Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.
Eigentlich hätte der FC Augsburg an diesem Wochenende gegen Mainz 05 spielen sollen. Nach dem Punkt zu Hause gegen Dortmund und dem Auswärtssieg gegen Bielefeld war die Truppe von Markus Weinzierl zuletzt gut in Form. Mainz steht allerdings wohl infolge positiver Corona-Befunde nicht die nach der DFL-Spielordnung notwendige Mindestanzahl an Spielern zur Verfügung. Über die Neuansetzung soll zeitnah entschieden werden.
Mainz, wie es singt und lacht?
Die Mainzer waren in Wochen vor dem jetzigen Corona-Massenausbruch eher lax mit der pandemischen Lage umgegangen. Allen voran Sportvorstand Christian Heidel warb schon Anfang Februar vor dem Spiel gegen die TSG 1899 Hoffenheim beim Pay-TV-Sender Sky, vor dem erneuten Virus-Ausbruch im Mainzer Kader, offensiv dafür wieder Normalität einkehren zu lassen: “Wir sind jetzt an einem Punkt angekommen, wo wir versuchen, Normalität walten zu lassen. Das betrifft auch den Fußball. (…) Wir müssen es jetzt – so wie es in anderen europäischen Ländern auch der Fall ist – wieder laufen lassen”. Er fügte in diesem Zusammenhang vielsagend hinzu: “Deutschland ist ein bisschen bekannt dafür, dass wir sehr, sehr viel Panikmache walten lassen. Ich genieße eine Atmosphäre wie in Spanien, wie locker man dort damit umgeht. Am Dienstag ist dort die Pandemie beendet”. Ein finaler Satz in dem Interview war: “Es wird sich hier und da jemand anstecken, das werden wir nicht verhindern können. Aber wir müssen mit dieser Pandemie leben”.
Auf der anderen Seite steht der FC Augsburg, der mitten im Abstiegskampf steckt, und dem eine Verlegung des Spiels nun gar nicht in den Kram passt. Sportlich ist man gut drauf. Wirtschaftlich entstehen Kosten wohl in sechsstelliger Höhe. Das man in Augsburg nach den vorhergegangenen Aussagen des Mainzer Verantwortlichen Heidel zumindest mit der Stirn gerunzelt hat, als der Club die Auswärtspartie nach der Partie gegen Dortmund nun auch verlegen wollte, verwundert daher nicht.
Die Gesundheit der Spieler
Und als nun Heidel die Entscheidung der DFL im Sinne “der Gesundheit der Spieler” lobte, kommt mir als Mainzer Außenstehenden schon ein wenig die Zornesröte ins Gesicht geschossen. Als erstes wäre es wohl viel mehr im Sinne der Spieler gewesen, ein Hygienekonzept zu implementieren, dass eine solche Masseninfektion (zufällig genau nach Karneval) verhindert hätte. Markus Weinzierl hatte auf der Spieltags-Pressekonferenz noch darauf hingewiesen, dass es hierzu keine einheitlichen Standard der DFL gibt. Dies entlässt jedoch nicht jeden einzelnen Club aus der Verantwortung selbst ein Konzept zu implementieren, dass seine Arbeitnehmer bestmöglich schützt. In Mainz sehe ich es als sehr zweifelhaft an, dass dies dort der Fall war.
Dazu stellt sich schon die Frage der Willkür. Wo waren denn alle die Verfechter eines fairen Wettbewerbs und der Spieler-Gesundheit, als der FC Bayern mit Rumpftruppe gegen Gladbach verlor? Oder als Hertha BSC stark ersatzgeschwächt eine Reihe von Spielen absolvieren musste und nun arg in Abstiegsnöten steckt? Omnikron hält die Republik seit Monaten in Atem. Es wäre längst notwendig gewesen, wie in anderen Sportarten auch, mehr Spielverlegungen im Sinne der Spielergesundheit und für einen fairen Wettbewerb vorzunehmen. So bleibt die Entscheidung im Sinne von Mainz 05 nur ein Ausreißer in einer Kette von Vorgängen in denen sich bisher immer den wirtschaftlichen Notwendigkeiten gebeugt wurde.
Die richtige Entscheidung
Und nichtsdestotrotz, bei allem Unverständnis gegenüber den scheinheiligen Mainzer Aussagen und der sonstigen Handlungsweisen der DFL, bleibt es eine korrekte Entscheidung, die Partie gegen Mainz 05 zu verschieben. Der Gesundheit der Spieler gehört längst eine höhere Bedeutung zugeordnet (u.a. auch beim Thema Kopfverletzungen). Willkürlich erscheint das Ganze auch nur, weil das Handlungsmuster der DFL bisher ein Falsches war.
Markus Weinzierl hat auf der Spieltagspressekonferenz vor dem Mainz-Spiel betont, dass vor der Saison klar war, dass man sich auf eine Lotterie einlasse. Dies war im Fußball schon häufig so. Mit dem VAR wollte man dies ein wenig eliminieren. Sprechen wir lieber nicht darüber, wie hier der aktuelle Stand ist. Verletzungen und die Gesundheit der Spieler als auch weitere äußere Umstände konnten schon früher Saisons ruinieren oder entscheidenden Einfluss auf den Saisonverlauf nehmen. Was er mit seiner Aussage hoffentlich meinte: wir sind psychologisch darauf vorbereitet, dass unvorhergesehene Schwierigkeiten auftreten. Wenn Mainz 05 dann – wann auch immer – in Augsburg antritt, werden wir vorbereitet sein.
Fehlende Souveränität
Nach vielen Kappeleien mit den Mainzern in der Vergangenheit und einer Scheiß-Partie in der Hinrunde ist mal wieder Wiedergutmachung angesagt. Davor ist es allerdings unablässig, dass der FCA in seiner Außendarstellung souveräner auftritt. Nach all dem oben stehenden haben es die Verantwortlichen trotz allem geschafft, dass der FCA als Buhmann da steht. Das ist nun schon auch eine Leistung in der Geschichte. Mainz war nun am Ende der Ritter der Sympathie im Kampf für die Gesundheit seiner Spieler und den fairen Wettbewerb und die Augsburger gaben die knallharten Vertreter ihrer wirtschaftlichen Interessen und der negativen Seite des Fußballs.
Derweil ist dem Liebhaber des gepflegten Rasensports schon seit Jahrzehnten klar, dass es am Ende weniger darauf ankommt, wer Recht hat oder bekommt, sondern, was das Richtige ist. Und es ist schlichtweg richtig, dass die Liga sich darauf fokussieren sollte, einen fairen Wettbewerb mit gesunden Spielern sicherzustellen. Das dies nun auch mal dazu führt, dass der Einzelfall für den FCA nachteilig ist, touché. Es sollte uns in Augsburg alle dazu bewegen, zusammenzustehen, die freie Woche zur Regeneration zu nutzen, und in den anstehenden Spielen alle gemeinsam Gas zu geben. Und aus eigener Kraft die Klasse zu halten.