Verbaut

Letzte Woche ging das Kapitel des Trainers Enno Maaßen beim FC Augsburg zu Ende. Grundsätzlich ist das schade. Enno war seit langem wieder ein Trainer, mit dem ich große Hoffnungen für eine sportlich bessere Phase verband. Bei Heiko Herrlich hatte ich diese Hoffnung von Anfang an nicht. Sie wurden dann auch schon vor dem ersten Spiel durch seine slapstickartigen Aussagen unmöglich gemacht. Die erneute Verpflichtung von Markus Weinzierl war eine Verzweiflungstat und endete auch so. Enno war eine gelungene Abwechslung.

Und so litt man zuletzt auch mit Enno mit. Ich spürte regelrecht wie belastend die Situation für ihn geworden war. Andauernd und immer wieder individuelle Fehler von Leistungsträgern. Andauernd und immer wieder verkorkste erste Halbzeiten. Als Fan hat man die Hände über den Kopf geworfen. Manche haben nach dem Spiel gegen Darmstadt ihrem Unmut laut Luft gemacht. Es konnte mit Enno Maaßen nicht weitergehen. Schade. Aber bevor wir mit einem neuen Trainer durchstarten, müssen wir nun einmal betrachten, wie es trotz aller Fußballkompetenz bei Enno so weit kommen konnte.

Holpriger Start

Ennos Start beim FCA bestätigte die in ihn gesetzten Hoffnungen nicht. Spiele (bis auf gegen Leverkusen) endeten ohne Sieg und schon in der letzten Saison stand die Mannschaft mit Trainer schnell unter Druck. Doch dann konnte die Wende eingeleitet werden. In Bremen gelang dies, nachdem Enno gezeigt hatte, dass er pragmatisch reagieren, seinen Ansatz anpassen und sich auf die Möglichkeiten seiner Spieler einstellen konnte. Hätte Rafal Gikiewicz am Ende den Elfmeter nicht gehalten wäre die Kehrtwende in Bremen aber auch nicht geglückt. Im Gegensatz zu seiner ersten Saison ging ihm im zweiten Jahr auch dieses Spielglück ab. Manchmal liegt es auch an den kleinen Dingen.

Anpassungsfähigkeit

Anpassungs- und Lernfähigkeit sind zwei Tugenden, die man Enno Maaßen nicht abschreiben kann. Bei allen Veränderungen und Wechseln war aber am Ende nicht mehr klar, welche Art von Fußball er denn spielen lassen will. Sowohl gegen Bochum als auch Darmstadt zu Hause, war weder von Ballbesitzfußball noch von Intensität viel übrig. Der FCA hat unter Enno Maaßen genau das Gegenteil von dem erreicht, was er wollte: er hat seine fußballerische Identität eher verloren als gewonnen. Zumindest konnte die Mannschaft am Ende nicht mehr umsetzen, was Enno Maaßen von ihr wollte.

Über einen längeren Zeitraum ist es in dieser Hinsicht wohl wichtig klar zu definieren, was man eigentlich will. Und daran in schwierigen Phasen auch festzuhalten. Der Pragmatismus gegen Bochum und auch Freiburg hat Enno Maaßen nicht geholfen. Zwei mutige, beherzte Auftritte, in denen die Kerntugenden des FCA sichtbar gewesen wären, vielleicht schon eher. Ja, Fußball ist ein Ergebnissport. Am Ende darf man darüber aber nicht vergessen, was man eigentlich will.

Das fehlende Gerüst

Die Probleme lagen dann auch am Wandel im Kader. Die Elf, die noch gegen Bremen in der Lage war eine Wende einzuleiten, existiert in dieser Form nicht mehr. Florian Niederlechner verließ den Club im Winter und dümpelt mit Hertha in der zweiten Liga herum. André Hahn verletzte sich später im Saisonverlauf schwer und sein Vertrag wurde infolgedessen in Augsburg nicht mehr verlängert. Rafal Gikiewicz durfte im Sommer den Verein verlassen, nachdem er verletzungsbedingt die für eine Verlängerung seines Vertrags notwendige Anzahl von Spielen nicht erreichte. Carlos Gruezo, Kapitän seiner Nationalmannschaft, ging recht leise auch im Winter. Und mit Jeffrey Gouweleeuw hat man dem langjährigen Kapitän des FCA im Sommer mitgeteilt, dass man in 2024 nicht mit ihm verlängern wird. Jeff gab in Folge dessen das Kapitänsamt zurück.

Ermedin Demirovic ist neu in seiner Rolle als Kapitän. (Photo by Jurij Kodrun/Getty Images)

Im Winter sah man keine Notwendigkeit erfahrene Spieler dazu zu holen. Im Sommer ging mit Daniel Caligiuiri ein weiteres Spieler mit langjähriger Bundesligaerfahrung. Mit Sven Michel holte der FCA auch einen älteren Spieler dazu, der aber nicht über langjährige Erfahrung in der Bundesliga verfügt. Über zwei Transferperioden hinweg hat der FCA sein Gerüst an erfahrenen Bundesligaspielern aufgelöst, ohne dass schon erfolgreich ein Neues installiert worden wäre. Eine schwierige Aufgabe für jeden Trainer.

Perspektive

Und vielleicht ist es genau dieser Punkt, an dem man merkte, dass Enno Maaßen seine erste Station in der Bundesliga absolvierte und mit Charakteren umgehen musste, die prominent und exponiert sind. Es gibt eben wohl einen Unterschied zwischen der U23 des BVB und einem Bundesligaverein. Daniel Caliguiri hat sich im Nachgang zu seinem Abschied öffentlich beschwert, dass er keine faire Chance bekam, Jeffrey Gouweleeuw drohte – noch während Maaßen da war – seine Seite der Geschichte zu erzählen und stellte den Jugendkurs öffentlich in Frage.

Maaßen erwähnte immer wieder, dass auf Grund des Umbaus der Mannschaft Zeit notwendig sei. Er vergaß dabei die andere Seite der Medaille: warum der Umbruch so groß geworden ist und von den erfahrenen Jungs am Ende kaum einer übrig blieb. Der Erfolg hat ihm an dieser Stelle nicht recht gegeben. Maaßen hätte im Teamaufbau zu einem anderen Mix finden müssen, um eine stabile Mannschaft zu formen.

Ausblick

Und so ist nur zu hoffen, dass im Anforderungsprofil an den neuen Trainer der Punkt „Teambuilding“ ein wichtiges Element war. Aus den Spielern, die jetzt beim FCA sind, muss schnell eine funktionierende Mannschaft werden. Die Spieler müssen das Vertrauen ihres Trainers spüren und sollten dazu aufgerufen werden, ihre Erfahrungen einzubringen. Der FCA braucht wieder starke Spieler, die nicht nur darüber reden, Verantwortung zu übernehmen sondern es auch aktiv tun. Bei Jess Thorup kann man zumindest guter Hoffnung sein.

Fußballerisch wird der Trainer eine Mannschaft vorfinden, die doch einiges kann. Es wird aber notwendig sein, dass diese Mannschaft die Überzeugung und das Selbstvertrauen wiederfindet, dies auch zu zeigen. Es ist eine machbare Aufgabe (anders herum wäre es schwieriger). Hoffen wir alle darauf, dass uns Jess Thorup aus dieser sportlich verkeilten Situation befreit und man die Befreiung auf dem Platz erkennen kann.

Jures große Aufgabe


Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de, noch bevor Enno Maaßen freigestellt wurde. Jures Aufgabe bleibt herausfordernd.

Der FC Augsburg hat am Samstag gegen Aufsteiger Darmstadt 98 verloren. Zu Hause. Verdient. Mehr mag man zu diesem Spiel gar nicht schreiben. Erwähnenswert bleibt trotzdem, dass es mal wieder individuelle Fehler waren, die es dem Gegner leicht machten. Und die erste Halbzeit möchte man erneut komplett vergessen. In Folge der Niederlage diskutiert der Verein darüber, ob Enno Maaßen noch der richtige Trainer ist. Eine Entscheidung ist bis dahin nicht gefallen (Hut ab vor Ennos Aussagen in der Pressekonferenz nach dem Darmstadt-Spiel).

Die Fragestellungen, die sich sportlich stellen, gehen allerdings deutlich über die Trainerposition hinaus (zu der ich eine deutliche Meinung und diese schon vor dem Darmstadt-Spiel kundgetan habe). Zwei Monate nach seiner Ankunft ist Marinko Jurendic in der Pflicht, sportlich Ruhe reinzubringen. Ruhe, die es in Augsburg sonst recht lange hat, die dem Verein aber momentan abhandengekommen ist. Folgende Themen sollten hierfür auf der Agenda stehen:

Vision und Grobkonzept

Im sportlichen Bereich des FCA braucht es eine Vision. Was will der FCA sein? Es taugt eben nicht mehr nur zu sagen: wir spielen gegen den Abstieg und basta. Will man Ausbildungsverein sein? Was bedeutet das? Sieht man sich als mehr als nur eine Durchgangsstation?

Und nachdem so mancher Trainer auch versucht hat dem FCA eine semi-moderne Kick & Rush Version beizubringen: wie stellt man sich sportlich den FCA grundsätzlich vor? Intensiv und gallig? Gefällig im Ballbesitz oder konterorientiert? Wie sieht die grundsätzliche sportliche Identität der Mannschaft aus, die sich auch auf die Paul Renz Akademie erstreckt?

Kaderplan und -umsetzung

Ein Trainer kann nun nur mit dem Spielermaterial arbeiten, das verfügbar ist. Enno Maaßen wollte zudem nur auf Spieler zurückgreifen, die sich auch mit dem Verein identifizieren und für Augsburg spielen wollen. Nun ist der Kader sehr groß und der Club hat kaum Verletzungssorgen. Unzufriedene Spieler scharren mit den Hufen. Dennoch gehen dem Trainer erfahrene Kräfte ab, die Stützpfeiler des Teams sein sollten.

Jeder Trainer braucht hier in der Kommunikation mit den Spielern, Rückendeckung durch das Management. Einerseits kann Führungsspielern Vertrauen geschenkt und der Rücken gestärkt werden. Andererseits kann regulierend eingegriffen werden, sollte der ein oder andere ausscheren. Hier müssen im sportlichen Bereich Trainer und Management zusammen agieren.

Immer einen Schritt weg vom Geschehen. (Photo by Jan Hetfleisch/Getty Images)

Zudem braucht es einen klaren Plan, wie am Kader in den nächsten Transferperioden weiter gearbeitet werden soll. Welche Art von Spieler muss kommen? Welche Altersstruktur braucht man? Welche Charaktere fehlen? Auch hier gibt es viel zu tun.

Korrigierend eingreifen

Wenn dann hoffentlich alle verstanden haben, was erwartet wird und wie ihre Rolle aussehen sollte, gilt es dann korrigierend einzugreifen, wenn jemand grob ausschert. Hier denke ich aktuell zuallererst an Jeffrey Gouweleeuw, der sich jede Woche in den Interviews wieder denkt, er hat die Weisheit mit Löffeln gefressen. Jeffs Frust ist dabei nachvollziehbar. Im wurde im Sommer mitgeteilt, dass sein Vertrag im kommenden Sommer nicht verlängert wird und er hat daraufhin das Kapitänsamt niedergelegt.

Jetzt spielt er zwar wieder, aber es entsteht der Eindruck, dass er sich mit dem FCA nicht mehr zu 100% identifiziert. Erst deutet er in einem Interview an, irgendwann seine Version der Geschichte zu erzählen. Nach dem Darmstadt-Spiel hat er nun – trainerunabhängig – die sportliche Führung des FCA in Frage gestellt. Bevor wir nun über den Trainer reden: das kann nicht ohne Konsequenzen bleiben. Maaßen und Jurendic zusammen oder Jurendic ohne Maaßen, sollte er entlassen werden, müssen hier nun einen klaren Cut machen. Und ganz ehrlich: So wie die Mannschaft momentan spielt, braucht es Jeff auch nur bedingt. Es müssen jetzt alle verstehen, um was es geht: erfolgreich Fußball zu spielen. Und Kritik darf intern gerne adressiert werden, aber dieser Zirkus in der Öffentlichkeit, dazu von einem medienerfahrenen Profi, ist absolut unnötig.

Zusammenhalt und Fokus

„Augsburg hält zusammen“ war etwas, das lange über vielem stand. Pfiffe während des Spiels, wie gegen Mainz, stehen dem genauso entgegen wie die angesprochenen Äußerungen in der Öffentlichkeit. Aber auch die Verantwortlichen im Verein sind nun aufgefordert, diesen Zusammenhalt wieder zu bestärken, indem sie klar kommunizieren und entscheiden. Dafür braucht es von Ströll und Jurendic mehr mediale Präsenz und eine klare Kommunikation. Dafür braucht es einen Trainer, der spürbar den Rückhalt der Organisation hat und keine „lahme Ente“ ist, der man auf der Nase herumtanzen kann.

Dafür braucht es Identifikation, Bock und Leidenschaft. Der Reuter-Abschied während der Saison war ungünstig. Es gilt nun, den klaren Fokus auf den FCA-Fußball wiederzufinden und alle Hebel in Bewegung zu setzen, um der Saison eine erfolgreiche Wendung zu geben. Es wird Zeit, dass Marinko Jurendic das Steuerrad sichtbar in die Hände nimmt und den Kurs setzt. Auf was warten wir noch?

Überzeugung

Ich bin aus Freiburg nach Hause zurückgekehrt und habe mir nun fast zwei Tage genommen, um das Spiel und die damit verbundene Entwicklung sacken zu lassen. Im nachfolgenden findet ihr meine Einschätzung zur derzeitigen Situation. Ach, das trifft es nicht richtig. Ich bin in der Zwischenzeit zu einer Überzeugung gelangt. Überzeugung ist etwas, was mir beim FCA im Moment fehlt. Gerade auch deshalb möchte ich meine persönliche, überzeugte Meinung im Folgenden mit euch teilen.

Was ist in Freiburg passiert?

Der FCA hat gegen einen Gegner verloren, der nicht in der besten Form ist. Christian Streich beschrieb das Freiburger Spiel nach der Partie als ängstlich. Freiburg hat mit vielen Verletzungssorgen zu kämpfen und Spieler müssen auch auf Positionen ran, die nicht ihre Stammposition ist. Verloren hat der FCA, weil er mehr Fehler als Freiburg machte. Und weil mal wieder die Konsequenz, gerade im Offensivspiel, fehlte.

Max-Jacob Ost hat es im Rasenfunk treffend beschrieben: Es sah nicht schön aus. Die Passquote im Angriffsdrittel betrug gerade einmal 45%. Freiburg hatte 62 Ballverluste in der eigenen Hälfte. Einzig, der FCA konnte überhaupt nichts daraus machen. Ich hatte mir das Rasenfunk-Segment v.a. auch wegen Martin Rafelt angehört. Dieser fand, dass die Mannschaft nicht mutig auftrat und nicht richtig nachgeschoben hat. Im fehlte schon in der Aufstellung der Mut, Spieler wie Beljo, Michel oder Maier zu bringen, die spielerisch Situationen lösen können. Das ist die Meinung von unabhängigen Experten.

Ohne Überzeugung

Maaßens Ansatz konservativ vorzugehen und gegen eine gestandene Mannschaft wie Freiburg darauf zu setzen, diese mit ihren eigenen Qualitäten schlagen zu können, ging nach hinten los. Sowohl die Aufstellung als auch die taktische Einstellung strahlte weder Mut noch Überzeugung aus. Im Gegensatz zu den individuellen Fehlern seiner Spieler ist ihm das anzulasten. Er hat nicht aus dem Spiel gegen Bochum gelernt.

Derweil sind auch die letzten Maaßen-Befürworter, hier ist Tom Scharnagl vom Feuer und Flamme Podcast hervorzuheben (Grüße!), überein gekommen, dass es gegen Darmstadt ein frühes Endspiel in der Saison gibt. Nun bringt es ja nichts, die Zukunft eines Trainers vom Ausgang eines einzelnen Spiels abhängig zu machen. Entweder man glaubt an die Entwicklung und Idee mit dem Trainer oder eben nicht. Es braucht eine Entscheidung abseits des Darmstadt-Spiels ,wie es sportlich weitergehen soll.

Die Idee mit Enno Maaßen funktioniert nun schon eine ganze Weile nicht mehr (sichtbar z.B. durch ein Jahr ohne Auswärtssieg) und die Entwicklung ist seit einer Weile nicht ersichtlich. Entsprechend findet man in und um Augsburg kaum jemanden mehr, der Maaßen immer noch für den geeigneten Trainer hält und überzeugend vertritt, warum wir mit ihm wieder in die Spur finden. Ich kann mich – als einer der größten Verfechter von Konstanz auf dem Trainerposten – nur anschließen. Für mich ist Enno Maaßens Zeit in Augsburg zu Ende.

Warum ist Maaßen in Augsburg gescheitert?

Oh, versteht mich nicht falsch. Fußball ist ein wunderbarer Sport. Und mit jeder Partie, die Maaßen an der Seitenlinie hat, kann er das Ruder herumreißen. Mein persönliches Zwischenfazit ist allerdings: Maaßen ist gescheitert.

Die Gründe hierfür sind schnell benannt. Das Augsburger Spiel ist nicht mehr besonders intensiv. Die Intensität ging in der Angst verloren, nicht mehr so viele Fehler zu machen. Aber auch die Jugend kommt nicht übermäßig zum Zug. Mit Tim Breithaupt war gerade mal ein „Junger“ am Samstag dabei. Der Einsatz der Jugendspieler würde Mut erfordern. Mut, der nicht mehr da ist. Das Spiel gegen Freiburg hat gezeigt, wie uninspiriert man auch im Ballbesitzspiel ist. Martin Rafelt hat im Rasenfunk festgestellt, dass Maaßens U23 beim BVB einen besseren Spielaufbau hatte, als der FCA am Samstag. Ein vernichtendes Urteil nach über einer Saison der Zusammenarbeit. Immerhin hat Maaßen es jetzt mit gestandenen Profis zu tun und war in die Spielerauswahl eingebunden.

Alles Einwirken von der Seitenlinie hat zuletzt nichts mehr genutzt. (Photo by Neil Baynes/Getty Images)

Dabei ist Spielerentwicklung aber auch so ein Thema, auf das man einen zweiten Blick werfen kann. Viele Erfolgsgeschichten hat Maaßen hier abseits von Arne Engels nicht zu bieten: Ruben Vargas verharrt in der Formschwäche, Niklas Dorsch auf der Bank, Arne Maier auch. Ein Spieler wie Felix Uduokhai ist vor allem fehleranfällig geworden. Die Liste ließe sich fortsetzen. Dazu kommt ein Abgang wie der von Renato Veiga und nun wohl auch der Bruch mit Winter-Neuzugang Mbuku, der seinen Instagram-Account von allen FCA-Fotos befreit hat. Von den eigenen Jugendspielern brauche ich überhaupt nicht anzufangen. Diese kommen auch unter Maaßen nicht zum Zug. Es wirkt dann doch wie ein Trümerhaufen, wenn man solch eine Aufzählung beginnt. Derweil Maaßen die junge Mannschaft immer wieder als Ausrede nutzt, wenn die Ergebnisse meist ausbleiben. Oder der von ihm geforderte Killerinstinkt nirgends zu sehen ist. Es macht schlicht vieles keinen Sinn mehr.

Was ist zu tun?

Die Situation trifft den FCA in einer schwierigen Situation. Stefan Reuter hat sich gerade erst zurückgezogen und Michael Ströll ist erst seit kurzem alleiniger Geschäftsführer, Marinko Jurendic als Sportdirektor erst seit zwei Monaten im Amt. In der neuen Entscheidungsstruktur ist es jetzt notwendig schon sehr früh eine wegweisende Entscheidung zu treffen. Für die Entscheidung pro Maaßen hat sich der FCA im letzten Sommer lange Zeit gelassen. Zeit, die er jetzt nicht hat. Ich mag hoffen, dass man sich auch im Moment nicht erst seit vorgestern mit Alternativen auf dem Trainerposten beschäftigt, gerade auch weil Präsident Max Krapf seine Erwartungen diesbezüglich früher schon deutlich kommuniziert hatte: Er hat schon vor seiner Präsidentschaft auf Walther Seinsch und seine Listen mit Alternativen verwiesen.

Der Verein hat allerdings bewusst eine Entscheidung zu treffen: Entweder man stellt sich hinter Maaßen und geht durch diese Phase gemeinsam (wer glaubt es noch?), oder man präsentiert eine Alternative, wenn man soweit ist. Mittlerweile käme es mir skurril vor, wenn Maaßen nach dem Darmstadt-Spiel noch im Amt wäre. Und ohne über Namen zu spekulieren: Die Wahl ist mal wieder keine einfache. Traumkandidaten sind selten unter der Saison zu bekommen. Es hilft ja aber nichts. Den Mut, den der Trainer zuletzt immer wieder vermissen ließ, müssen nun die anderen Verantwortlichen an den Tag legen und die Wende einläuten.

Noch ein weiter Weg

Erstmal durchatmen. Diesen Sonntag musste man nun nicht seine Frustration über das Ergebnis seines Lieblingsvereins verarbeiten. Dennoch, kann man feststellen, dass zumindest mich auch dieses Spiel gegen Mainz wieder nahe an den Wahnsinn getrieben hat. Gemischte Gefühle überall. Auf Grund des Spielverlaufs ist der Sieg gegen Mainz dann schon auch als glücklich einzuordnen und es gab wieder mehr als nur Schrecksekunden. Nachfolgend der Versuch einer Aufarbeitung:

Das Positive

Die Mannschaft hat sich gefangen. Der FCA lag mal wieder zurück. Es sah in den ersten 15 Minuten ganz gruselig aus. Und dennoch hat man die Partie gedreht. Chapeau. Bei den beiden Toren haben sich die Mainzer nun wahrlich nicht geschickt angestellt in der Verteidigung. Uns soll es recht sein. 9 eigene Treffer sind weiterhin ordentlich.

Wenn Du zu Hause 2mal triffst, dann solltest Du auch gewinnen. Das hat diesmal funktioniert. Warum? Weil man dann später auch unter widrigsten Umständen defensiv stabil gestanden hat und Mainz auch nach dem Platzverweis und in Überzahl wenig Hebel im Offensivspiel gefunden hat. Mainz ist nicht Leipzig, aber eben auch einer der Gegner gegen den wir in der letzten Saison nicht besonders gut aussahen. Genau wie man nichts überhöhen sollte, sollte man die 3 Punkte nicht kleiner machen als sie sind.

Das Negative

Die ersten 15 Minuten. WTF! Wenn man weiß, wie es sportlich steht, dann muss man sich fragen, wie es sein kann, dass man so aus der Kabine kommt und sich von Mainz so beherrschen lässt. Erdrücken lässt. Nur mit Glück nicht 0:2 hinten liegt. Es passiert immer wieder. Es kann einem keiner erklären. Es ist einfach nur zum Kotzen. Was soll der Scheiß (und ich schreibe das schon mit Abstand zum Geschehen, vor dem Fernseher bin ich angesichts meiner anwesenden Kinder schlicht verstummt)?

Klar rot und dumm: Arne Engels mit seiner schwächsten Aktion in seiner Augsburger Zeit bisher. (Photo by Christian Kaspar-Bartke/Getty Images)

Später durfte man sich dann auch noch über den Platzverweis von Arne Engels ärgern. Diesen mag ich nun aber wirklich einmal verbuchen unter: junger Spieler macht dummen Fehler. Engels bietet genügend Vorzüge, um im dies dann auch mal zu verzeihen. Zumindest ich tue das im Moment. Immerhin war der Platzverweis auch gerechtfertigt.

Funktioniert die Idee mit Enno Maaßen?

Abseits aller Ergebnisse stellt sich die Frage, ob die Idee des FC Augsburg mit Enno Maaßen als Trainer funktioniert. Hier kann ein einzelnes Spiel keinen Aufschluss geben. Die ersten 15 Minuten sind allerdings ein andauerndes Problem, dass sich immer wieder zeigt. Hat Enno hierfür die richtigen Ansätze und warum fruchten diese bisher nicht? Dem Trainer geht mittlerweile sichtlich die Leichtigkeit ab und es wirkt an manchen Stellen, als ob das Ganze mehr auseinander dividiert als zusammenfindet.

Für andere Themen ist nicht alleine der Trainer verantwortlich. Es zeigt sich mittlerweile, dass die Kaderplanung nicht optimal lief. Um Stützpfeiler in die Mannschaft einzuziehen, ist Maaßen nun wieder auf Jeffrey Gouweleeuw angewiesen, der im SKY-Interview nach dem Spiel seine Abrechnung ankündigte. OMG, Jeff, ernsthaft? Auf links außen bringt Iago weiterhin, wenn fit, die meiste Qualität mit. Mbabu kann noch sehr wichtig für die Mannschaft werden, er steht allerdings erst seit kurzem zur Verfügung. Die schon aussortierten, oder mit Mbabu neuen, Kräfte brachten nun am Samstag das Ergebnis über die Zeit. Wie hatte man sich das vorgestellt, wären sie wie im Falle von Iago gewechselt? Warum hat man auf rechts nicht schon früher einen Spieler verpflichten können? Da lief die Sommerpause nicht ideal und man muss hoffen, dass intern aufgearbeitet wird.

Wie geht es weiter?

Wenn Enno für die Anfangsphasen keine Lösung findet, dann wird ihm das über kurz oder lang das Genick brechen. Die Mannschaft kann sich diese Unkonzentriertheiten schlicht nicht erlauben. Die Mannschaft muss defensiv stabil auf dem Rasen ankommen und darf nicht erst lange nach dem Gleichgewicht suchen müssen. Automatismen und Abläufe müssen greifen. Es ist mir schleierhaft, warum das nicht klappt. Gegen Mainz hatte man Glück, dass es der Mannschaft nicht frühzeitig den Stecker zog. Die letzten vier Spiele sind der Beweis, dass die Rechnung nur selten aufgeht.

Woran ich Enno Maaßen momentan abseits der Anfangsphasen beurteile? An der Zeit zwischen Minute 20 und 60. Die Mannschaft hat im Ballbesitz Ruhe reinbekommen. Man hat nun gegen das Mainzer Pressing kaum spielerische Lösungen gefunden, aber zumindest phasenweise Spielkontrolle ausgeübt und nicht nur panisch reagiert. Gerade das Zentrum war dicht. Der Mut hat auch gefehlt, die Innenverteidiger nach vorne ziehen zu lassen. So war man dann darauf angewiesen über lange Diagonalbälle und zweite Bälle etwas zu kreieren. Für Mainz hat das gereicht. In den weiteren Partien wird sich auch hier zeigen, wie viel mehr die Mannschaft noch kann.

Das Ergebnis hilft nun zumindest aufkommende Panikreaktionen zu verhindern und mit etwas mehr Selbstvertrauen in die kommende Woche zu gehen. Genügend Fragen bleiben unbeantwortet, so dass mir immer noch mulmig ist. Wie man diese Fragen am besten beantworten kann: Gegen Freiburg einfach mal abliefern und endlich auch wieder auswärts gewinnen. Abseits des Ergebnisses wäre es schlicht schön, mal über 90+X Minuten eine konstante Leistung zu sehen. Ich weigere mich einzusehen, dass dies zu viel verlangt ist.

Stille Transformation

Im Leben rund um den Fußball geht es immer schnell. Label werden direkt an Vorgänge packt. In der letzten Woche konnte man dann doch ein paar Dinge rund um die veränderte Rolle von Stefan Reuter lesen und hören, die zumindest mich mehr verwirrt haben, als das Klarheit eingekehrt wäre. Hier der Versuch einer Einordnung:

Was wissen wir?

Stefan Reuter war in den Bundesligajahren des FCA die prägende Figur des FC Augsburg im sportlichen Bereich. Stefan Reuter ist kein Angestellter des FC Augsburg mehr, sondern für den Verein nur noch in beratender Rolle tätig. In sportlicher Hinsicht ist Marinko Jurendic nun die höchste Instanz. Einziger Geschäftsführer der Profiabteilung ist Michael Ströll.

Jurendic kam, nachdem man schon vor einiger Zeit Bestrebungen unternommen hatte, um sich im sportlichen Bereich breiter aufzustellen. Es war von vornherein klar, dass sich durch den Zugang von Jurendic Reuters Rolle ändern würde. Wohin das genau führen würde, wussten wohl nur wenige Personen. Stefan Reuter wird dem FCA auch zukünftig noch zur Verfügung stehen, aber nur noch in beratender Rolle.

Was ist das Ganze nicht?

Es ist nun zuerst einmal kein Rücktritt. Stefan Reuter ist Geschäftsführer der KGaA gewesen (zu welchem Zeitpunkt die Abbestellung erfolgt werden wir dem Handelsregister entnehmen können). Aus dieser Rolle muss er abberufen werden. Er hat auch nicht all seine Tätigkeiten niedergelegt, wie Klaus Hofmann vor einem guten Jahr. Er ist ja weiterhin verfügbar, wenn Ströll und Jurendic anrufen. Laut kicker gibt es vorerst auch einen wöchentlichen Jour Fixe, der dazu dient einen regelmäßigen Austausch sicherzustellen.

Es ist aber auch kein Rauswurf. Wenn man beim FCA hochgradig unzufrieden gewesen oder etwas konkretes vorgefallen wäre, dann hätte man Stefan Reuter rausgeschmissen. Und ihn mit Sicherheit nicht in beratender Rolle behalten. Auch das sehen wir hier nicht. Es ist auch deswegen ein interessanter Vorgang, weil die üblichen Label eben nicht passen.

Was wissen wir nicht?

Ich für meinen Teil hätte gerne erlebt, wie die Gespräche im Sommer gelaufen sind, auf die sich in der Kommunikation um die veränderte Rolle des Stefan Reuter bezogen wurde. Wie man gemeinsam die neue Struktur erarbeitet hat. Ob Reuter von den anderen Verantwortlichen im Verein genervt war? Ob der ein oder andere lieber ohne Reuter weitergemacht hätte? Ob nach den vielen Jahren auch einfach für Stefan Reuter der Zeitpunkt gekommen war, wieder mehr Zeit für andere Dinge zu haben? Diese Fragen bleiben vorerst unbeantwortet.

Was wir auch nicht wissen: wie groß Stefan Reuters beratende Rolle weiterhin sein wird. Wie viele Fragen kann weiterhin er am besten beantworten? Zu welchen Themen? Es ist gut möglich, dass die Verantwortlichen selbst hierzu noch nicht wissen, wie sich die Einbindung konkret entwickeln wird.

Was bleibt?

Internes bleibt beim FCA intern. In seinen besten Phasen hat der FCA schon immer gegen die Branchentrends agiert. Es gibt eben keinen Rosenkrieg zwischen Reuter und dem Verein. Und das ist gut so. Reuter hat für den Verein vieles geleistet, immer wieder mit die Klasse gehalten, ist mit nach Europa gereist. Selbst wenn man im Verein nun eine Veränderung angestrebt hat, ist der Rollenwechsel jetzt eine gute Lösung.

Und während so mancher Kollege die Theorie der golden Brücke offensiv vertritt, so ist es wohl auch möglich, dass Reuters eigener Impuls sich zurückzuziehen ausschlaggebend für die Entwicklung war. Die Kritik hat in den letzten Jahren immer mehr zugenommen. Derweil hatte Reuter immer wieder betont, dass sein Schicksal in seinen eigenen Händen liegt. Aussagen gegenüber dem kicker deuten nur stark darauf hin, dass er dann doch vielleicht einer der wenigen ist, die auch wissen, dass alles irgendwann ein Ende haben wird. Vielleicht war die Zeit für ihn selbst gekommen.

Die Theorie der goldenen Brücke unterschätzt mir Reuter zu sehr. Aber auch damit werden alle Beteiligten gut klarkommen. Reuters Bild in der Außendarstellung ist geprägt von den Wellenbewegungen. Nach der Präsidentschaft von Klaus Hofmann wurden viele Entscheidungen diesem zugeschoben, die größten Transfercoups hat man Reuter immer selbst zugeordnet. Derweil war Reuter in den Jahren beim FCA wohl in jede wesentliche sportliche Entscheidung eingebunden, so nun auch in die Rollenveränderung.

Wer sich nun beweisen muss?

Der Fokus auf Marinko Jurendic hat durch die Entwicklung stark zugenommen. Ob Reuters Rollenwechsel für den FCA gut war, wird vor allem davon abhängen, inwiefern Jurendic die Lücke zu schließen weiß. Mit Michael Ströll hat er einen gewieften Verhandler an seiner Seite, der gerade im kaufmännischen Bereich seine Themen souverän unter Kontrolle hat und entsprechend unterstützen kann.

Die strukturelle Änderung ist aber auch eine erste Feuerprobe für Präsident Max Krapf, der über die 50+1 Regelung die Kontrollfunktion für den e.V. übernimmt. Er muss sich an der Entwicklung in der neuen Struktur messen lassen.

Ein erster Fingerzeig in dieser Hinsicht wird sein, wie man kurzfristig mit Trainer Enno Maaßen umgeht. Jurendic war bei der Trainerauswahl im letzten Sommer nicht beteiligt. Krapf und Ströll schienen im letzten Jahr von der Person Maaßen und seinen Ansätzen überzeugt und man konnte sich eine langfristige Zukunft vorstellen. Einzig: die Ergebnisse bleiben seit einer Weile aus und die Mannschaft liefert teilweise katastrophal ab, wie erneut in der ersten Halbzeit gegen Leipzig. Es wird spannend zu sehen sein, wie sich die Verantwortlichen diesbezüglich positionieren werden, gerade weil Konstanz auf dem Trainerstuhl uns eben auch schon das ein oder andere Mal geholfen hat, obwohl die Meinung von außen eine andere war. Bei aller Ruhe im Verein finden wir uns dann doch in einer der spannendsten Phasen der jüngsten Geschichte wieder.

Ohne Konsequenz

„Wir müssen es schaffen weniger Gegentore zu bekommen.“ Das ist eine der Aussagen von Enno Maaßen auf der Pressekonferenz nach dem Bochum-Spiel, mit der man sofort mitgehen kann.

Aber warum kommt es zu den Gegentoren? „Es sind häufig Individualverhalten auch vor dem zweiten Tor. Wir haben das Quäntchen Glück noch nicht auf unserer Seite.“ erläuterte Maaßen weiter. Danach fällt ein weiterer Satz, den man so schon gehört hat: „Wir sind den Weg gegangen mit einer sehr jungen entwicklungsfähigen Mannschaft.“ Am Ende reichte es gegen Bochum nur für ein Unentschieden, „weil wir in den entscheidenden Momenten nicht gut verteidigt haben.“ 2 Punkte aus 3 Spielen. Immerhin nur zweimal verloren und das auch noch gegen die Bayern und RB Leipzig? Der Saisonstart hinterlässt einen ratloser als sonst, denn – gerade auch im Pokal gegen Haching – das „wie“ macht Sorgen.

Das Problem

Wenn man dann mit anderen FCA Fans im Biergarten in diesen Tagen über den Start der Saison fachsimpelt, dann ist schon etwas Distanz eingekehrt. Es geht ja nicht nur um ein Spiel. Es geht mittlerweile um eine ganze Serie an Spielen. Spontan fällt einem schon gar nicht mehr ein, wann der FCA das letzte Pflichtspiel gewonnen hat. Es ist eine Weile her (gegen Union Berlin im Mai zu Hause, über auswärts hüllen wir den Mantel des Schweigens). Die Gründe für die ausbleibenden Siege sind dabei nicht mannigfaltig. Aus meiner Perspektive ist hier sehr wohl ein Muster zu erkennen: Der Mannschaft fehlt in den entscheidenden Phasen und Situationen die letzte Konsequenz.

So kommt es dann, dass man nicht aus eigener Kraft die Klasse hält, gegen einen Drittligisten im Pokal rausfliegt, am ersten Spieltag erst einmal Tore kassiert und gegen Bochum kurz vor der Halbzeit und direkt nach eigener Führung die Gegentore schluckt, die einem am Ende des Tages den Sieg kosten. Über die ersten Halbzeit gegen Leipzig möchte ich dann gar nicht erst anfangen.

Augenwischerei

Was mir dabei sauer aufstößt? Wir brauchen doch um das Problem nicht drum herum reden. Es handelt sich nicht um Einzelfälle. Und es geht nun auch darum Verantwortung zu übernehmen. Wenn Enno Maaßen dann auf der Pressekonferenz nach dem Spiel gegen den Vfl Bochum individuelle Fehler anprangert, dann stellt er sich nicht mehr vor seine Mannschaft. Er verkennt auch das Problem.

Das Problem ist, dass er und sein Trainerteam es nicht hinbekommen, dass die Mannschaft mit 100%iger Konsequenz 90+x Minuten Fußball spielt und tut, was notwendig ist, um Spiele zu gewinnen. Dafür ist er am Ende des Tages verantwortlich. Und indem er das Problem nicht anerkennt, sieht es so aus, als ob er es auch nicht lösen könnte. In der Pressekonferenz nach dem Leipzig-Spiel lässt es tief blicken, dass die Leistung in der ersten Halbzeit sich nicht angedeutet hat und der Trainer darüber verwundert war. Ich und viele, die die Mannschaft in letzter Zeit beobachten mussten, leider nicht.

Enno Maaßen steht momentan vor seiner größten Herausforderung: Schafft er die Kehrtwende noch? (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Defensive Stabilität

Defensive Stabilität war und ist der Kern im Abstiegskampf. So sehr Enno Maaßen zuletzt die Fähigkeit pries, Tore zu erzielen, umso mehr zählt es im Abstiegskampf nicht unnötig Tore zu kassieren. Auf Twitter wurde hier zuletzt eine statistische Auswertung geteilt, die zeigt, dass der Defensive mehr Bedeutung zukommt, als dem Offensivspiel, so man ein schwächeres Team in der entsprechenden Liga ist. Ein solches Team wird der FCA wohl auf Grund seiner wirtschaftlichen Ausgangsbasis langfristig bleiben.

Die defensive Stabilität baut dabei auf einigen der Kernwerte des FCA auf. Einerseits braucht es Mut und Zielstrebigkeit, um Zweikämpfe zu führen und sich dem Gegner zu stellen. Andererseits braucht es Zusammenhalt, um mannschaftlich geschlossen zu verteidigen. All das hat in den entscheidenden Momenten gegen Bochum und in den anderen Partien gefehlt. Warum? Es ist ein Rätsel. Aus der Büffelherde, die noch gegen Bremen in der letzten Saison die Wende einleitete, sind viele kleine Bambis geworden, die in der Abwehr über das Eis staksen.

Was ist die Konsequenz?

Der Verein hat ein Problem: immer wieder werden unnötige Tore kassiert, die Siege kosten und den Verein sportlich in Gefahr bringen. Der Trainer spricht das Problem an. In seiner Außendarstellung ist er aber nicht mehr zu 100% souverän. Dies liegt auch daran, dass an ihm selbst die Zweifel wachsen und er anscheinend kein Gegenmittel findet.

Noch bleiben die Leistungen für Enno Maaßen ohne Konsequenz. Es wird sich aber nun in den kommenden Spielen und zuallererst gegen Mainz zu Hause zeigen, ob der FCA in der Lage ist, zumindest einmal über 90+X Minuten sportlich zu überzeugen. Dem Trainer ist dabei wohl bewusst, dass im mentalen Bereich gearbeitet werden muss (er hat es sogar bei uns im Interview gesagt). Über das wie haben wir hier zuletzt auch nachgedacht. Im zweiten Jahr steht Enno Maaßen vor seiner größten Aufgabe: Konsequentes Fußballspielen ohne große individuelle Fehler. Mutig und fokussiert. Zeit, es allen zu zeigen, oder… (ohne Konsequenz wird es nicht bleiben).

Verantwortung übernehmen und Erfolgserlebnisse einfahren

Gerade die Defensive war in den ersten Spielen der neuen Saison ein Sorgenkind des FC Augsburg. 9 Gegentore in 3 Ligaspielen, dazu die Gegentreffer im Pokal. Die Statistik bereit insgesamt Sorgen. Ein guter Zeitpunkt, um einmal mit einem der Stützpfeiler in der Defensive zu sprechen, Felix Uduokhai. Felix ist mittlerweile seit 4 Jahren beim FCA und in der Innenverteidigung ein Leistungsträger. Felix hat sich in der Länderspielpause die Zeit genommen, mit uns über die Situation vor allem in Bezug auf die Abwehr des FCA und seine eigenen Situation zu sprechen.

Andy: Als Abwehrspieler beim FCA ist es gerade keine einfache Zeit. Ihr habt in dieser Saison schon viele Gegentore kassiert. Wie siehst Du die Situation?

Felix: Es waren definitiv zu viele Gegentore und jedes Gegentor hat seine eigene Geschichte. Da waren ein paar unglückliche Gegentore dabei, wie z.B. mein Eigentor gegen die Bayern, und auch individuelle Fehler. Wir haben jetzt in der Länderspielpause hart daran gearbeitet, uns in der Abwehrarbeit grundsätzlich zu verbessern.

Andy: Gegen Bochum waren auch die Zeitpunkte der Gegentore äußerst ungünstig, kurz vor der Halbzeit und nach der erneuten Führung. War das auch ein Thema?

Felix: Klar, die Zeitpunkte waren richtig ungünstig. Der Fokus lag nun darauf, dass es im Spiel gegen Ball auch um mannschaftliche Geschlossenheit geht und, dass dies eine Aufgabe für die gesamte Mannschaft ist. Und mit dieser mannschaftlichen Geschlossenheit müssen wir uns jetzt über Erfolgserlebnisse das nötige Selbstbewusstsein holen.

Andy: Kann die Mannschaft an dieser schweren Phase vielleicht auch wachsen? 

Felix: Ja, das ist absolut möglich. Erfolgserlebnisse sind nicht zu ersetzen im Fußball.

Andy: Wie ist denn insgesamt so der Teamgeist im Moment?

Felix: Die Stimmung ist weiterhin gut. Wir arbeiten gemeinsam hart daran, uns zu verbessern und erfolgreich zu sein.

Andy: Du hattest selbst gegenüber dem kicker angesprochen, dass es in dieser Situation jetzt notwendig ist, dass Führungsspieler identifiziert werden, die vorangehen. Warum siehst Du das so?

Felix: Es gab einen großen Umbruch in der Mannschaft, erst im Winter und nun nochmal im Sommer. Da ist es wichtig, dass es in der Mannschaft eine Struktur gibt und klar ist, wer vorangeht.Es braucht Spieler, die auch aktiv die Verantwortung übernehmen. 

Andy: Du hättest dich fast in diesen Umbruch eingereiht. Erst hattest Du kommuniziert, dass Du den Verein verlassen willst und später hast Du deinen Vertrag um ein Jahr verlängert. Wie kam es dazu?  

Felix: Ich wollte hier schon recht früh Klarheit im Sommer und habe entsprechend kommuniziert, wie ich meine Perspektive sehe. Es waren sehr offene und ehrliche Gespräche mit den Verantwortlichen. Es hat mir gut gefallen, wie professionell man mit der Situation umgegangen ist. Wir haben uns immer wieder ausgetauscht und sind gemeinsam zu dem jetzigen Ergebnis gekommen.

Für den FCA weiterhin mittendrin statt nur dabei.(Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)

Andy: Das hört sich so an, als ob Du dir sogar vorstellen könntest, vielleicht sogar noch länger in Augsburg zu bleiben, als nur bis zum nächsten Sommer?

Felix: Ja, vorstellen kann ich mir das wohl.

Andy: Daniel Baier hat am Wochenende sein Abschiedsspiel in der Arena gespielt. Inwiefern ist das vielleicht auch ein Anreiz für dich in Augsburg langfristig Spuren zu hinterlassen?

Felix: Es freut mich sehr für ihn, dass er über dieses Abschiedsspiel eine Anerkennung für seine Leistungen bekommen hat. Es freut mich auch, dass er hier in Augsburg seine Heimat gefunden hat und seinen Weg gegangen ist. Ich für meinen Teil hatte schon früh den Wunsch, im irgendwann einmal Ausland zu spielen und hoffe, dass dieser Wunsch in Zukunft noch in Erfüllung geht. Dabei geht es mir nicht nur um das Sportliche sondern auch um die grundsätzliche Erfahrung in meinem Leben.

Andy: Aktuell ist das ja wahrscheinlich überhaupt kein Thema. Der Trainer hat selbst geäußert, dass die Mannschaft sich im mentalen Bereich verbessern soll. Wie nimmst Du die Arbeit in diesem Bereich wahr?

Felix: Ich kenne das genaue Zitat nicht, auf das Du dich beziehst. Ich verbinde damit, dass wie angesprochen eine Struktur in der Mannschaft etabliert wird und Führungsspieler identifiziert werden, die vorangehen und an denen sich die Mannschaft auch in dieser schwierigen Phase aufrichten kann.

Andy: Dann hoffe ich, dass die Arbeit zum Erfolg führt, damit sich der vom Trainer gewünschte Killerinstinkt einstellt. Danke Dir, Felix, für deine Zeit und die Einblicke und viel Erfolg in den nächsten Spielen.

Felix: Danke Dir, hat mich gefreut.

Spurensuche

Der Saisonauftakt in Unterhaching hat nun auch mich etwas konsterniert zurückgelassen, genau wie die Gegentore gegen Gladbach und die Taktik und das Ergebnis gegen Bochum. Einerseits hat der FCA keine gute Endphase der zurückliegenden Saison gespielt. Gerade im letzten Spiel der Saison gegen Borussia Mönchengladbach hat man schlicht keine gute Leistung abgeliefert. Im Sommer kommunizierte der FCA fleißig, dass man detailliert Fehler analysiert habe. Enno Maaßen teilte bei uns im Interview mit, dass man sich auch im mentalen Bereich verbessern wolle. Im Nachgang zur Partie gegen Unterhaching stellte er nach einigen guten Spielen in der Saisonvorbereitung fest, dass „Verhaltensweisen sich ändern, wenn Ergebnisdruck dabei ist“. Mit der mentalen Entwicklung des Teams scheint es dabei nicht allzu weit her zu sein. Für mich war der Moment gekommen, um mich mit einer Expertin zu dem Thema auszutauschen. Julia Donauer, die im Fußballbereich als Mentalcoach arbeitet, hat mir geduldig meine Fragen beantwortet. Meine Erkenntnisse dieser Spurensuche sind Folgende:

Einflussfaktoren

Ergebnisse im Fußball hängen nicht nur von der mentalen Einstellung eines Teams oder der einzelnen Spieler ab. „Grundsätzlich unterscheiden wir in der Analyse drei Gruppen von Faktoren: den Körper, das Umfeld und den Kopf. Wenn man ein Resultat wie das gegen Unterhaching sieht, dann ist es im ersten Schritt erst einmal wichtig, nicht voreilig Schlüsse zu ziehen, dass es unbedingt am Kopf, also auch im mentalen Bereich, gelegen haben muss. Jede saubere Analyse basiert darauf, dass man alle drei Einflussfaktoren überprüft.“ erklärt mir Julia Donauer hierzu.

Wir können grundsätzlich ja sowieso nur von außen urteilen. Wenn die Spieler alle fit waren und im Umfeld sauber und störungsfrei gearbeitet wurde, dann lag es also vielleicht am Kopf. Andere Gründe fallen mir für die Partie gegen Haching nicht ein.

Spielvorbereitung

Gerade mit Blick auf den Saisonabschluss in Gladbach und das Pokalspiel, kommt die Frage auf, ob im Vorlauf zu den Partien alles korrekt gelaufen ist. Unterhaching ist weiterhin ungeschlagen und in einer enormen Performing-Phase. Von außen mag man sich fragen, ob man den Gegner ernst genug genommen hat. Drittligist klingt erstmal schwach. Haching war mit Sicherheit kein schwacher Gegner zum Saisonauftakt. „Haching hat zum Saisonende und in der Saisonvorbereitung stark gearbeitet und war dadurch mit viel Selbstvertrauen ausgestattet. Selbstvertrauen kommt unter anderem auch durch Erfolge. Das war mit Sicherheit ein Punkt, wo Haching gegenüber dem FCA im Vorfeld einen Vorteil hatte.“ erklärt Julia Donauer. Es kommt eben nicht immer auf die reine Qualität an.

Erfolgserlebnisse führen zu Selbstvertrauen, zumindest wenn die Latte nichts dagegen hat. (Photo by Jan Hetfleisch/Getty Images)

Ein ähnliches Muster ergibt sich für den Saisonabschluss. Gladbach war schon durch. Hatte man hier gedacht, es würde eine leichte Partie? Was man sich auch fragen darf: Was wurde hier vor dem Spiel konkret besprochen? „Es ist wichtig, Spielern einzelne Handlungspläne an die Hand zu geben. Wie reagieren wir auf verschiedene Spielverläufe wie zum Beispiel auf einen Rückstand? Solche Themen sollten in der Spielvorbereitung eine wichtige Rolle einnehmen.“ erklärt mir Julia Donauer aus der ihr geläufigen Praxis. Die Vorbereitung griff bei beiden Spielen dann ins Leere. Mit den Rückständen konnte nicht gut umgegangen werden. Reaktion auf Spielverläufe und situationsbedingtes Handeln scheint grundsätzlich beim FCA ein Thema zu sein, wie nun auch die Gegentore gegen Bochum zeigen. Beim ersten war man vielleicht mit dem Kopf schon in der Pause, beim zweiten folgte auf die Führung direkt ein individueller Blackout.

Hoffnungsschimmer gibt es allerdings. „Es ist ja gut, dass die Partie gegen Gladbach am ersten Spieltag nun gleich gezeigt hat, dass es auch besser geht. Da liegt sicherlich nicht alle im Argen. Niklas Dorsch hat im Interview ja auch klar kommuniziert, dass sie sich auch darauf vorbereitet hatten, in Rückstand zu geraten.“ zeigt Julia Donauer auf, dass beim FCA auch positive Aspekte zu erkennen sind. Warum es nicht immer klappt, liegt vielleicht auch am nächsten Punkt.

Mannschaftstruktur

Im Fußball hat es eine interessante Mannschaftsgröße. Der Kader umfasst ca. 30 Spieler. Das ist die Hälfte des Kaders eines NFL Football Teams oder aber der doppelte Kader einer Basketball-Mannschaft. In großen Kaderstrukturen und gerade im Football gibt es eine klare Hackordnung, die auch darüber differenziert, dass Spieler eine genaue Funktion haben (man nehme nur den Quarterback oder den Punter als prominente Beispiele). Gerade über diese klare Aufgabenteilung und Hierarchie wird sichergestellt, dass die Spieler ihre Aufgaben kennen und ihre Rolle ausfüllen können.

Durch die Demontage von Jeffrey Gouweleeuw als Kapitän des Teams hat Enno Maaßen deutlich gemacht, dass er mit der Struktur in der Vergangenheit nicht zufrieden war. Ermedin Demirovic führt das Team seit dieser Situation als Kapitän aufs Feld. Dorsch und Rexhbecaj sind die Stellvertreter. Gerade wenn es schwierig läuft, hofft man darauf, dass Führungsspieler einer Mannschaft halt geben können. Gegen Unterhaching hat sich Enno Maaßen in der zweiten Halbzeit gedacht, es geht auch ohne und hat Dorsch und Demirovic in der 61. Minute ausgewechselt. Die Wende kam dann nicht mehr. „Ich muss mich auch immer fragen, was ich gemacht habe, damit meine Führungsspieler ihre Rolle ausüben können. Wissen sie, dass sie das Vertrauen des Trainers haben? Habe ich vermehrt die Kommunikation zu ihnen gesucht?“ erklärt Julia Donauer mir hierzu. Daniel Baier hat nicht unlängst bei uns im Interview erklärt, dass Markus Weinzierl der beste Trainer seiner Karriere war, weil er ihm fortwährend Vertrauen geschenkt hat. Auch wenn er mal Murks gekickt hat.

Wer geht in schwierigen Situationen voran? (Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)

Auch hier hat sich öffentlich gezeigt, dass das Thema beim FCA präsent ist. Felix Uduokhai sagte hierzu nach der Begegnung gegen die Bayern: „Du brauchst in der Mannschaft Typen, die auf dem Platz reden, die auch Verantwortung übernehmen, wenn es nicht läuft.“ Inwiefern er hierfür der Richtige ist, eine solche Rolle einzunehmen, nachdem er erst vor kurzem seine Zukunft noch woanders gesehen hatte und seinen Vertrag nur um 1 Jahr verlängerte, sei an dieser Stelle dahingestellt.

Abschließend

Als Außenstehender würde ich es äußerst spannend finden, wie sich der FCA mental entwickelt. Ob hier konstante Verbesserungen festzustellen sind. Als Fan habe ich erstmal Angst vor dem nächsten Katastrophen-Auftritt oder auch nur dem nächsten Wackler. Immer wieder steht sich die Mannschaft – vollkommen unfreiwillig – selbst im Weg. Klar will das Team gewinnen. Niederlagen und Misserfolge hängen allen Beteiligten lange nach und das Selbstvertrauen mag sich nicht einstellen. Wichtig ist es in dieser Phase, dass der Support von außen bleibt. „Positive Bestärkung von Fans und aus dem Umfeld hilft den Spielern die Extra-Meile zu gehen“, bestätigt Julia Donauer.

Enno Maaßen hat im Sommer klar angesprochen, dass er seiner Mannschaft einen Killerinstinkt einimpfen will. Wenn sich dieser einstellt (und gegen Bochum war er mit Sicherheit noch nicht da), dann braucht man sich um den Support auch keine Gedanken mehr zu machen. Bis dahin wäre es sehr spannend, wenn man etwas konkreter erfahren könnte, wie im mentalen Bereich gearbeitet wird. Welche Maßnahmen ergriffen wurden, um in der Spielvorbereitung, der mentalen Arbeit allgemein und der Installation einer funktionierenden Mannschaftsstruktur Verbesserungen zu erreichen. Das Thema wird uns sicherlich auch weiterhin beschäftigen. Vielleicht ja demnächst dann mit mehr Positivbeispielen. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Sand im Getriebe

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne “Einwurf aus der Rosenau Gazette” bei presse-augsburg.de. 

Nach einem 2:2 gegen den VfL Bochum geht es auch schon in die erste Länderspielpause der Saison. Nach 3 Spielen hat der FCA 2 Punkte auf dem Konto. Allerdings hat man auch die schwierige Partie gegen Bayern München hinter sich gebracht. Hatte man in der letzten Saison Glück und es gelang früh gegen Leverkusen der erste Saisonsieg, so blieb dies in diesem Jahr verwehrt und man muss weiter warten. Dabei ist das Gefühl momentan kein Gutes. Es gibt allerdings Faktoren die Hoffnung machen.

Statistiken

Florian Eisele von der Augsburger Allgemeinen hatte es auf X einmal ausgerechnet. Enno Maaßen hat nach 40 Spielen nur einen Punkteschnitt von 0,91 Punkten pro Spiel geschafft. Das ist die bisher schlechteste Bilanz aller Bundesliga-Trainer des FCA jemals, wenn es denn nun enden würde. Maaßen kam als Neuling in die Bundesliga und dieser Blick zurück ist im Hinblick auf die zukünftigen Erfolgsaussichten des Trainers wenig hilfreich. Den Negativ-Rekord in dieser Statistik hält Markus Weinzierl mit seiner ersten Hinrunde. Der FCA kennt also den Vorteil ganz genau, den man sich erarbeiten kann, wenn man am richtigen Trainer festhält.

Auch bzgl. der Kernstatistiken in einzelnen Spielen sollte man sich nicht allzu sehr verunsichern lassen. Gegen Bochum kam der FCA auf 59% Passquote, 37% Ballbesitz und 45% gewonnene Zweikämpfe. Gruselig. Enno Maaßen hatte uns intensiven Fußball versprochen. Gegen Bochum war es das nur selten. Gegen Gladbach und die Bayern sah es da schon viel besser aus. Jeweils über 80% Passquote, gegen Gladbach mit 55% gewonnenen Zweikämpfen und 56% Ballbesitz. Das sollten die Orientierungspunkte in der Analyse sein.

Defensive Stabilität

Das große Manko bleibt die Defensive. 9 Gegentore in 3 Spielen sind abstiegsverdächtig. Aber hier gilt vor allem: die defensive Besetzung, die wir bisher gesehen haben, werden wir – wenn alles nach Plan läuft – nicht mehr sehen. Patric Pfeiffer war 3 Partien gesperrt. Kevin Mbabu und Japhet Tanganga kamen gerade erst am letzten Tag der Transferperiode zur Mannschaft. Enno Maaßen hat gerade für seine rechte Abwehrseite erst jetzt Spieler zur Verfügung, die die Qualität für die erste Liga haben sollten.

Es ist in diesem Fall auch nicht dem Trainer anzukreiden, dass der Kader erst so spät vervollständigt wurde. Die Lücke auf der rechten defensiven Seite war nun schon seit einer Weile bekannt und die sportliche Führung vermochte sich schlicht nicht früher zu schließen. Sind wir froh, dass es jetzt am Ende der Transferperiode doch noch geklappt hat.

In den entscheidenden Momenten einen Schritt zu spät. (Photo by Jan Hetfleisch/Getty Images)

Mental

Über allem schwebt der Kopf. Das Team agiert immer wieder fahrig und lässt sich aus der Spur werfen. Sei es noch in der letzten Saison in Bochum oder Gladbach, wo man unter Druck nicht liefern konnte. Sei es im Pokal gegen Haching oder unkonzentriert in der Defensive und mit Slapstickpotential nun in allen Spielen. Enno Maaßen wollte seiner Mannschaft einen Killerinstinkt verordnen. Killerinstinkt war das gegen Bochum nun mal gar nicht. Der FCA hat nun in den ersten beiden Heimspielen schon wieder Führungen aus der Hand gegeben. Wer hat hier noch ein Déjà-Vu?

Killerinstinkt erfordert Mut. Dieser Mut ging dem Trainer vollends ab, als er gegen Bochum mit Mauertaktik agierte. Hohe Befreiungsschläge und tiefes Pressing: dafür hätten wir Enno Maaßen nicht verpflichten müssen, der uns ein Ballbesitzkonzept versprach, als er den Job antrat. Und Intensität. Mit der Herangehensweise im Duell gegen einen direkten Konkurrenten hat er diese Prinzipien mit Füßen getreten. Und damit dem Gegner mehr geholfen als dem eigenen Team. Mutlos setzt er sich somit der Kritik aus und zwar zurecht.

Kontinuität

Es ist überaus vorteilhaft, dass gerade jetzt die erste Länderspielpause im Gange ist. Es war nicht alles schlecht. Beljo und Demirovic harmonierten gegen Bochum schön. Beljo hat das Quäntchen Unberechenbarkeit, das es offensiv immer mal wieder braucht. 7 Tore in 9 Spielen ist positiv und müsste regelmäßig für mehr Punkte reichen. Das Team muss allerdings nach den letzten Neuzugängen endlich zusammenwachsen und zu sich finden.

Was es aber in jedem Fall braucht ist eine positive und mutige Herangehensweise der sportlichen Führung. Wir brauchen nach 3 Spielen nicht über den Trainer zu diskutieren. Ansonsten hätte die Saisonanalyse schon zu einem anderen Ergebnis kommen müssen. Nun heißt es, dass alle Beteiligten alles dafür tun, dass die Mannschaft in den kommenden Spielen ihr volles Potential ausschöpft und durch den Mut auf dem Platz auch die Fans mitnimmt. Die Zeit der Ausreden ist vorbei.

Der Ritt in den Sonnenuntergang

3 Jahre nach seinem Karriereende ist es für Daniel Baier endlich soweit: sein Abschiedsspiel findet statt. Anfang September wird eine Auswahl von Kickern der Aufstiegsmannschaft von 2011 gegen ein Team der Europapokalsaison 2015/16 antreten. Baier hatte während der Corona-Pandemie seine Karriere beendet, nachdem ihm von sportliche Seite eröffnet wurde, dass der FCA nicht weiter mit ihm plant. Für eine ganze Generation von Fans war ein FCA ohne Baier gar nicht vorstellbar. Baier der ab 2008 für den FCA (mit einem halben Jahr Pause) in 355 Pflichtspielen auflief, war die größte Konstante, die der Verein auf der Spielerseite seit dem Aufstieg in die zweite Liga hatte. Aber nicht nur das, Baier war in den Jahren 2013 bis 2016 einer der besten defensiven Mittelfeldspieler in der Bundesliga. Er hatte internationale Klasse und führte den FCA nach Europa.

Im Vorlauf zu seinem Abschiedsspiel nahm sich der ehemalige Kapitän Zeit für ein längeres Gespräch, um unterschiedliche Stationen seiner Karriere mit mir Revue passieren zu lassen. Für mich ist es ein wahr gewordener Traum. Dass Baier mir Rede und Antwort steht und ich für den Blog festhalten darf, wie er die Entwicklung des FCA über die Jahre gesehen hat ist außergewöhnlich. Hat doch gerade die von ihm getragene sportliche Entwicklung die Gründung dieses Blogs erst inspiriert. Lest selbst mein größtes Fanboy-Interview bisher:

Andy: Servus Dani, kannst Du dich erinnern, wann Du in deiner Profilaufbahn das erste Mal auf den FCA gestoßen bist?

Dani Baier (DB10): Hm, das müsste in der zweiten Liga mit 1860 gewesen sein. Da haben wir in der Allianz Arena verloren und Leo Haas müsste ein Tor geschossen haben. An das Rückspiel kann ich mich allerdings nicht erinnern.

Andy: Das hätte ich aus deiner Sicht auch schnell ausgeblendet. An das nächste Mal Allianz-Arena mit dem FCA kannst Du dich aber bestimmt erinnern.

DB10: Auf jeden Fall. Das war während meiner Leihe von Wolfsburg. Ich habe sogar das entscheidende 1:0 gemacht. Das war ein geiles Tor, mit Zidane-Pirouette und Chip und hat dazu das Spiel entschieden.

Nicht jeder hat Daniel Baier immer gerne zugehört. Für mich war es ein absolutes Highlight. (Photo credit should read CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)

Andy: Wie bist Du denn überhaupt in Augsburg gelandet, nachdem Du ja in 2007 für 3 Jahre in Wolfsburg unterschrieben hattest?

DB10: Meine Debütsaison in Wolfsburg war okay. Ich kam von 1860 aus der zweiten Liga und habe meine Spiele bekommen. Im Vorlauf zur Saison 2008/09 hat der VfL Wolfsburg dann weiter Spieler verpflichtet und ich bin mehr und mehr ins Hintertreffen geraten. Felix Magath wollte mich lange nicht wechseln lassen. Kurz vor Ende der Transferperiode, und nachdem andere Clubs schon abgeblitzt waren, nahm dann Andi Rettig Kontakt auf. Ich habe mich ad-hoc mit ihm und Holger Fach in Frankfurt getroffen. Felix Magath ließ mich kurzfristig doch ziehen und ich packte meine Frau und meine 3 Wochen alte Tochter ins Auto und los ging es.

Andy: Wie hast Du deine Leihe in Erinnerung?

DB10: Ich habe das recht pragmatisch gesehen. Ich wollte spielen und mich zeigen. Augsburg war in der Nähe der Schwiegereltern. Der FCA spielte mit mir eine durchwachsene Saison in der zweiten Liga und ich konnte helfen, dass es nicht zum Abstieg kam. Ich habe damals aber noch keine langfristige Zukunft in Augsburg gesehen.

Andy: Weil es ja nach der Leihe erst wieder zurück nach Wolfsburg ging.

DB10: Ja. Ich hatte zwar Interesse in Augsburg zu bleiben. Aber der VfL Wolfsburg war in meiner Abwesenheit Meister geworden und spielte unter dem neuen Trainer Armin Veh Champions League. Und ich sollte mich in der Vorbereitung dort zeigen. Das lief auch gut. Ich durfte im Pokal ran und hatte Hoffnungen mich in Wolfsburg durchsetzen zu können. Wolfsburg war damals schon auf einem ganz anderen Niveau und es war mir den Versuch wert. Ich kam dann in der Hinrunde genau einmal in der Bundesliga zum Einsatz und dann bin ich eben im Winter nach Augsburg zurückgekommen.

Andy: Und da lief es sportlich erstmal sehr gut und ihr konntet in die Relegation für die erste Liga einziehen. Gegen Nürnberg klappte es dann allerdings nicht. Kam dir das damals wie eine einmalige verpasste Chance vor?

DB10: Nein. Einerseits war Nürnberg die bessere Mannschaft und setzte sich über zwei Spiele auch einfach verdient durch. Andererseits war der Einzug in die Relegation schon ein sehr gutes Resultat für uns. Die Saison vorher lief ja noch deutlich wackeliger. So haben wir uns mehr über das Erreichte gefreut als der Chance hinterhergeweint.

Andy: Im Jahr danach kam dann der Aufstieg. Wie hast Du das in Erinnerung?

DB10: Da waren wir dann von Anfang an oben mit dabei. Klar, die Hertha hat sich abgesetzt und es war dann ein Rennen um den zweiten Aufstiegsplatz zwischen Bochum und uns, indem wir uns am Ende durchgesetzt haben. Damit haben wir auch einfach Historisches geschaffen. Andere Clubs sind ja schon öfters aufgestiegen. Für den FC Augsburg war es durch uns das erste Mal.

Andy: Ihr wirktet immer wie ein besonders verschworenes Team. Wie kam das?

DB10: Wir haben gemeinsam Geschichten erlebt. Relegation, Aufstieg, 1. Klassenerhalt, der Klassenerhalt nach der 9-Punkte Hinrunde. Diese ganzen Erlebnisse haben uns zusammengeschweißt.

Andy: Den zweiten Klassenerhalt habt ihr dann ja schon unter Markus Weinzierl gefeiert. Welche Rolle hat er für deine Karriere gespielt, auch weil er dich auf deine Parade-Position in der Doppel-Sechs gestellt hat, auf der Du dann einer der besten Spieler in der Bundesliga warst?

DB10: Markus Weinzierl war in meiner Karriere mein bester Trainer. Ich habe ja in der Jugend immer zentral im Mittelfeld gespielt und damals gab es auch noch kein so nuanciertes taktisches Gefimmel. Ich habe mich auch selbst immer als zentralen Mittelfeldspieler gesehen, weil mir für die Außenpositionen einfach die letzte Schnelligkeit gefehlt hat. Markus Weinzierl hat mir auf dieser zentralen Position das absolute Vertrauen gegeben, und ich habe es ihm zurückgezahlt. Dabei gab es nie Diskussionen, auch wenn ich mal Murks gespielt habe.

Da soll es wieder hin gehen. Daniel Baier hat jeden sportlichen Höhepunkt des FCA selbst miterlebt. (Photo credit should read CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)

Andy: In den deutschlandweiten Fachmedien wurdest Du vor der WM 2014 auf Grund deiner Leistungen mit der Nationalmannschaft in Verbindung gebracht. Wie hast Du das wahrgenommen?

DB10: Das habe ich sehr wohl wahrgenommen, auch weil mich Freunde und Kollegen darauf angesprochen haben. Es gab damals noch ein Trainingslager der Nationalmannschaft, bei dem experimentiert werden sollte und da war etwas meine Hoffnung, das ich nominiert werde. Auf einmal tauchte da auch beim Training ein Kamerateam auf, dass keiner zuordnen konnte und ich dachte, die sind wegen der Nominierung da, weil die explizit mich filmten. Am Ende waren sie wegen dem Augsburger Sportpreis da, denn ich gewann. Das war dann nach der ausgebliebenen Nominierung nur ein schwacher Trost.

Andy: Dafür ging es dann mit dem FCA durch Europa. Wie war das?

DB10: Wie das war? Einfach nur geil. Wie viele Leute mit nach Bilbao kamen oder auch zu den anderen Auswärtsspielen. Die Stimmung in der Stadt. Und dann hatten wir ja auch noch die Möglichkeit in Belgrad weiterzukommen, obwohl wir schon auch wussten, das es vor Ort hitzig zugehen kann. Wir gerieten dann in Rückstand, haben die Partie aber gedreht. Das war der Wahnsinn.

Andy: Wie bitter war es dann die Partien gegen Liverpool verletzungsbedingt zu verpassen?

DB10: Ganz bitter. Ich hatte mich im Training am Sprunggelenk verletzt und hatte versucht am Wochenende noch zu spielen. Das war eigentlich schon Wahnsinn. Erst danach bin ich dann zum MRT und es war recht schnell klar, dass es nicht reichen würde. Ich habe wirklich alles versucht und den Heilungsverlauf auch nicht verbessert, sondern eher noch verlängert. Ich hatte mit dem Sprunggelenk dann noch länger Probleme.

Andy: Danach gingen dann die Jahre ins Land und Du warst immer einer der verfügbarsten Spieler. In einer Saison hast Du sogar 34 Spiele über 90 Minuten gemacht. In anderen Jahren warst Du nah dran. Lange warst Du Mr. FC Augsburg. 2020 dann erst die Vertragsverlängerung im Januar und dann die Auflösung im Juni. Das wirkte dann zum Abschied nicht mehr ganz harmonisch. Wie siehst Du das aus heutiger Perspektive?

DB10: Sportlich war klar, dass die Entscheidung irgendwann so kommen würde. Das konnte ich akzeptieren. Ich hatte viele sehr gute Jahre und es war klar, dass es nicht ewig weitergeht. Ich habe damals vor allem die Art und Weise der Kommunikation kritisiert. Darüber haben wir mittlerweile gesprochen und das Thema ist für mich erledigt. Deswegen findet jetzt auch das Abschiedsspiel statt.

Andy: Ein Abschiedsspiel, das sich ein Spieler mit deiner Vita verdient hat, nachdem der Abschluss in der Corona-Pandemie nicht standesgemäß war. Danke für deine Zeit und viel Spaß bei deinem Auftritt in der Arena.

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