn es blöd läuft, spielt man sonst gegen Wolfsburg mit nur neun Mann. Fraglich, ob dann solch eine Aufholjagd noch stattgefunden hätte. Auch die Gegentore müssen dringend aufgearbeitet werden, denn dieses Chaos im Strafraum war auch gegen Heidenheim schon (mehrfach) bestraft worden.

Wir können gespannt sein, was die Augsburger am kommenden Wochenende in Köln gegen einen angeknockten Gegner zeigen werden. Von mir aus könnte es gerne so weiter gehen wie bisher unter Jess Thorup, sprich: eine Fortsetzung der Siegesserie. Jess, we/he can.

Dramaturgien

Zehnmal hat der FCA in Pflichtspielen bereits 5:2 gewonnen – zuletzt am Rosenmontag 2011 gegen Fortuna Düsseldorf. Damals auf dem Weg zum Erstligaaufstieg, war die Dramaturgie diesmal eine ganz andere: Über ein Jahr kein Auswärtssieg, eine Mannschaft, die unter Ihren Möglichkeiten aufgetreten ist, und ein neuer Trainer.

Einen besseren Start hätte es für Jess Thorup nicht geben können. In der Anordnung der Dramaturgie relativ früh zwei Gegentore sowie die Möglichkeit, dass es das bereits gewesen sein könnte – aber dann: 1:2, und der Doppelschlag zum 3:2 noch vor der Pause.

In der zweiten Halbzeit Erinnerungen an eine Mannschaft, die es vor einigen Jahren schon gab, die spielte und das Spiel nicht mehr hergeben wollte.

Auch wenn es nur eine Momentaufnahme war, der FCA steht nun auf Platz 10 der Tabelle und auch wenn es viele Möglichkeiten der Fortsetzung geben mag, mehr als ein Motivationsschub war es allemal – und die Mannschaft hat an sich geglaubt.

Nun geht es im nächsten Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg und den Anschluss an das obere Mittelfeld.

Nachdem die Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb in der vergangenen Saison knapp verpasst wurde unternimmt der VfL diese Spielzeit einen neuen Versuch. Nach drei Siegen gegen Heidenheim, Union und Frankfurt gab es gegen Leverkusen die erste Heimniederlage. Dem Auswärtssieg in Köln am 2. Spieltag stehen Niederlagen in Hoffenheim, Dortmund und Stuttgart gegenüber.

Die Bilanz des FCA gegen Wolfsburg ist mit sieben Erfolgen, bei neun Unentschieden und acht Niederlagen, leicht negativ. In der letzten Saison waren beide Aufeinandertreffen remis, wenngleich der FCA beim Spiel in Wolfsburg erst in der 96. Spielminute den Ausgleich erhielt.

Die Tabelle nach dem 8. Spieltag: Oben stehen Leverkusen, München, Dortmund und Leipzig. Dazwischen, an zweiter Stelle der VfB, der zuletzt bei Union gewonnen hat, und in dieser Spielzeit wohlmöglich die Rolle einnimmt, die die Köpenicker zuletzt in der Liga innehatten.

Der Ablauf der Liga hat immer eine eigene Dramaturgie. Am kommenden Wochenende die Direktvergleiche von Bremen gegen Union, Mönchengladbach gegen Heidenheim und Bochum gegen Mainz. Köln und Darmstadt spielen in Leipzig und München.

Mit einem erfolgreichen Auftritt könnte der FCA sich etwas von hinten lösen.

Die höchsten Pflichtspielsiege des FCA waren in der 2. Bundesliga gegen Pirmasens und im DFB-Pokal gegen Wipfeld, jeweils 7:0, der höchste Sieg in der Bundesliga gegen den VfB.

Die höchsten Auswärtssiege waren, das 7:0 gegen Celle, mit getauschtem Heimrecht in der Coronazeit ausgenommen, die 6:0 in Nöttingen und Eschborn in der Regionalliga, sowie in der Bayernliga gegen Eching.

Was war aber mit besonders beim Spiel in Heidenheim, und woran lässt sich der Erfolg auch ausmachen? Neben kämpferischen Momenten waren dies auch die Leistungen von Spielern, die zuletzt nicht zwingend im Mittelpunkt standen bzw. mittlerweile anders eingeschätzt wurden.

Diese Erkenntnis kann darauf hinweisen, dass nicht nur der Kader nicht schwach ist, sondern es einer Initialzündung bedurfte, um verschiedene Prozesse wieder zu beleben.

Ein Traumstart, mit fünf verschiedenen Torschützen, für den neuen Trainer. Es gab immer wieder Spiele bei denen die Führungen wechselten, oder die knapp ausgingen – Aber die Dramaturgie in Heidenheim war kaum zu toppen.

Nun gilt es die Einstellung und den Auftritt vom vergangenen Sonntag zu bestätigen, und das neue Momentum zu nutzen. Gutes Spiel!

Nur der FCA!

Hier ist Thorup schon besser als Maaßen

Jess Thorups Einstand ist geglückt. Das erste Mal seit Martin Schmidt 2019 gelingt einem FCA-Trainer bei seinem Bundesligadebüt ein Sieg. Beim wilden 5:2 in Heidenheim lief zwar bei Weitem noch nicht alles glatt. Dennoch lassen sich bereits ein paar positive Beobachtungen ausmachen. Was läuft anders im Vergleich zu Enrico Maaßen? Das erste Spiel mit neuem Trainer im RoGaz-Check.

  • Startelf: Vier Wechsel im Vergleich zur Darmstadt-Niederlage. Am überraschendsten gewiss die Entscheidung pro Fredrik Jensen. Der Finne stand zuletzt Anfang April in der Startelf, übernahm die Standards und zahlte das Vertrauen prompt mit drei Vorlagen zurück. Außerdem: Thorup-Landsmann Mads Pedersen vor Iago, der unter Maaßen (und Reuter) degradierte Ex-Kapitän Jeffrey Gouweleeuw neben Uduokhai (Patric Pfeiffer Bank) und Finn Dahmen weiterhin im Tor. Thorup wollte dem jungen Keeper zuvor keine Stammplatzgarantie aussprechen. Diese scheinen ohnehin nur wenige Spieler zu haben (Dorsch, Demirovic).
Auch unter Thorup ist Ermedin Demirovic der Kapitän (der hier Mads Pedersen nach dessen Ausgleichstreffer feiert) (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)
  • Kader: Erstmals nach seiner Verletzung war Neuzugang Masaya Okugawa dabei. Bedeutet auch: Die schon unter Maaßen unberücksichtigen Flügelspieler Nathanael Mbuku und Irvin Cardona haben es wohl auch unter dem neuen Coach schwer, ebenso die Defensivakteure Frederik Winther und David Colina.
  • Wechsel: Thorup brachte nach einer Stunde Iago für Michel, um die Defensive zu stärken, nach dem 4:2 kam Arne Engels. Interessant: Der junge Belgier agierte erstmals im FCA-Trikot auf Rechtsaußen. Diese Position spielte er zuvor auch in Brügge. Später brachte Thorup noch Bauer und Breithaupt, was für etwas Verwirrung bei Dion Beljo sorgte. Nachdem Tietz angezeigt hatte, ausgewechselt zu werden, machte sich Beljo mit auf den Weg zur Bank – musste dann aber draußen bleiben. Thorup wechselte nur viermal.
  • System: Vierer- statt Dreier- beziehungsweise Fünferkette in einem 4-2-2-2-System, das in ein 4-2-3-1 und 4-2-4 überging. Sven Michel agierte als der etwas defensiv versetztere Part hinter Phillip Tietz, Ermedin Demirovic wich vermehrt auf die Außen aus. Das Augsburger Spiel war sehr rechtslastig über den agilen Jensen. Demirovic ließ sich öfter nach links fallen und beteiligte sich so am Spielaufbau. Die Verlagerung von links auf rechts ging über die zentralen Elvis Rexhbecaj und vor allem Niklas Dorsch. Ihm kommt unter Thorup die Rolle des Spielgestalters zu. Im Spielaufbau agiert er als Box-to-Box-Spieler, der auch tief in der eigenen Hälfte anspielbar ist. Dorsch kennt Thorup noch aus Belgien, machte aber nur ein Spiel unter ihm, da der Trainer schon nach dem 2. Spieltag entlassen wurde.

Nun ist es schwer, aus einem Spiel große Rückschlüsse abzuleiten. Der FCA zeigte sich in der Anfangsphase in Heidenheim defensiv überfordert und bis zum 2:1 offensiv ideen- und harmlos. Danach machten die Augsburger aber ein richtig gutes Bundesligaspiel und gingen verdient als Sieger vom Platz. Das lag an ein paar Punkten, die unter Maaßen noch anders waren.

  • Hallo-Wach-Effekt genutzt: Wie so oft spielte der FCA erst nach einem Rückschlag auf. Anders als etwa gegen Darmstadt kam dieser nun aber rechtzeitig. Und anders als gegen Gladbach, als man ein 1:3 in ein 4:3 gedreht hatte, ließ der FCA nicht nach und hatte die Partie bis auf einen gefährlichen Heidenheimer Abschluss in der zweiten Hälfte im Griff.

  • Laufleistung: Der FCA lief gegen Heidenheim 126 Kilometer. Das ist mit Abstand der beste Saisonwert. Gegen Darmstadt waren es zehn Kilometer weniger, gegen Bochum sogar nur 108. Die meisten Kilometer in Heidenheim spulte übrigens Rexhbecaj (12,2) ab. Er war sehr präsent im Augsburger Mittelfeld.

  • Passquote: 80 Prozent sind für Augsburger Verhältnisse ein guter Wert. Unter Maaßen lag man hier meist drunter (in dieser Saison aber auch schon drüber).

Fazit

Ein gelungener erster Thorup-Auftritt, der freilich nicht makellos war – aber insgesamt Lust auf mehr macht. Wir freuen uns.

Ein verrücktes Debüt

Die Vorzeichen waren schon einmal schlechter, wenn neue Trainer eine neue Station angetreten haben. Die Zeichen standen sogar recht gut für Jess Thorups erstes Spiel in der Fußballbundesliga. Kommen wir zuerst zu den äußeren Umständen. Es war zwar ein Spiel Ende Oktober, aber das Wetter enttäuschte nicht. Die Sonne schien zu Beginn des Spiels noch ins Stadionrund, auch zu dieser späten Anstoßzeit. Das Wetter war mild und die Konditionen optimal für einen Bundesligaeinstand.

Auch ansonsten gab es schon Trainer, die bei ihrem neuen Club auf kompliziertere Konditionen getroffen haben. Einerseits ist der Kader der Augsburger fast vollständig fit, es fehlten nur wenige Spieler wie Ruben Vargas verletzungsbedingt. Auch steht der Club nicht im Tabellenkeller. Man hat schon gewonnen diese Saison und es ist noch nicht 5 vor 12. Dazu ist die Kulisse in Heidenheim im besten Sinne „beschaulich“. Von den Rängen wird zwar Lärm gemacht, aber es ist kein Vergleich mit Kulissen wie in Frankfurt oder Dortmund. Einschüchternd hätte das heute nicht wirken sollen.

Sportlich wenig Entwicklung

Bei dem, was dann auf dem Rasen zu beobachten war, war dann auch von der gegenüberliegenden Tribüne aus zu erkennen, dass Neutrainer Jess Thorup nicht zufrieden war. Da half dann auch sein Auftreten im blauen Anzug nichts: seine Mannschaft kassierte das 0:1 nach einem Standard, das 0:2 nach einer adretten Heidenheimer Kombination, die von seiner Mannschaft passiv hingenommen wurde. Die Standards waren auch vorher schon gefährlich. Finn Dahmen konnte sich bei einer früheren Ecke mit einem Klasse-Reflex zeigen.

Als Anhänger des FC Augsburg rieb man sich in der Mitte der ersten Hälfte verwundert die Augen. Einerseits hatte sich an der Aufstellung des Teams nur marginal etwas geändert. Thorup schickte das Team erneut in einem 4-2-2-2 auf den Rasen und rotierte nur marginal. Dorsch durfte anstatt Engels ran, Jensen ersetzte den verletzten Vargas. Die Mannschaft spielte nicht nur taktisch wie unter seinem Vorgänger. Auch auf dem Rasen blieb die Passivität und die individuellen Fehler.  Der Gästeblock verstummte zeitweise. Der Trainereffekt hatte sich früh abgenutzt. Ernüchterung kehrte ein.

Zum Haare raufen zwischendurch, bevor die Hände zum Jubeln erhoben wurden. (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Ungeahnte Wende

Aber Fußball ist eben doch eine unberechenbare Angelegenheit. Es begann erst unscheinbar. Erst stand Tietz nach einer Jensen-Ecke völlig blank und nutzte die Chance. Danach nutzte der FCA einen zweiten Ball nach einem Einwurf und Tietz legte auf Pedersen ab, der eiskalt vom Straftraumrand vollendete. Auf einmal war Heidenheim verunsichert. Unbedacht hatte man den FCA zurück ins Spiel kommen lassen. Kleindiensts gelbe Karte war in dieser Phase symptomatisch. In all diesem Durcheinander eroberte der FCA direkt nach dem Anpfiff erneut den Ball, Jensen legte von rechts herein und Demirovic rutschte den Ball ins Tor. 3:2 für den FCA nach 40 Minuten. Was ein Ritt und Wahnsinn.

Zu Beginn der zweiten Hälfte ist für den FCA alles beim Alten, wenn es darum geht, Konstanz ins eigene Spiel zu bekommen und defensiv sicher zu stehen. Das war auch nach den Gegentoren nicht immer sattelfest. Man mochte allerdings nicht prophezeien, wohin dieses Spiel sich noch entwickeln würde.

Offensives Mindset

Insgesamt wirkte das Ganze dann weiterhin nicht wie aus einem Guss. Der FCA ließ Heidenheimer Spieler auch in der zweiten Halbzeit frei vor Torhüter Dahmen auftauchen. Auch im eigenen 6er Raum war man in manchen Situationen weit weg von den Gegenspielern. Auf der anderen Seite waren die ersten Abweichungen zu den letzten Maaßen-Spielen zu beobachten. Uduokhai wagte sich nach 56 Minuten bei einem Dribbling offensiv mit nach vorne und sorgte für Unruhe. In der Folge hatten dann Tietz und Jensen jeweils gute Chancen um für die Augsburger weiter zu erhöhen. Zur Entscheidung kam es zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Die Unterhaltsamkeit fand dann nach einer Ecke den Augsburger Höhepunkt, als Felix Uduokhai zum 4:2 aus Augsburger Sicht erhöhte. Erwähnenswert weiterhin im Spielverlauf: Arne Engels durfte später auf rechts für Freddy Jensen ran und eben nicht zentral. In der 80. Minute rührte Thorup den Zement an, und verstärkte die Defensive mit Bauer und Breithaupt für Tietz und Dorsch massiv. Das Elfmetertor von Elvis Rexhbecaj war am Ende die Kirsche auf der Sahne eines außergewöhnlichem 5:2 Auswärtssiegs. Dem ersten nach über einem Jahr Auswärts-Durststrecke.

Aussagekraft

Das Spiel des FCA in Heidenheim ist eine Einzelbeobachtung. Sehr unterhaltsam, aber einmalig. Wenig kann man aus diesem einzelnen Spiel ableiten. Einerseits wird kaum ein Gegner den FCA nach Fehlern – wie in der ersten Halbzeit – wieder ins Spiel kommen lassen. Andererseits wird auch kaum eine gegnerische Abwehr sich so löchrig präsentieren, wie die der Heidenheimer.

Einige Fakten bleiben. Zum ersten Mal 5 Auswärtstore. Zum ersten Mal nach 0:2 Rückstand noch gewonnen. Tietz das erste Bundesligator. Zumindest das Selbstbewusstsein sollte gewachsen. Aber wer würde nun eine Prognose abgeben wollen, wie es nach diesem verrückten Debüt weitergeht.

Die neue Ernsthaftigkeit

In der ersten Trainingswoche unter dem neuen Trainer Jess Thorup wurde am Mindset gearbeitet. Auch an taktischen Dingen. Aber eben auch am Mindset. In der Pressekonferenz vor dem Spiel war hier von Seiten Jess Thorup zu hören: “Für mich ist wichtig, wie wir auf dem Platz stehen.” Und damit war nicht die Formation gemeint, sondern die Art und Weise der Umsetzung.

Mit diesen Aussagen und Eindrücken bestätigt sich das erste Bild, das Jess Thorup in seinen ersten Tagen beim FCA abgegeben hat. Der Familienmensch Jess Thorup erschien zu seiner Antrittspressekonferenz im Dreiteiler. Es wurde ersichtlich, dass es hier auch im Außenauftritt des älteren Trainers Thorup deutliche Unterschiede zu Enno Maaßen gibt. Er steht damit auch in einer dänischen Tradition beim FC Augsburg. Mads Pedersen hatte seine Vertragsverlängerung im formalen Zwirn unterschrieben. Beide zeigen auch mit ihrer Kleidungswahl die Wertschätzung gegenüber ihrem Arbeitgeber.

Verbindlichkeit

Jess Thorup wirkt entsprechend in seinen ersten Tagen nicht nur älter als Maaßen sondern strahlt auch auf eine andere Art und Weise Autorität aus. Man kann in jedem Falle erkennen, dass Thorup ein anderer Typ ist. Wenn man nun den Ausführungen von Marinko Jurendic zum Suchprozess folgen mag, so hat sich im Anforderungsprofil wohl herausgebildet, dass eine reifere Persönlichkeit nötig ist, um mit der jungen Mannschaft zu arbeiten. Ob diese Rechnung aufgeht, werden wir alle zusammen beobachten können.

Maaßens Ansatz, der darauf basierte, dass die neue Generation der Spieler eine lockerere Ansprache benötigt, ist am Ende gescheitert. Von den erfahrenen Kräften blieb kaum einer übrig, das junge Team lieferte immer wieder schlechte Halbzeiten ab und machte sich über dumme Fehler selbst Spielverläufe kaputt. Evtl. ist hier auch diese ausstrahlende Verbindlichkeit ein kulturelles Element, das zukünftig positive Effekte erzeugen kann.

Jess Thorup auf dem Feld mit der Mannschaft. Seine Ausstrahlung ist nicht zu bestreiten. (Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)

Über das Fußballerische hinaus

Die Probleme der Mannschaft gehen dabei über die rein fußballerischen Themen hinaus. Die verkackten ersten Halbzeiten und die monströsen individuellen Fehler sind auf einer rein fußballerischen Ebene nicht erklärbar. Gerade deshalb hatte ich vor Wochen die mentale Entwicklung des Teams thematisiert. Thorup scheint hier anzupacken und nach Lösungen zu suchen.

Ein Fokus von Thorup liegt dann im Spiel gegen Heidenheim auf Mentalität und Einsatz, zu der er auf der ersten Pressekonferenz sagte: “Das kann jeder. Das muss ich von jedem sehen.” Der Konkurrenzkampf ist eröffnet und auch die mannschaftliche Struktur wird durchgerüttelt. Während Keeper-Spezialisten die Leistungen von Finn Dahmen ansprechend fanden, obwohl er dem Team noch keinen Sieg durch individuelle Glanzparaden festhalten konnte, ist auch auf der Torhüterposition der Konkurrenzkampf angeschürt. Eine Einsatzgarantie für Dahmen gab es vorerst nicht. Einzig Ermedin Demirovic bleibt hier außen vor. Er bleibt vorerst Kapitän und ist durch seine Torgefährlichkeit auch sportlich aus der Mannschaft nicht wegzudenken. Für alle anderen gilt es, sich zu beweisen und zu zeigen, was sie drauf haben.

Neue Chancen

Entsprechend ergibt sich für den FCA die schöne Situation, dass durch den Wechsel nun viele neue Chancen bestehen. Spieler wie Arne Maier oder Niklas Dorsch können wieder hoffen, mehr in den Fokus zu rücken, um sich beweisen zu dürfen. Bei all dem strahlt Thorup eine große Verlässlichkeit aus. Es wird Zeit brauchen, bis sportlich mehr von dem zu sehen ist, was er umsetzen will. Rein von der Herangehensweise ist ein neuer Zeitgeist eingekehrt.

Dabei teile ich die Meinung, dass diese Ernsthaftigkeit jetzt das ist, was die Mannschaft auch braucht. Thorup kann wie ein Stützpfeiler wirken, an dem sich das Team nach und nach aufrichtet. Ernsthaftigkeit ist auch etwas, dass ich bei allen Profis im Hinblick auf ihre Leistungen erwarte, abseits allen Spaßes und aller Lockerheit. Der FCA und das Team ist vielen Menschen wichtig. Es ist schön zu sehen, dass der neue Trainer zumindest mir das Gefühl gibt, dass er hier Ansätze findet um auch über sein Wirken auf die Mannschaft die Leistungen positiv zu beeinflussen. Kurz vor dem Heidenheim-Spiel bin ich optimistisch, dass dieser Ansatz funktionieren kann. Und damit ist nach einem Jahr ohne Auswärtssieg schon viel erreicht und mehr konnte man von Thorup als Fan nicht erwarten.

Endlich

Nein, die Mannschaft ist noch nicht wieder in der Spur. Es geht überhaupt nicht um ein sportliches Thema. Der FC Augsburg arbeitet weiterhin daran, sich strukturell besser aufzustellen und hat in diesem Zusammenhang vor kurzem einen anstehenden Neuzugang verkündet. Spätestens in der Winterpause kommt mit Denise Schäfer eine Kommunikationsexpertin zum FCA und nimmt den Posten einer Direktorin Medien und Kommunikation ein.

Schäfers Erfahrungsschatz ist unbestritten. Sie hat den Job von der Pike auf bei Eintracht Braunschweig gelernt und dort nach dem Abgang von Miriam Herzberg die Leitung der Abteilung übernommen. In Braunschweig hat sie Abstiege und Aufstiege in 3 Ligen begleitet und ist schwierige kommunikative Situationen gewöhnt. Dominik Schmitz bleibt beim FC Augsburg Leiter der Stabsstelle Sportkommunikation. Der FCA hat allerdings auch in diesem Bereich erkannt, dass er sich weiter professionalisieren und breiter aufstellen muss. Mit Denise Schäfer geht man nun genau diesen Schritt auch im Hinblick auf das Thema Kommunikation.

Verbesserungsbedarf vorhanden

Gerade abseits der sportlichen Themen hat der FC Augsburg fortwährend Verbesserungsbedarf bzgl. seiner Kommunikation erkennen lassen. Ohne an dieser Stelle all zu sehr in vergangenen Vorgängen herumstochern zu wollen, mag ich zwei Beispiele nennen, die den Verbesserungsbedarf eindeutig aufzeigen. Zum Ersten geht es um die Kommunikation wesentlicher Einschnitte und Veränderungen. Die Mitglieder des Vereins haben aus dem Handelsregister erfahren, dass Investoren des FCA Anteile an der Investorengesellschaft an David Blitzer verkauft haben. Hier hätte die Kommunikation des Vereins von Anfang transparenter verlaufen müssen. Der Ganze Vorgang war – getrieben durch den damaligen Präsidenten Klaus Hofmann – auf kommunikativer Ebene ein Desaster.

Hinter diesem Banner stehen keine Kunden. (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Zum Zweiten hat der FCA ein Thema mit der alltäglichen Ausrichtung seiner Kommunikation. Einerseits werden Fans als Kunden bezeichnet, während Sponsoren Mitglieder der FCA-Familie sind. Ich hatte das vor einiger Zeit einmal anekdotisch aufgearbeitet. Das darf gerne besser werden. Ich mag mich eigentlich nicht als Kunden bezeichnen lassen, während der zahlende Sponsor, der im Zweifelsfall bei Misserfolg wieder weg ist, der sogenannten Familie angehört. Ich hoffe, Denise Schäfer räumt in dieser Hinsicht einmal auf.

Vielfalt

Einer der Kernwerte des FCA ist Vielfalt und Fußball kein reiner Männersport. Dennoch hat sich beim FCA bis dato keine Frau in der Führungsetage wiedergefunden. Dass Denise Schäfer – als erste Direktorin beim FCA – nun neben ihren Kompetenzen auch ihre weibliche Lebensperspektive einbringen kann, ist erfreulich. Ich hoffe, sie tut es mit vollem Selbstbewusstsein um ihre einzigartige Perspektive in den Gremien und öffnet weitere Türen.

Ich konnte zusätzlich feststellen, dass der FCA sich in seinem Auftreten insofern verbessert hat, als vor kurzem sogar eine Pressekonferenz von einer Frau geleitet wurde. Immer mehr weibliche Gesichter tauchen in der Kommunikation rund um den FCA auf. Es ist noch ein Weg, aber erste Schritte wurden getan, so dass die Vielfalt, die intern schon vorhanden ist, auch nach außen sichtbar wird. Wenn ich meiner Tochter Fußballvideos schaue, dann freut sie sich, dort nicht nur Männer zu sehen. Warum sollten denn auch immer Kerle in den Interviews Fragen stellen?

Vorfreude

Insgesamt sorgt der Zugang von Denise Schäfer für eine gewisse Vorfreude auf den FCA in 2024. Zumindest abseits des Platzes. Für auf dem Platz müssen wir nun einmal schauen, wie Jess Thorup abliefert. Was dabei für mich mit am meisten Gewicht eingenommen hat? Ich habe bei @rosalaut auf Twitter angeklopft. Sie ist Braunschweig-Fan und hat einen guten Einblick in die dortigen Strukturen. Sie kennt und schätzt Denise Schäfer und findet gerade deshalb den Abgang schade.

Gerade aus menschlicher Perspektive ist Denise hoffentlich ein Mensch, der gut zu uns und dem bestehenden Team passt, und auf den wir uns freuen können. Auf bald, Denise Schäfer! Mögen sich deine Hoffnungen durch den Wechsel erfüllen und wir alle gemeinsam viel Spaß haben.

Neues Spiel

Es gibt Mannschaften und Konstellationen, gegen die, und in denen, dem FCA gefühlt einfach immer vieles schwer fällt. Dabei geht es erstmal gar nicht um das Ergebnis. Nur wenn dieses dann auch noch negativ ausfällt.

Bei 44 Spielen stand Enno Maaßen an der Seitenlinie. Mit ihm gelang auch ein Sieg gegen Bayern München und zwei, in einer Saison, gegen Leverkusen. Es hat irgendwie nicht richtig klappen wollen – war aber viel mehr als nur den Versuch wert. Danke, Enno!

Welche Namen zwischenzeitlich als Nachfolger gehandelt wurden. Als wäre der FCA ein ganz normaler Bundesligaverein. Umso gelungener, das mit Jess Thorup ein Trainer, den wohl niemand so richtig in der engeren Wahl hatte, verpflichtet wurde. Seit 17 Jahren in der Rolle verschieden in Dänemark und Belgien tätig, die erste Trainerstation in der Bundesliga – Good luck!

Am kommenden Sonntag geht es zum 1. FC Heidenheim, der sechsten Mannschaft, die nach dem FCA erstmalig in die Bundesliga aufgestiegen ist.

Seit 2007, als 1. FC Heidenheim, ging es für die Brenzstädter nur bergauf: 2008 die Qualifikation zur Regionalliga und 2009 der Aufstieg in die 3. Liga. Nach fünf Jahren folgte der Aufstieg in die 2. Bundesliga und neun Jahre später, zwischendurch 2020 die Relegationsspiele gegen Werder Bremen, der Sprung in die Bundesliga. Zweimal, 2016 gegen Hertha und 2019 bei Bayern waren die Heidenheimer im Viertelfinale des DFB-Pokals vertreten.

Eng verbunden ist die Geschichte des Vereins mit der von Frank Schmidt, der erst zweite Trainer des FCH, der seit September 2007 dieses Amt ausübt. Vieles das die Besonderheiten und den Aufstieg des Vereins ausmachen findet sich auch in dem von Schmidt verfassten Buch Unkaputtbar: Mein Leben. Mein Fußball. Mein Verein.

Nach sieben Spieltagen stehen die Heidenheimer mit sieben Punkten auf Platz 10 der Tabelle. Nach den Niederlagen in Wolfsburg und gegen Hoffenheim wurde in Dortmund ein 0:2 aufgeholt. Am vierten Spieltag dann der erste Bundesliga-Sieg gegen Bremen, und zwei Wochen später der gegen Union. Heidenheim ist in der ersten Liga angekommen.

Vor dem 8. Spieltag der Blick auf die Tabelle. Mit vorne noch dabei der VfB, wie auch Hoffenheim mit einem guten Start. Das obere Mittelfeld mit Wolfsburg, Frankfurt und Freiburg auf Platz 9. Köln und Mainz am Tabellenende – dazwischen liegen sieben Mannschaften auf drei Punkten zusammen.

Sollte die Saison für den FCA nun neu beginnen sind es in Serie auch die Auswärtspartien gegen Mannschaften aus diesen Gruppen, nachfolgend Köln, Berlin und Bremen, die eine nächste Einschätzung erlauben. Dazwischen ergänzend die Heimspiele gegen Wolfsburg, Hoffenheim und Frankfurt.

In der letzten Woche war die Nationalmannschaft auf Amerikareise und wieder das Gefühl da, das der neue Trainer auch gegen das schwindende Interesse an den Auftritten seines Teams ankämpfen darf.

Und auch diese Woche sollte noch darauf hingewiesen werden, dass die Verbände weitere Turniere vergeben haben. Dem Trend mehrerer Ausrichterländer folgend lassen sich irgendwann die aberwitzigsten Kombinationen erstellen – wohlmöglich auch noch der Weltfrieden.

Am Sonntag wieder richtiger Fußball und die Hoffnung auf einen Neuanfang. Dabei der Wunsch das irgendwie alles von vorne beginnt und die Mannschaft entsprechend auftritt.

Auch unabhängig des Ergebnisses geht es darum mit einem gelungenen Auftritt wieder eine Aufbruchsstimmung zu erwecken, und zu zeigen, was Augsburg auch ausmacht. Neues Spiel, neues Glück!

Nur der FCA!

Verbaut

Letzte Woche ging das Kapitel des Trainers Enno Maaßen beim FC Augsburg zu Ende. Grundsätzlich ist das schade. Enno war seit langem wieder ein Trainer, mit dem ich große Hoffnungen für eine sportlich bessere Phase verband. Bei Heiko Herrlich hatte ich diese Hoffnung von Anfang an nicht. Sie wurden dann auch schon vor dem ersten Spiel durch seine slapstickartigen Aussagen unmöglich gemacht. Die erneute Verpflichtung von Markus Weinzierl war eine Verzweiflungstat und endete auch so. Enno war eine gelungene Abwechslung.

Und so litt man zuletzt auch mit Enno mit. Ich spürte regelrecht wie belastend die Situation für ihn geworden war. Andauernd und immer wieder individuelle Fehler von Leistungsträgern. Andauernd und immer wieder verkorkste erste Halbzeiten. Als Fan hat man die Hände über den Kopf geworfen. Manche haben nach dem Spiel gegen Darmstadt ihrem Unmut laut Luft gemacht. Es konnte mit Enno Maaßen nicht weitergehen. Schade. Aber bevor wir mit einem neuen Trainer durchstarten, müssen wir nun einmal betrachten, wie es trotz aller Fußballkompetenz bei Enno so weit kommen konnte.

Holpriger Start

Ennos Start beim FCA bestätigte die in ihn gesetzten Hoffnungen nicht. Spiele (bis auf gegen Leverkusen) endeten ohne Sieg und schon in der letzten Saison stand die Mannschaft mit Trainer schnell unter Druck. Doch dann konnte die Wende eingeleitet werden. In Bremen gelang dies, nachdem Enno gezeigt hatte, dass er pragmatisch reagieren, seinen Ansatz anpassen und sich auf die Möglichkeiten seiner Spieler einstellen konnte. Hätte Rafal Gikiewicz am Ende den Elfmeter nicht gehalten wäre die Kehrtwende in Bremen aber auch nicht geglückt. Im Gegensatz zu seiner ersten Saison ging ihm im zweiten Jahr auch dieses Spielglück ab. Manchmal liegt es auch an den kleinen Dingen.

Anpassungsfähigkeit

Anpassungs- und Lernfähigkeit sind zwei Tugenden, die man Enno Maaßen nicht abschreiben kann. Bei allen Veränderungen und Wechseln war aber am Ende nicht mehr klar, welche Art von Fußball er denn spielen lassen will. Sowohl gegen Bochum als auch Darmstadt zu Hause, war weder von Ballbesitzfußball noch von Intensität viel übrig. Der FCA hat unter Enno Maaßen genau das Gegenteil von dem erreicht, was er wollte: er hat seine fußballerische Identität eher verloren als gewonnen. Zumindest konnte die Mannschaft am Ende nicht mehr umsetzen, was Enno Maaßen von ihr wollte.

Über einen längeren Zeitraum ist es in dieser Hinsicht wohl wichtig klar zu definieren, was man eigentlich will. Und daran in schwierigen Phasen auch festzuhalten. Der Pragmatismus gegen Bochum und auch Freiburg hat Enno Maaßen nicht geholfen. Zwei mutige, beherzte Auftritte, in denen die Kerntugenden des FCA sichtbar gewesen wären, vielleicht schon eher. Ja, Fußball ist ein Ergebnissport. Am Ende darf man darüber aber nicht vergessen, was man eigentlich will.

Das fehlende Gerüst

Die Probleme lagen dann auch am Wandel im Kader. Die Elf, die noch gegen Bremen in der Lage war eine Wende einzuleiten, existiert in dieser Form nicht mehr. Florian Niederlechner verließ den Club im Winter und dümpelt mit Hertha in der zweiten Liga herum. André Hahn verletzte sich später im Saisonverlauf schwer und sein Vertrag wurde infolgedessen in Augsburg nicht mehr verlängert. Rafal Gikiewicz durfte im Sommer den Verein verlassen, nachdem er verletzungsbedingt die für eine Verlängerung seines Vertrags notwendige Anzahl von Spielen nicht erreichte. Carlos Gruezo, Kapitän seiner Nationalmannschaft, ging recht leise auch im Winter. Und mit Jeffrey Gouweleeuw hat man dem langjährigen Kapitän des FCA im Sommer mitgeteilt, dass man in 2024 nicht mit ihm verlängern wird. Jeff gab in Folge dessen das Kapitänsamt zurück.

Ermedin Demirovic ist neu in seiner Rolle als Kapitän. (Photo by Jurij Kodrun/Getty Images)

Im Winter sah man keine Notwendigkeit erfahrene Spieler dazu zu holen. Im Sommer ging mit Daniel Caligiuiri ein weiteres Spieler mit langjähriger Bundesligaerfahrung. Mit Sven Michel holte der FCA auch einen älteren Spieler dazu, der aber nicht über langjährige Erfahrung in der Bundesliga verfügt. Über zwei Transferperioden hinweg hat der FCA sein Gerüst an erfahrenen Bundesligaspielern aufgelöst, ohne dass schon erfolgreich ein Neues installiert worden wäre. Eine schwierige Aufgabe für jeden Trainer.

Perspektive

Und vielleicht ist es genau dieser Punkt, an dem man merkte, dass Enno Maaßen seine erste Station in der Bundesliga absolvierte und mit Charakteren umgehen musste, die prominent und exponiert sind. Es gibt eben wohl einen Unterschied zwischen der U23 des BVB und einem Bundesligaverein. Daniel Caliguiri hat sich im Nachgang zu seinem Abschied öffentlich beschwert, dass er keine faire Chance bekam, Jeffrey Gouweleeuw drohte – noch während Maaßen da war – seine Seite der Geschichte zu erzählen und stellte den Jugendkurs öffentlich in Frage.

Maaßen erwähnte immer wieder, dass auf Grund des Umbaus der Mannschaft Zeit notwendig sei. Er vergaß dabei die andere Seite der Medaille: warum der Umbruch so groß geworden ist und von den erfahrenen Jungs am Ende kaum einer übrig blieb. Der Erfolg hat ihm an dieser Stelle nicht recht gegeben. Maaßen hätte im Teamaufbau zu einem anderen Mix finden müssen, um eine stabile Mannschaft zu formen.

Ausblick

Und so ist nur zu hoffen, dass im Anforderungsprofil an den neuen Trainer der Punkt “Teambuilding” ein wichtiges Element war. Aus den Spielern, die jetzt beim FCA sind, muss schnell eine funktionierende Mannschaft werden. Die Spieler müssen das Vertrauen ihres Trainers spüren und sollten dazu aufgerufen werden, ihre Erfahrungen einzubringen. Der FCA braucht wieder starke Spieler, die nicht nur darüber reden, Verantwortung zu übernehmen sondern es auch aktiv tun. Bei Jess Thorup kann man zumindest guter Hoffnung sein.

Fußballerisch wird der Trainer eine Mannschaft vorfinden, die doch einiges kann. Es wird aber notwendig sein, dass diese Mannschaft die Überzeugung und das Selbstvertrauen wiederfindet, dies auch zu zeigen. Es ist eine machbare Aufgabe (anders herum wäre es schwieriger). Hoffen wir alle darauf, dass uns Jess Thorup aus dieser sportlich verkeilten Situation befreit und man die Befreiung auf dem Platz erkennen kann.

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