Mit Pauken und Trompeten

Genau so hat es der FC Augsburg mal wieder verpasst, die Spieler zu verabschieden, die den Club zum Saisonende hin verlassen werden. Aber wie sollte es anders sein. In dieser Saison hat man mit dem Rücktritt von Klaus Hofmann und wahrscheinlich einer komplizierten Phase dem vorausgehend, zumindest eine solide Begründung. Noch nicht einmal mit Markus Weinzierl hatten Gespräche bzgl. der Zukunft auf der Trainerposition stattgefunden, als dieser am Samstag nach dem Spiel seinen Abschied verkündete. Klar, dass da auch manche Entscheidungen betreffend die Zukunft von einzelnen Spielern noch ausstehen.

Wir können den verdienten Spielern nun nicht mehr die Bühne im Heimspiel geben, die sie allesamt für einen würdigen Abschied verdient gehabt hätten. Aber bei den vier Spielern, deren Verträge mit Saisonende in Augsburg auslaufen, möchten wir Danke sagen, für eure Leistungen auf dem Feld. Dafür wie ihr den Club und seine Farben vertreten habt. Für eure Tacklings und Tore. Für Emotionen. Für gute Zeiten und auch schlechte. Verschossene Elfmeter und Doppelpacks. Danke euch!

Jan Moravek

Jan Moravek im FCA-Trikot. Es wird ungewohnt sein, ihn nicht mehr in rot-grün-weiß zu sehen. (Photo by Frederic Scheidemann/Getty Images)

Jan kam schon in 2012 von Schalke 04 zum FC Augsburg. Zehn Jahre Profifußball hat er mit uns verbracht. 133 Pflichtspiele sind es am Ende geworden. Es hätten so viele mehr sein sollen, wenn nicht immer und immer wieder Verletzungen dazwischen gekommen wären. Auf dem Feld war Jan immer eine Bereicherung für unser Team. Er hat ein riesiges Spielverständnis und ist ein total angenehmer Typ. Nun ist wahrscheinlich die Zeit gekommen, um Platz zu machen für die nachrückende Jugend. Danke, Jan Moravek für alle deine Minuten in rot-grün-weiß. Wir werden uns erinnern. Und vielleicht bleibst Du dem FCA weiterhin erhalten, z.B. in der U23?

Alfred Finnbogason

Gefeiert und gejubelt haben wir viel auf Grund deiner Tore, Alfred Finnbogason. Danke! (Photo by Pool/Kai Pfaffenbach/Pool via Getty Images)

Knipser. Oft verletzt. Aber zuallererst derjenige Torschütze, der bei seinem Abschied den Rekord für die meisten Bundesligatore für den FC Augsburg hält. Im Februar 2016 kam er nach Augsburg, nachdem der FCA schon eine ganze Weile um ihn gebuhlt hatte. Und enttäuschte die Hoffnungen nicht. Doppelpacks, große Effektivität im Strafraum, absoluter Profi. Dazu grundsätzlich freundlich auch zu allen Personen im Umfeld des FCA. Mit Alfred Finnbogason verlässt eine internationale Persönlichkeit den FCA, ein integratives Moment im Kreis der Mannschaft. Jemand, der für den FCA die Binde getragen hat. Ich verneige mich, Alfred Finnbogason. Servus und hoffentlich auf Wiedersehen.

Arne Maier

Ein feiner Fuß am Ball. Lass mal weiter machen, Arne. (Photo by Frederic Scheidemann/Getty Images)

Wie kann man denn nicht wissen, wer Helmut Haller war? Arne Maier war nicht bekannt, für wen die Statue vor dem Stadion auf dem Lechfeld errichtet wurde. Und so sehr er sportlich während dieser Leihsaison Spuren in Augsburg hinterlassen hat, so sehr gibt es doch rund um den FC Augsburg noch ein bisschen Nachholbedarf. Ich würde mich freuen, wenn Arne Maier auch in der kommenden Saison seine fußballerischen Fußabdrücke in Augsburg vertiefen würde, während er sich langfristig beim FCA auch mit dem Club identifiziert. Die große Lobhudelei hatten wir schon einmal festgehalten. Für den Nachholbedarf rund um den Club muss sich vielleicht der UBT e.V. ein kleines Integrationsprogramm überlegen. Na Arne, wer hätte gedacht, dass die Herausforderungen auch neben dem Platz liegen?

Andi Zeqiri

Bock war immer da. Danke für deinen Einsatz, Andi. (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Ausgeliehen von Brighton und Hove durfte Andi Zeqiri in über 20 Bundesligaspielen in dieser Saison in Augsburg seine Spuren hinterlassen. Dabei war gerade die Konkurrenz im Sturmzentrum zu groß. Und ob auf dem offensiven Flügel eine Option für die Zukunft ist, wird Andi selbst noch herausfinden müssen. Mit Selbstvertrauen und etwas Ruhe, wird Andi offensiv noch bessere Entscheidungen in der ein oder anderen Situation treffen. Bei Andi sieht es nicht so aus, als ob die Zeichen auf Weiterbeschäftigung in Augsburg stehen würden und so geht die Reise für ihn nach dieser Saison wohl weiter. Ich tippe, dass der Knoten dann woanders platzt. Wir danke für deine Einsätze, Tore, Vorlagen und dein Lachen. Mach’s gut Andi.

Warum wir Servus sagen

Liebe Leute, jedem Abschied liegt auch die Möglichkeit von Neuem zu Grunde. Nichts ist stetiger als der Wandel (und hier könnt ihr euch jetzt noch mehr Phrasen zu diesem Thema dazu denken). Von unserer Seite wird es weiterhin so sein, dass wir uns bei allen Spielern bedanken, die für den FCA ihre Knochen hingehalten und unsere Farben vertreten haben. Wir wollen, dass jeder im Rückblick positiv und gerne auf seine Zeit in Augsburg zurückblickt. Wie man auseinander geht, spielt hier eine wichtige Rolle. Auch andere Spieler werden im Sommer bei anderen Clubs eine neue Perspektive suchen. Auch hier bedanken wir uns schon jetzt für euren Beitrag in Augsburg. Macht es gut. Und hoffentlich auf bald.

Zerplatzte Träume

Die Hoffnung für den Spieltag gegen Fürth, den letzten der Saison 2021/22 waren geradewegs banal. Gewinnen, die Saison mit einem guten Gefühl abschließen und für diesen Tag glücklich sein. Gerade auch durch den kurzfristigen Abgang von Klaus Hofmann war klar, dass der FC Augsburg einiges zu regeln hat in den nächsten Tagen und Wochen, darunter unter anderem auch die Zukunft auf der Trainerposition.

Und soweit lief auch fast alles zur allseitigen Zufriedenheit. Elfmeter und schnelle Führung, Gegentor von Fürth, die Mannschaft wurde zwar passiver, aber wie so oft war auf Gregerl in dieser Saison Verlass. 2:1 gewonnen. Ein großer Wehmutstropen mit dem Schlüsselbeinbruch von Niklas Dorsch (gute Besserung vom ganzen Team hier!). Aber ansonsten: 38 Punkte, Ende gut, alles gut. Die einzige verbliebene Frage am Samstag schien zu sein: wann und wo gibt es das Freibier?

Weinzierl stoppt die Party

Nicht so schnell meine Freunde. Das muss sich Markus Weinzierl gedacht haben. Und hier auch gleich über die Sky-Kamera eine Nachricht an meine Vorgesetzten. Die Gespräche zur Vertragsverlängerung nächste Woche, über die wir gesprochen haben, die können wir uns sparen. Ich habe es gerade der Mannschaft schon gesagt, liebe Familie, ich komme erstmal nach Hause. Bums.

Dem Interview zu folgen, war wie einem Autounfall aus der Entfernung beizuwohnen. Nicht deshalb, weil ein Trainer seinen Vertrag nicht verlängern will. Oder der Verein nicht gewillt war, diesen zu verlängern. Nein, zuallererst weil die Art der Kommunikation für die aalglatte Fußballwelt zumindest unorthodox wenn nicht geradezu unprofessionell war. Stand doch im Mittelpunkt des Tages das gute Gefühl eines positiven Saisonabschlusses. Wollte der Verein doch über die Themen reden und sich austauschen. War doch die Kommunikation bzgl. einer weiteren Zusammenarbeit optimistisch und hatte man den Trainer auch in schwierigen sportlichen Phasen (und ja, die gab es immer wieder) nicht in Frage gestellt.

Geschickt sich selbst ins Rampenlicht manövriert

Was man damit am Samstag beobachten konnte, war eine klug austarierte Kommunikationsstrategie von Markus Weinzierl, der beschlossen hatte, seine Version der Geschichte als erstes zu erzählen. Zwei mal die Klasse gehalten: großartig (vergessen das unglaubliche Glück gegen Bremen). 38 Punkte und so ach so souverän dieses Jahr (wie die letzten Spiele zeigen, auch am letzten Spieltag ein wenig überzeugendes 2:1 gegen Fürth). In 6 von 10 Jahren die Klasse gehalten. Ist ihm alles spontan eingefallen an diesem Samstagnachmittag.

Die Wahrheit ist wohl eher: Nach Schalke und Stuttgart lief es auch in Augsburg sportlich nicht so rund, dass rundherum immer alle entzückt gewesen wären. Man könnte diese Saison erneut überschreiben mit: “Der FC Augsburg auf der Suche nach der Konstanz”. Weinzierl und der FCA selbst waren im letzten Jahr eine notdürftige Lösung. Dem FCA fiel keine bessere Traineralternative ein, Weinzierl hätte wohl sonst Probleme bekommen überhaupt wieder in der Bundesliga einen Cheftrainer-Posten zu ergattern. Beide Seiten wussten, dass es ein Experiment war. Der Vertrag war bis zu diesem Saisonende befristet. Mit seinem Abschied hat Weinzierl der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass das Experiment gescheitert ist.

Und nun ist es natürlich für Markus Weinzierl wichtig, diese knapp mehr als eine Saison in Augsburg als seine Rehabilitationsgeschichte zu verkaufen. Seht her, ich kann immer noch Bundesliga. Und bei einem Verein, bei dem professionell kommuniziert wird , könnte ich es sogar noch besser. Ein langfristiges Interesse an einer Zusammenarbeit in Augsburg bestand ja schon bei seinem Abschied nach Schalke nicht. Es ging schon damals um die eigene Karriere.

Und die andere Seite der Medaille?

Was dabei auch klar ist: die Kommunikation des Vereins scheint mal wieder unterirdisch zu sein. Die Angestellten, sowohl Trainer als auch Spieler, hätten eine frühere Planungssicherheit verdient. Es sollte längst feststehen, wer in der nächsten Saison Trainer ist. Es sollte einen Plan bzgl. Kader und Positionsrollen geben. Es sollten die ersten Transfers eingetütet sein. Dies ist alles nicht der Fall. Stefan Reuter stand schon im Herbst heftig unter Druck. Und in der Saison davor. Und er steht jetzt vor einer großen Herausforderung.

Der FC Augsburg muss zeitnah einen neuen Trainer und eine sportliche Vision hinter diesem Trainer präsentieren. Er muss auch zeigen, dass er dem Trainer einen Kader zur Verfügung stellen kann, mit dem diese umsetzbar ist. Und dann sollte dieser Plan aufgehen. Nach dem Ausscheiden von Klaus Hofmann als Geschäftsführer lastet gerade der Druck der sportlichen Entscheidungen alleinig auf den Schultern von Manager Reuter. Die Zeit der Ausreden ist vorbei, sollte ihn der Aufsichtsrat des KGaA die kommenden Entscheidungen treffen lassen. Aber sollte sie?

Quo Vadis, Stefan Reuter?

Weinzierl hatte Reuter am Samstag überrascht. Jetzt ist der Manager des FC Augsburg in der Verantwortung schnell belastbare Lösungen zu präsentieren. (Photo by Matthias Hangst/Getty Images)

Stefan Reuter wurde lange von vielen Seiten als der große Heilige in der Organisation des FC Augsburg gefeiert. Nachdem er kam ging es mit dem Verein aufwärts in der ersten Amtszeit von Markus Weinzierl. Er ist bisher an jedem Klassenerhalt bis auf einen beteiligt gewesen. Aber seine Weste ist auch nicht mehr rein. Transfers floppten. Trainer auch. Und immer wieder trat zu Tage, dass die Kommunikation nicht einfach ist. Kritik prallt grundsätzlich ab und wird weggelächelt.

Die Alternative zu Reuter wäre ein kompletter sportlicher Neuaufbau, zu einem recht späten Zeitpunkt, ohne dass wichtige Führungspositionen (Präsident vor allem) momentan bekleidet wären. Und so scheint zu diesem Zeitpunkt der einzige Weg zu sein, Reuter die Verantwortung für die kommende Saison erneut anzuvertrauen, während der FCA als erstes sein Führungs- und Strukturloch, welches durch den Abgang von Klaus Hofmann entstanden ist, schließt. Im Nachgang kann dann die sportliche Situation bewertet werden.

Kopfschmerzen, wie am Katermorgen

Uns so bleibt nach diesem letzten Saisonspiel gegen Fürth ein bitterer Nachgeschmack. Es sind noch mehr Teile in Bewegung als davor, wo wir doch in Augsburg Konstanz so sehr zu schätzen wissen. Wenn die Kopfschmerzen der letzten Nacht erstmal verflogen sind, geht uns dann wohl auf, dass die durch Weinzierl herbeigeführte Änderung gar nicht so schlimm ist.

Die wenig konstanten Leistungen hatten schon während der Saison zu Diskussionen über den Trainer geführt. Ich glaube nicht, dass dies in der nächsten Saison besser geworden wäre (wie begründete sich hier die Hoffnung?). Ich freue mich, dass jetzt Bewegung rein kommt, auch wenn ich eine Entscheidung zu Gunsten von Konstanz auf der Position gut gefunden hätte. Durch die Kommunikation von Weinzierl wird allerdings klar, dass hier mehr schief lief, als der Öffentlichkeit bewusst war. Die Schuld dafür liegt wohl auf beiden Seiten. Besser wir bemerken das jetzt, bevor wir unter diesen Voraussetzungen in die nächste Saison starten. Und Weinzierl weiter bezahlen müssen wir auch nicht. Es war ja von Vornherein ein Experiment.

Der Aufbruch ist alternativlos

Was mit den Kopfschmerzen allerdings auch verschwindet, ist die Hoffnung auf die große Renaissance. Mit Markus Weinzierl verbinden wir alle die große Reise durch Europa. Er hatte uns einmal dahin gebracht, er sollte es wieder tun. Wahrscheinlich war es naiv von uns daran zu glauben, dass diese Möglichkeit bestand. Wahrscheinlich sind unsere Chancen besser, wenn wir einem ähnlichen Prozess folgen, wie zu der Zeit, als wir Markus Weinzierl verpflichtet haben. Wer ist der nächste junge, aufstrebende Trainer aus einer niedrigeren Liga? Der dort gezeigt hat, wie er einen Underdog so aufstellt, dass er die großen in seinem Umfeld ärgern kann? Den will ich gerne in Augsburg sehen. Der macht mir Hoffnung, dass wir in 2022/23 mit dem FC Augsburg wieder Spaß haben werden. Und zwar regelmäßig.

Entsprechend mag ich gar nicht mehr länger darüber nachdenken, dass Markus Weinzierl jetzt nicht mehr mit an Bord ist. Das Team der Rosenau Gazette wünscht ihm alles Gute und viel Erfolg (außer in Spielen gegen oder betreffend den FC Augsburg). Ich mag mich jetzt schon damit beschäftigen, wer nächstes Jahr Bock hat mit uns zusammen anzugreifen. Und klar: es kann scheitern. Das konnte es immer schon. Aber gerade in den Jahren, in denen wir alle wussten, dass es eng wird, war es vielleicht am besten. Es ist Zeit für Aufbruchsstimmung. Es ist Zeit für neue Impulse. Let’s go!

Das ungeplante Ende

Während andere Vereine ihre Fans aufforderten, etwas früher ins Stadion zu kommen, weil der Verein den ein oder anderen Spieler würdig verabschieden will, überraschte die FCA Familie am Freitag eine etwas andere Nachricht. Zwei Stunden, nachdem der Verein noch die normale Rundmail zum Saisonabschluss gegen Fürth verschickt hatte, macht der FCA öffentlich, dass Präsident Klaus Hofmann am 12.05. von seinem Amt als Präsident des Vereins und von seiner Geschäftsführerfunktion der KGaA zurückgetreten war.

Gute Besserung

An dieser Stelle möchte ich mir die Zeit nehmen, um Klaus Hofmann auf diesem Wege die besten Genesungswünsche zu übermitteln vom gesamten Team der Rosenau Gazette. Er tritt aus gesundheitlichen Gründen zurück. Wir wünschen ihm von Herzen, dass er bald wieder seine volle Gesundheit zurück erlangt und diese Zeit der Krankheit nur eine unerfreuliche Episode in seinem Leben ist. Alles Gute!

Auf Grund der Umstände des Abschieds wird schnell klar, dass dies in dieser Form nicht geplant gewesen sein kann. Vielleicht hat man es gerade noch geschafft, den Vorgang so lange hinauszuzögern, bis die Mannschaft den Klassenerhalt gesichert hatte. Dass Klaus Hofmann anscheinend nicht mehr in der Lage ist, die Nachricht gegenüber der Presse und den Fans selbst zu verkünden, ist beunruhigend. Wie auch die Fragen, die automatisch aufkommen, wenn man die Nachricht liest.

Gerade vor einem guten Monat hatte Hofmann auf einer Podiumsdiskussion mit Fans von einem “Lifetime-Commitment” gesprochen. Er wolle die Anteile am FCA nicht verkaufen, solange er lebe. Und so bereitet sein Rücktritt zumindest mir zuallererst Sorgen um den Menschen Klaus Hofmann, der immer sichtlich für den FCA brannte und dem man niemals die Leidenschaft in der Sache absprechen konnte.

Viele Fragen

An diesem Tag des Saisonabschlusses bleiben, über die zur konkreten Gesundheit des ehemaligen FCA-Präsidenten hinaus, zuerst einmal viele Fragen. Wer wird nächster FCA Präsident? Wie wird der Präsident bestimmt? Braucht es eine außerordentliche Mitgliederversammlung? Wer wird neuer Geschäftsführer der KGaA? Braucht es einen solchen überhaupt? Was macht Klaus Hofmann mit seinen Anteilen an der Investorengesellschaft? Was passiert mit der Gruppe der Investoren? Wie wird die Einhaltung der 50+1 Regel beim FCA in Zukunft sicher gestellt? Und, und, und.

Derweil gäbe es genügend spannende Fragestellungen, die uns als Fans dieses Clubs momentan beschäftigen sollten. Wer ist Trainer zur neuen Saison? Verlängern wir mit Markus Weinzierl, oder nicht? Welche Spieler werden uns in der kommenden Saison verstärken? Welche werden uns vorher verlassen? Zumindest bei mir wird dies nun vorerst in den Hintergrund geraten. Das Sportliche fällt in seiner Bedeutung hinter die anstehenden strukturellen Weichenstellungen zurück.

Was bei diesem Prozess, der dem FCA nun bevor steht, am Ende heraus kommt, ist zumindest mir momentan unklar. Nach den zurückliegenden Jahren mag ich allerdings eines betonen. Natürlich wird es auf die Ergebnisse des Prozesses ankommen. Es interessiert mich sehr, wer im Verein die Führung übernehmen wird. Wer aktiv in der KGaA mitarbeiten wird und wie am Ende die Strukturen von alldem aussehen werden. Genau so interessant finde ich allerdings, wie dieser Prozess aussehen wird, den wir nun durchlaufen. Werden Mitglieder und Fans eingebunden und in welchem Umfang? Wie transparent wird all das vonstatten gehen?

Die aufgebaute Substanz wird weiter bestehen, auf das Fundament kann man aufbauen. (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Aus mit der grauen Maus

Gerade als man befürchten oder doch erhoffen konnte, der FCA würde zur grausten Maus in der Bundesliga aufsteigen, kommt somit auf ganz ungeahnte Art Bewegung in diese, von uns heiß geliebte Profifußballorganisation namens FC Augsburg. Bei alledem tut es uns wahrscheinlich allen gut, den Vorgang mit der nötigen Gelassenheit zu betrachten. Die Klasse ist gehalten und absteigen fällt uns grundsätzlich schwer. Der Club steht insgesamt stabil da, und Michael Ströll hat ja erst vor kurzem verkündet, dass die Pandemie zwar ein Veilchen geschlagen, aber den FCA noch lange nicht ins Wanken gebracht hat. Wenn etwas diesen Club mehr als viele andere begleitet, dann ist es andauernde Veränderung.

Auch klar: in Augsburg wird gegrantelt, egal was auch passiert. Und wenn sich in Zukunft die Verantwortung im Club auf mehr Schultern verteilen sollte als unter Klaus Hofmann, dann sollte dies eher noch zu mehr Stabilität führen als zu weniger. Aber so sehr ich auch gerne selbst die Uhr zurückdrehen würde in die Zeit, wo mein größtes Problem war, dass die diesjährigen Heimtrikots zwar reduziert aber schon seit langem in Größe XL nicht mehr lieferbar sind, so sehr geht das leider nicht. Nun gilt es, dass wir alle gemeinsam anpacken, um zu verhindern, dass die Horrorszenarien, die in meinem Kopf schon länger schwirrten, wenn ich an einen Hofmann-Abschied in der Zukunft dachte, nicht wahr werden. Dass wir nicht zum reinen Investorenclub verkommen.

Mit dem Glauben an die Gemeinschaft

Und gerade weil man in anderen Vereinen schlimmes hat passieren sehen, sollten wir gewarnt sein, die Lage nicht zu unterschätzen. Es gibt in Augsburg genügend Menschen, die das gleiche Verständnis davon haben, welch integratives und offenes Element der Fußball in unserer Gesellschaft sein kann, und die jetzt genau hinschauen werden. Und ich gehe mit Vertrauen in diese gewachsene Gemeinschaft in diese Sommerpause des Wandels. Es wird vielleicht zwischendurch mal kniffelig. Aber am Ende schaffen wir das. Weil Augsburg hält zusammen.

Aus der Not heraus


Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Auch das Spiel gegen den FC aus Köln ließ mich als FCA Fan erneut konsterniert zurück. Zu schnell stand es 0:2 aus Sicht des FCA und die Mannschaft musste hinterherlaufen. Im Abschluss hatte die Mannschaft Chancen in Führung zu gehen. Und nutzte sie nicht. Im Spiel gegen den Ball gab es einen soliden Plan. Den ließ man sich durch individuelle Fehler umwerfen. Alles in allem mehr als unbefriedigend. Und nicht das erste Mal in dieser Saison.

Nun könnte man sich alleinig auf die sportliche Leistung am Samstag konzentrieren und dies abarbeiten. Durch die deutliche Niederlage ist allerdings erneut klar geworden, dass die sportlichen Probleme tiefer liegen. Sie sind darin begründet, dass der Kader des FC Augsburg unausgewogen besetzt ist und Spieler falsch eingeschätzt wurden. In der Kaderübersicht sind sowohl Iago als auch Mads Pedersen als Linksverteidiger gelistet. Beide können die Position zumindest gegen den Ball nicht auf Bundesliganiveau ausfüllen. Der FC Köln hat am Samstag erneut deutlich gezeigt, wie Mannschaften Erfolg haben, wenn sie Iago defensiv isoliert bekommen. Die beiden ersten Gegentore fielen direkt über ihn.

Dies führte nun ja auch schon die ganze Saison über dazu, dass Markus Weinzierl – zwangsweise, denn er präferiert an sich eine 4er Kette – auf ein System mit 3er Kette zurückgreift, um den Außenverteidigern zu helfen und auf den Flügeln für mehr Sicherheit zu sorgen. Dies funktionierte bei einigen Gelegenheiten und der FCA fand bei diesen zurück zu defensiver Stabilität. Hat aber auch negative Konsequenzen. Man überlässt dem Gegner zwangsweise mehr das Spiel und beschränkt sich vermehrt aufs Kontern. Da gingen sie hin, die Träume vom verbesserten Ballbesitzspiel.

Schon wieder Iago mit dem defensiven Fehler? Da hätte Stefan Reuter gegen den Ball wohl mehr Entwicklungspotential erwartet. (Photo by Matthias Hangst/Getty Images)

Nun ist der Trainer naturgemäß verantwortlich für die Leistungen auf dem Platz. Er kann allerdings auch nur mit den Spielern arbeiten, die ihm durch das Management des Vereins zur Verfügung gestellt werden. Und so fällt es momentan schwer, zu beurteilen, ob Markus Weinzierl mit der Mannschaft an seine Leistungsgrenze gestoßen ist. Oder ob er durch seine spielstrategischen Vorgaben bei der Formation, schlichtweg die schlechte Kaderpolitik des FC Augsburg kaschiert. Mit dieser Mannschaft ist wohl defensiv nicht viel mehr herauszuholen, und es muss im Sommer nachgelegt werden, egal wer dann der Trainer ist.

An sich ist das ja vielleicht auch ein Grund für Hoffnung. Ob es nicht geeignetere Trainer-Alternativen gibt, die aus einer Mannschaft rund um den starken Innenverteidiger-Kern mit 3er Kette mehr heraus holen könnten, ohne groß am Kader eingreifen zu müssen, dürfen die Trainer-Experten beurteilen. Was Weinzierl mit Sicherheit auch nicht als Hauptpriorität sieht, ist die personellen Alternativen aus der Jugend heraus zu entwickeln. Ansonsten hätte man gegen Köln links hinten erneut Lasse Günther Minuten geben können (genau wie Pepi anstatt Finnbogason vorne). Hier werden laufend Einsatz- und Lernmöglichkeiten zu Gunsten von Spielern verschenkt, die über den Sommer hinaus keine Zukunft in Augsburg mehr haben werden.

Alles in allem darf man in Augsburg dann zufrieden sein, wenn die Saison endlich zu Ende ist und die Klasse gehalten wurde, weil sich erneut drei Vereine gefunden haben, die noch weniger hin bekommen haben als wir. Im Sommer gilt es strukturell das Missverhältnis Trainer zu Kader zu lösen. Es scheint sich anzudeuten, dass Weinzierl bleiben darf. Dann muss man im zwangsweise Spieler geben, die seine Art von Fußball auch umsetzen können. Damit die Not dann nächstes Jahr hoffentlich ein Ende hat.

Matchball

Die englische Woche ist vorbei. Die Befürchtungen waren groß. Der FC Augsburg holt nach Siegen gegen Wolfsburg und Mainz und einer Niederlage gegen die Bayern unerwarteterweise 6 Punkte und steht plötzlich mit 32 Punkten auf Platz 14 der Tabelle. Damit liegt der FCA 6 Punkte vor dem Relegationsplatz. Die Lage des FC Augsburg in der Liga ist wieder etwas beruhigter. Dazu ist der Trend gerade mal unser Freund. Es könnte alles viel schlimmer sein und das große Zittern ist zumindest vorerst gestoppt.

Als nächstes Hertha

Nun geht es zu Hause gegen Hertha BSC Berlin. Hertha, die nach der erneuten Niederlage gegen Union Berlin Auflösungserscheinungen zeigen. Denen die Ultras die Trikots ausgezogen haben. Bei denen Felix Magath komisches Zeug redet. Und der Trainereffekt recht schnell verpufft ist.

Wer in diesen Tagen zur Hertha blickt, der ist zumindest etwas verwundert (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Und so ist der FC Augsburg am Samstag im Heimspiel Favorit. Der FCA hat jetzt erst einmal wieder eine Woche um zu Kräften zu bekommen und ein paar Wehwehchen auszukurieren. Um dann gegen Hertha auf das weiter aufzubauen, was man zuletzt sportlich ablieferte. Um dann mit einem klaren Plan aufzulaufen, und diesen erneut konsequent umzusetzen. Während Hertha auf der Suche nach der eigenen sportlichen Identität ist und bei Nichtauffinden derselben direkt in die zweite Liga abrutschen könnte.

Der erste Matchball

Die Partie gegen Hertha BSC ist dabei eine, in der man quasi den Klassenerhalt fix machen kann. Sollte man gegen Hertha gewinnen, hätte man vier Spieltage vor Schluss 9 Punkte mehr auf dem Konto genau wie das deutlich bessere Torverhältnis. Ähnlich könnte es in Relation zur Arminia aus Bielefeld aussehen, die am kommenden Spieltag gegen die Bayern ran müssen.

Das ist dann zwar rechnerisch noch nicht ausgeschlossen, dass es nach unten geht, aber passieren wird da trotzdem nichts mehr. Dafür lege ich meine Hand ins Feuer. Nebenbei hätte man dann zu Hause in dieser Saison beide Berliner Clubs geschlagen. Auch nicht die schlechteste Bilanz.

Mit diesem Entscheidungsspielcharakter des Hertha-Spiels könnte es am Karsamstag zum Fußballfest in der wwk Arena kommen. Bei einem Sieg lässt sich richtig feiern. Dafür sollten wir zusammen alles geben. Die Mannschaft kann in jedem Fall jede Unterstützung für einen der wichtigsten Schritte in dieser Saison gut gebrauchen.

Die Ulrich-Biesinger-Tribüne sollte am Samstag voll werden (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Das Gewinnspiel

Entsprechend wäre es für alle Beteiligten schön, wenn’s Stadion am Samstag möglichst voll werden würde. Trotzdem lässt sich momentan nicht ausblenden, dass weiterhin Krieg in der Ukraine herrscht, und die Menschen dort weiter unsere Unterstützung brauchen. Nachdem ich hier noch 2 Tickets für Block C für Samstag (digital – print@home) liegen habe, würde ich diese gerne unter all denen verlosen, die hier im Shop etwas gekauft oder an den UBT e.V. etwas gespendet haben. Schickt dazu eine kurze Email mit einem Nachweis (gerne bis auf wesentliche Daten anonymisiert) an kontakt@rosenau-gazette.de bis Mittwochabend. Der Gewinner bzw. die Gewinnerin der beiden Karten wird dann am Donnerstag von mir kontaktiert. Alle vorstellbaren Rechtswege sind ausgeschlossen.

Was ist mit der Jugend?

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Mit hehren Zielen ist Klaus Hofmann als Präsident des FC Augsburg gestartet. Er wollte die Quote der Spieler, die beim FC Augsburg in der ersten Mannschaft spielen und aus der eigenen Jugend stammen, erhöhen. In der Saison 2021/22 ist sie dennoch so niedrig wie seit langem nicht. Außer Raphael Framberger, der schon vor Jahren sein Debüt im Trikot des FCA feierte, kommt kein Spieler aus dem eigenen Nachwuchs zu Einsatzzeiten. Nicht nur in der Tabelle sondern auch im Bereich der Entwicklung eigener Jugendspieler ist der FCA weit davon entfernt, die eigenen Ziele zu erreichen. Man könnte sogar meinen, man hätte sie aufgegeben. Was ist passiert?

Hochgelobt und abgehoben

Markus Weinzierl verkündete noch in seiner ersten Amtszeit, dass die Jugendspieler in Augsburg weit weg wären von der ersten Mannschaft. Doch nach Weinzierls Abschied tat sich was. Zwischenzeitlich kamen einige Spieler aus der eigenen Jugend in Augsburg zu ihrem Profidebüt. Kevin Danso war lange der Vorzeige-Nachwuchsspieler. Schnell war durch seine Leistungen in den Jugendmannschaften klar geworden, dass er das Talent für großes hat. Frühzeitig durfte er unter Manuel Baum debütieren. Sich fest spielen. Fehler machen. Zum A-Nationalspieler für Österreich werden. Und in Schwächephasen auf der Bank sitzen.

Danso viel es anscheinend schwer die Konsequenzen seiner Leistungsschwankungen zu akzeptieren. Er wollte Stammspieler sein und wurde erst an den FC Southampton und nachfolgend an Fortuna Düsseldorf verliehen. Nach seiner Rückkehr wurde ihm eröffnet, dass er sich in Augsburg dem Wettbewerb um die Plätze zu stellen habe. Er versuchte seinen Abgang zu erpressen. Der FCA fand mit RC Lens eine Lösung, wo er nun mit 23 Jahren Stammspieler in der Ligue 1 in Frankreich ist. Warum er seine Zukunft nicht mehr in Augsburg gesehen hatte, wird eines der Rätsel rund um den FC Augsburg bleiben. Vielleicht liegt die wesentliche Ursache aber in diesem Fall schlicht im abgehobenen Selbstverständnis des Spielers selbst.

Aus der Jugend Leistungsträger im Herrenteam. Danso und Richter haben den Durchbruch geschafft. In Augsburg spielen sie allerdings keine Rolle mehr. (Photo by Alessandro Sabattini/Getty Images)

Bei aller Unruhe die Perspektive woanders gesucht

Etwas anders gelagert ist die Geschichte bei einem anderen Spieler des Augsburger Nachwuchses, der sich in Augsburg durchgesetzt hatte und nun sein Glück woanders sucht. Marco Richter ist ein Lausbub. Ihn verbindet mit Danso, dass er Talent bis zum Umfallen hat. Darüber hinaus hat er sich aber in der Kommunikation nach außen immer professionell verhalten und sich über Jahre beim FCA durchgesetzt und war zu einem wichtigen Spieler im Kader des FCA geworden. Richter derweil ist ein Spieler der meiner Einschätzung nach sehr davon profitieren kann, wenn es Ruhe in der sportlichen Führung des Vereins, v.a. beim Cheftrainer, gibt. In Augsburg aber wechselten Richters Aufgaben unter den unterschiedlichen Trainern immer wieder. Baum, Schmidt und Herrlich sorgten nicht dafür, dass Richter zu einer festen Position und konstanten Leistungen fand.

Wechselwünsche und Gedanken kamen entsprechend regelmäßig immer wieder ans Tageslicht. Das hängt wohl auch damit zusammen, dass Richter von Volker Struth beraten wird, der eine der größten Beratungsagenturen führt, und dessen Aushängeschild Toni Kroos ist. Er schafft es regelmäßig seine Spieler an Clubs zu vermitteln, wo sie den nächsten Schritt machen sollen. Richter hatte früh im Kopf, dass der nächste Schritt nicht mehr in Augsburg stattfinden sollte. Nachdem in Gerüchte in Köln und Gladbach sahen, ging er im vergangenen Sommer zur Hertha nach Berlin. Und im Umfeld des FC Augsburg darf man sich fragen, warum auch in diesem Falle der FCA seine sportliche Vision und die Rolle des hochverlangten Eigengewächses darin nicht nachhaltig vermitteln konnte.

Vernachlässigt

Damit ist die Geschichte derer, die aus dem Augsburger Nachwuchs den Weg in die Bundesliga gefunden haben aber noch nicht auserzählt. Der ein oder andere Fan des FC Augsburg rieb sich zuletzt mit einiger Verwirrung die Augen. Simon Asta, vormals großes Talent auf der Rechtsverteidigerposition, spielte bei Fürth gerade auf dieser Leidensposition der Augsburger 90 Minuten in der Bundesliga. In Augsburg hatte man vor 1,5 Jahren dem Wechselwunsch Astas nachgegeben und ihn fest nach Fürth ziehen lassen. Mittlerweile ist er in Fürth in der Bundesliga angekommen und wurde unlängst auch in der deutschen U21 Nationalmannschaft berücksichtigt. Ähnlich lief es vormals bei Marvin Friedrich, der erst in Augsburg verletzt fehlte, nach Berlin zu Union verliehen wurde, und dann nicht mehr zurückkehren wollte. Nur, dass Friedrichs Entwicklung in Berlin noch rasanter war und Friedrich bei Schalke ausgebildet wurde und nicht in Augsburg.

Die fehlende Betreuung der Leihspieler führte dazu, dass man Christoph Janker installierte, um genau diese zu übernehmen. Auch die Schnittstelle zum Nachwuchsleistungszentrum fällt ganz grundsätzlich in sein Arbeitsgebiet. Rainer Maurer hatte sich zu diesen Themen erst vor kurzem auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Freiburg geäußert. Er hatte kommuniziert, dass diese Schnittstelle coronabedingt gelitten hatte. Der FC Augsburg hatte vergleichsweise wenig Infektionen in der ersten Mannschaft. Wenig Einbindung der Jugendspieler in den Profibetrieb könnte hier geholfen haben. Sie hat aber auch die Brücke gekappt und den Jugendspielern die Möglichkeit genommen, sich zu zeigen und oben anzuklopfen. Hier gilt es jetzt zügig, wieder mehr Durchlässigkeit zu schaffen, und den eigenen Jugendspielern vermehrt Perspektiven aufzuzeigen, bevor sie ihre Zukunft auch woanders suchen. Danso und Richter waren hier als Vorbilder eventuell zuletzt prägender als Raphael Framberger, der immer als Vorzeigeobjekt der Jugendarbeit dienen muss.

Mit Tim Civeja war die Hoffnung verbunden, den nächsten Startelfkandidaten aus der Jugend gefunden zu haben. Er ist vorerst, wie auf diesem Foto, wieder etwas in den Hintergrund geraten. (Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Ist Jugendförderung eine Priorität?

Und hierbei werden die Jugendspieler auch beobachten, wie es den Spielern ergeht, die in Augsburg Profiverträge haben und mit der ersten Mannschaft trainieren. In der Öffentlichkeit erinnert man sich an einen davon schon kaum noch. Derweil war in der letzten Saison Tim Civeja der heiße Name unter den Nachwuchsspielern des FC Augsburg. Unter Heiko Herrlich war er ganz nah dran an der Mannschaft, durfte debütieren und wurde nur ausgebremst, weil ihn eine Verletzung lange zum Zuschauen verdammte. In dieser Saison und unter Markus Weinzierl ist Tim Civeja wieder ein bisschen in der Versenkung verschwunden. Selbst als mit Tobi Strobl und Carlos Gruezo zwei zentrale Mittelfeldspieler ausfielen und auch während der Corona-Erkrankung von Arne Maier kam Civeja nicht zum Zug.

Und so stellt sich in Augsburg mittlerweile schon die Frage, welche Rolle die Förderung der eigenen Jugend bei den Prioritäten der sportlichen Führung spielt. Gerade in Zeiten, in denen man schnell einen zweistelligen Millionenbetrag für ein US-Talent ausgibt, und in denen die eigene Jugend keine Berücksichtigung in der ersten Mannschaft findet, führt dies vielleicht bei dem ein oder anderen mehr zu Abwanderungsgedanken. Gerade die ausgeliehenen Talente um Maurice Malone, Lukas Petkov und Co. werden sich fragen, inwiefern sie in Augsburg die optimalen Bedingungen für ihre Zukunft vorfinden. Alles in allem scheint es, als ob der FCA nach den rosigen Zeiten der Talententwicklung unter Manuel Baum in diesem Bereich in der Entwicklung stagniert, wenn nicht sogar zurück fällt.

Der große Schnitt im Sommer?

Kurzfristig kommt aber nun doch Spannung ins Thema. Durch viele Ausfälle und Erkrankungen ist die Personaldecke gegen Wolfsburg mehr als dünn. Das Spiel der U23 wurde auf Grund der Platzverhältnisse in der Rosenau abgesagt. Wenn sich hier nicht schon am Sonntag für den ein oder anderen aus dem Nachwuchsbereich die Chance ergibt sich zu zeigen, dann wird das wahrscheinlich in dieser Saison ganz grundsätzlich nichts mehr.

Nachdem die sportliche Situation zudem weiter kritisch bleibt, wird wohl hier gerade niemand den Finger mit Nachdruck in die Wunde legen. Im schlimmsten Fall wird der FCA im Sommer allerdings hier eine weitere Baustelle haben, bzgl. der er zumindest sein Auftreten in der Öffentlichkeit korrigieren sollte. Wenn nicht sogar Nacharbeiten an Strategie und Fundament notwendig sind. Die Trennung von U23-Trainer Sepp Steinberger zum Saisonende ist ein Zeichen, dass es im Gebälk kracht. Im Profibereich hat Weinzierl auch in seiner zweiten Amtszeit die Kompetenz bzgl. der Integration der Spieler des eigenen Nachwuchses vermissen lassen. Die Trainerentscheidung für die Profis über den Sommer hinaus ist zumindest noch nicht nach außen kommuniziert worden. Es wäre schön, wenn dieses Thema hier eine wichtige Rolle spielen würde.

Im Hintergrund

Leise war es zuletzt. Die Ultras und die organisierte Fanszene waren lange nicht mehr im Stadion auf dem Lechfeld anzutreffen, um die Recken des FC Augsburg mit Wumms zu supporten. Jeder Stadiongänger hat in den letzten Spielen sehr schnell bemerkt, was dem Spiel und auch der Mannschaft abgeht, wenn der Support auf den Rängen nicht in organisierter Form passiert. In dem ein oder anderen Podcast wurden die Ultras dazu aufgerufen, endlich an ihre gewohnte Stätte zurückzukehren. Der fehlende Support könnte im Klassenerhalt von entscheidender Bedeutung sein. Eine Rückkehr ist derweil bis heute offen.

Viel ist passiert in dieser Coronazeit. Der Fußball hatte eine zunehmende Entfremdung selbst konstatiert. Wie ein Süchtiger, kommt der Sport allerdings nicht von seiner Droge – der fortschreitenden Kapitalisierung – weg. Und während es einem jeden selbst überlassen bleibt, ab wann die Umstände des Sports und das Ungleichgewicht in der Liga die Betrachtung des sportlichen Wettbewerbs versauern, ist insgesamt an dieser Front keine Besserung zu erhoffen. Die Winter-WM in Katar rückt immer noch jeden Tag näher.

Der FCA ist mittendrin statt nur dabei. Auch hier wird hart um Fanrechte gerungen. Anteile der Investionsgesellschaft von Klaus Hofmann wurden ohne Wissen der Mitglieder in die USA verkauft. Sitze im Aufsichtsrat der KGaA werden nur an Investoren oder Investorenfreunde vergeben. Verein und Fanszene zermürbten sich auf der letzten Mitgliederversammlung in der Debatte um Plätze im Aufsichtsrat des e.V. Dazu kommen all die Coronaregelungen, die der Verein durchsetzen muss, um überhaupt Zuschauer ins Stadion lassen zu dürfen. Momentan wohl der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Die Szene bleibt dem Stadion also erstmal fern.

Schweigeminute unter dem Logo der Friedensstadt. (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Und dennoch ist in diesen Tagen wieder etwas passiert, was erneut als mehr als eindrucksvoll zu bezeichnen ist. Nachdem Russland den unsäglichen, völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf die Ukraine gestartet hatte, war anscheinend auch in der organisierten Fanszene schnell klar, dass man helfen muss. Wie so oft schon in den letzten Jahren, wird klar, dass Fußball eine Nebensache und die Wirkung der Ulrich Biesinger Tribüne (UBT) weit über das Feld hinaus reicht. Und in diesen Momenten passiert etwas, was man nicht hoch genug bewerten kann: UBT, Verein und schärfste Ultra-Kritiker schaffen den Schulterschluss. Das Zwischenergebnis ist hier zu sehen. Den erstmaligen Spendenaufruf findet ihr hier. Ich verneige mich erneut vor diesem Engagement und dieser Hilfsbereitschaft.

In den letzten Jahren ist klar und deutlich geworden, dass dem FCA ohne die organisierte Fanszene sehr deutlich etwas abgehen würde. Nach den Leistungen der letzten Jahre sollte der FCA selbst ein Interesse daran haben, die Fanszene in den Verein einzubinden. Der FCA sollte proaktiv unterstützen, dass die Fanszene ihren Platz am Tisch bekommt und auch einnimmt, am besten direkt über den Aufsichtsrat der KGaA. Gut möglich, dass die Diskussionen anstrengend und schwierig sein werden. Ich bin allerdings vollends überzeugt, dass sie unseren Verein verbessern werden.

Es ist leider nicht zu erwarten, dass sich in der Diskussionsrunde, zu der der UBT einlädt, die Distanz zwischen den Gruppen merklich verringern wird. Sie kann nur ein erster Schritt auf dem weiteren Weg sein. Ich erhoffe mir trotzdem eine breite Beteilung und würde mir wünschen, dass viele Interessierte am 29.03. den Weg in die Rosenaugaststätte finden. Für den Verein wäre es wichtig über Lippenbekenntnisse hinaus ein echtes Zeichen zu setzen. Ob dies in den vorhandenen personellen Konstellationen möglich ist, ist zumindest fragwürdig. Für den Versuch, die Distanz zwischen Verein und Szene zu verringern, ist dem UBT als Organisator und den Vertretern des Vereins, die sich der Diskussion stellen, zu danken.

Von der Fanszene selbst wünsche ich mir, dass sie ihre Plätze im Stadion wieder einnimmt. Es fehlt etwas ohne euch. Der Platz im Stadion ist der beste Platz, um über die Lage des Fußballs zu informieren und mahnend Banner oder Spruchbänder zu zeigen. Den Platz im Stadion zu verlassen, ist gleichbedeutend mit Aufgeben. Ihr seid es, die auch dann die Mannschaft noch unterstützen, wenn es ansonsten leise wird. Ihr seid es, die in schwierigen Zeiten vorangehen. Ich habe in meinem Leben noch keine schwierigeren Zeiten durchlebt. Ich wünsche mir, dass die Kurve samstags da ist, um Identität und Sicherheit zu geben.

Randnotiz: Wir haben in der Zwischenzeit unsere Neigschaut-Aktion beendet. Alle T-Shirts sind ausgeliefert, Gregerls Spendenverein TorChance hat die Spende erhalten und sich über Instagram sehr freundlich bedankt. Es gibt nur noch sehr wenige Rest-Shirts im Shop. Schlagt lieber schnell zu, wenn ihr noch eins wollt. An alle, die mitgemacht und bestellt haben, an dieser Stelle einen herzlichen Dank! Auch wir versuchen weiterhin, über diesen Blog hinaus unseren Beitrag zu leisten und freuen uns über jegliche Unterstützung. Alle Erlöse aus Verkäufen im Shop gehen immer an wohltätige Organisationen.

 
 
 
 
 
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Ein Beitrag geteilt von TOR.CHANCE (@tor.chance)

Abgesagt


Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Eigentlich hätte der FC Augsburg an diesem Wochenende gegen Mainz 05 spielen sollen. Nach dem Punkt zu Hause gegen Dortmund und dem Auswärtssieg gegen Bielefeld war die Truppe von Markus Weinzierl zuletzt gut in Form. Mainz steht allerdings wohl infolge positiver Corona-Befunde nicht die nach der DFL-Spielordnung notwendige Mindestanzahl an Spielern zur Verfügung. Über die Neuansetzung soll zeitnah entschieden werden.

Mainz, wie es singt und lacht?

Die Mainzer waren in Wochen vor dem jetzigen Corona-Massenausbruch eher lax mit der pandemischen Lage umgegangen. Allen voran Sportvorstand Christian Heidel warb schon Anfang Februar vor dem Spiel gegen die TSG 1899 Hoffenheim beim Pay-TV-Sender Sky, vor dem erneuten Virus-Ausbruch im Mainzer Kader, offensiv dafür wieder Normalität einkehren zu lassen: “Wir sind jetzt an einem Punkt angekommen, wo wir versuchen, Normalität walten zu lassen. Das betrifft auch den Fußball. (…) Wir müssen es jetzt – so wie es in anderen europäischen Ländern auch der Fall ist – wieder laufen lassen”. Er fügte in diesem Zusammenhang vielsagend hinzu: “Deutschland ist ein bisschen bekannt dafür, dass wir sehr, sehr viel Panikmache walten lassen. Ich genieße eine Atmosphäre wie in Spanien, wie locker man dort damit umgeht. Am Dienstag ist dort die Pandemie beendet”. Ein finaler Satz in dem Interview war: “Es wird sich hier und da jemand anstecken, das werden wir nicht verhindern können. Aber wir müssen mit dieser Pandemie leben”.

Auf der anderen Seite steht der FC Augsburg, der mitten im Abstiegskampf steckt, und dem eine Verlegung des Spiels nun gar nicht in den Kram passt. Sportlich ist man gut drauf. Wirtschaftlich entstehen Kosten wohl in sechsstelliger Höhe. Das man in Augsburg nach den vorhergegangenen Aussagen des Mainzer Verantwortlichen Heidel zumindest mit der Stirn gerunzelt hat, als der Club die Auswärtspartie nach der Partie gegen Dortmund nun auch verlegen wollte, verwundert daher nicht.

Normalität wollen und einfordern und ein paar Wochen später Spielverlagerungen beantragen. Christian Heidel ist beim Thema Corona zwischenzeitlich falsch abgebogen. (Photo by Alex Grimm/Getty Images)

Die Gesundheit der Spieler

Und als nun Heidel die Entscheidung der DFL im Sinne “der Gesundheit der Spieler” lobte, kommt mir als Mainzer Außenstehenden schon ein wenig die Zornesröte ins Gesicht geschossen. Als erstes wäre es wohl viel mehr im Sinne der Spieler gewesen, ein Hygienekonzept zu implementieren, dass eine solche Masseninfektion (zufällig genau nach Karneval) verhindert hätte. Markus Weinzierl hatte auf der Spieltags-Pressekonferenz noch darauf hingewiesen, dass es hierzu keine einheitlichen Standard der DFL gibt. Dies entlässt jedoch nicht jeden einzelnen Club aus der Verantwortung selbst ein Konzept zu implementieren, dass seine Arbeitnehmer bestmöglich schützt. In Mainz sehe ich es als sehr zweifelhaft an, dass dies dort der Fall war.

Dazu stellt sich schon die Frage der Willkür. Wo waren denn alle die Verfechter eines fairen Wettbewerbs und der Spieler-Gesundheit, als der FC Bayern mit Rumpftruppe gegen Gladbach verlor? Oder als Hertha BSC stark ersatzgeschwächt eine Reihe von Spielen absolvieren musste und nun arg in Abstiegsnöten steckt? Omnikron hält die Republik seit Monaten in Atem. Es wäre längst notwendig gewesen, wie in anderen Sportarten auch, mehr Spielverlegungen im Sinne der Spielergesundheit und für einen fairen Wettbewerb vorzunehmen. So bleibt die Entscheidung im Sinne von Mainz 05 nur ein Ausreißer in einer Kette von Vorgängen in denen sich bisher immer den wirtschaftlichen Notwendigkeiten gebeugt wurde.

Die richtige Entscheidung

Und nichtsdestotrotz, bei allem Unverständnis gegenüber den scheinheiligen Mainzer Aussagen und der sonstigen Handlungsweisen der DFL, bleibt es eine korrekte Entscheidung, die Partie gegen Mainz 05 zu verschieben. Der Gesundheit der Spieler gehört längst eine höhere Bedeutung zugeordnet (u.a. auch beim Thema Kopfverletzungen). Willkürlich erscheint das Ganze auch nur, weil das Handlungsmuster der DFL bisher ein Falsches war.

Markus Weinzierl hat auf der Spieltagspressekonferenz vor dem Mainz-Spiel betont, dass vor der Saison klar war, dass man sich auf eine Lotterie einlasse. Dies war im Fußball schon häufig so. Mit dem VAR wollte man dies ein wenig eliminieren. Sprechen wir lieber nicht darüber, wie hier der aktuelle Stand ist. Verletzungen und die Gesundheit der Spieler als auch weitere äußere Umstände konnten schon früher Saisons ruinieren oder entscheidenden Einfluss auf den Saisonverlauf nehmen. Was er mit seiner Aussage hoffentlich meinte: wir sind psychologisch darauf vorbereitet, dass unvorhergesehene Schwierigkeiten auftreten. Wenn Mainz 05 dann – wann auch immer – in Augsburg antritt, werden wir vorbereitet sein.

Eine souveräne Reaktion hätte anders ausgesehen, bei allem Ärger den man bzgl. der Mainzer Kommunikation verspüren kann. (Photo by Thomas Lohnes/Getty Images)

Fehlende Souveränität

Nach vielen Kappeleien mit den Mainzern in der Vergangenheit und einer Scheiß-Partie in der Hinrunde ist mal wieder Wiedergutmachung angesagt. Davor ist es allerdings unablässig, dass der FCA in seiner Außendarstellung souveräner auftritt. Nach all dem oben stehenden haben es die Verantwortlichen trotz allem geschafft, dass der FCA als Buhmann da steht. Das ist nun schon auch eine Leistung in der Geschichte. Mainz war nun am Ende der Ritter der Sympathie im Kampf für die Gesundheit seiner Spieler und den fairen Wettbewerb und die Augsburger gaben die knallharten Vertreter ihrer wirtschaftlichen Interessen und der negativen Seite des Fußballs.

Derweil ist dem Liebhaber des gepflegten Rasensports schon seit Jahrzehnten klar, dass es am Ende weniger darauf ankommt, wer Recht hat oder bekommt, sondern, was das Richtige ist. Und es ist schlichtweg richtig, dass die Liga sich darauf fokussieren sollte, einen fairen Wettbewerb mit gesunden Spielern sicherzustellen. Das dies nun auch mal dazu führt, dass der Einzelfall für den FCA nachteilig ist, touché. Es sollte uns in Augsburg alle dazu bewegen, zusammenzustehen, die freie Woche zur Regeneration zu nutzen, und in den anstehenden Spielen alle gemeinsam Gas zu geben. Und aus eigener Kraft die Klasse zu halten.

Abgegrätscht

1:0 hat der FCA am Freitag in Bielefeld gewonnen. Offensiv hielt sich das Feuerwerk erneut sehr in Grenzen. Dafür konnte Bielefeld noch weniger Akzente setzen als unsere Augsburger und so geht der Sieg in einer umkämpften Partie dann wohl in Ordnung. Zweimal nacheinander gepunktet. Eine Seltenheit. Aber auch taktisch mit funktionierenden Matchplänen. Als Augsburger reibt man sich verwundert die Augen. Hat die Mannschaft ihr Gleichgewicht gefunden?

3er vs 4er Kette

Die offensichtlichste Änderung war in diesen beiden Partien die von Markus Weinzierl verordnete Systemumstellung hin zur 3er Kette. In den Anfangsformationen der Spiele fanden sich so dann sowohl Oxford, Gouweleeuw als auch Uduokhai wieder. Gegen Bielefeld musste Uduokhai verletzt raus und für ihn kam Winther. Das System blieb. Und mit ihm die defensive Stabilität.

Daniel Caligiuri war sich für kein Tackling zu schade und ist auf der rechten Schiene momentan die Optimalbesetzung (Photo by Martin Rose/Getty Images)

Zwei Spiele lang keine einfachen Fehler in der Abwehr, die direkt zu Gegentoren führten. Basierend auf dieser defensiven Stabilität versetzt sich die Mannschaft in die Lage zu punkten. Auch deshalb, weil hierdurch die Schwächen auf den defensiven Außen kaschiert werden. Mit Daniel Caligiuri hat man einen guten rechten Schienenspieler und auch Iago oder Mads Pedersen fühlen sich offensiver deutlich wohler. Die Systemfrage scheint vorerst geklärt.

Pressing vs. zu große Offenheit

Markus Weinzierl hat immer wieder verkündet, dass dem System keine zu hohe Bedeutung zuzumessen ist. Aus meiner Sicht scheint auch den Pressingabläufen mehr Gewicht als dem System selbst zuzukommen. Gegen Bielefeld wurde genau hier in der Halbzeit nachjustiert und ab Halbzeit 2 etwas aggressiver gepresst. Das wichtigste dabei bleibt, dass die Pressingabläufe so gut funktionieren, dass sie nicht einfach überspielt werden können und in ihrem Rücken keine großen Lücken entstehen.

Gregerls wichtigste Rolle momentan: den Druck auf den Gegner immer hochhalten. Es gelingt sehr oft. (Photo by Martin Rose/Getty Images)

Hier scheint die Mannschaft Fortschritte zu machen. Gerade die Pressingabläufe sind ein Erfolgsgarant. Die Offensivspieler wissen, dass die Körner im Zweifel nicht für 90 Minuten reichen müssen und geben im Anlaufen des Gegners alles. Auch Bielefeld wurde in ungewollte länge Bälle gezwungen, konnte sich kaum hieraus befreien und gewann dann auch wenig zweite Bälle. Da macht es dann für den Gegner wenig Spaß. Und nicht nur, weil man verliert.

Zweikampfführung

Die schlechten und ungewollten Spieleröffnungen erlauben es der Mannschaft dann, gut in die Zweikämpfe zu kommen und Bälle zu erobern. Das Spiel des Gegners wird berechenbarer. Bälle werden antizipiert und abgefangen. Im Zweifel wird der Gegner auch mal gelegt. Gerade gegen Bielefeld hat der FCA keine Gefangenen gemacht. 5 gelbe Karten standen am Ende zu Buche. Beschweren durfte man sich diesmal über keine davon. Die Partie war für Bielefeld sichtlich unangenehm zu spielen. Der FCA hat es Ihnen so schwer gemacht, wie es sich für eine Augsburger Mannschaft gehört. Diese Bissigkeite und Aggressivität, die schon oft als einer der Augsburger Grundwerte bezeichnet wurde, ist zurück. Ich habe es geliebt.

Mads Pedersen beim Tackling. Ich liebe es. (Photo by Martin Rose/Getty Images)

Torgefährlichkeit

Alleine vom Spiel mit dem Ball in Richtung gegnerisches Tor war dann am Ende – mal wieder – nicht viel zu sehen. Der FCA ist weiterhin nicht in der Lage einen Gegner herzuspielen und eine Vielzahl von Chancen selbst zu kreieren. Selbst gegen Arminia Bielefeld. Das Team von Markus Weinzierl hat nun aber hierfür eine Lösung gefunden, die auch schon gegen Union Berlin funktioniert hat. Durch die Pressingabläufe und die aggressive Zweikampfführung, werden die Bälle höher – heißt näher zum gegnerischen Tor – erobert. Gegen Bielefeld war es Iagos Ballgewinn auf Höhe der Mittellinie der das Tor einleitete. Dadurch werden die Wege kürzer und man kann den Gegner überrumpeln. Bei der Qualität unserer Abschlussspieler, diesmal in Person von Daniel Caliguiri, der immer noch einen feinen Ball Richtung Tor auf Lager hat, kommen wir dann doch ab und zu zum Torerfolg. Und das reicht dann diesmal zum Sieg.

Geht es so weiter?

Und damit scheint der FCA nun eine Formel gefunden zu haben, die mit dem vorhandenen Spielermaterial, zu erfolgreichen Ergebnissen führen kann. Trotzdem stellt sich vor der Partie gegen Mainz 05 – so sie denn in Anbetracht der Mainzer Corona-Infektionen stattfindet – erneut die Systemfrage. Traut Markus Weinzierl Frederik Winther die Rolle des 3. Innenverteidigers zu? Gerade nun da die Mannschaft im Gleichgewicht angekommen scheint, wird durch die Personalsituation die Frage aufgeworfen, ob man in dieser Formation weiterhin antreten kann. Ich würde mir wünschen, dass wir bei diesem System bleiben. Sollen sich doch die direkten Gegner im Abstiegskampf überlegen müssen, wie sie dieses Bollwerk knacken. Sich die Zähne ausbeißen. Ihr frustriertes Gemeckere auf dem Platz ist Musik in meinen Ohren. Und die gesammelten Punkte geben die nötige Zuversicht für den Abstiegskampf. Den Kampf hat die Mannschaft sichtbar angenommen. Dafür bin ich heute dankbar.

Macht den Karren wieder flott

Markus Weinzierl stand für den FC Augsburg am Samstag gegen Freiburg, bei der (vielleicht vermeidbaren) 1:2 Heimniederlage nicht am Seitenrand. Corona hatte ihn erwischt und er ist weiterhin in Quarantäne. Es ist müßig zu diskutieren, ob es etwas geändert hatte. Was sicher ist: schon nach den Partien gegen Leverkusen und Gladbach war er in die Kritik geraten. An vielen Stellen wird sich gefragt, wo denn die sportliche Entwicklung geblieben ist. Der FC Augsburg ist weiterhin das Maß an fehlender Konstanz. In diesem Zusammenhang ist das Team unschlagbar. Natürlich fällt dies auch auf den Trainer zurück. Wer aber trägt hierfür neben ihm die Verantwortung?

Keiner übernimmt Verantwortung

Teaminterne Prozesse im Fußball sind eine komplizierte Angelegenheit. Versuche ich selber kurz vor Ende des Spiels den Lucky Punch zu landen oder spiele ich lieber nochmal ab? Oft ist beim Fußball die Teamleistung mehr als nur die Summe aller Einzelleistungen. Spieler müssen sich für das Wohl des Teams hinten an stellen. Das Team muss Vorrang haben. Dafür muss jeder Verantwortung für das Team übernehmen und das persönliche Vorankommen vielleicht auch hinten anstellen.

Der Trainer und sein Team sind in diesem Zusammenhang das regulierende Kollektiv. Sie müssen glaubhaft das langfristige Wohl des Teams im Auge haben und auch schwierige Entscheidungen z.B. bzgl. Startelfnominierungen treffen. Und das Team bestehend aus vielen Einzelspielern muss diesen Entscheidungen Folge leisten. Nun sieht das beim FCA schon seit längerem nicht nach einem eingespielten Team aus. Nach individuellen Fehlern fehlt das gegenseitige Aufbauen. Es fehlen die Antreiber. Es fehlt, das Spieler auch nach außen sichtbar Verantwortung übernehmen. Es wird noch nicht einmal benannt, wer im Mannschaftsrat ist. Selbst im Trainerteam wird die Verantwortung weggeschoben. Reiner Maurer sagte in der Pressekonferenz vor dem Spiel: “Ich fühle mich genau so verantwortlich, wie wenn der Markus dabei ist.” War er halt nur nicht. Kollektives Wegducken.

Die lahme Ente

Dieser Prozess endet allerdings nicht beim Trainerteam oder Markus Weinzierl. Unter der Woche gab es eine Medienrunde mit Stefan Reuter. Im Gegensatz zur Pressekonferenz nicht öffentlich. Dazu kommt, dass Stefan Reuter sich zur Zukunft von Markus Weinzierl nicht abschließend äußern will. Weggeduckt hat er sich zuletzt bei Tom Scharnagl bei a.tv. Wo ist das Problem mag sich der ein oder andere fragen? Das Problem ist Markus Weinzierls vertragliche Situation. Sein Vertrag läuft zum Saisonende hin aus und wurde bisher nicht verlängert.

Und am Ende war wieder der Trainer verantwortlich für die fehlende sportliche Entwicklung? (Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

In den USA nennt man das eine “lame duck“, übersetzt eine lahme Ente. Damit ist gemeint, dass in diesem Fall der Trainer keine Durchsetzungskraft mehr hat, weil ihm die Rückendeckung fehlt. Die Spieler glauben vielleicht selbst nicht mehr an einen Verbleib des Trainers. Entsprechend folgen sie den Vorgaben und Weisungen vielleicht nicht mehr zu 100%. Bewusst oder unterbewusst spielt dann schon keine Rolle mehr. Es gibt eine Ausrede. Wegducken wurde hiermit legitimiert.

Handelt jetzt, zefix!

Das kann so nicht bleiben. Die Verantwortlichen beim FC Augsburg, Stefan Reuter und Klaus Hofmann in allervorderster Front, müssen sich schleunigst klar werden, was sie von den Leistungen von Markus Weinzierl halten. Ich kann mir kaum vorstellen, dass eine Vertragsverlängerung an Markus Weinzierl scheitern würde. Und wenn, dann wäre das auch ein klares Zeichen. Weinzierls Optionen in der Bundesliga werden auf Sicht äußerst begrenzt sein. Er lebt mittlerweile nur noch von seinen längst vergangenen Augsburger Lorbeeren.

Wenn man von der Arbeit von Markus Weinzierl überzeugt ist, dann ist es Zeit den Vertrag schleunigst zu verlängern und dies sofort zu kommunizieren. Wenn die Überzeugung fehlt, dann ist es jetzt Zeit “Servus” zu sagen. Laut und deutlich. Und mit Überzeugung und Stärke in das letzte Drittel der Saison einzubiegen. Wo liegt hier das Problem?

Die Alternativen

Für mich ist das Problem recht deutlich. Sollte man sich von Markus Weinzierl trennen, dann braucht es eine Alternative. Und um den passenden Trainerkandidaten bestimmen zu können, braucht es ein Anforderungsprofil und bestehende Kontakte. Nach Weinzierls erstem Abgang hatte man sich für Dirk Schuster entschieden, weil er aus wenig viel gemacht hatte in Darmstadt und dort auch die “Augsburger Tugenden” auf dem Platz sichtbar machte. Danach übergab man an Manuel Baum, um die eigene Jugend besser zu integrieren und sich sportlich zu entwickeln. Und seitdem ist keine klare Strategie bei den Trainerverpflichtungen mehr erkennbar. Martin Schmidt war spielerisch auf Umschaltspiel begrenzt und die Mannschaft zerfiel regelmäßig. Zu Heiko Herrlich habe ich damals schon viel geschrieben und lasse das an der Stelle lieber. Ich habe selten eine weniger überzeugende Führungspersönlichkeit erlebt. Reuter, Hofmann und Co. haben in den letzten Jahren eine Trainerfahrkarte nach der anderen geschossen. Alte Bekannte, die dem FC Augsburg jetzt vielleicht auf dieser Position helfen könnten, sind ihnen vielleicht ausgegangen. Deshalb war ja schon im letzten Jahr Markus Weinzierl der letzte Rettungsanker.

Spoiler Alert: Wahrscheinlich wird man Klaus Hofmann in den kommenden Wochen wieder mehr öffentlich wahrnehmen. Es ist der übliche Prozess. (Photo by Stefan Puchner – Pool/Getty Images)

Und was will die Führungsspitze in Augsburg denn von einem Trainer? Defensive Stabilität und Augsburger Tugenden? Ausgeprägtes Ballbesitzspiel mit in Ruhe vorgetragenen Angriffen und hoher Torquote? Alles getragen von mindestens 5 Eigengewächsen? Alles zusammen? Zwischen den Wünschen und Ansprüchen und der Realität scheint eine kleine Lücke zu klaffen. Die fehlende Fokussierung auf Kernaspekte führte in den letzten Jahren zur Beliebigkeit. Wir sind zur grauen Maus verkommen. Negativ in diesem Sinne: die Teams kommen gerne nach Augsburg, weil es nicht mehr ganz so ungemütlich ist, gegen uns zu spielen.

Was es jetzt braucht

Der FC Augsburg muss sich endlich klar werden, was er sportlich will. Eindruck in den USA schinden und eine Marke aufbauen, oder sportliche Lücken für den Klassenerhalt stopfen? Ach, die Transferphase ist schon vorbei. Wie schade. (Ich zügle den Sarkasmus gleich wieder). Trotzdem ist es noch nicht zu spät. Auch in dieser Phase der Saison hat der Club noch alles selbst in der Hand. Sobald er denn weiß, was er will. Klarheit diesbezüglich sollte schnellstens geschaffen werden.

Auf Basis dieser Analysen sind schon jetzt die Kernpositionen im Club zu besetzen. Angefangen beim Trainer und seinem Trainerteam. Und mit vollster Überzeugung und breiter Brust muss der FCA dann das letzte Drittel der Saison angehen. Alle in die Pflicht nehmen. Zusammenhalten. Dann habe ich zumindest viel Hoffnung, dass die Leistungen des Teams konstanter werden und wir die Klasse halten. Ab nächster Saison wird es dann vielleicht etwas besser.

(Alternativszenario – die realistische Variante)

Wir dümpeln weiter so vor uns hin. Gegen Dortmund wehren wir uns vor eigenem Publikum und verlieren knapp genau wie gegen Bielefeld auswärts. Ach, vielleicht holen wir sogar 1 oder 2 Punkte. Das Management und auch Klaus Hofmann werden in den nächsten Wochen – wie vor dem Abgang von Heiko Herrlich – medial präsenter werden. Es wird – erneut – die fehlende sportliche Entwicklung kritisiert werden. Klaus Hofmann wird fluchend ins Kameralicht rücken auf den Tribünen der Republik. Am Ende wird man Markus Weinzierl freistellen und versuchen dem Team einen neuen Impuls zu geben, um die Klasse zu halten. Die Konkurrenz ist dieses Jahr deutlich stärker und so reicht es vielleicht ausnahmsweise nicht oder wir müssen in die Relegation. Die Verantwortlichen werden sagen, dass ja klar war, dass es uns irgendwann erwischen hatte müssen. An diesem Punkt, sollten wir an diesen Zeitpunkt in der Saison zurückdenken. Noch ist es vermeidbar. Und die Verantwortung hört längst nicht beim Trainer auf.

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen