Stille Transformation

Im Leben rund um den Fußball geht es immer schnell. Label werden direkt an Vorgänge packt. In der letzten Woche konnte man dann doch ein paar Dinge rund um die veränderte Rolle von Stefan Reuter lesen und hören, die zumindest mich mehr verwirrt haben, als das Klarheit eingekehrt wäre. Hier der Versuch einer Einordnung:

Was wissen wir?

Stefan Reuter war in den Bundesligajahren des FCA die prägende Figur des FC Augsburg im sportlichen Bereich. Stefan Reuter ist kein Angestellter des FC Augsburg mehr, sondern für den Verein nur noch in beratender Rolle tätig. In sportlicher Hinsicht ist Marinko Jurendic nun die höchste Instanz. Einziger Geschäftsführer der Profiabteilung ist Michael Ströll.

Jurendic kam, nachdem man schon vor einiger Zeit Bestrebungen unternommen hatte, um sich im sportlichen Bereich breiter aufzustellen. Es war von vornherein klar, dass sich durch den Zugang von Jurendic Reuters Rolle ändern würde. Wohin das genau führen würde, wussten wohl nur wenige Personen. Stefan Reuter wird dem FCA auch zukünftig noch zur Verfügung stehen, aber nur noch in beratender Rolle.

Was ist das Ganze nicht?

Es ist nun zuerst einmal kein Rücktritt. Stefan Reuter ist Geschäftsführer der KGaA gewesen (zu welchem Zeitpunkt die Abbestellung erfolgt werden wir dem Handelsregister entnehmen können). Aus dieser Rolle muss er abberufen werden. Er hat auch nicht all seine Tätigkeiten niedergelegt, wie Klaus Hofmann vor einem guten Jahr. Er ist ja weiterhin verfügbar, wenn Ströll und Jurendic anrufen. Laut kicker gibt es vorerst auch einen wöchentlichen Jour Fixe, der dazu dient einen regelmäßigen Austausch sicherzustellen.

Es ist aber auch kein Rauswurf. Wenn man beim FCA hochgradig unzufrieden gewesen oder etwas konkretes vorgefallen wäre, dann hätte man Stefan Reuter rausgeschmissen. Und ihn mit Sicherheit nicht in beratender Rolle behalten. Auch das sehen wir hier nicht. Es ist auch deswegen ein interessanter Vorgang, weil die üblichen Label eben nicht passen.

Was wissen wir nicht?

Ich für meinen Teil hätte gerne erlebt, wie die Gespräche im Sommer gelaufen sind, auf die sich in der Kommunikation um die veränderte Rolle des Stefan Reuter bezogen wurde. Wie man gemeinsam die neue Struktur erarbeitet hat. Ob Reuter von den anderen Verantwortlichen im Verein genervt war? Ob der ein oder andere lieber ohne Reuter weitergemacht hätte? Ob nach den vielen Jahren auch einfach für Stefan Reuter der Zeitpunkt gekommen war, wieder mehr Zeit für andere Dinge zu haben? Diese Fragen bleiben vorerst unbeantwortet.

Was wir auch nicht wissen: wie groß Stefan Reuters beratende Rolle weiterhin sein wird. Wie viele Fragen kann weiterhin er am besten beantworten? Zu welchen Themen? Es ist gut möglich, dass die Verantwortlichen selbst hierzu noch nicht wissen, wie sich die Einbindung konkret entwickeln wird.

Was bleibt?

Internes bleibt beim FCA intern. In seinen besten Phasen hat der FCA schon immer gegen die Branchentrends agiert. Es gibt eben keinen Rosenkrieg zwischen Reuter und dem Verein. Und das ist gut so. Reuter hat für den Verein vieles geleistet, immer wieder mit die Klasse gehalten, ist mit nach Europa gereist. Selbst wenn man im Verein nun eine Veränderung angestrebt hat, ist der Rollenwechsel jetzt eine gute Lösung.

Und während so mancher Kollege die Theorie der golden Brücke offensiv vertritt, so ist es wohl auch möglich, dass Reuters eigener Impuls sich zurückzuziehen ausschlaggebend für die Entwicklung war. Die Kritik hat in den letzten Jahren immer mehr zugenommen. Derweil hatte Reuter immer wieder betont, dass sein Schicksal in seinen eigenen Händen liegt. Aussagen gegenüber dem kicker deuten nur stark darauf hin, dass er dann doch vielleicht einer der wenigen ist, die auch wissen, dass alles irgendwann ein Ende haben wird. Vielleicht war die Zeit für ihn selbst gekommen.

Die Theorie der goldenen Brücke unterschätzt mir Reuter zu sehr. Aber auch damit werden alle Beteiligten gut klarkommen. Reuters Bild in der Außendarstellung ist geprägt von den Wellenbewegungen. Nach der Präsidentschaft von Klaus Hofmann wurden viele Entscheidungen diesem zugeschoben, die größten Transfercoups hat man Reuter immer selbst zugeordnet. Derweil war Reuter in den Jahren beim FCA wohl in jede wesentliche sportliche Entscheidung eingebunden, so nun auch in die Rollenveränderung.

Wer sich nun beweisen muss?

Der Fokus auf Marinko Jurendic hat durch die Entwicklung stark zugenommen. Ob Reuters Rollenwechsel für den FCA gut war, wird vor allem davon abhängen, inwiefern Jurendic die Lücke zu schließen weiß. Mit Michael Ströll hat er einen gewieften Verhandler an seiner Seite, der gerade im kaufmännischen Bereich seine Themen souverän unter Kontrolle hat und entsprechend unterstützen kann.

Die strukturelle Änderung ist aber auch eine erste Feuerprobe für Präsident Max Krapf, der über die 50+1 Regelung die Kontrollfunktion für den e.V. übernimmt. Er muss sich an der Entwicklung in der neuen Struktur messen lassen.

Ein erster Fingerzeig in dieser Hinsicht wird sein, wie man kurzfristig mit Trainer Enno Maaßen umgeht. Jurendic war bei der Trainerauswahl im letzten Sommer nicht beteiligt. Krapf und Ströll schienen im letzten Jahr von der Person Maaßen und seinen Ansätzen überzeugt und man konnte sich eine langfristige Zukunft vorstellen. Einzig: die Ergebnisse bleiben seit einer Weile aus und die Mannschaft liefert teilweise katastrophal ab, wie erneut in der ersten Halbzeit gegen Leipzig. Es wird spannend zu sehen sein, wie sich die Verantwortlichen diesbezüglich positionieren werden, gerade weil Konstanz auf dem Trainerstuhl uns eben auch schon das ein oder andere Mal geholfen hat, obwohl die Meinung von außen eine andere war. Bei aller Ruhe im Verein finden wir uns dann doch in einer der spannendsten Phasen der jüngsten Geschichte wieder.

Ohne Konsequenz

„Wir müssen es schaffen weniger Gegentore zu bekommen.“ Das ist eine der Aussagen von Enno Maaßen auf der Pressekonferenz nach dem Bochum-Spiel, mit der man sofort mitgehen kann.

Aber warum kommt es zu den Gegentoren? „Es sind häufig Individualverhalten auch vor dem zweiten Tor. Wir haben das Quäntchen Glück noch nicht auf unserer Seite.“ erläuterte Maaßen weiter. Danach fällt ein weiterer Satz, den man so schon gehört hat: „Wir sind den Weg gegangen mit einer sehr jungen entwicklungsfähigen Mannschaft.“ Am Ende reichte es gegen Bochum nur für ein Unentschieden, „weil wir in den entscheidenden Momenten nicht gut verteidigt haben.“ 2 Punkte aus 3 Spielen. Immerhin nur zweimal verloren und das auch noch gegen die Bayern und RB Leipzig? Der Saisonstart hinterlässt einen ratloser als sonst, denn – gerade auch im Pokal gegen Haching – das „wie“ macht Sorgen.

Das Problem

Wenn man dann mit anderen FCA Fans im Biergarten in diesen Tagen über den Start der Saison fachsimpelt, dann ist schon etwas Distanz eingekehrt. Es geht ja nicht nur um ein Spiel. Es geht mittlerweile um eine ganze Serie an Spielen. Spontan fällt einem schon gar nicht mehr ein, wann der FCA das letzte Pflichtspiel gewonnen hat. Es ist eine Weile her (gegen Union Berlin im Mai zu Hause, über auswärts hüllen wir den Mantel des Schweigens). Die Gründe für die ausbleibenden Siege sind dabei nicht mannigfaltig. Aus meiner Perspektive ist hier sehr wohl ein Muster zu erkennen: Der Mannschaft fehlt in den entscheidenden Phasen und Situationen die letzte Konsequenz.

So kommt es dann, dass man nicht aus eigener Kraft die Klasse hält, gegen einen Drittligisten im Pokal rausfliegt, am ersten Spieltag erst einmal Tore kassiert und gegen Bochum kurz vor der Halbzeit und direkt nach eigener Führung die Gegentore schluckt, die einem am Ende des Tages den Sieg kosten. Über die ersten Halbzeit gegen Leipzig möchte ich dann gar nicht erst anfangen.

Augenwischerei

Was mir dabei sauer aufstößt? Wir brauchen doch um das Problem nicht drum herum reden. Es handelt sich nicht um Einzelfälle. Und es geht nun auch darum Verantwortung zu übernehmen. Wenn Enno Maaßen dann auf der Pressekonferenz nach dem Spiel gegen den Vfl Bochum individuelle Fehler anprangert, dann stellt er sich nicht mehr vor seine Mannschaft. Er verkennt auch das Problem.

Das Problem ist, dass er und sein Trainerteam es nicht hinbekommen, dass die Mannschaft mit 100%iger Konsequenz 90+x Minuten Fußball spielt und tut, was notwendig ist, um Spiele zu gewinnen. Dafür ist er am Ende des Tages verantwortlich. Und indem er das Problem nicht anerkennt, sieht es so aus, als ob er es auch nicht lösen könnte. In der Pressekonferenz nach dem Leipzig-Spiel lässt es tief blicken, dass die Leistung in der ersten Halbzeit sich nicht angedeutet hat und der Trainer darüber verwundert war. Ich und viele, die die Mannschaft in letzter Zeit beobachten mussten, leider nicht.

Enno Maaßen steht momentan vor seiner größten Herausforderung: Schafft er die Kehrtwende noch? (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Defensive Stabilität

Defensive Stabilität war und ist der Kern im Abstiegskampf. So sehr Enno Maaßen zuletzt die Fähigkeit pries, Tore zu erzielen, umso mehr zählt es im Abstiegskampf nicht unnötig Tore zu kassieren. Auf Twitter wurde hier zuletzt eine statistische Auswertung geteilt, die zeigt, dass der Defensive mehr Bedeutung zukommt, als dem Offensivspiel, so man ein schwächeres Team in der entsprechenden Liga ist. Ein solches Team wird der FCA wohl auf Grund seiner wirtschaftlichen Ausgangsbasis langfristig bleiben.

Die defensive Stabilität baut dabei auf einigen der Kernwerte des FCA auf. Einerseits braucht es Mut und Zielstrebigkeit, um Zweikämpfe zu führen und sich dem Gegner zu stellen. Andererseits braucht es Zusammenhalt, um mannschaftlich geschlossen zu verteidigen. All das hat in den entscheidenden Momenten gegen Bochum und in den anderen Partien gefehlt. Warum? Es ist ein Rätsel. Aus der Büffelherde, die noch gegen Bremen in der letzten Saison die Wende einleitete, sind viele kleine Bambis geworden, die in der Abwehr über das Eis staksen.

Was ist die Konsequenz?

Der Verein hat ein Problem: immer wieder werden unnötige Tore kassiert, die Siege kosten und den Verein sportlich in Gefahr bringen. Der Trainer spricht das Problem an. In seiner Außendarstellung ist er aber nicht mehr zu 100% souverän. Dies liegt auch daran, dass an ihm selbst die Zweifel wachsen und er anscheinend kein Gegenmittel findet.

Noch bleiben die Leistungen für Enno Maaßen ohne Konsequenz. Es wird sich aber nun in den kommenden Spielen und zuallererst gegen Mainz zu Hause zeigen, ob der FCA in der Lage ist, zumindest einmal über 90+X Minuten sportlich zu überzeugen. Dem Trainer ist dabei wohl bewusst, dass im mentalen Bereich gearbeitet werden muss (er hat es sogar bei uns im Interview gesagt). Über das wie haben wir hier zuletzt auch nachgedacht. Im zweiten Jahr steht Enno Maaßen vor seiner größten Aufgabe: Konsequentes Fußballspielen ohne große individuelle Fehler. Mutig und fokussiert. Zeit, es allen zu zeigen, oder… (ohne Konsequenz wird es nicht bleiben).

Verantwortung übernehmen und Erfolgserlebnisse einfahren

Gerade die Defensive war in den ersten Spielen der neuen Saison ein Sorgenkind des FC Augsburg. 9 Gegentore in 3 Ligaspielen, dazu die Gegentreffer im Pokal. Die Statistik bereit insgesamt Sorgen. Ein guter Zeitpunkt, um einmal mit einem der Stützpfeiler in der Defensive zu sprechen, Felix Uduokhai. Felix ist mittlerweile seit 4 Jahren beim FCA und in der Innenverteidigung ein Leistungsträger. Felix hat sich in der Länderspielpause die Zeit genommen, mit uns über die Situation vor allem in Bezug auf die Abwehr des FCA und seine eigenen Situation zu sprechen.

Andy: Als Abwehrspieler beim FCA ist es gerade keine einfache Zeit. Ihr habt in dieser Saison schon viele Gegentore kassiert. Wie siehst Du die Situation?

Felix: Es waren definitiv zu viele Gegentore und jedes Gegentor hat seine eigene Geschichte. Da waren ein paar unglückliche Gegentore dabei, wie z.B. mein Eigentor gegen die Bayern, und auch individuelle Fehler. Wir haben jetzt in der Länderspielpause hart daran gearbeitet, uns in der Abwehrarbeit grundsätzlich zu verbessern.

Andy: Gegen Bochum waren auch die Zeitpunkte der Gegentore äußerst ungünstig, kurz vor der Halbzeit und nach der erneuten Führung. War das auch ein Thema?

Felix: Klar, die Zeitpunkte waren richtig ungünstig. Der Fokus lag nun darauf, dass es im Spiel gegen Ball auch um mannschaftliche Geschlossenheit geht und, dass dies eine Aufgabe für die gesamte Mannschaft ist. Und mit dieser mannschaftlichen Geschlossenheit müssen wir uns jetzt über Erfolgserlebnisse das nötige Selbstbewusstsein holen.

Andy: Kann die Mannschaft an dieser schweren Phase vielleicht auch wachsen? 

Felix: Ja, das ist absolut möglich. Erfolgserlebnisse sind nicht zu ersetzen im Fußball.

Andy: Wie ist denn insgesamt so der Teamgeist im Moment?

Felix: Die Stimmung ist weiterhin gut. Wir arbeiten gemeinsam hart daran, uns zu verbessern und erfolgreich zu sein.

Andy: Du hattest selbst gegenüber dem kicker angesprochen, dass es in dieser Situation jetzt notwendig ist, dass Führungsspieler identifiziert werden, die vorangehen. Warum siehst Du das so?

Felix: Es gab einen großen Umbruch in der Mannschaft, erst im Winter und nun nochmal im Sommer. Da ist es wichtig, dass es in der Mannschaft eine Struktur gibt und klar ist, wer vorangeht.Es braucht Spieler, die auch aktiv die Verantwortung übernehmen. 

Andy: Du hättest dich fast in diesen Umbruch eingereiht. Erst hattest Du kommuniziert, dass Du den Verein verlassen willst und später hast Du deinen Vertrag um ein Jahr verlängert. Wie kam es dazu?  

Felix: Ich wollte hier schon recht früh Klarheit im Sommer und habe entsprechend kommuniziert, wie ich meine Perspektive sehe. Es waren sehr offene und ehrliche Gespräche mit den Verantwortlichen. Es hat mir gut gefallen, wie professionell man mit der Situation umgegangen ist. Wir haben uns immer wieder ausgetauscht und sind gemeinsam zu dem jetzigen Ergebnis gekommen.

Für den FCA weiterhin mittendrin statt nur dabei.(Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)

Andy: Das hört sich so an, als ob Du dir sogar vorstellen könntest, vielleicht sogar noch länger in Augsburg zu bleiben, als nur bis zum nächsten Sommer?

Felix: Ja, vorstellen kann ich mir das wohl.

Andy: Daniel Baier hat am Wochenende sein Abschiedsspiel in der Arena gespielt. Inwiefern ist das vielleicht auch ein Anreiz für dich in Augsburg langfristig Spuren zu hinterlassen?

Felix: Es freut mich sehr für ihn, dass er über dieses Abschiedsspiel eine Anerkennung für seine Leistungen bekommen hat. Es freut mich auch, dass er hier in Augsburg seine Heimat gefunden hat und seinen Weg gegangen ist. Ich für meinen Teil hatte schon früh den Wunsch, im irgendwann einmal Ausland zu spielen und hoffe, dass dieser Wunsch in Zukunft noch in Erfüllung geht. Dabei geht es mir nicht nur um das Sportliche sondern auch um die grundsätzliche Erfahrung in meinem Leben.

Andy: Aktuell ist das ja wahrscheinlich überhaupt kein Thema. Der Trainer hat selbst geäußert, dass die Mannschaft sich im mentalen Bereich verbessern soll. Wie nimmst Du die Arbeit in diesem Bereich wahr?

Felix: Ich kenne das genaue Zitat nicht, auf das Du dich beziehst. Ich verbinde damit, dass wie angesprochen eine Struktur in der Mannschaft etabliert wird und Führungsspieler identifiziert werden, die vorangehen und an denen sich die Mannschaft auch in dieser schwierigen Phase aufrichten kann.

Andy: Dann hoffe ich, dass die Arbeit zum Erfolg führt, damit sich der vom Trainer gewünschte Killerinstinkt einstellt. Danke Dir, Felix, für deine Zeit und die Einblicke und viel Erfolg in den nächsten Spielen.

Felix: Danke Dir, hat mich gefreut.

Spurensuche

Der Saisonauftakt in Unterhaching hat nun auch mich etwas konsterniert zurückgelassen, genau wie die Gegentore gegen Gladbach und die Taktik und das Ergebnis gegen Bochum. Einerseits hat der FCA keine gute Endphase der zurückliegenden Saison gespielt. Gerade im letzten Spiel der Saison gegen Borussia Mönchengladbach hat man schlicht keine gute Leistung abgeliefert. Im Sommer kommunizierte der FCA fleißig, dass man detailliert Fehler analysiert habe. Enno Maaßen teilte bei uns im Interview mit, dass man sich auch im mentalen Bereich verbessern wolle. Im Nachgang zur Partie gegen Unterhaching stellte er nach einigen guten Spielen in der Saisonvorbereitung fest, dass „Verhaltensweisen sich ändern, wenn Ergebnisdruck dabei ist“. Mit der mentalen Entwicklung des Teams scheint es dabei nicht allzu weit her zu sein. Für mich war der Moment gekommen, um mich mit einer Expertin zu dem Thema auszutauschen. Julia Donauer, die im Fußballbereich als Mentalcoach arbeitet, hat mir geduldig meine Fragen beantwortet. Meine Erkenntnisse dieser Spurensuche sind Folgende:

Einflussfaktoren

Ergebnisse im Fußball hängen nicht nur von der mentalen Einstellung eines Teams oder der einzelnen Spieler ab. „Grundsätzlich unterscheiden wir in der Analyse drei Gruppen von Faktoren: den Körper, das Umfeld und den Kopf. Wenn man ein Resultat wie das gegen Unterhaching sieht, dann ist es im ersten Schritt erst einmal wichtig, nicht voreilig Schlüsse zu ziehen, dass es unbedingt am Kopf, also auch im mentalen Bereich, gelegen haben muss. Jede saubere Analyse basiert darauf, dass man alle drei Einflussfaktoren überprüft.“ erklärt mir Julia Donauer hierzu.

Wir können grundsätzlich ja sowieso nur von außen urteilen. Wenn die Spieler alle fit waren und im Umfeld sauber und störungsfrei gearbeitet wurde, dann lag es also vielleicht am Kopf. Andere Gründe fallen mir für die Partie gegen Haching nicht ein.

Spielvorbereitung

Gerade mit Blick auf den Saisonabschluss in Gladbach und das Pokalspiel, kommt die Frage auf, ob im Vorlauf zu den Partien alles korrekt gelaufen ist. Unterhaching ist weiterhin ungeschlagen und in einer enormen Performing-Phase. Von außen mag man sich fragen, ob man den Gegner ernst genug genommen hat. Drittligist klingt erstmal schwach. Haching war mit Sicherheit kein schwacher Gegner zum Saisonauftakt. „Haching hat zum Saisonende und in der Saisonvorbereitung stark gearbeitet und war dadurch mit viel Selbstvertrauen ausgestattet. Selbstvertrauen kommt unter anderem auch durch Erfolge. Das war mit Sicherheit ein Punkt, wo Haching gegenüber dem FCA im Vorfeld einen Vorteil hatte.“ erklärt Julia Donauer. Es kommt eben nicht immer auf die reine Qualität an.

Erfolgserlebnisse führen zu Selbstvertrauen, zumindest wenn die Latte nichts dagegen hat. (Photo by Jan Hetfleisch/Getty Images)

Ein ähnliches Muster ergibt sich für den Saisonabschluss. Gladbach war schon durch. Hatte man hier gedacht, es würde eine leichte Partie? Was man sich auch fragen darf: Was wurde hier vor dem Spiel konkret besprochen? „Es ist wichtig, Spielern einzelne Handlungspläne an die Hand zu geben. Wie reagieren wir auf verschiedene Spielverläufe wie zum Beispiel auf einen Rückstand? Solche Themen sollten in der Spielvorbereitung eine wichtige Rolle einnehmen.“ erklärt mir Julia Donauer aus der ihr geläufigen Praxis. Die Vorbereitung griff bei beiden Spielen dann ins Leere. Mit den Rückständen konnte nicht gut umgegangen werden. Reaktion auf Spielverläufe und situationsbedingtes Handeln scheint grundsätzlich beim FCA ein Thema zu sein, wie nun auch die Gegentore gegen Bochum zeigen. Beim ersten war man vielleicht mit dem Kopf schon in der Pause, beim zweiten folgte auf die Führung direkt ein individueller Blackout.

Hoffnungsschimmer gibt es allerdings. „Es ist ja gut, dass die Partie gegen Gladbach am ersten Spieltag nun gleich gezeigt hat, dass es auch besser geht. Da liegt sicherlich nicht alle im Argen. Niklas Dorsch hat im Interview ja auch klar kommuniziert, dass sie sich auch darauf vorbereitet hatten, in Rückstand zu geraten.“ zeigt Julia Donauer auf, dass beim FCA auch positive Aspekte zu erkennen sind. Warum es nicht immer klappt, liegt vielleicht auch am nächsten Punkt.

Mannschaftstruktur

Im Fußball hat es eine interessante Mannschaftsgröße. Der Kader umfasst ca. 30 Spieler. Das ist die Hälfte des Kaders eines NFL Football Teams oder aber der doppelte Kader einer Basketball-Mannschaft. In großen Kaderstrukturen und gerade im Football gibt es eine klare Hackordnung, die auch darüber differenziert, dass Spieler eine genaue Funktion haben (man nehme nur den Quarterback oder den Punter als prominente Beispiele). Gerade über diese klare Aufgabenteilung und Hierarchie wird sichergestellt, dass die Spieler ihre Aufgaben kennen und ihre Rolle ausfüllen können.

Durch die Demontage von Jeffrey Gouweleeuw als Kapitän des Teams hat Enno Maaßen deutlich gemacht, dass er mit der Struktur in der Vergangenheit nicht zufrieden war. Ermedin Demirovic führt das Team seit dieser Situation als Kapitän aufs Feld. Dorsch und Rexhbecaj sind die Stellvertreter. Gerade wenn es schwierig läuft, hofft man darauf, dass Führungsspieler einer Mannschaft halt geben können. Gegen Unterhaching hat sich Enno Maaßen in der zweiten Halbzeit gedacht, es geht auch ohne und hat Dorsch und Demirovic in der 61. Minute ausgewechselt. Die Wende kam dann nicht mehr. „Ich muss mich auch immer fragen, was ich gemacht habe, damit meine Führungsspieler ihre Rolle ausüben können. Wissen sie, dass sie das Vertrauen des Trainers haben? Habe ich vermehrt die Kommunikation zu ihnen gesucht?“ erklärt Julia Donauer mir hierzu. Daniel Baier hat nicht unlängst bei uns im Interview erklärt, dass Markus Weinzierl der beste Trainer seiner Karriere war, weil er ihm fortwährend Vertrauen geschenkt hat. Auch wenn er mal Murks gekickt hat.

Wer geht in schwierigen Situationen voran? (Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)

Auch hier hat sich öffentlich gezeigt, dass das Thema beim FCA präsent ist. Felix Uduokhai sagte hierzu nach der Begegnung gegen die Bayern: „Du brauchst in der Mannschaft Typen, die auf dem Platz reden, die auch Verantwortung übernehmen, wenn es nicht läuft.“ Inwiefern er hierfür der Richtige ist, eine solche Rolle einzunehmen, nachdem er erst vor kurzem seine Zukunft noch woanders gesehen hatte und seinen Vertrag nur um 1 Jahr verlängerte, sei an dieser Stelle dahingestellt.

Abschließend

Als Außenstehender würde ich es äußerst spannend finden, wie sich der FCA mental entwickelt. Ob hier konstante Verbesserungen festzustellen sind. Als Fan habe ich erstmal Angst vor dem nächsten Katastrophen-Auftritt oder auch nur dem nächsten Wackler. Immer wieder steht sich die Mannschaft – vollkommen unfreiwillig – selbst im Weg. Klar will das Team gewinnen. Niederlagen und Misserfolge hängen allen Beteiligten lange nach und das Selbstvertrauen mag sich nicht einstellen. Wichtig ist es in dieser Phase, dass der Support von außen bleibt. „Positive Bestärkung von Fans und aus dem Umfeld hilft den Spielern die Extra-Meile zu gehen“, bestätigt Julia Donauer.

Enno Maaßen hat im Sommer klar angesprochen, dass er seiner Mannschaft einen Killerinstinkt einimpfen will. Wenn sich dieser einstellt (und gegen Bochum war er mit Sicherheit noch nicht da), dann braucht man sich um den Support auch keine Gedanken mehr zu machen. Bis dahin wäre es sehr spannend, wenn man etwas konkreter erfahren könnte, wie im mentalen Bereich gearbeitet wird. Welche Maßnahmen ergriffen wurden, um in der Spielvorbereitung, der mentalen Arbeit allgemein und der Installation einer funktionierenden Mannschaftsstruktur Verbesserungen zu erreichen. Das Thema wird uns sicherlich auch weiterhin beschäftigen. Vielleicht ja demnächst dann mit mehr Positivbeispielen. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Sand im Getriebe

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne “Einwurf aus der Rosenau Gazette” bei presse-augsburg.de. 

Nach einem 2:2 gegen den VfL Bochum geht es auch schon in die erste Länderspielpause der Saison. Nach 3 Spielen hat der FCA 2 Punkte auf dem Konto. Allerdings hat man auch die schwierige Partie gegen Bayern München hinter sich gebracht. Hatte man in der letzten Saison Glück und es gelang früh gegen Leverkusen der erste Saisonsieg, so blieb dies in diesem Jahr verwehrt und man muss weiter warten. Dabei ist das Gefühl momentan kein Gutes. Es gibt allerdings Faktoren die Hoffnung machen.

Statistiken

Florian Eisele von der Augsburger Allgemeinen hatte es auf X einmal ausgerechnet. Enno Maaßen hat nach 40 Spielen nur einen Punkteschnitt von 0,91 Punkten pro Spiel geschafft. Das ist die bisher schlechteste Bilanz aller Bundesliga-Trainer des FCA jemals, wenn es denn nun enden würde. Maaßen kam als Neuling in die Bundesliga und dieser Blick zurück ist im Hinblick auf die zukünftigen Erfolgsaussichten des Trainers wenig hilfreich. Den Negativ-Rekord in dieser Statistik hält Markus Weinzierl mit seiner ersten Hinrunde. Der FCA kennt also den Vorteil ganz genau, den man sich erarbeiten kann, wenn man am richtigen Trainer festhält.

Auch bzgl. der Kernstatistiken in einzelnen Spielen sollte man sich nicht allzu sehr verunsichern lassen. Gegen Bochum kam der FCA auf 59% Passquote, 37% Ballbesitz und 45% gewonnene Zweikämpfe. Gruselig. Enno Maaßen hatte uns intensiven Fußball versprochen. Gegen Bochum war es das nur selten. Gegen Gladbach und die Bayern sah es da schon viel besser aus. Jeweils über 80% Passquote, gegen Gladbach mit 55% gewonnenen Zweikämpfen und 56% Ballbesitz. Das sollten die Orientierungspunkte in der Analyse sein.

Defensive Stabilität

Das große Manko bleibt die Defensive. 9 Gegentore in 3 Spielen sind abstiegsverdächtig. Aber hier gilt vor allem: die defensive Besetzung, die wir bisher gesehen haben, werden wir – wenn alles nach Plan läuft – nicht mehr sehen. Patric Pfeiffer war 3 Partien gesperrt. Kevin Mbabu und Japhet Tanganga kamen gerade erst am letzten Tag der Transferperiode zur Mannschaft. Enno Maaßen hat gerade für seine rechte Abwehrseite erst jetzt Spieler zur Verfügung, die die Qualität für die erste Liga haben sollten.

Es ist in diesem Fall auch nicht dem Trainer anzukreiden, dass der Kader erst so spät vervollständigt wurde. Die Lücke auf der rechten defensiven Seite war nun schon seit einer Weile bekannt und die sportliche Führung vermochte sich schlicht nicht früher zu schließen. Sind wir froh, dass es jetzt am Ende der Transferperiode doch noch geklappt hat.

In den entscheidenden Momenten einen Schritt zu spät. (Photo by Jan Hetfleisch/Getty Images)

Mental

Über allem schwebt der Kopf. Das Team agiert immer wieder fahrig und lässt sich aus der Spur werfen. Sei es noch in der letzten Saison in Bochum oder Gladbach, wo man unter Druck nicht liefern konnte. Sei es im Pokal gegen Haching oder unkonzentriert in der Defensive und mit Slapstickpotential nun in allen Spielen. Enno Maaßen wollte seiner Mannschaft einen Killerinstinkt verordnen. Killerinstinkt war das gegen Bochum nun mal gar nicht. Der FCA hat nun in den ersten beiden Heimspielen schon wieder Führungen aus der Hand gegeben. Wer hat hier noch ein Déjà-Vu?

Killerinstinkt erfordert Mut. Dieser Mut ging dem Trainer vollends ab, als er gegen Bochum mit Mauertaktik agierte. Hohe Befreiungsschläge und tiefes Pressing: dafür hätten wir Enno Maaßen nicht verpflichten müssen, der uns ein Ballbesitzkonzept versprach, als er den Job antrat. Und Intensität. Mit der Herangehensweise im Duell gegen einen direkten Konkurrenten hat er diese Prinzipien mit Füßen getreten. Und damit dem Gegner mehr geholfen als dem eigenen Team. Mutlos setzt er sich somit der Kritik aus und zwar zurecht.

Kontinuität

Es ist überaus vorteilhaft, dass gerade jetzt die erste Länderspielpause im Gange ist. Es war nicht alles schlecht. Beljo und Demirovic harmonierten gegen Bochum schön. Beljo hat das Quäntchen Unberechenbarkeit, das es offensiv immer mal wieder braucht. 7 Tore in 9 Spielen ist positiv und müsste regelmäßig für mehr Punkte reichen. Das Team muss allerdings nach den letzten Neuzugängen endlich zusammenwachsen und zu sich finden.

Was es aber in jedem Fall braucht ist eine positive und mutige Herangehensweise der sportlichen Führung. Wir brauchen nach 3 Spielen nicht über den Trainer zu diskutieren. Ansonsten hätte die Saisonanalyse schon zu einem anderen Ergebnis kommen müssen. Nun heißt es, dass alle Beteiligten alles dafür tun, dass die Mannschaft in den kommenden Spielen ihr volles Potential ausschöpft und durch den Mut auf dem Platz auch die Fans mitnimmt. Die Zeit der Ausreden ist vorbei.

Der Ritt in den Sonnenuntergang

3 Jahre nach seinem Karriereende ist es für Daniel Baier endlich soweit: sein Abschiedsspiel findet statt. Anfang September wird eine Auswahl von Kickern der Aufstiegsmannschaft von 2011 gegen ein Team der Europapokalsaison 2015/16 antreten. Baier hatte während der Corona-Pandemie seine Karriere beendet, nachdem ihm von sportliche Seite eröffnet wurde, dass der FCA nicht weiter mit ihm plant. Für eine ganze Generation von Fans war ein FCA ohne Baier gar nicht vorstellbar. Baier der ab 2008 für den FCA (mit einem halben Jahr Pause) in 355 Pflichtspielen auflief, war die größte Konstante, die der Verein auf der Spielerseite seit dem Aufstieg in die zweite Liga hatte. Aber nicht nur das, Baier war in den Jahren 2013 bis 2016 einer der besten defensiven Mittelfeldspieler in der Bundesliga. Er hatte internationale Klasse und führte den FCA nach Europa.

Im Vorlauf zu seinem Abschiedsspiel nahm sich der ehemalige Kapitän Zeit für ein längeres Gespräch, um unterschiedliche Stationen seiner Karriere mit mir Revue passieren zu lassen. Für mich ist es ein wahr gewordener Traum. Dass Baier mir Rede und Antwort steht und ich für den Blog festhalten darf, wie er die Entwicklung des FCA über die Jahre gesehen hat ist außergewöhnlich. Hat doch gerade die von ihm getragene sportliche Entwicklung die Gründung dieses Blogs erst inspiriert. Lest selbst mein größtes Fanboy-Interview bisher:

Andy: Servus Dani, kannst Du dich erinnern, wann Du in deiner Profilaufbahn das erste Mal auf den FCA gestoßen bist?

Dani Baier (DB10): Hm, das müsste in der zweiten Liga mit 1860 gewesen sein. Da haben wir in der Allianz Arena verloren und Leo Haas müsste ein Tor geschossen haben. An das Rückspiel kann ich mich allerdings nicht erinnern.

Andy: Das hätte ich aus deiner Sicht auch schnell ausgeblendet. An das nächste Mal Allianz-Arena mit dem FCA kannst Du dich aber bestimmt erinnern.

DB10: Auf jeden Fall. Das war während meiner Leihe von Wolfsburg. Ich habe sogar das entscheidende 1:0 gemacht. Das war ein geiles Tor, mit Zidane-Pirouette und Chip und hat dazu das Spiel entschieden.

Nicht jeder hat Daniel Baier immer gerne zugehört. Für mich war es ein absolutes Highlight. (Photo credit should read CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)

Andy: Wie bist Du denn überhaupt in Augsburg gelandet, nachdem Du ja in 2007 für 3 Jahre in Wolfsburg unterschrieben hattest?

DB10: Meine Debütsaison in Wolfsburg war okay. Ich kam von 1860 aus der zweiten Liga und habe meine Spiele bekommen. Im Vorlauf zur Saison 2008/09 hat der VfL Wolfsburg dann weiter Spieler verpflichtet und ich bin mehr und mehr ins Hintertreffen geraten. Felix Magath wollte mich lange nicht wechseln lassen. Kurz vor Ende der Transferperiode, und nachdem andere Clubs schon abgeblitzt waren, nahm dann Andi Rettig Kontakt auf. Ich habe mich ad-hoc mit ihm und Holger Fach in Frankfurt getroffen. Felix Magath ließ mich kurzfristig doch ziehen und ich packte meine Frau und meine 3 Wochen alte Tochter ins Auto und los ging es.

Andy: Wie hast Du deine Leihe in Erinnerung?

DB10: Ich habe das recht pragmatisch gesehen. Ich wollte spielen und mich zeigen. Augsburg war in der Nähe der Schwiegereltern. Der FCA spielte mit mir eine durchwachsene Saison in der zweiten Liga und ich konnte helfen, dass es nicht zum Abstieg kam. Ich habe damals aber noch keine langfristige Zukunft in Augsburg gesehen.

Andy: Weil es ja nach der Leihe erst wieder zurück nach Wolfsburg ging.

DB10: Ja. Ich hatte zwar Interesse in Augsburg zu bleiben. Aber der VfL Wolfsburg war in meiner Abwesenheit Meister geworden und spielte unter dem neuen Trainer Armin Veh Champions League. Und ich sollte mich in der Vorbereitung dort zeigen. Das lief auch gut. Ich durfte im Pokal ran und hatte Hoffnungen mich in Wolfsburg durchsetzen zu können. Wolfsburg war damals schon auf einem ganz anderen Niveau und es war mir den Versuch wert. Ich kam dann in der Hinrunde genau einmal in der Bundesliga zum Einsatz und dann bin ich eben im Winter nach Augsburg zurückgekommen.

Andy: Und da lief es sportlich erstmal sehr gut und ihr konntet in die Relegation für die erste Liga einziehen. Gegen Nürnberg klappte es dann allerdings nicht. Kam dir das damals wie eine einmalige verpasste Chance vor?

DB10: Nein. Einerseits war Nürnberg die bessere Mannschaft und setzte sich über zwei Spiele auch einfach verdient durch. Andererseits war der Einzug in die Relegation schon ein sehr gutes Resultat für uns. Die Saison vorher lief ja noch deutlich wackeliger. So haben wir uns mehr über das Erreichte gefreut als der Chance hinterhergeweint.

Andy: Im Jahr danach kam dann der Aufstieg. Wie hast Du das in Erinnerung?

DB10: Da waren wir dann von Anfang an oben mit dabei. Klar, die Hertha hat sich abgesetzt und es war dann ein Rennen um den zweiten Aufstiegsplatz zwischen Bochum und uns, indem wir uns am Ende durchgesetzt haben. Damit haben wir auch einfach Historisches geschaffen. Andere Clubs sind ja schon öfters aufgestiegen. Für den FC Augsburg war es durch uns das erste Mal.

Andy: Ihr wirktet immer wie ein besonders verschworenes Team. Wie kam das?

DB10: Wir haben gemeinsam Geschichten erlebt. Relegation, Aufstieg, 1. Klassenerhalt, der Klassenerhalt nach der 9-Punkte Hinrunde. Diese ganzen Erlebnisse haben uns zusammengeschweißt.

Andy: Den zweiten Klassenerhalt habt ihr dann ja schon unter Markus Weinzierl gefeiert. Welche Rolle hat er für deine Karriere gespielt, auch weil er dich auf deine Parade-Position in der Doppel-Sechs gestellt hat, auf der Du dann einer der besten Spieler in der Bundesliga warst?

DB10: Markus Weinzierl war in meiner Karriere mein bester Trainer. Ich habe ja in der Jugend immer zentral im Mittelfeld gespielt und damals gab es auch noch kein so nuanciertes taktisches Gefimmel. Ich habe mich auch selbst immer als zentralen Mittelfeldspieler gesehen, weil mir für die Außenpositionen einfach die letzte Schnelligkeit gefehlt hat. Markus Weinzierl hat mir auf dieser zentralen Position das absolute Vertrauen gegeben, und ich habe es ihm zurückgezahlt. Dabei gab es nie Diskussionen, auch wenn ich mal Murks gespielt habe.

Da soll es wieder hin gehen. Daniel Baier hat jeden sportlichen Höhepunkt des FCA selbst miterlebt. (Photo credit should read CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)

Andy: In den deutschlandweiten Fachmedien wurdest Du vor der WM 2014 auf Grund deiner Leistungen mit der Nationalmannschaft in Verbindung gebracht. Wie hast Du das wahrgenommen?

DB10: Das habe ich sehr wohl wahrgenommen, auch weil mich Freunde und Kollegen darauf angesprochen haben. Es gab damals noch ein Trainingslager der Nationalmannschaft, bei dem experimentiert werden sollte und da war etwas meine Hoffnung, das ich nominiert werde. Auf einmal tauchte da auch beim Training ein Kamerateam auf, dass keiner zuordnen konnte und ich dachte, die sind wegen der Nominierung da, weil die explizit mich filmten. Am Ende waren sie wegen dem Augsburger Sportpreis da, denn ich gewann. Das war dann nach der ausgebliebenen Nominierung nur ein schwacher Trost.

Andy: Dafür ging es dann mit dem FCA durch Europa. Wie war das?

DB10: Wie das war? Einfach nur geil. Wie viele Leute mit nach Bilbao kamen oder auch zu den anderen Auswärtsspielen. Die Stimmung in der Stadt. Und dann hatten wir ja auch noch die Möglichkeit in Belgrad weiterzukommen, obwohl wir schon auch wussten, das es vor Ort hitzig zugehen kann. Wir gerieten dann in Rückstand, haben die Partie aber gedreht. Das war der Wahnsinn.

Andy: Wie bitter war es dann die Partien gegen Liverpool verletzungsbedingt zu verpassen?

DB10: Ganz bitter. Ich hatte mich im Training am Sprunggelenk verletzt und hatte versucht am Wochenende noch zu spielen. Das war eigentlich schon Wahnsinn. Erst danach bin ich dann zum MRT und es war recht schnell klar, dass es nicht reichen würde. Ich habe wirklich alles versucht und den Heilungsverlauf auch nicht verbessert, sondern eher noch verlängert. Ich hatte mit dem Sprunggelenk dann noch länger Probleme.

Andy: Danach gingen dann die Jahre ins Land und Du warst immer einer der verfügbarsten Spieler. In einer Saison hast Du sogar 34 Spiele über 90 Minuten gemacht. In anderen Jahren warst Du nah dran. Lange warst Du Mr. FC Augsburg. 2020 dann erst die Vertragsverlängerung im Januar und dann die Auflösung im Juni. Das wirkte dann zum Abschied nicht mehr ganz harmonisch. Wie siehst Du das aus heutiger Perspektive?

DB10: Sportlich war klar, dass die Entscheidung irgendwann so kommen würde. Das konnte ich akzeptieren. Ich hatte viele sehr gute Jahre und es war klar, dass es nicht ewig weitergeht. Ich habe damals vor allem die Art und Weise der Kommunikation kritisiert. Darüber haben wir mittlerweile gesprochen und das Thema ist für mich erledigt. Deswegen findet jetzt auch das Abschiedsspiel statt.

Andy: Ein Abschiedsspiel, das sich ein Spieler mit deiner Vita verdient hat, nachdem der Abschluss in der Corona-Pandemie nicht standesgemäß war. Danke für deine Zeit und viel Spaß bei deinem Auftritt in der Arena.

Gedanken zum Spieltag: Hangover

Nach der Pokalniederlage gegen Unterhaching ist gerade einmal der erste Spieltag in der Liga gespielt und ich fühle mich nervlich schon durch 3 Monate Abstiegskampf geprügelt. Aber das Lachen ist mir immerhin noch nicht ganz vergangen. Bevor es am Sonntag gegen die Bayern geht, muss ich einmal meine Gedanken sortieren. Was bleibt vom Spiel gegen Borussia Mönchengladbach?

Das Loch, das Abwehr heißt

Oh mein Gott, ist das einfach, gegen den FCA Tore zu schießen. Wir kassieren direkt am ersten Spieltag mal wieder ein Gegentor nach Standard. Wir haben im Spielaufbau teilweise zu einfache Ballverluste, die zu Gegentoren führen. Und unsere Abwehr ist durch einfache Sequenzen sehr leicht auszuhebeln, gerade auch weil wir Spieler positionsfremd einsetzen. Zum vierten Gegentor kommen wir später. Alleine die ersten drei Gegentore jagen mir weiterhin den Angstschweiß den Rücken hinunter. Warum können wir weiterhin keine Standards verteidigen? Und was soll das mit so manchem Ballverlust? Warum spielt rechts hinten kein Rechtsverteidiger?

Die ersten beiden Themen kennen wir schon länger. Die Unkonzentriertheiten in der Abwehr sowieso. Defensive Stabilität war in Augsburg immer ein sehr hoch geschätztes Gut. Können wir bitte die einfachen Fehler und Themen abstellen? Hatte Enno Maaßen nicht in der PK vor dem Spiel angekündigt, dass die Basics im Vordergrund zu stehen haben. Die Leistung gegen den Ball und in der Verteidigung hinterlässt mich teilweise ratlos.

Sich wehren

Und durch diese Abwehrleistung kam es dazu, dass Gladbach 3:1 bei uns zu Hause führte. Dennoch hat die Mannschaft nicht hilflos aufgesteckt. Kompliment. Gerade nach der Pleite in Unterhaching und nach dem Saisonabschluss war dies nicht zu vermuten. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt die Hände schon gen Himmel geworfen und fast mit dem Schicksal abgeschlossen. Ich rechne es dem Team hoch an, dass es sich in dieser Situation aufgerappelt und weitergemacht hat. Dann macht Bauer nach einer sehenswerten Kombination das 2:3 und Michel versenkt souverän einen Elfmeter. Wichtig.

In der zweiten Hälfte hat man dann zwar auch den ein oder anderen Lapsus eingebaut, aber trotzdem das Kommando übernommen. Gladbach war an sich ausgeschaltet. Vargas macht nach einer Traumkombination und das Ganze hätte in einer perfekten Geschichte am ersten Spieltag enden können. Die Mannschaft hat nach deutlichem Rückstand das Ihrige getan.

Vargas Dynamik im Offensivspiel war ein positives Merkmal (Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)

Der Schiedsrichter

Ich habe schon letzte Saison in zwei Teilen mich über die Schiedsrichter in der Bundesliga ausgelassen, deren nachgelassene Qualität augenscheinlich war. Daniel Schlager bekommt am Ende vom kicker die Note 4,5 und damit noch zu gut weg, weil er die wichtigen Entscheidungen verbockt. Beim Elfer für den FCA sieht er wohl initial den zweiten Kontakt nicht und korrigiert seine Entscheidung. Glück für den FCA. Den muss man nicht unbedingt geben, aber herzlichen Dank an den Gladbacher, dass er den Fuß nochmal hoch nimmt.

Der Elfmeter dann für Gladbach ist aber ein Witz. Direkt nach Abpfiff war die einhellige Meinung in der Liga, dass wir hier alle niemals einen Elfer sehen wollen. Wenn dieser Kontakt ein Elfmeter ist, und das mit VAR bestehen bleibt, dann macht es halt keinen Spaß. Diesmal traf es uns, das nächste Mal haben wir vielleicht wieder Glück. Ätzend ist es alle-mal. Das Team hätte sich mit diesem Verlauf den Sieg verdient gehabt.

Ausblick

Ein Punkt ist besser als kein Punkt, aber 3 Punkte wären es halt gewesen. Hätte, hätte Fahrradkette. Jetzt geht es gegen die Bayern und dann in die erste Länderspielpause (bzw. zum Daniel Baier Abschiedsspiel). Immerhin stehen wir so jetzt schon nicht mehr mit leeren Händen da. Die Mannschaft hat sich nach dem Spiel gegen Unterhaching zumindest nach den ersten größeren Patzern gesteigert. Kernfrage: Kann sie diese verdammten Patzer nun abstellen?

Dazu: auch andere Teams werden sich überlegen, wie sie Arne Engels rechts hinten isolieren wollen. Es bleibt eine Schwachstelle, selbst wenn Robert Gumny jetzt dann nicht mehr gesperrt ist. Engels sollte in jedem Fall spielen, aber offensiver. Seinen Teil zur Vorbereitung des 4:3 kann ich mir noch 100x anschauen. Offensiv lief da einiges sehr gut zusammen. Kannst Dir halt bei der ganzen defensiven Schlamperei nichts von kaufen. Aber bei der gezeigten Moral, steigt doch gleich wieder der Glaube an das Team und der Schock von Haching wird nicht zum Dauer-Trauma. Hoffen wir, dass es so bleibt, wenn es am Sonntag wieder auswärts gen München geht.

Frage der Woche: Wo landet der FCA in dieser Saison?

Der Pokal ist vorbei und die Bundesligasaison 2023/24 steht vor der Tür. Ach, und wie schön diese Spannung vor dem ersten Spieltag ist, wenn noch alle Träume in Erfüllung gehen können. Kann der FC Augsburg überraschen und mal wieder in Richtung einstellige Tabellenplätze schauen oder dort vielleicht landen? Oder hat uns Didi Hamann dieses Jahr verflucht, indem er uns mal nicht unter den potentiellen Absteigern sieht? Nachfolgend präsentieren wir euch die Saisonprognosen unserer Redaktion.

Eine Übergangssaison

(Andy) Es ist das 13. Jahr Bundesliga. Mit Bochum, Heidenheim und Darmstadt in der Liga, sollte man die Klasse auch weiterhin halten können. Die wirtschaftlichen Möglichkeiten sind dann doch besser als an mindestens drei anderen Bundesligastandorten. Allzu tiefzustapeln braucht man als FCA-Fan mittlerweile nicht mehr, selbst wenn die sportliche Leitung keinen Rechtsverteidiger verpflichtet hat. Auch sportlich sollte es sich es auszahlen, dass man nun mal wieder eine Saison ohne Trainerwechsel hinter sich hat und an kontinuierlichen Verbesserungen arbeiten kann, anstatt immer nur Löcher zu stopfen. Diese Verbesserungen sind sowohl im sportlichen Bereich mit dem neuen Sportdirektor Marinko Jurendic als auch im Funktionsteam um die Mannschaft herum zu erkennen.

Dennoch fehlt mir die Hoffnung für den absoluten Höhenflug. Einerseits hat man die Mannschaftsstruktur im Sommer ordentlich durchgewirbelt, indem man mit Jeffrey Gouweleeuw nicht verlängern wird und die Mannschaft seit Langem wieder einen neuen Kapitän hat. Andererseits sind auf Kern-Positionen Neuzugänge gekommen, die sich hoffentlich etablieren werden. Die Hoffnungen ruhen nun auf den Neu-Kapitänen Ermedin Demirović, Niklas Dorsch und Elvis Rexhbecaj als auch dem neuen Stammkeeper Finn Dahmen, Abwehrrecke Patric Pfeiffer und Offensivkraft Sven Michel, um nur ein paar zu nennen. Das Gefüge wird sich allerdings finden müssen und das Auftaktprogramm verspricht Schwierigkeiten.

Durch den schwierigen Auftakt gilt es sich nun durchzuarbeiten, Punkte zu sammeln, wo möglich, und sich nicht frustrieren zu lassen, sondern sich intensiv so teuer wie möglich zu verkaufen. Hier wird sich auch zeigen, ob die Arbeit im mentalen Bereich Früchte trägt. Sehen wir die Grundtugenden auf dem Platz? Lässt sich mit etwas Killerinstinkt der ein oder andere Dreier einfahren? Wenn nicht, gilt es zusammenzustehen und in der zweiten Hälfte der Hinrunde die nötigen Punkte einzufahren. Ich glaube, das wird auch dieses Jahr wieder ordentlich enden und der FCA landet auf Rang 13 in der Tabelle.

Alte Schwächen

(Birgit) An dieser Stelle muss ich offen und ehrlich gestehen, dass ich mir mit einer Prognose für diese Saison aktuell sehr schwer tue. Bis zur Pokalpartie gegen die Spielvereinigung Unterhaching hatte ich eigentlich ein recht optimistisches Gefühl. Unsere Neuzugänge Patric Pfeiffer, Sven Michel, Tim Breithaupt und allen voran Finn Dahmen machten allesamt einen vielversprechenden Eindruck. Auch der restliche Kader schien sich in den doch niveauvollen Testspielen ordentlich reinzuwerfen und sich präsentieren zu wollen. Auch hatte ich den Eindruck, dass man ausführlich an den vorhandenen Schwächen der vergangenen Spielzeit gearbeitet hatte.

Kurz: Eigentlich hat nahezu alles gestimmt. Das Team schien sich (zumindest nach außen hin) gefunden zu haben, zeigte auch gegen große Gegner mutige Auftritte und machte großteils wirklich „Bock“, wie auch unser Coach in der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Haching mit einem breiten Lächeln im Gesicht sagte. Fehlte eigentlich nur noch die Verpflichtung eines Rechtsverteidigers und ich hätte auf die Frage der Woche mit Freuden „Wir Fans werden eine recht sorglose Saison zu sehen bekommen, an deren Ende wir irgendwo zwischen Platz 11 und 13 landen, ohne aber großartig nach unten schauen zu müssen“ geantwortet. Vorausgesetzt, es wäre die Frage der letzten Woche gewesen.

Leider hat die Pokalpartie meiner Euphorie einen ordentlichen Dämpfer verpasst. Relativ unsanft fiel ich wie auch schon in den letzten Jahren – dort aber immer erst zum Ligaauftakt – von meiner Wolke 23 und landete knallhart auf dem Boden der Realität. Natürlich war es nur ein einziges Spiel, das gegen einen mutig aufspielenden Gegner verloren ging. Doch dieses zeigt, dass die alten Probleme sehr wohl noch vorhanden sind. Nach passablen zehn Minuten ließ der FCA alles vermissen, auf das man als Fan so sehr gehofft hatte. Weder Wille, Biss noch Leidenschaft war auf dem Platz zu erkennen. Von einer Spielidee ganz zu schweigen. Es war, als wäre die Saison 2022/23 erst seit gestern vorbei, denn alle Schwächen waren wieder da: Eine inkonsequente, mutlose Zweikampfführung… Pässe und Flanken landeten überall, nur zu selten beim eigenen Mann… Die Offensive erspielte sich nur wenige gefährliche Chancen und machte diese nicht… Und über die Probleme in der Abwehr muss man eigentlich kaum noch etwas sagen, denn diese werden durch die Sperre von Patric Pfeiffer und die Verletzung von Jeffrey Gouweleeuw auch nicht gerade weniger. Auch wenn Felix Uduokhai seinen Vertrag bis 2025 verlängert hat.

Sicherlich male ich vielleicht gerade den sprichwörtlichen Teufel an die Wand, aber ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich immer noch den gleichen Optimismus wie vor wenigen Wochen verspüre. Wie also lautet meine Prognose für diese Saison? Schwer zu sagen: Schafft es der FC Augsburg an seinen Problemen zu arbeiten und flickt eventuell noch die eine oder andere Baustelle im Kader, dann könnte es durchaus immer noch ein gutes Ende nehmen. Momentan sehe ich das allerdings noch nicht und ich glaube, dass es auch in diesem Jahr wieder mehr als eng werden wird. Vielleicht noch enger als zuletzt. Und um eines gleich mal vorneweg zu nehmen: Niemand hofft so sehr wie ich selbst, dass ich mich in diesem Punkt irre.

Soviel Vorfreude, und dann solch eine Enttäuschung. Ob es die gesamte Saison so bleibt? (Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Klassenerhalt im April

(Andi) Ermedin Demirović verkündete nach der vergangene Saison, in der kommenden Spielzeit wolle der FC Augsburg „richtig angreifen“. Konkret: „Vielleicht wollen wir am letzten Tag mal um die Conference League oder den zehnten Platz spielen, was auch immer“, wie der Neu-Kapitän damals dem Kicker sagte. Unmöglich ist das freilich nicht. Dass man sich als Underdog für Europa qualifizieren kann, hat der FCA ja selbst schon bewiesen. Der 1. FC Köln zeigte 2021/22, dass die Quali auch nach einer schwachen Vorsaison möglich ist (der Effzeh rettete sich erst in der Relegation, wurde dann 7.).

Als optimistischer Fan schließe ich das Europa-Revival beziehungsweise eine Top-10-Platzierung nicht aus. Stand Mitte August sehe ich aber noch zu viele Fragezeichen. Kann Enrico Maaßen seine Spielidee endlich nachhaltig implementieren? (Zu oft agierte der FCA zuletzt ideen- und harmlos und ist laut den Basicstatistiken wie Passquote und Zweikampfquote ein Abstiegskanidat) Was macht Mergim Berisha? Und wann verpflichtet der FCA endlich einen Rechtsverteidiger???

Der FCA wird dennoch den Klassenerhalt schaffen. Auch, weil es mal wieder mindestens drei Vereine gibt, die schlechter sind. Ich sehe etwa Heidenheim, Darmstadt, Bochum und den 1. FC Köln hinter Augsburg. Auch andere Klubs sind auf einer Ebene mit den Schwaben. Der FCA wird 12. und sichert sich schon im April den Klassenerhalt.

Das Zünglein an der Waage

(Franzi) Mit ein paar Tagen Abstand zum Pokal-Aus gegen Haching kann ich wieder mit kühlerem Kopf auf die kommende Saison des FC Augsburg schauen. Für mich halten sich, Stand jetzt, Positives und Negatives die Waage, wobei am Ende das sprichwörtliche „Zünglein“ entscheidend sein wird.

Mir gefällt, dass strukturell in den letzten Monaten einiges passiert ist. Mit Jurendic und Moser kommen im sportlichen Bereich (zusätzlich zu Maaßen) zwei, die in der Vergangenheit bewiesen haben, dass sie mit Nachwuchskräften umgehen können. Im Team ist mittlerweile ebenfalls eine Neuordnung vollzogen. Der alte Kapitän, der das Amt drei Jahre lang (aus meiner Sicht mehr oder weniger überzeugend) bekleidete, ist abgelöst und durch Demirović ersetzt worden, der Lust hat und fähig ist, neue Kollegen zu integrieren und das Teamgefüge positiv zu beeinflussen. Dass Uduokhai weiter für uns auf dem Platz stehen wird, ist ein weiterer Lichtblick für unsere alles andere als solide aufgestellte Abwehr. Die Veränderungen haben bei mir – wie wohl bei vielen anderen – große Aufbruchstimmung verbreitet. Was sie ja auch sollten.

Solche Umstrukturierungen brauchen aber Zeit. Ihre Effekte sind eher mittelfristig und nicht immer sofort spürbar. In Haching ist uns das entgegen der geschürten Erwartungen schmerzvoll vor Augen geführt worden. Auch die (nach wie vor bestehenden) Schwachstellen im Kader sind offengelegt worden, die nicht wegzurotieren oder -diskutieren sind. Z.B. ist Engels einfach kein gelernter Außenverteidiger und wird mit seinem kreativen Köpfchen vielmehr im Zentrum bzw. in der Offensive gebraucht! U.a. von solchen Personalentscheidungen wird in dieser Saison einiges abhängen. Nicht nur die Ergebnisse, sondern auch das Standing des Trainers und die Stimmung im Team. Nicht zu vergessen die zwischen Mannschaft und Fans, wie sich ebenfalls am Samstag gezeigt hat.

Wenn wir nicht noch entscheidende Verstärkung für den Kader bekommen, werden wir wohl oder übel (wieder) durch ein Wechselbad der Gefühle gehen und am Ende doch knapp über dem Strich stehen. Dem verflixten 13. Bundesligajahr zum Trotz. Die eingeleiteten Veränderungen machen sich dann bitte einfach ab der darauffolgenden Saison bezahlt.

RoGaz Awards: Die Sieger der Saison 2022/23

Die Vorbereitung auf die neue Saison läuft. Zeit die Ergebnisse unserer Wahlen für die letzte Saison zu verkünden. Viele von euch haben mitgemacht und abgestimmt. Durchgesetzt haben sich die folgenden Spieler bei den RoGaz Awards 2o22/23:

Rookie des Jahres: Arne Engels

Welch Überraschung: Arne Engels hat schon jetzt viele Fans gewonnen. Es wird spannend zu verfolgen, wie er sich noch weiterentwickeln kann. (Photo by Reinaldo Coddou H./Getty Images)

Die Wahl zum Rookie des Jahres war sehr eindeutig. Arne Engels kam im Winter und überraschte alle. Wohl kaum jemand hatte damit gerechnet, dass der Belgier spielen würde, schon gar nicht so viel und so erfolgreich. Gerade mal 19 Jahre alt und noch so viele Möglichkeiten. In einem ersten Schritt wäre eine großartige Saison 2023/24 mit dem FC Augsburg ein toller nächster Karriereschritt. Auch deswegen hatte ihn Irina nicht unlängst als den Spieler nominiert, der aus ihrer Sicht auf keinen Fall in diesem Sommer den Club verlassen sollte.

Meistverbesserter Spieler: Tomas Koubek

Koubeks Leistungen waren unbedingt notwendig, erstaunten aber auch ein wenig. Die Verbesserung war in jedem Fall sichtbar. Auf Mads Liebe folgt nun auch der RoGaz-Award. (Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)

Hier ging es bei der Wahl etwas enger zu. Arne Maier hat sich mit Tomas Koubek ein kleines Rennen geliefert. Am Ende überzeugte Koubeks Lernkurve die meisten Lesenden, weil er zum Ende der Saison die Qualitäten eines Bundesliga-Stammkeepers aufblitzen ließ und gerade gegen Union zu Hause ablieferte. Vom Garanten für Unsicherheit zum Rückhalt des Teams. Hut ab vor der Entwicklung, Tomas.

Wichtigster Spieler: Ermedin Demirovic

Überrascht oder vielleicht gar geschockt. Demis Ankunft in Augsburg hat in jedem Fall Eindruck hinterlassen und zwar überaus positiven. (Photo by Adam Pretty/Getty Images)

Was soll man über Ermedin Demirovic noch schreiben? Birgit hatte ihn vor kurzem als den Spieler nominiert, der auf keinen Fall den Club verlassen sollte. An dieser Stelle mag notiert werden, dass Mergim Berisha seinem Kumpel auf den Fersen war bei dieser Wahl. Aber Tore alleine haben nicht den Unterschied ausgemacht. Auf dem Platz ein unermüdlicher Arbeiter, der zudem vor dem Tor effektiv ist und seine Mitspieler in Szene setzt. Neben dem Platz jemand, der ein großartiger Typ zu sein scheint, neue Mitspieler willkommen heißt und sehr ums Teamklima bemüht ist. Demi ist schon in seinem ersten Jahr sofort in Augsburg angekommen. Hoffentlich ist der gekommen, um zu bleiben. Jetzt erstmals als Kapitän.

Vorherige Sieger

Mit ihren Erfolgen reihen sich die Sieger mittlerweile in illustre Kreise ein, von Spielern deren Leistungen im manchen Jahr besonders in Erinnerung geblieben sind. Für immer in der RoGaz- Ruhmeshalle.

Rookie des Jahres:

2022: Niklas Dorsch

2021: Robert Gumny

2020: Ruben Vargas

2019: André Hahn

2018: Marco Richter

Meistverbesserter Spieler:

2022: Reece Oxford

2021: Reece Oxford

2020: Andreas Luthe

2019: Marco Richter

2018: Philipp Max

Wichtigster Spieler:

2022: Reece Oxford

2021: Rafal Gikiewicz

2020: Florian Niederlechner

2019: Daniel Baier / Rani Khedira

2018: Michael Gregoritsch

Offene Fragen


Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de noch vor dem Wechsel von Maurice Malone nach Basel anstatt nach Graz und der Pleite im Pokal.

Der Saisonstart des FC Augsburg steht kurz bevor. Neuzugänge sind gekommen, ein paar Spieler haben den Club auf der Gegenseite verlassen. Vorbereitungsspiele wurden gespielt. Und trotzdem war dies alles nur Vorgeplänkel. Wenn am Sonntag der Anpfiff zur Pokalpartie in Unterhaching und in der Folgewoche gegen Borussia Mönchengladbach in der Bundesliga erfolgt, dann wird sich zeigen, wo die Mannschaft sportlich steht und was sie schon leisten kann. Sie wird ein paar offene Fragen auf dem Feld beantworten müssen.

Impulse des Trainers

Es gab Jahre, da war ich voll der Zuversicht. Allerdings hat der Abschluss der letzten Saison seine Spuren hinterlassen. In Gladbach vor Ort das Debakel zu verfolgen, war bitter. Man könnte darüber fast vergessen, dass die Endphase der Saison insgesamt Grütze war. Matchpoint um Matchpoint wurde vergeben. Einige schlechte Spiele wurden abgeliefert. Rote Karten gesammelt.

In der Rückschau war die Laune letzten Sommer besser. Mit Enno Maaßen kam auch Aufbruchstimmung. Und die Mannschaft lieferte teilweise überragende Spiele ab. Verkackte es am Ende aber auch so richtig und nun stellt sich die Frage, ob das Maaßensche Feuer schon nach einem Jahr verpufft ist. Findet der Trainer die richtigen Hebel, um die Entwicklung wieder in die richtige Richtung zu lenken? In der Vorbereitung hat man nun konsistent ein 4-2-2 -2 und einige mannschaftstaktische Änderungen beobachten können. Ob das System in der Bundesliga zum Erfolg führen kann, wird sich zeigen. Den Killerinstinkt hat man zuletzt in den Vorbereitungsspielen in Italien noch vermisst. Soll mir alles recht sein, solange nächste Woche der Schalter umgelegt wird.

Kaderzusammenstellung

Die nächsten Fragen ergeben sich, wenn man auf den Kader blickt. Einerseits gibt es gerade in der Offensivabteilung mannigfaltige Möglichkeiten. Andererseits fragt man sich ja schon, ob es ein Witz sein soll, dass man noch keinen gestandenen Rechtsverteidiger verpflichtet hat und nun anscheinend Arne Engels diese Position bekleiden wird. Weitere Fragezeichen ob der Qualität des Kaders tun sich auch in der Innenverteidigung auf, in der Felix Uduokhai noch vor dem Abschied steht und in der man sich entschieden hat, den Vertrag von Jeffrey Gouweleeuw nicht zu verlängern. Es kam zwar Patric Pfeiffer, der vorerst gesperrt fehlen wird. Fraglich ist dennoch, ob die Qualität in diesem Mannschaftsteil ausreichen wird.

Insgesamt schein die Kaderstrategie eher Richtung Masse anstatt Klasse zu gehen. Der Kader fasst momentan noch weit mehr als 30 Spieler und für einige sucht der FCA noch Abnehmer. Bei ordentlichen Angeboten dürften wohl Iago, Uduokhai, Gouweleeuw und Berisha den Verein noch verlassen. Bei Maurice Malone ist schon recht sicher, dass er angesichts der Konkurrenz die Herausforderung in Augsburg nicht annehmen und zu Sturm Graz wechseln wird. Schade, wenn da erneut einem aus der eigenen Jugend die Perspektive fehlt.

Jubel, Trubel, Feierei. Was ist diese Saison möglich? (Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)

Mannschaftsstruktur

Aus dem Kader heraus muss sich insgesamt ein funktionierendes Team finden. Es wird einen neuen Kapitän geben. Es wird spannend zu sehen, wer daneben die Führung übernehmen wird. Wie das Team auf Rückschläge reagieren wird. Ob es Führungen ins Ziel bringen kann. Immerhin hat man erkannt, dass es auch den ein oder anderen Charakterspieler braucht und man hat mit Sven Michel hier auch eine Rakete an Bord genommen. Aber einer alleine wird hier die Lücken nicht schließen können. Eine eingeschworene Truppe möchte ich gerne sehen. Aber woher nehmen?

Störfeuer könnte es in diesem Zusammenhang geben, wenn der Kader zu groß bleibt und sich der ein oder andere nicht einordnet. Die derzeitige Kadergröße schreit nach einer gewissen Unruhe und bedeutet nun zumindest bis Ende August, dass es hier weiter Entwicklungen geben und dieser Prozess zu Saisonbeginn noch nicht abgeschlossen sein wird.

Lasset die Spiele beginnen

Insgesamt ist damit gar nicht so viel anders, als dies auch in der Vergangenheit der Fall war. Die Dauer der Transferperiode bis Ende August ist weiter müßig. Schlicht, man hätte erwartet, dass man in Jahr 2 unter Enno Maaßen weiter wäre. Die vergangene Saisonendphase hat weiterhin das Vertrauen ein bisschen angegriffen.

Andererseits könnte der FCA ja auch mal ein bisschen Glück haben. Bis jetzt gab es in der Saisonvorbereitung kaum ernsthafte Verletzungen. Finn Dahmen sieht momentan wie ein legitimer Bundesligakeeper aus, der uns ernsthaft helfen kann. Freddy Winther ist mit breiter Brust von seiner Leihe zurückgekehrt und bald wird man sich in ganz Fußballdeutschland fragen: Wer ist dieser Tim Breithaupt? Verletzungsglück würde ich gerne nehmen. Unnötige Karten und Sperren gerne vermeiden. Vielleicht steigert sich auch die Qualität der Schiedsrichter.

Alles in allem sollten wir uns alle nicht wundern, wenn es auf Grund des schweren Startprogramms erstmal holpert im Getriebe des FCA. Auch damit können wir mittlerweile umgehen. Ich hoffe, die Mannschaft nimmt sich die „Wilde 13“ nicht zu sehr zu Herzen, sondern segelt auch mal in ruhigen Gewässern. Ach, jetzt träume ich ja doch. Es wird Zeit, dass es wieder los geht.

Custom App
WhatsApp
WhatsApp
Custom App

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen