Die neue Ernsthaftigkeit

In der ersten Trainingswoche unter dem neuen Trainer Jess Thorup wurde am Mindset gearbeitet. Auch an taktischen Dingen. Aber eben auch am Mindset. In der Pressekonferenz vor dem Spiel war hier von Seiten Jess Thorup zu hören: “Für mich ist wichtig, wie wir auf dem Platz stehen.” Und damit war nicht die Formation gemeint, sondern die Art und Weise der Umsetzung.

Mit diesen Aussagen und Eindrücken bestätigt sich das erste Bild, das Jess Thorup in seinen ersten Tagen beim FCA abgegeben hat. Der Familienmensch Jess Thorup erschien zu seiner Antrittspressekonferenz im Dreiteiler. Es wurde ersichtlich, dass es hier auch im Außenauftritt des älteren Trainers Thorup deutliche Unterschiede zu Enno Maaßen gibt. Er steht damit auch in einer dänischen Tradition beim FC Augsburg. Mads Pedersen hatte seine Vertragsverlängerung im formalen Zwirn unterschrieben. Beide zeigen auch mit ihrer Kleidungswahl die Wertschätzung gegenüber ihrem Arbeitgeber.

Verbindlichkeit

Jess Thorup wirkt entsprechend in seinen ersten Tagen nicht nur älter als Maaßen sondern strahlt auch auf eine andere Art und Weise Autorität aus. Man kann in jedem Falle erkennen, dass Thorup ein anderer Typ ist. Wenn man nun den Ausführungen von Marinko Jurendic zum Suchprozess folgen mag, so hat sich im Anforderungsprofil wohl herausgebildet, dass eine reifere Persönlichkeit nötig ist, um mit der jungen Mannschaft zu arbeiten. Ob diese Rechnung aufgeht, werden wir alle zusammen beobachten können.

Maaßens Ansatz, der darauf basierte, dass die neue Generation der Spieler eine lockerere Ansprache benötigt, ist am Ende gescheitert. Von den erfahrenen Kräften blieb kaum einer übrig, das junge Team lieferte immer wieder schlechte Halbzeiten ab und machte sich über dumme Fehler selbst Spielverläufe kaputt. Evtl. ist hier auch diese ausstrahlende Verbindlichkeit ein kulturelles Element, das zukünftig positive Effekte erzeugen kann.

Jess Thorup auf dem Feld mit der Mannschaft. Seine Ausstrahlung ist nicht zu bestreiten. (Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)

Über das Fußballerische hinaus

Die Probleme der Mannschaft gehen dabei über die rein fußballerischen Themen hinaus. Die verkackten ersten Halbzeiten und die monströsen individuellen Fehler sind auf einer rein fußballerischen Ebene nicht erklärbar. Gerade deshalb hatte ich vor Wochen die mentale Entwicklung des Teams thematisiert. Thorup scheint hier anzupacken und nach Lösungen zu suchen.

Ein Fokus von Thorup liegt dann im Spiel gegen Heidenheim auf Mentalität und Einsatz, zu der er auf der ersten Pressekonferenz sagte: “Das kann jeder. Das muss ich von jedem sehen.” Der Konkurrenzkampf ist eröffnet und auch die mannschaftliche Struktur wird durchgerüttelt. Während Keeper-Spezialisten die Leistungen von Finn Dahmen ansprechend fanden, obwohl er dem Team noch keinen Sieg durch individuelle Glanzparaden festhalten konnte, ist auch auf der Torhüterposition der Konkurrenzkampf angeschürt. Eine Einsatzgarantie für Dahmen gab es vorerst nicht. Einzig Ermedin Demirovic bleibt hier außen vor. Er bleibt vorerst Kapitän und ist durch seine Torgefährlichkeit auch sportlich aus der Mannschaft nicht wegzudenken. Für alle anderen gilt es, sich zu beweisen und zu zeigen, was sie drauf haben.

Neue Chancen

Entsprechend ergibt sich für den FCA die schöne Situation, dass durch den Wechsel nun viele neue Chancen bestehen. Spieler wie Arne Maier oder Niklas Dorsch können wieder hoffen, mehr in den Fokus zu rücken, um sich beweisen zu dürfen. Bei all dem strahlt Thorup eine große Verlässlichkeit aus. Es wird Zeit brauchen, bis sportlich mehr von dem zu sehen ist, was er umsetzen will. Rein von der Herangehensweise ist ein neuer Zeitgeist eingekehrt.

Dabei teile ich die Meinung, dass diese Ernsthaftigkeit jetzt das ist, was die Mannschaft auch braucht. Thorup kann wie ein Stützpfeiler wirken, an dem sich das Team nach und nach aufrichtet. Ernsthaftigkeit ist auch etwas, dass ich bei allen Profis im Hinblick auf ihre Leistungen erwarte, abseits allen Spaßes und aller Lockerheit. Der FCA und das Team ist vielen Menschen wichtig. Es ist schön zu sehen, dass der neue Trainer zumindest mir das Gefühl gibt, dass er hier Ansätze findet um auch über sein Wirken auf die Mannschaft die Leistungen positiv zu beeinflussen. Kurz vor dem Heidenheim-Spiel bin ich optimistisch, dass dieser Ansatz funktionieren kann. Und damit ist nach einem Jahr ohne Auswärtssieg schon viel erreicht und mehr konnte man von Thorup als Fan nicht erwarten.

Überzeugung

Ich bin aus Freiburg nach Hause zurückgekehrt und habe mir nun fast zwei Tage genommen, um das Spiel und die damit verbundene Entwicklung sacken zu lassen. Im nachfolgenden findet ihr meine Einschätzung zur derzeitigen Situation. Ach, das trifft es nicht richtig. Ich bin in der Zwischenzeit zu einer Überzeugung gelangt. Überzeugung ist etwas, was mir beim FCA im Moment fehlt. Gerade auch deshalb möchte ich meine persönliche, überzeugte Meinung im Folgenden mit euch teilen.

Was ist in Freiburg passiert?

Der FCA hat gegen einen Gegner verloren, der nicht in der besten Form ist. Christian Streich beschrieb das Freiburger Spiel nach der Partie als ängstlich. Freiburg hat mit vielen Verletzungssorgen zu kämpfen und Spieler müssen auch auf Positionen ran, die nicht ihre Stammposition ist. Verloren hat der FCA, weil er mehr Fehler als Freiburg machte. Und weil mal wieder die Konsequenz, gerade im Offensivspiel, fehlte.

Max-Jacob Ost hat es im Rasenfunk treffend beschrieben: Es sah nicht schön aus. Die Passquote im Angriffsdrittel betrug gerade einmal 45%. Freiburg hatte 62 Ballverluste in der eigenen Hälfte. Einzig, der FCA konnte überhaupt nichts daraus machen. Ich hatte mir das Rasenfunk-Segment v.a. auch wegen Martin Rafelt angehört. Dieser fand, dass die Mannschaft nicht mutig auftrat und nicht richtig nachgeschoben hat. Im fehlte schon in der Aufstellung der Mut, Spieler wie Beljo, Michel oder Maier zu bringen, die spielerisch Situationen lösen können. Das ist die Meinung von unabhängigen Experten.

Ohne Überzeugung

Maaßens Ansatz konservativ vorzugehen und gegen eine gestandene Mannschaft wie Freiburg darauf zu setzen, diese mit ihren eigenen Qualitäten schlagen zu können, ging nach hinten los. Sowohl die Aufstellung als auch die taktische Einstellung strahlte weder Mut noch Überzeugung aus. Im Gegensatz zu den individuellen Fehlern seiner Spieler ist ihm das anzulasten. Er hat nicht aus dem Spiel gegen Bochum gelernt.

Derweil sind auch die letzten Maaßen-Befürworter, hier ist Tom Scharnagl vom Feuer und Flamme Podcast hervorzuheben (Grüße!), überein gekommen, dass es gegen Darmstadt ein frühes Endspiel in der Saison gibt. Nun bringt es ja nichts, die Zukunft eines Trainers vom Ausgang eines einzelnen Spiels abhängig zu machen. Entweder man glaubt an die Entwicklung und Idee mit dem Trainer oder eben nicht. Es braucht eine Entscheidung abseits des Darmstadt-Spiels ,wie es sportlich weitergehen soll.

Die Idee mit Enno Maaßen funktioniert nun schon eine ganze Weile nicht mehr (sichtbar z.B. durch ein Jahr ohne Auswärtssieg) und die Entwicklung ist seit einer Weile nicht ersichtlich. Entsprechend findet man in und um Augsburg kaum jemanden mehr, der Maaßen immer noch für den geeigneten Trainer hält und überzeugend vertritt, warum wir mit ihm wieder in die Spur finden. Ich kann mich – als einer der größten Verfechter von Konstanz auf dem Trainerposten – nur anschließen. Für mich ist Enno Maaßens Zeit in Augsburg zu Ende.

Warum ist Maaßen in Augsburg gescheitert?

Oh, versteht mich nicht falsch. Fußball ist ein wunderbarer Sport. Und mit jeder Partie, die Maaßen an der Seitenlinie hat, kann er das Ruder herumreißen. Mein persönliches Zwischenfazit ist allerdings: Maaßen ist gescheitert.

Die Gründe hierfür sind schnell benannt. Das Augsburger Spiel ist nicht mehr besonders intensiv. Die Intensität ging in der Angst verloren, nicht mehr so viele Fehler zu machen. Aber auch die Jugend kommt nicht übermäßig zum Zug. Mit Tim Breithaupt war gerade mal ein “Junger” am Samstag dabei. Der Einsatz der Jugendspieler würde Mut erfordern. Mut, der nicht mehr da ist. Das Spiel gegen Freiburg hat gezeigt, wie uninspiriert man auch im Ballbesitzspiel ist. Martin Rafelt hat im Rasenfunk festgestellt, dass Maaßens U23 beim BVB einen besseren Spielaufbau hatte, als der FCA am Samstag. Ein vernichtendes Urteil nach über einer Saison der Zusammenarbeit. Immerhin hat Maaßen es jetzt mit gestandenen Profis zu tun und war in die Spielerauswahl eingebunden.

Alles Einwirken von der Seitenlinie hat zuletzt nichts mehr genutzt. (Photo by Neil Baynes/Getty Images)

Dabei ist Spielerentwicklung aber auch so ein Thema, auf das man einen zweiten Blick werfen kann. Viele Erfolgsgeschichten hat Maaßen hier abseits von Arne Engels nicht zu bieten: Ruben Vargas verharrt in der Formschwäche, Niklas Dorsch auf der Bank, Arne Maier auch. Ein Spieler wie Felix Uduokhai ist vor allem fehleranfällig geworden. Die Liste ließe sich fortsetzen. Dazu kommt ein Abgang wie der von Renato Veiga und nun wohl auch der Bruch mit Winter-Neuzugang Mbuku, der seinen Instagram-Account von allen FCA-Fotos befreit hat. Von den eigenen Jugendspielern brauche ich überhaupt nicht anzufangen. Diese kommen auch unter Maaßen nicht zum Zug. Es wirkt dann doch wie ein Trümerhaufen, wenn man solch eine Aufzählung beginnt. Derweil Maaßen die junge Mannschaft immer wieder als Ausrede nutzt, wenn die Ergebnisse meist ausbleiben. Oder der von ihm geforderte Killerinstinkt nirgends zu sehen ist. Es macht schlicht vieles keinen Sinn mehr.

Was ist zu tun?

Die Situation trifft den FCA in einer schwierigen Situation. Stefan Reuter hat sich gerade erst zurückgezogen und Michael Ströll ist erst seit kurzem alleiniger Geschäftsführer, Marinko Jurendic als Sportdirektor erst seit zwei Monaten im Amt. In der neuen Entscheidungsstruktur ist es jetzt notwendig schon sehr früh eine wegweisende Entscheidung zu treffen. Für die Entscheidung pro Maaßen hat sich der FCA im letzten Sommer lange Zeit gelassen. Zeit, die er jetzt nicht hat. Ich mag hoffen, dass man sich auch im Moment nicht erst seit vorgestern mit Alternativen auf dem Trainerposten beschäftigt, gerade auch weil Präsident Max Krapf seine Erwartungen diesbezüglich früher schon deutlich kommuniziert hatte: Er hat schon vor seiner Präsidentschaft auf Walther Seinsch und seine Listen mit Alternativen verwiesen.

Der Verein hat allerdings bewusst eine Entscheidung zu treffen: Entweder man stellt sich hinter Maaßen und geht durch diese Phase gemeinsam (wer glaubt es noch?), oder man präsentiert eine Alternative, wenn man soweit ist. Mittlerweile käme es mir skurril vor, wenn Maaßen nach dem Darmstadt-Spiel noch im Amt wäre. Und ohne über Namen zu spekulieren: Die Wahl ist mal wieder keine einfache. Traumkandidaten sind selten unter der Saison zu bekommen. Es hilft ja aber nichts. Den Mut, den der Trainer zuletzt immer wieder vermissen ließ, müssen nun die anderen Verantwortlichen an den Tag legen und die Wende einläuten.

Vorfreude mit Maaßen

Im Trainingslager hat sich Enno Maaßen die Zeit genommen, um mit uns auf die abgelaufene Saison zurückzublicken und darüber zu reden, was sich zukünftig ändern soll. Fokussiert und gleichzeitig gelassen merkt man ihm an, dass die Stimmung gut ist. Es herrscht eine gewisse Zuversicht, aus dem ein oder anderen kritischen Thema aus der letzten Saison die richtigen Schlüsse gezogen zu haben. Mich steckt er damit schon nach einer kurzen Weile an. Im Grundsatz bleibt Enno rein vom Typ her, der beste Trainer, den der FCA seit einer ganzen Weile hatte. Man fiebert mit ihm und dem Team direkt mit. Die Vorfreude auf die neue Saison ist durch das Gespräch zumindest bei mir deutlich gestiegen. Aber lest selbst und verschafft euch einen eigenen Eindruck:

Andy: Servus Enno, deine erste Bundesligasaison ist in den Büchern. Wie sieht dein persönliches Fazit aus?

Enno: Es gab Licht und Schatten. Trotz eingeleitetem Umbruch und Verjüngung des Kaders hatten wir richtig gute Phasen. Aber wir haben es versäumt, uns über gute Ergebnisse in manchen Spielen während der Saison andere Perspektiven zu eröffnen. Wir haben es unter anderem gegen Leipzig und Wolfsburg verpasst, deutliche Führungen nach Hause zu bringen und in höhere Tabellenregionen vorzustoßen. Wir haben auch gegen direkte Konkurrenten insgesamt zu wenige Punkte geholt. Dass wir hinten heraus Probleme bekommen haben, darf man trotz einiger Verletzungen und Sperren nicht schönreden. Damit waren wir nicht zufrieden. Insgesamt haben wir als Mannschaft wertvolle Erfahrungen gesammelt. Darauf wollen wir aufbauen und uns immer weiter verbessern.  

Andy: Die Saisonanalyse war ein heißes Thema, das in vielen Interviews mit unterschiedlichen Personen im Verein thematisiert wurde. In welchen Bereichen ist es für dich am wichtigsten, dass sich das Team für die kommende Saison verbessert?

Enno: Wir wollen in allen Bereichen möglichst immer 100% Leistung abrufen. Wir wollen durch Kontinuität in die Stabilität kommen. Dabei legen wir noch mehr Wert auf Basics wie Zweikampfwerte, Passquote und auch Standards. Wir brauchen einen Killerinstinkt, um Spiele nicht mehr aus der Hand zu geben, sondern am Ende zu unseren Gunsten zu entscheiden.

Andy: Wenn es am Ende der kommenden Saison wieder eng werden sollte: Warum wird sich ein Einbruch wie gegen Gladbach nicht wiederholen?

Enno: Einerseits nehmen wir alle die Lernerfahrungen aus diesem Jahr mit und können darauf aufbauen. Andererseits haben wir im Vorlauf zu diesem Spiel Entscheidungen getroffen, bei denen wir in ähnlicher Situation eventuell in der Zukunft anders handeln würden. Grundsätzlich wird es wichtig sein, sich vor allem mental zu verbessern, um mit ähnlichen Drucksituationen besser umgehen zu können.

Andy: Inwiefern ist gerade mit Blick auf Stabilität und Kontinuität kontraproduktiv, dass sich ein Spieler wie Felix Uduokhai gegen eine Vertragsverlängerung beim FCA entschieden hat?

Enno: Das ist schade, weil wir Felix schätzen und er ja auch ein Verlängerungsangebot vorliegen hatte. Prinzipiell ist es aber für uns wichtig, klar und offen mit der Situation umzugehen und Spieler hierzuhaben, die sich zu 100% mit uns identifizieren.

Andy: Schon im letzten Sommer war eine der von Dir benannten Kernaufgaben, ein Team zu formen. Wo siehst Du euch hier, auch unter Anbetracht der vielen Zugänge?

Enno: Wir haben in den letzten Transferperioden vor allem junge, talentierte Jungs dazu geholt. Jetzt in dieser Periode war uns wichtig, zusätzlich auch ein paar gestandene Typen zu verpflichten, die das Mannschaftsgefüge stabilisieren. Wir haben im Trainingslager gesehen, dass hier etwas zusammenwächst. Die Stimmung ist sehr gut.

Die Stimmung vor der neuen Saison ist prinzipiell gut. (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Andy: Ihr habt in der letzten Saison immer wieder zwischen 3er und 4er Kette gewechselt. Inwiefern beeinflusst das Personalkarussel nun auch die sportlichen Pläne?

Enno: Das verfügbare Personal beeinflusst immer auch die Ausrichtung der Mannschaft. Wir haben im letzten Jahr mit beiden Grundausrichtungen sowohl gute als auch schlechte Spiele abgeliefert. Wichtiger ist uns, dass wir unsere intensive Art des Spiels umgesetzt bekommen und uns mit dem Ball stetig weiterentwickeln.

Andy: Eine große Rolle haben im letzten Jahr auch verletzungsbedingte Ausfälle gespielt. Wie ist deine Perspektive auf dieses Thema?

Enno: Wir hatten im letzten Jahr einige krasse Ausfälle unter anderem von André Hahn, Niklas Dorsch oder Reece Oxford. Wenn wir aber rein auf Muskelverletzungen schauen, dann liegen wir in diesem Bereich gar nicht so schlecht. Trotzdem können wir natürlich in diesem Bereich auch noch besser werden. Deshalb haben wir auch zusätzliches, erfahrenes Personal dazu geholt, um die Spieler noch besser und individueller fördern zu können.

Andy: Neuzugänge gab es auch in der sportlichen Führung. Wie läuft hier schon der Austausch, auch wenn Marinko Jurendic erst im August offiziell anfängt?

Enno: Michael Ströll und Stefan Reuter haben mich in einem Gespräch über die neue Aufgabenteilung informiert. Mit Marinko habe ich mich auch schon ausgetauscht und freue mich, wenn er im August dann richtig bei uns angreift.

Andy: Marinko Jurendic kommt ja auch, weil die Schnittstelle zur Paul-Renz Akademie gestärkt werden soll. Welche Perspektive haben die Spieler aus der Akademie in der kommenden Saison?

Enno: Dass bei uns junge, entwicklungsfähige Spieler, am liebsten aus dem eigenen Nachwuchs, eine klare Perspektive bekommen sollen, haben wir betont. Hier ist aber auch Geduld gefragt. Einige Spieler haben sich im letzten Jahr bei ihren Leihen gut entwickelt. Die Spieler kommen mit einem anderen Selbstbewusstsein von den Leihen zurück und können sich nun in der Vorbereitung zeigen oder im Falle von Lukas Petkov oder Lasse Günther weiter Spielpraxis auf hohen Niveau sammeln. Der Sprung von der U19 in die Bundesliga bleibt aber ein großer, den nur sehr selten Spieler sofort schaffen. Und hier liegt es an uns, die Spieler weiterhin individuell mit den geeigneten Maßnahmen zu begleiten.

Andy: Abschließende Frage: Der FCA hat den Ausrüster gewechselt. Ändert sich dadurch etwas an deinem Sneakergame am Spieltag?

Enno: (Lacht) Nein, ich habe freie Kleider- und Schuhwahl und den WWK-Pin bekomme ich überall dran gepackt. Da bleibt alles beim alten.

Andy: Danke Dir, Enno, für deine Zeit. Ich kann bestätigen, dass die Stimmung ganz hervorragend ist.

Goldjunge Enrico Maaßen

Drei Wochen ist es her, dass der FC Augsburg Enrico Maaßen erst mündlich, dann schriftlich als neuen Chefcoach verpflichtet hat. Einige haben die Zwischenzeit genutzt, um Portraits oder Trainerprofile über den 38-jährigen gebürtigen Wismarer anzufertigen. Sehr früh auch der FCA.

Vereine wählen dieses Format gerne, um die Öffentlichkeit mit den wichtigsten Daten und Fakten zu ihrem neuen Mitarbeiter zu versorgen. Dass dabei dessen Karriereerfolge und Vorzüge oft im Vordergrund stehen, dürfte niemanden groß verwundern. Schließlich handelt es sich auch bei solchen Mitteilungen um einen Teil der externen Kommunikation, in der der Club seinen neuen Trainer in einem möglichst guten Licht präsentieren möchte (und damit auch sich selbst). Daher habe ich es nicht ganz verstanden, dass sich Pitt Gottschalk, Chefredakteur bei Sport1, kürzlich ausgerechnet am Trainerportrait unserer Fuggerstädter so gerieben hat. Aber sei’s drum, das soll hier nur eine kleine Randnotiz bleiben.

Auch wir von der Rosenau Gazette haben uns nochmal intensiver auf die Suche nach Material zur Person „Enno“ Maaßen gemacht. Wir wollen aber kein ‚klassisches‘ Portrait abliefern. Sondern vielmehr sehen, wie unser neuer Coach sich selbst beschreibt. Und auch, wie sein fußballerisches Umfeld das bisher getan hat. Ob da auch was Negatives dabei ist? Ihr werdet es sehen 😊

Maaßen über sich selbst

Wenn man Enrico Maaßen über sich sprechen hört (oder liest), stößt man immer wieder auf zwei Selbsteinschätzungen. Einerseits sei er ein sehr familiärer Mensch, der aus seiner Familie – er hat Frau und zwei Kinder – viel Kraft schöpft. Nicht umsonst ist es ihm auch bei uns in Augsburg wichtig, seine Familie möglichst bald nachzuholen. Selbst mit seinen Eltern und Schwiegereltern fährt er – nicht selten zur Verwunderung anderer Hotelgäste – gerne in den Urlaub, wie er jüngst am PK-Mikro verriet.

Die familiäre Seite des 38-Jährigen ist andererseits flankiert mit einer riesigen Leidenschaft für den Fußball. Und das nicht nur während der Arbeitszeit, sondern 24 Stunden am Tag. Ein Fußballverrückter ist er, sagte er schon zu Beginn seiner Trainerzeit 2014/2015 beim Niedersächsischen Oberligisten SV Drochtersen/Assel (D/A). Bei seinem Amtsantritt als U23-Trainer in Dortmund beschrieb er seine Fußballverrücktheit so:

„Als Trainer ist es natürlich schwer, das komplett beiseite zu schieben. Ich bin schon jemand, der das mit Haut und Haaren lebt.“

Enrico Maaßen im BVB-Interview vom 20.09.2020

Wenn sich Enno als Trainertyp einordnen soll, kommt man spätestens seit seiner Dortmunder Zeit nicht um den ganzheitlichen Trainer herum. Was er damit meint: Sich nicht nur auf einen Mannschaftsteil, z.B. die Defensive, zu konzentrieren und davon ausgehend Tore aus dem Umschaltspiel heraus zu erzielen (wie es der FCA ja lange praktiziert hat). Vielmehr legt er sowohl Wert auf die Defensive, die stabil sein soll, und das Spiel gegen den Ball, das mit einer hohen Pressinglinie geführt wird und sich ggf. flexibel am Gegner orientiert. Als auch auf die Offensive, das Spiel mit dem Ball, durch das mit variablem Positionsspiel und Kreativität möglichst viele Torchancen kreiert werden sollen. Zu diesem ganzheitlichen Trainer habe er sich mit der Zeit entwickelt.

Wie unser neuer Chefcoach selbst sagt, erledigt er seine Arbeit im Team auch mit einer positiven Grundstimmung, Ruhe, Empathie und Transparenz: Er sei grundsätzlich jemand, der

„sehr ruhig ist, der auch nah dran ist, dem es wichtig ist, eine gute Atmosphäre in der Mannschaft zu haben, keine Wohlfühlatmosphäre, aber eine, wo jeder gerne zum Training kommt, wo jeder weiß, da gibt’s ne gewisse Transparenz auch, dass jeder weiß, woran bin ich.“

Enrico Maaßen im BVB-TV vom 04.08.2020

Der FCA über Maaßen

An vielen Stellen konnte man bereits nachlesen, dass der FCA in Person von Sportgeschäftsführer Stefan Reuter Enrico Maaßen als seine absolute Wunschlösung auf dem Trainerstuhl bezeichnet. Das wurde er auch auf Maaßens Antritts-PK nicht müde zu betonen. Reuter zeigte sich rundum von ‚seinem‘ neuen Trainer beeindruckt: von dessen Kaderkenntnis, von dessen Spielidee, von dessen Energie und Willen, sich zu verbessern, den man permanent spüren könne. Maaßens Selbstbeschreibung als „positiv Verrückter“ hat Reuter schon vor der PK übernommen.

Auch von unseren Spielern hört man, dass sie ihren neuen Übungsleiter schätzen, „seinen Plan“. Niklas Dorsch, dessen Genesung nach seinem Schlüsselbeinbruch extrem schnell vorangeht (Thank God!), attestiert Maaßen im neuen Kicker – wie schon Reuter – „Freude“ und „Hunger auf Erfolg“, dass er sehr kommunikativ sei und das Team ums Team mit ins Boot hole. Man merkt, die Attribute fangen langsam an, sich zu wiederholen.  

Medien über Maaßen

Beim Blick in die Medien- und Bloglandschaft kommen dagegen noch ein paar weitere Facetten hinzu. In einem sehr frühen Interview auf Blog trifft Ball – Maaßen hatte damals als gerade 30-Jähriger bei D/A angeheuert – heißt es schon, er sei ein Trainertalent. Auch beschreibt der Interviewer seinen Gesprächspartner als ziemlich entspannt. Ennos Lockerheit sei ansteckend, wobei er immer wieder um Contenance und Bescheidenheit bemüht sei, z.B. als er bezweifelt, schon jetzt, während seiner ersten Trainerstation in Niedersachsen, einen „so wertvollen Lehrgangsplatz“ wie den des Fußballlehrers zu bekommen.

Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Im August 2020 durfte sich Maaßen schließlich dann doch noch über seinen Fußballlehrer freuen, nachdem er sich schrittweise – über die B- und A-Lizenz – dazu hochgearbeitet hatte. Unter anderem deswegen sei er auch ein Vielbeschäftigter. 2015 war er nicht nur gelernter KfZ-Mechaniker und Sport- und Fitnesskaufmann. Daneben bildete er sich auch immer wieder erfolgreich weiter. Mit einem Sporttherapie-Fernstudium und seit Beginn seiner Trainerlaufbahn, die bis zum Schritt in den Hauptberuf beim Regionalligisten SV Rödinghausen 2018 immer noch nebenherlief, eben auch durch Trainerlehrgänge.

Bei all seinen Aktivitäten sei Maaßen trotzdem penibel, ein Perfektionist:

„Einer, der überall schraubt – sei es das Geschehen auf dem Rasen oder die Außendarstellung und externe Kommunikation. Wie er in der Öffentlichkeit zitiert wird, segnete er in Dortmund immerzu selbst ab – und regelte die sportlichen Geschäfte auf ähnliche Art und Weise.“

Der Kicker über Enno Maaßen am 09.06.2022

Frühere Weggefährten über Maaßen

Und da wären wir mit dem BVB, in dessen Diensten Maaßen seit 2020 als U23-Trainer stand, bei früheren Stationen angekommen, an denen er ebenfalls Eindruck hinterlassen hat. Was die Offiziellen beim BVB und Rödinghausen über ihn sagen, kommt einem nur allzu bekannt vor. Wunschtrainer, hier wie da. Bei Franz Pfanne, Mittelfeldspieler, den Maaßen aus Rödinghausen zu Dortmund gelotst hat, kommt nochmal unverkennbar der Perfektionist und Fußballverrückte zum Vorschein:

„Enrico ist ein Trainer, der sich wirklich über alles Gedanken macht. Also wirklich über alles. Egal ob auf dem Platz oder daneben. Der ist so fußballverrückt, das ist echt krass.“

Franz Pfanne über Maaßen im Schwatzgelb-Blog vom 20.02.2021

Besonders spannend fand ich aber auch Einschätzungen aus Fanforen. Für den DortmunderJungen z.B. war Maaßen schon längst vor seiner Verpflichtung bei den Schwarz-Gelben ein Traum. Für Molsiris danach dann ein absoluter Glücksgriff. Und TheKillingJoke imponiert, wie er das Team mitgenommen hat.

Ein Post eines Hansa Rostock-Anhängers, der früher mit dem gebürtigen Mecklenburger in der B-Jugend kickte, ist mir dabei besonders im Gedächtnis geblieben. Denn er enthält so vieles davon, wie auch spätere Weggefährten – wie wir jetzt gesehen haben – Maaßen beschrieben haben:

„Ich kenne ihn noch aus der B Jugend in Grevesmühlen. Dort haben wir 1 Jahr lang zusammen gespielt. Er war damals schon ein sehr euphorischer Typ, der als Spieler schon das Spiel gelenkt hat und in der Halbzeit hin und wieder taktische Ideen hatte und generell komplett fussballverrückt war.“

User Draven_ im TM-Forum vom 06.01.2019

Stimmt’s oder stimmt’s nicht?

Sofern man den Selbst- und Fremdbeschreibungen von und zu Enrico Maaßen glauben mag, dürfen wir uns in Augsburg die nächsten drei Jahre über ein wahrliches menschliches und fußballerisches Genie an der Seitenlinie freuen. Die Frage, die sich jetzt aber noch stellt, ist: Stimmen diese Lobeshymnen auf ihn oder nicht? (Die Nähe der Überschrift zur Lieblingskategorie unseres Gregerls im FCA-TV-Format „Was woisch“ ist hier natürlich rein zufällig gewählt 😊.) Ich versuche das zum Schluss noch ein bisschen einzuordnen.

Maaßens Fußballverrücktheit – gerade in seiner ‚Freizeit‘ – ist schwierig zu beurteilen. Aber gerade die Aussagen der früheren (Mit-)Spieler finde ich überzeugend. Auch dass Maaßen sich als ganzheitlicher Trainer begreift, zu dem er geworden ist, leuchtet mir anhand seiner bisherigen Laufbahn komplett ein. Bei D/A ließ er ergebnisorientiert noch hauptsächlich umschalten. In Rödinghausen verlagerte sich sein Fokus auf die Offensive, während beim BVB die individuelle Spielerentwicklung hinzukam. Und dazu gab ihm der Erfolg einfach recht.

In der Tat wirkt Maaßen in Interviews sehr ruhig, sehr besonnen, sehr klar auf mich. Ich höre ihm gern zu. Daher kann ich es gut nachvollziehen, wenn beim FCA schon jetzt der Prozess des Mitnehmens angefangen hat. Den Maaßen selbst ja auch initiiert hat, indem er nicht nur gleich die Mannschaft kennenlernen wollte, sondern auch alle weiteren Player im Verein und drumherum. Schon jetzt fühlen sich viele (wieder) mitgenommen von diesem „Menschenfänger“, wie es die Viererkette kürzlich ausgedrückt hat. Die von Maaßen gleich selbst zum Hintergrundgespräch mitgenommen wurde.

Aber (und hier kommt das vorläufig einzige und sehr kleine Aber): Dass Maaßen das Wort „gemeinsam“ auf der PK so oft genannt hat, wirkte auf mich irgendwie gekünstelt. Fast wie ein einstudierter Teil der aktuellen FCA-Kommunikation, die ja mehr denn je, hat man den Eindruck, um die Wiederherstellung eines Miteinanders auf allen Ebenen bemüht ist. Vor anderen Kameras oder in anderen Zeitungen hat Maaßen das meines Wissens nach nicht so oft betont. Zumindest nicht im Zusammenhang mit dem gesamten Verein, sondern eher mit dem Mannschaftszirkel.

Trotzdem habe ich es Maaßen abgenommen. Vielleicht hat ja auch seine penibel geplante Außendarstellung Wirkung gezeigt? Egal. Ich finde ihn mitreißend. Vielversprechend. Vertrauenserweckend. Allerdings kann erst die nächste Zeit zeigen, ob die angestrebte Gemeinsamkeit zwischen allen Vereinsteilen auch wirklich praktiziert wird. Sollte das aber gelingen, ist es nicht unwahrscheinlich, dass für den FCA mit Maaßen, diesem Goldjungen, wirklich goldene Zeiten anbrechen. Egal, ob Klaus Hofmann seine Aussage von neulich ironisch gemeint hat oder nicht.

Maaßen muss es richten

Der FC Augsburg verpflichtete vor kurzem Enrico Maaßen als Trainer für die Bundesligamannschaft. Maaßen tritt damit die Nachfolge von Markus Weinzierl an, der nach dem letzten Spieltag der abgelaufenen Saison im Sky-Interview verkündete, seinen Vertrag in Augsburg nicht verlängern zu wollen.

Die Trainersuche

Die Entscheidung von Weinzierl schien den FCA auf dem falschen Fuß erwischt zu haben. Es dauert nun fast einen Monat, um einen Nachfolger für den bisher erfolgreichsten Trainer in der Bundesliga zu finden. Zwar wurden in der Presse diverse Namen gehandelt, nur einen Abschluss konnte der FCA nicht vermelden. Derweil ist ein zügiges Handeln in dieser Phase der Saisonvorbereitung notwendig, um auch auf dem Transfermarkt die nötigen Entscheidungen hinsichtlich des Kaders treffen zu können. Hier wurde schon vor längerem die Chance verpasst, früh die Weichen zu stellen.

Welche Rolle die allgemein chaotische Situation beim FCA bei der Trainersuche gespielt hat, ist nicht klar. Hofmanns Abgang, der schon für viele Fragen sorgte, als auch die Art und Weise wie Weinzierl dem Club seine Sicht auf seine persönliche Zukunft mitteilte, können nebst einer insgesamt fragwürdigen Kommunikationsstrategie, nicht geholfen haben.

Der Zustand des Clubs

Der Club ist derweil in einem durchwachsenen Zustand. Zwar hat man die Corona-Krise gut überwunden und steht solide da. Allerdings hat man in den letzten Jahren immer wieder bei großen Transfers daneben gelegen bzw. diese haben nicht direkt eingeschlagen. Neben Tomas Koubek hat der FCA nun auch viel Geld für Ricardo Pepi in der Winterpause hingelegt und ist darauf angewiesen, dass der Spieler in der Zukunft abliefert.

Der Kader ist ansonsten nicht rund aufgestellt. Gerade im mittleren Alterssegment fehlt dem FCA eine bereitere Basis, die als Verbindung zwischen den Familienvätern und den Youngsters fungiert. Dazu gibt es offensichtliche qualitative Lücken z.B. auf den Außenverteidigerpositionen. Dass die Vorgänge in der Mannschaft auch für Irritationen gesorgt haben und weiterhin der Kader einen Tick zu groß ist, um Jugendspielern eine realistische Chance bieten zu können, kommt hier noch dazu. Von den Spielern mit auslaufenden Verträgen, die bisher nicht verabschiedet wurden, fangen wir jetzt gar nicht an. Insgesamt ergibt sich eine Latte an Aufgaben, die in den kommenden Wochen angegangen werden müssen.

Fast musste man schon vermuten, Stefan Reuter macht es selber. Nun hat der FCA doch noch einen neuen Trainer gefunden. (Photo by Matthias Hangst/Getty Images)

Der neue Trainer

Mit in alle diese Entscheidungen wir ab jetzt hoffentlich Enrico Maaßen eingebunden. Maaßen ist ein 38 Jahre alter aufsteigender Stern am Trainerhimmel und hat in den letzten beiden Jahren die U23 des BVB trainiert. 2021 ist er mit dieser in die dritte Liga aufgestiegen. Davor war er in der Regionalliga in Rödinghausen aktiv. Maaßen setzt auf ein offensives Spielsystem, dass sehr laufintensiv ist. Hierbei agiert er meist aus einer Formation mit 3er/5er Kette. Weiterhin scheint es ihm wichtig zu sein, das Mannschaftskollektiv zu stärken und eine geschlossene Einheit zu formen. An der Seitenlinie ist er ein sehr aktiver, coachender Trainer.

Auf dem Papier mag das alles passen. Die Frage wird in diesem Zusammenhang sein, wie schnell Maaßen der Umstieg auf die erste Bundesliga gelingt. Dass er beim BVB schon mit hoch veranlagten Talenten gearbeitet hatte, ist mit Sicherheit ein Plus. Insgesamt sollten wir von seiner Kompetenz mit Jugendspielern profitieren.

Springt der Funke über?

Maaßens Einstand verlief nicht gerade nach Plan. Erst dauerte es eine ganze Weile bis der FCA den Wunschtrainer identifiziert hatte. Nachdem dann Sky schon die Verpflichtung vermeldete, zeigte sich BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl “sehr irritiert”. Vor Maaßen liegt nun zusammen mit Stefan Reuter viel Arbeit und man mag hoffen, dass beide im Team funktionieren.

Die Verpflichtung sollte für FCA Fans allerdings in erster Linie für Hoffnung sorgen. Der FCA hat nicht einen abgehalfterten, ehemals erfolgreichen Bundesligatrainer verpflichtet, um auf Nummer sicher zu gehen. Maaßen hat sich einen Namen gemacht und hatte wohl andere Angebote aus der Bundesliga bzw. dem Ausland. Und hat sich trotzdem für den FCA entschieden. Irgendetwas scheint da zu passen. Ich finde die Verpflichtung aufregender als Schuster, Schmidt und Herrlich zusammen und drücke die Daumen. Alles Gute und viel Erfolg, Enrico Maaßen!

Zeit, Gänge hochzuschalten

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne “Einwurf aus der Rosenau Gazette” bei presse-augsburg.de. 

Mitten in der Saison könnte man sagen. Mehr als 10 Prozent der Spiele sind gespielt. Der FCA ist immer noch sieglos. Wenn man es positiv sehen will: die Mannschaft hat nur zweimal verloren (aber dabei 8 Gegentore kassiert). Nun ist es ja schon fast traditionell so, dass wir schlecht starten und zu Beginn der Saison keine Euphorie aufkommen mag. Reicht Geduld, oder hätte es andere Impulse während der Transferperiode bedurft?

Stefan Reuter ist erneut derjenige, der in der Pflicht steht. Seine Entscheidungen haben das Saisonende und den Beginn der Saison geprägt. Genau wie das letzte Jahrzehnt des FCA. Sein Handeln ist dabei keineswegs von blindem Aktionismus geprägt, sondern von Geduld und Nachhaltigkeit. In dieser Saison geht er erneut eine Risiken ein. Mir wird etwas mulmig, wenn ich über diese nachdenke. Der ein oder andere Dreier wären nötig, damit ich nicht weiter über die folgende Liste grübele:

Der Trainer

Ja, Markus Weinzierl hatte eine tolle erste Phase in Augsburg. Ja, er ist nicht nur im Vergleich zu Heiko Herrlich ein Sympathieträger. Derweil dürfen Zweifel angebracht werden, ob Weinzierls Arbeit einige Jahre später zu ähnlich erfolgreichen Ergebnissen führen kann. Zu Denken geben sollte, dass sich die Bundesliga laufend weiterentwickelt. Taktische Herangehensweisen, die noch vor einigen Jahren äußerst erfolgreich waren, sind durchschaut und entsprechend taktische Gegenmaßnahmen entwickelt. In seinen Amtszeiten auf Schalke und in Stuttgart konnte Weinzierl nicht beweisen, dass er Mannschaften auf die Erfolgsspur bringen kann. Zumindest nicht in der Zeit, die ihm gegeben wurde. Stefan Reuter setzt nun darauf, dass dies in Augsburg anders sein wird. Warum sollte dies so sein?

Nachgedacht wird intensiv. Ob die Pläne aufgehen? Wir werden sehen. (Foto: nordphoto GmbH / Engler nph00076 via Imago)

Verletzungsanfällige und Formschwache

Manche Spieler im Augsburger Kader sind – bei voller Gesundheit – absolute Leistungsträger. Leider sind sie zu selten im Vollbesitz ihrer Kräfte. Jan Moravek, ist hier zuallererst zu nennen, der sich direkt an einem der ersten Spieltage eine schwere Muskelverletzung zugezogen hat. Alfred Finnbogason fällt auch in diese Kategorie. Auch Raphael Framberger und Freddy Jensen sind in der Vergangenheit durch vielfältige Verletzungen aufgefallen.

Die Leistung anderer Spieler ist sehr formabhängig. Gregerl hatte eine Saison lang Tor um Tor geschossen. Auch Florian Niederlechner hatte eine Traum-Saison und danach ist die Tor-Quote deutlich abgeflacht. Sogar bei Rafal Gikiewicz zeigt sich momentan eine deutliche Formkurve.

Die Liste der Spieler ist recht lang und wie sich zeigt, werden nicht alle ihre Verletzungsanfälligkeit oder Formschwäche überwinden. Ich hoffe, wir sind darauf nicht angewiesen.

Manche müssen den Sprung schaffen

Bei einer weiteren Gruppe aus Spielern sind wir darauf angewiesen, dass sie dauerhaft auf Bundesliganiveau spielen können. Sie haben es bisher nicht unter Beweis gestellt. Und während es gerade bei Reece Oxford gut aussieht (ich hoffe, die Aussetzer sind Historie) benötigen wir eine ähnliche Entwicklung von Iago, Niklas Dorsch, Mads Pedersen, Sergio Cordova, Robert Gumny, Andi Zeqiri oder Lasse Günther.

Alle werden es nicht schaffen. Wenn sich allerdings keiner dieser Spieler sportlich weiterentwickeln würde, dann bekommen wir diese Saison ein Problem. Das Zauberwort heißt an dieser Stelle Konstanz. Konstanz auf hohem Niveau ist, was diese Spieler liefern müssen.

Führungsspieler

Jeffrey Gouweleeuw ist nun die zweite Saison der Kapitän der Mannschaft. Darum herum gibt es wohl immer noch einen Mannschaftsrat. Auf dem Platz ist manchmal keine eindeutige Führungsstruktur zu erkennen. Wer gibt Signale und wer nimmt auch in schwierigen Situationen das Heft des Handelns in die Hand? In den ersten beiden Heimspielen – gerade nach langer Abwesenheit der Fans – ist man in der Endphase der Spiele erstmal auseinander gebrochen. Das hier – außer Gike – auch intern dann mal die Fetzen fliegen, ist nicht erkennbar.

Zu viel Beschweren, zu wenig Verantwortung übernehmen. Zeit für die Wende. (Foto via Imago)

Daniel Caligiuri kam letzte Saison als erfahrene Kraft. Tobias Strobl auch. Insgesamt ist es mir zu ruhig, auch was das Commitment der Spielergemeinschaft zu den eigenen Ansprüchen und die emotionale Komponente angeht. Heiko Herrlich konnte nach Martin Schmidts Wirken die Einbrüche etwas eindämmen. Auf weitere sportliche Einbrüche habe ich ehrlich gesagt keinen Bock. Und mir ist nicht klar, wer außer den Führungsspielern auf dem Platz ansonsten in diesen Situationen die notwendigen Impulse geben sollte.

Die offensive Harmlosigkeit

Gegen Ende des Spiels nicht vollständig einzubrechen ist ja schon die absolute und armselige Mindestanforderung. Während über viele Jahre hinweg, die defensive Kompaktheit in Augsburg das wichtigste Augenmerk war, hat sich der Fokus in der letzten Zeit etwas gedreht. Heiko Herrlich hat uns offensive Harmlosigkeit eingetrichtert. Diese ist eine schwierige Marotte. Und während gegen Union Berlin zumindest Torabschlüsse und Gelegenheiten da waren (und auch Andreas Luthe seinen Teil dazu beitrug, dass wir kein Tor erzielten), war dies gegen die Frankfurter Eintracht noch nicht der Fall.

Offensiv bleiben wir noch zu oft harmlos und ohne Durchschlagskraft. Und hier muss sich etwas ändern. Dies ist auch genau der Bereich, bei dem auf dem Transfermarkt – vergleichbar mit der Verpflichtung von Max Kruse durch Union Berlin im letzten Sommer – auch von außen der Spirit geändert hätte werden können. Stefan Reuter verlässt sich darauf, dass es auch so klappt. Wie ich hoffe, dass er Recht hat.

Eine notwendige Kraftanstrengung

Wenn man die Verantwortlichen des Vereins fragt, dann lief in den letzten Jahren vielleicht nicht alles optimal, aber man war ja doch immer zufrieden. Das ist ein gefährlicher Pfad. Die letzten Jahre waren aus sportlicher Sicht nicht nur verlorene Jahre. Die Entwicklung war sogar rückläufig. Und wenn man sich die Tabelle in den letzten Jahren anschaute, dann war klar, dass es nicht an unserem sportlichen Können lag, dass wir die Klasse gehalten haben. Andere Vereine haben sich schlicht noch viel depperter angestellt. Unsere Entwicklung ist dabei doch recht vergleichbar mit der von Werder Bremen und anderen. Muss das irgendwann zum Abstieg führen? Nein, vielleicht auch nicht. Andere Clubs können uns immer wieder unterbieten. Ist das allerdings die Frage, die wir uns stellen wollen?

Ich wäre dann angefressen genug für eine Trotzreaktion und ein Aufbäumen. Und das schon nach vier Spieltagen. (Foto: nordphoto GmbH / Engler nph00076 via Imago)

Sportlich fehlt schon lange, dass wir nicht mehr der bissige und eklige Gegner sind, der den anderen Bundesligisten den Würgereiz vor den Partien gegen uns hervorruft. Frankfurt hat deutlich unangenehmer gespielt als wir. Wir lassen uns schlicht zu oft den Schneid abkaufen. Es fehlt auch die absolute Geschlossenheit. Die heutige Mannschaft mag deutlich höher veranlagt sein, als das frührere Teams waren. Die Konsequenz, mit der Ragnar Klavan, Raul Bobadilla, Sascha Mölders, HardKohr und andere Dinge geschlossen auf dem Platz auch mal erzwungen haben, ist weg. Über Marwin Hitz Ausgleich gegen Bayer 04 Leverkusen oder seine Manipulation des Elfmeterpunkts mal ganz zu schweigen.

Die Erkenntnis, dass wir als Club dauerhaft unsere Komfortzone verlassen müssen, um sportlich in dieser Liga eine Rolle spielen zu können, ist verloren gegangen. Mittlerweile sind wir die graue Maus. Noch nicht einmal Kampf und Einsatz heben uns noch hervor. Stefan Reuters größte Aufgabe ist daher wohl, diese wieder zu beleben. Daran wird diese Saison vieles, wenn nicht alles, hängen. Wenn ich daran denke, dass wir gegen Gladbach nächste Woche schon wieder vier Buden kassieren könnten, dann könnte ich kotzen. Es ist Zeit, die Ernsthaftigkeit der Lage in dieser Saison schon früh anzuerkennen. Und es ist Zeit, das Augsburger Biest wieder von der Leine zu lassen. ROOOAAAARRRR!

Der Trainer des Jahrzehnts

Den ganzen Sommer über haben wir uns damit beschäftigt, die Elf des ersten Bundesligajahrzehnts zu wählen. Vom Torhüter bis zur Sturmspitze. Teilweise war es eine schwere Wahl und man konnte sich kaum entscheiden. Manchmal war es glasklar und die Wahl war eine Formalie. Nun braucht unsere Elf des Jahrzehnts wohl auch einen Trainer. Und so geht es nun heute darum, den Trainer des ersten Bundesligajahrzehnts zu wählen. Hier sind unsere Kandidaten:

Jos Luhukay: Jos, we can!

Der sympathische Niederländer wurde von Andreas Rettig als Trainer verpflichtet, mit dem ihm eine freundschaftliche Beziehung verband. Luhukay hatte nach Stationen in seinem Heimatland in Deutschland vor allem im Westen der Republik für erste positive Eindrücke gesorgt. In Gladbach wurde er im Januar 2007 vom Co- zum Chef-Trainer befördert und erst nach 60 Spielen im Herbst 2008 von seinen Aufgaben entbunden.

Im April 2009 schlug der FCA zu und ebnete mit dieser Entscheidung ganz erheblich den Weg in die erste Liga. In seiner ersten Saison in Augsburg führte Luhukay das Team in die Relegation. Im zweiten Jahr folgte der Aufstieg. Ganz Augsburg ging in diese erste Bundesligasaison mit der realistischen Einschätzung, dass der Klassenerhalt eine riesige Herausforderung werden würde. Die Luhukay mit der Truppe mit Bravour meisterte.

War der Fußball auch noch so schwer genießbar an manchen Tagen, so war es doch überaus erfolgreich. 122 Spiele begleitete Luhukay den FC Augsburg an der Seitenlinie und holte im Schnitt über 1,6 Punkte pro Spiel. Mit Luhukay ging es in die Bundesliga und er bleibt unvergessen. In 2012 verließ Luhukay aus freien Stücken den FCA in Richtung Hertha BSC Berlin, weil er selbst in Augsburg seinen Weg zu Ende sah. Er sollte keinen Verein danach mehr jemals wieder so lange oder erfolgreich betreuen.

Markus Weinzierl: Mr. Euro League

Auf Luhukay folgte Markus Weinzierl und eine sportliche Talfahrt. Weinzierl übernahm im Sommer 2012 als er vom Jahn wechselte und legte erstmal eine sportliche Talfahrt hin. 9 Punkte standen nach seiner ersten Hinrunde auf dem Tableau. In der Rückrunde kam die Wunderrettung und der erneute Klassenerhalt.

In den Jahren danach vollbrachte der FCA unter seiner sportlichen Führung Wunderdinge. Punkterekord, Einzug in die Euro League, Liverpool. Als Fan des FC Augsburg ist es relativ leicht, die geilste Zeit des Fantums zu benennen. Markus Weinzierl war der Trainer. Unter ihm spielte Daniel Baier auf der sechs mit internationaler Klasse, traf Sascha Mölders in der ersten Bundesliga zweistellig. wurde André Hahn zum Nationalspieler und wirkte auf der anderen Seite Tobi Werner wie der beste Flügelspieler des Landes. Es hätte für immer so weiter gehen können.

Markus Weinzierl ist zurück in Augsburg und versucht an die Erfolge der Vergangenheit anzuknüpfen (Foto: Passion2Press/Markus Fischer via Imago)

Einzig: Weinzierl zeigte Schwächen und bildete sich ein, er könnte Schalke 04 sportlich auf den rechten Weg führen. Schalke 04 bewies, dass dies vorerst niemandem vergönnt sein soll und auch der VfB Stuttgart war nur eine Episode. Sein Erfolg lag wohl auch in der Gesamtkonstellation in Augsburg begründet. In der abgelaufenen Saison feierte er reumütig seine Rückkehr. Vielleicht folgt nun doch ein zweite Erfolgswelle, auf der wir gemeinsam surfen können? Während der ersten Welle reichte es insgesamt für 154 Spiele bei einem Punkteschnitt von 1,3. Im Gegensatz zu Luhukay waren allerdings alle Spiele erstklassig.

Manuel Baum: der Fußballlehrer

Ein weiterer Trainer hat es neben den beiden erstgenannten auf über 50 Spiele für den FC Augsburg gebracht,. Zwischen Dezember 2016 und April 2019 hat Manuel Baum das Team über 87 Spiele geführt und geformt. Dabei hat er für sichtbar neuen Schwung gesorgt. Taktisch konnte er immer wieder überraschen und so schon in seinen ersten Partien wichtige Punkte holen. Die Spieler schwärmten, weil sie die Videoclips aufs Handy gesendet bekamen und diese als hilfreich erachteten.

Der Mann mit dem Trenchcoat: Manuel Baum machte manches anders und manches besser (Foto: kolbert-press/Christian Kolbert via Imago)

Manuel Baum ist auf dieser Liste evtl. der taktisch versierteste und analytisch beste Trainer. Seine Analysen in den Pressekonferenzen waren auf den Punkt und er konnte seine Inhalte präzise vermitteln (was weder seinem Vorgänger noch Nachfolger sehr gut gelangen). Er bleibt ein Fußballlehrer im besten Sinne. Und wenn man jeden Klassenerhalt an sich als Mini-Wunder betrachtet, so konnte er von derer 10 Stück, 2 selbst feiern und ein wichtiges Wegstück zum dritten zurücklegen. Beachtlich. Aus dem Nachwuchsleistungszentrum kommend, hat er dabei oft eigenen Jugendspielern eine Chance gegeben und ist mit diesen Risiken eingegangen. Es hat oft Freude gemacht.

Die Abstimmung

Und so stehen am Ende des Tages diese drei Kandidaten auf dem Zettel, auch wenn der FCA in der Bundesliga von drei weiteren Trainern an der Seitenlinie repräsentiert wurde. Dirk Schuster, Martin Schmidt und Heiko Herrlich haben es nicht in die Auswahl geschafft. Zu kurz und uninspiriert waren die Gastspiele. Eine Nominierung wäre für mich nicht nachvollziehbar gewesen. Und so ist es nun an euch eure Stimme für einen der oberen Kandidaten da zu lassen und dem Team des Jahrzehnts den richtigen Trainer an die Seite zu stellen:

Wer war der Trainer des Jahrzehnts?

  • Markus Weinzierl (76%, 122 Votes)
  • Jos Luhukay (21%, 34 Votes)
  • Manuel Baum (3%, 4 Votes)

Total Voters: 160

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Jungs, auf euch kommt es an

In diesen Tagen hat sich die Stimmung in Augsburg direkt gedreht. Heiko Herrlich wurde entlassen. Markus Weinzierl ist zurück. Sonnengebräunt, gut gelaunt und mit einigen präzisen Aussagen zu dem, was sich auf dem Platz ändern muss. Der FCA kann den Klassenerhalt immer noch aus eigener Kraft schaffen. Jetzt wird es Zeit, den Hebel umzulegen und wieder zu punkten.

Einige Dinge kann Markus Weinzierl zu diesem Zeitpunkt während der Saison allerdings nicht mehr beeinflussen. Neue Spieler gibt es keine. Auch die Struktur der Mannschaft und ihre Hierarchie wird er kurzfristig nicht komplett ändern können. Im Prinzip bedeutet das, dass – abseits des ein oder anderen personellen Wechsels – die Mannschaft, die im Köln-Spiel in der ersten Halbzeit wie Fallobst wirkte, es nun richten muss. Zumindest leise Zweifel und Sorgen bleiben dadurch doch.

Der Krater, der mal Verteidigung hieß

Die defensive Stabilität ist etwas, dass wir in Augsburg seit langem hochhalten. Grundsätzlich hinten gut stehen, um dann vorne gezielt zuzuschlagen. Das dann mal individuelle Fehler passieren, ist nur menschlich. Was es hierfür braucht, ist mannschaftlich geschlossenes Verhalten. Und das auch mal jemand das Heft des Handelns in die Hand nimmt.

Dabei blieb es allerdings ja nicht. Beim zweiten Gegentor wurde die Hereingabe von links nicht geblockt. Dann bekamen die Spieler am ersten Pfosten keinen Zugriff auf die Situation (und Jeff schaut in aller Gelassenheit zu). Der Ball hätte überhaupt nicht bei Florian Kainz landen sollen, wo dann Strobl nicht blocken und auch Framberger nicht mehr eingreifen kann. Beide waren deutlich zu weit weg vom Geschehen und reagierten zu langsam. Es ist eine dieser Situationen, in der man jeden Tritt gegen eine Sitzschale nachvollziehen kann.

Einflussmöglichkeiten eines Trainers

Und in diesen Situationen auf dem Feld, ist jeder Trainer machtlos. Das kann rein grundsätzlich kein Verhalten in einem Spiel sein, dass man von Bundesliga-Kickern erwartet. Und es gab quasi keine Unbeteiligten. Carlos Gruezo ließ vor dem 0:3 die Hereingabe in aller Seelenruhe zu, während in der Mitte Tobias Strobl erneut zu spät kam.

Eine weitere Hereingabe, die nicht verhindert wurde. Ein weiteres Gegentor. (Foto: Marcel Engelbrecht/firo Sportphoto/pool via Imago)

Tobias Strobl hat in seinen 42 Einsatzminuten keinen einzigen Zweikampf geführt. Bei Raphael Framberger waren es derer 5 und für Carlos Gruezo auch nur 12 bei deutlich längerer Spielzeit. Derweil andere Spieler zwar Zweikämpfe führten, aber verloren. Jeffrey Gouweleeuw derer 62%. Man könnte die Liste weiter fortführen. Genau 3 abgefangene Bälle und 7 klärende Aktionen sprechen doch im Gesamtbild eine sehr deutliche Sprache. Die Mannschaft ist schlicht in sich zusammengebrochen in dieser vermaledeiten Halbzeit.

Dieses Verhalten ist nichts, was ein Jugendtrainer oder Heiko Herrlich den Spielern vermittelt hätte. Das war einfach unterirdisch. Und wenn sich da in den Köpfen nichts tut, dann sieht es düster aus. Sehr düster.

Ich will Wiedergutmachung

Ja, die zweite Halbzeit war dann besser. Ja, 2 Tore haben wir noch geschossen. Aber es war dann ganz ehrlich auch kein Druck mehr da. Was willst Du in der Situation noch verlieren?

Ich fordere Wiedergutmachung während der letzten drei Spiele. Ich will von der Mannschaft die Basics sehen. Dass sie dem Druck standen halten und konzentriert auftreten kann. In die Zweikämpfe findet. Reaktionsschnell und aggressiv. Von Minute 1 bis zum Abpfiff. Und dann werden wir schon sehen, ob wir auf diesem Weg eher etwas holen. Ich sehe die Verantwortung hierfür allerdings nicht hauptsächlich beim Trainer.

Es gibt menschliche Grundtugenden wie Pünktlichkeit, respektvolles Verhalten und ein gewisses Set an Manieren, dass man grundsätzlich erwarten kann. Konzentration, ein gewisser Fokus auf den eigenen Aufgaben und gewisse Grundtugenden im Zweikampfverhalten wären defensiv das Äquivalent auf dem Platz. Fußballerisch fehlten diese in der ersten Halbzeit gegen Köln und kein Trainer und auch keine anderen Ausreden entschuldigen dies.

Über Motivation

Am Ende wird dann vielleicht doch wieder der Trainereffekt hervorgehoben werden. Manchmal fragt man sich schon, welche Motivation Menschen antreibt. Warum manchmal Menschen so wenig leistungsbereit ihrem Job nachgehen, wie die Mannschaft in der ersten Hälfte gegen Köln. Muss es immer der Trainer sein, der für Motivation sorgt? Wir sind doch nicht im Kindergarten.

Auf der ersten Ebene ist jeder einzelne für seine Leistungen verantwortlich, egal wie die Umstände aussehen. Liebe Mannschaft des FCA, welche Ausreden will jeder einzelne von euch anbringen? Wo war die Selbstverantwortung?

Auf einer zweiten Ebene kommt es dann auch auf die Gruppe in der Kabine an. Wer geht voran und treibt an? Wer ist eher ein Mitläufer? Für was hat es einen Kapitän und andere Führungsspieler? Wo waren die und wie haben sie sich verhalten? Jede(r) kann hier ihre eigenen Schlüsse ziehen.

Die Qualität des Kaders

Wie oft ich mittlerweile gelesen habe, dass mit diesem Kader mehr drin sein müsste. Dass die Qualität so hoch sei. Rein vom Talent und den individuellen Fähigkeiten her mag das auch stimmen. Aber das ist nun bei weitem nicht alles.

Wer in dieser Mannschaft schaut denn auch, dass es eine funktionierende Gruppe gibt? Sorgt dafür, dass neue Spieler integriert und junge Spieler verantwortlich eingebunden werden? Gerade deshalb hat man ja im Sommer auch erfahrene Kräfte dazu geholt. Was nun in der Kabine vorgeht, ist uns allen nicht bekannt.

Da können die Fußballschuhe noch so hübsch sein, wenn den Spielern grundsätzliche Qualitäten abgehen. (Foto: Peter Schatz / Pool via Imago)

Qualitäten eines Fußballers sind aber auch: die Drecksarbeit erledigen, einem Mitspieler zur Hilfe zu kommen, wachrütteln, abspielen, wenn ein anderer besser steht, die Kollegen in die Verantwortung nehmen und nicht nur auf sich selbst schauen. Nach der ersten Halbzeit gegen Köln, scheint es mir an Qualität in dieser Mannschaft zu mangeln. Ich lasse mich aber – entsprechend meiner vorherigen Ausführungen – gerne überzeugen, dass es sich hierbei um ein kurzfristiges Zerrbild handelt.

Jeder einzelne hat Verantwortung

Insgesamt richtet sich der Fokus nun natürlicherweise wieder auf den Trainer. Derweil jedem im Umfeld des FC Augsburg klar sein sollte, dass er/sie einen Teil der Verantwortung trägt. Gerade die Spieler, die auf dem Platz stehen. Das dieses Trikot in diesen Farben eine Verantwortung darstellt. Rot-grün-weiß ist zumindest für uns auf den Rängen nicht nur ein Label. Es wird nie nur eine Marke sein.

Eine weitere Darbietung wie die erste Hälfte gegen Köln wäre schlicht nicht akzeptabel. Mal ehrlich, es heißt ja auch nicht #Augsburgfälltauseinander sondern #Augsburghältzusammen. Gegen Stuttgart und in den weiteren restlichen Partien kommt es nun darauf an, dass die Elf auf dem Platz miteinander und füreinander Fußball spielen. Geschlossen und für das gemeinsame Ziel. Dafür kann sich ein jeder fragen, ob er diesem Ziel in letzter Zeit alles untergeordnet hat.

„Verdammte rot-grün-weiße Wattewölkchen“

Die Nachricht, dass Markus Weinzierl als Cheftrainer zum FCA zurückkehrt, verbreitete sich am vergangenen Montagmittag wie ein Lauffeuer. Zwar hatte schon vorher vieles auf eine Rückkehr unseres „Ex“ hingedeutet und in einigen Medien war die Nachricht vom Trainerwechsel schon früher durchgesickert. Aber jetzt war es eben offiziell. Und damit ging die Nachricht auch viral: Die Kommentarspalten auf Facebook, Twitter, Instagram und Co. quollen nur so über. Ob zur Vertragsunterschrift des neuen-alten Coachs, zu seinem ersten Training mit der Mannschaft oder zur ersten Pressekonferenz zusammen mit Sportdirektor Stefan Reuter.

Irina und ich haben uns in dieser so einschneidenden Woche mal ein bisschen in den Social Media-Kanälen umgesehen und versucht einzufangen, wie die FCA-Fans und -Follower auf den Trainerwechsel reagiert haben und welche Hoffnungen (oder auch Bedenken) sie mit ihm verbinden.

Fans, Ex-Spieler und andere: Markus Weinzierl wird sich über den Großteil der Reaktionen im Rahmen seiner Rückkehr gefreut haben (Foto via Imago).

Einfach erleichtert

Wenn man sich so durch die Nachrichten und Kommentare rund um den Trainerwechsel scrollt, liest man in allen möglichen Variationen immer wieder ein Wort: „Endlich!“ Zur Tabelle unten lassen sich noch viele weitere Posts hinzufügen, die alle in die gleiche Richtung gehen. An ihnen sieht man, für welche Erleichterung es bei vielen Fans gesorgt hat, dass sich beim FCA nun – endlich (!) – etwas in Bewegung gesetzt hat. Denn allerspätestens nach der desaströsen ersten Hälfte im so wichtigen Spiel gegen den 1. FC Köln war klar: Wir mussten raus aus dem Schlamassel, ein „Weiter so“ konnte es nicht geben, ob auf dem Platz, auf der Bank oder in der Führungsetage. Der Wunsch nach Veränderung, der in den letzten Wochen immer größer geworden war, hat sich jetzt also erfüllt. Heiko Herrlich und Iraklis Metaxas mussten ihre Posten als Chef- bzw. Co-Trainer räumen.

Auf die Veränderung beim FCA in Form des Trainerwechsels reagierten viele Fans mit Erleichterung.

Neue FCA-Freude

Neu besetzt wurden die vakanten Posten auf der Augsburger Bank also mit dem in Bayern sehr bekannten Reiner Maurer als Co- und Markus Weinzierl als Chefcoach. Der wurde in den sozialen Medien von vielen Fans auch gleich mal ganz herzlich begrüßt. „Welcome back, Markus“, „Willkommen zurück“ liest man zuhauf. Auch die RoGaz-Redaktion hat den neuen alten Coach, für den es ebenfalls „wie nach Hause kommen“ gewesen sei, schon (begeistert) daheim willkommen geheißen. Für viele Fans ist es – wie für Weinzierl selbst wohl auch- eine Art Rückkehr in die Heimat. Und auch eine Erinnerung an vergangene, an glanzvollere Tage des FCA.

Begleitet werden die Willkommensgrüße der Fans oft von großer Freude. Die Social Media-User*innen posten Herzchen, schreiben, dass sie sich „freuen“, „happy“ oder „der glücklichste Mensch überhaupt“ seien. Bei Twitter-Userin @Kristaldo hat der Trainerwechsel sogar für „verdammte rot-grün-weiße Wattewölkchen“ gesorgt, auf denen sie seither schwebt. Und wenn wir ehrlich sind, fühlt sich das bei uns auch ein bisschen so an. Wieder ließe sich die Liste an Freuden- und Glücksbekundungen, -GIFs und -Stickern noch ein gehöriges Stück erweitern.

Markus Weinzierl wurde zumindest schon mal in den sozialen Netzwerken herzlich begrüßt. Die Freude über seine Rückkehr überwog dabei.

Feuer für Fans und Mannschaft

Jetzt könnte man natürlich einwenden: Freuen wir uns mal nicht zu früh und heben uns unseren Enthusiasmus lieber für später auf. Für den Moment, wenn Markus Weinzierl mit den Jungs in den letzten drei Partien so viele Punkte holen konnte, dass es für den Klassenerhalt endgültig gereicht hat. Seien wir mal lieber nicht zu optimistisch oder naiv. (Zu den eher skeptischen Stimmen kommen wir gleich noch.) Trotzdem zeigen all die freudigen Reaktionen: Der Trainer hat es innerhalb von wenigen Tagen, ja fast Stunden geschafft, unter den Fans neue „Hoffnung“ zu verbreiten, „Lust auf die nächsten Spiele“ zu wecken und das „Feuer“ neu zu entfachen.

Das war in den letzten Wochen und Monaten, wenn überhaupt, zu einem winzigen Glimmstängelchen zusammengeschrumpft. In den sozialen Netzwerken konnte man die Wut, die Resignation und die Lustlosigkeit (gerade nach den desolaten Vorstellungen gegen Schalke, Bielefeld und Köln) sichtlich merken. Viele machten ihrem Ärger mit Kommentaren in Facebook-Gruppen Luft. Wie schnell sich ein solches Stimmungsbild binnen weniger Tage wandeln kann!

“Weinzierl-is-coming-home – Effekt”

Großen Anteil an diesem „Weinzierl-is-coming-home“-Effekt hatte sicherlich die Pressekonferenz am Dienstagmittag. Hier äußerte sich Weinzierl nicht nur, wie „froh“ er selbst einfach nur sei, wieder in Augsburg zu sein. Er erzählte auch von seiner ersten Trainingseinheit mit der Mannschaft, die „mit viel Eifer und Energie“ trainiert habe. War da vielleicht auch schon ein kleines Fünkchen übergesprungen? Zugleich präsentierte er seine Idee für die verbleibenden drei Schlüsselspiele, dem Klassenerhalt und auch darüber hinaus. Sie klang wie eine Hommage an frühere, an erfolgreichere Tage: Der FCA müsse „die eigene Stärke und Identität wiederfinden, aggressiv und mutig sein, ein ekliger Gegner sein“.

Und genau dieses Vorhaben ist es, das uns wie auch viele andere Fans emotional gepackt hat. In den Social Media-Kanälen und auch außerhalb. Denn es ist verbunden mit der begründeten Hoffnung, dass der FCA sich wieder zu einem „aggressiven, laufstarken und leidenschaftlichen Gegner“ entwickelt, gegen den es sich nur unbequem, eben eklig spielen lässt. Dafür gab es von Twitter-User @Urbster dann auch prompt Glückwünsche „an den Rest der Bundesliga“, die sich auf den Augsburger Ekelfaktor schon mal freuen darf.

Nicht zu unterschätzen war an besagter PK unterdessen auch, dass Weinzierl und Reuter, wie wir finden, glaubhaft versichern konnten, ihren früheren Streit beigelegt zu haben. Der war bekanntlich um den Wechselwunsch Weinzierls im Jahr 2016 zum FC Schalke 04 entbrannt. Die beiden lachten miteinander, schäkerten herum und verbreiteten auch aus Sicht von @KEINESAU07 „so eine gute und motivierte Stimmung“, wie man sie beim FCA seit Monaten nicht mehr gehabt habe. Geschenkt, dass da der Witz von Stefan Reuter vielleicht ein bisschen fehl am Platz wirkte. Er hatte im Spaß erklärt, dass man sogar das Hotel-Personal instruiert habe, Rückkehrer Markus Weinzierl bestens zu umsorgen. Der kam echt flach, oder?

Wow, sehr viel „Weinzierl“-Love. Awesome!

„Promi-Fanbase“

Markus Weinzierl scheint auch eine gewisse „Promi-Fanbase“ zu haben, denn auf Instagram finden sich zur Meldung, dass Markus Weinzierl zurück am Lech ist, einige freudige Bekundungen von bekannten (Ausgburger) Persönlichkeiten, wie Ex-Spieler Nikola „Niko“ Djurdjic, Ivonne Mölders oder auch Yannic Bederke, unserem E-Sport-Champion – hierbei benötigt es (augenscheinlich) gar nicht viele Worte:

Promi-Fanbase für Markus Weinzierl

Aber nicht nur „Promi-Love“ schlägt Markus Weinzierl entgegen, sondern auch sehr viel „Crew-Love“ von Instagram-Usern. Der ein oder andere hofft sogar – mehr oder weniger heimlich – von der Europa-League. Hach, das waren noch Zeiten – oder besser: „Einfach herrlich!“ Und auch der neutrale Zuschauer, wie Instagram-User sebastian.gse, freut sich über das „Comeback des Jahres“ von Weinzierl in der Bundesliga.

Während ein User schreibt, Markus Weinzierl hätte Augsburg nie verlassen sollen, freuen sich andere offenkundiger und hoffen auf einen klaren Aufwärtstrend. Am besten schon am kommenden Freitag, wenn es gegen Markus Weinzierls „Ex“, den VfB Stuttgart, geht. Ausgerechnet dann kommt es zu einem Wiedersehen mit dem Club, bei dem Markus Weinzierl am 20.04.2019 rausflog, als der FCA den VfB furios mit 6:0 schlug. Zuletzt finden wir den Vorschlag eines Instagram-Users sehr gelungen, den 26.04.2021 künftig als „Markus Weinzierl“-Feiertag zu titulieren.

Sehr viel Zuspruch für Markus Weinzierl, die Augsburger Solidarität ist wieder stark zu spüren!

Heuchelei, Geldgier und Startschwierigkeiten

Wir hatten ja schon angekündigt, wir wollen auch Stimmen zu Wort kommen lassen, die Weinzierls Rückkehr eher skeptisch gegenüberstehen. Auch diese Stimmen haben ihre Daseins-Berechtigung, aller Euphorie zum Trotze. Allerdings muss man hier tatsächlich zugeben, dass man die zwischen all den freudigen und teilweise überschwänglichen Kommentaren fast schon mit der Lupe suchen muss.

Wir haben trotzdem ein paar gefunden. Während ein User diese Reaktivierung von Weinzierl heuchlerisch findet, werfen wiederum zwei andere Fans dem Trainer eine gewisse monetäre Grundausrichtung vor – wir erinnern uns alle an den ein wenig unrühmlichen Abgang zum FC Schalke 04. Hier sind einige Fans wohl noch nachtragend, was man aufgrund der Art und Weise des Wechsels damals auch niemandem übel nehmen kann. Aber vielleicht verzeiht auch der letzte „angesäuerte“ Fan Markus Weinzierl, wenn er uns den Klassenerhalt beschert?! Zu wünschen wäre es uns, wäre es ihm.

Um Skepsis und eher „missgünstigere“ Kommentare in den sozialen Netzwerken zu finden, mussten wir eine zeitlang suchen…

Um die Skepsis einmal aus sportlicher Richtung zu betrachten, liest sich ein Kommentar von Thilo Gaus ganz gut, denn er drückt aus, was sich statistisch auch tatsächlich belegen lässt. Denn: Markus Weinzierl ist wahrlich kein „Frühstarter“ gewesen mit seinen bisherigen Bundesligatruppen. Wir betrachten einmal die für uns derzeit interessanten drei Spieltage nach Amtsübernahme Weinzierls, wobei er hier in erster FCA-Tätigkeit am besten in die Amtszeit gestartet ist:

  • VfB Stuttgart (09.10.18 – 20.04.19: 3 Spiele – 3 Niederlagen, 0 Tore, 11 Gegentore
  • FC Schalke 04 (01.7.16 – 30.06.17): 3 Spiele – 3 Niederlagen, 0 Tore, 5 Gegentore
  • FCA (01.07.12 – 30.06.16): 3 Spiele – 2 Niederlagen, 1 Remis, 1 Tor, 5 Gegentore

(Quelle: Transfermarkt)

Da kann man ja nur hoffen, dass es in seiner zweiten FCA-Amtszeit, nun in Punkten ausgedrückt, besser läuft. Denn wir brauchen viele und wir brauchen sie schnell.

Zeitpunkt verpasst?

Berechtigterweise mokieren sich die Fans online auch über den ggf. etwas zu späten Wechselzeitpunkt. Herrlich out, Weinzierl in – das hätte man schon gut und gerne vor drei Wochen sagen können. Auch die FCA-DNA ist durch die unterschiedlichen Trainer und deren bevorzugten Spielstile etwas abhanden gekommen, das sagte nicht zuletzt Markus Weinzierl in der Antritts-PK. Auch die Fans sehen dies teilweise so, dass „die geplante Entwicklung nicht voran kommt“, wenn es „jedes Mal wieder einen komplett neuen Plan, wie die Mannschaft spielen soll“ gibt.

Diverse Kommentare zum Spielstil und zum Wechselzeitpunkt in den sozialen Netzwerken

Berechtigt auch durchaus, trotz aller Euphorie, erstmal auf die Bremse zu treten und nach Worten Taten folgen zu lassen. Der Klassenerhalt steht an erster Stelle und der Ernst der Lage sollte erkannt worden sein. Markus Weinzierl, übernehmen Sie!

„Aufgewärmtes Gulasch“

So, nachdem wir nun von ganz viel Liebe, Euphorie und auch etwas Skepsis gelesen haben, wollen wir, im Namen aller FCA-Fans, hoffen: „Der Markus bagt des scho“. Und die Mannschaft natürlich. Denn Christoph Brandwein schwört, dass aufgewärmtes Gulasch mit jedem Mal besser wird. Diesen schönen, bildlichen Vergleich mit dem Trainer wollen wir einfach mal so stehen lassen. Manchmal muss man die vorliegende Situation auch mit etwas Humor und Ironie nehmen, wie der User nstiehl, der (hoffentlich ironisch) fragt, warum man Herrlich eigentlich entlassen hat. Am überzeugenden, attraktiven Offensivfußball liegts sicher nicht.

Wir stimmen dem Insta-Nutzer cansin_17 zu, dass Heiko Herrlich – trotz aller (teilweise berechtigten) Kritik – ein wenig mehr Würdigung und einen Abschiedspost seitens des FCA verdient hätte. Der sucht sich auf den Social Media-Kanälen nämlich vergeblich. Der Bundesligastart des FCA in dieser Saison konnte sich sehen lassen, auch hat er uns letztes Jahr den Klassenerhalt beschert. Ein bisschen mehr (mediale) Anerkennung wäre doch angebracht, auch wenn das Ende etwas unrühmlich war.

Neverending Lovestory

Instagram-User nico_.1878 fasst es unserer Meinung nach sehr gut zusammen. Zu aller Erst steht das schwierige (!) Unterfangen Klassenerhalt im Mittelpunkt. Und erst dann (hoffentlich) eine weitere erfolgreiche „Augsburg-Weinzierl“-Story, wie in seiner ersten Amtszeit, mit Happy End und einer erneuten Europa League Teilnahme? Wir hätten alle sicher nix dagegen…

Reuter raus?

Abschließend stellt sich bei all den Betrachtungen des Trainers noch die provokante Frage, wie es denn mit dem Manager des Clubs weitergeht, der zuletzt nicht mehr so ein glückliches Händchen wie noch vor ein paar Jahren beweist. maxigerstmeier fragte auf Instagram provokant:

Aber dies ist nicht mehr Part diesen Artikels. Zur „Reuterschen Transferpolitik“ werden wir zu gegebener Zeit mehr von Birgit in der RoGaz lesen.

Bis dahin gilt: Nur der FCA! Und hoffentlich haben wir dann schon den Klassenerhalt sicher.

Auf die elfte Saison

Nachdem wir unseren neuen, alten Trainer Markus Weinzierl mittlerweile gebührend in Augsburg Willkommen geheißen haben, gilt es nun, den Blick auf die kommenden Prüfungen zu richten. Und die werden es in sich haben, so viel steht fest. Neu-Coach Weinzierl wird es hierbei direkt nach der “Länderspielpause” mit seiner alten Flamme – dem VfB Stuttgart – zu tun kriegen. Danach wartet ein angeschlagenes Werder Bremen im direkten Abstiegsduell. Was muss also in den letzten drei Spielen passieren, dass wir eine elfte Saison Bundesliga in der Fuggerstadt erleben dürfen? Und woran fehlt’s derzeit? Lest selbst:

“Augsburg-DNA”

Markus Weinzierl hat eigenen Aussagen zufolge alle Meisterschaftsspiele der Mannschaft in dieser Saison gesehen und zeigte sich in seiner ersten Pressekonferenz nach Rückkehr ein wenig ernüchtert über den momentanen Spielstil des FCA:

“Ich bin als Auswärtsgegner hierher gekommen und hab’ jedes Mal riesen Respekt gehabt vor der Art und Weise wie Augsburg in der Vergangenheit (…), aufgetreten ist. Und diese Art und Weise habe ich in den letzten Wochen vermisst.”

Markus Weinzierl im Rahmen der PK am 27.04.2021

Weiterhin sei die Identität des Clubs ein wenig verloren gegangen, sprich: all die Tugenden, die den FCA all die Jahre zuvor ausgezeichnet hatten, fehlen derzeit. Er hat damit ausgesprochen, was die Fans des Clubs seit Monaten still und heimlich denken. Die Mannschaft hat in den letzten Wochen zu viel reagiert, so Weinzierl. Eine Kritik, die für eingefleischte Fans nichts neues darstellt. Hier drückt Weinzierl vielmehr genau dies aus, was in den letzten Spielen gegen direkte Konkurrenten auffiel: Passivität und Reaktion, kaum Proaktivität und Aktion. Aggressivität und Mut sind den Augsburger Mannen völlig abhanden gekommen.

Die beiden Werte vertritt Weinzierl wie kein anderer (wie wir aus eigener Erfahrung bestens wissen) und möchte diese Tugenden dem Team wieder näherbringen. Die eigenen Stärken hervorzuheben und Schwächen damit auszumerzen, das ist nun nötig. Gewissermaßen war dies auch mal die “Augsburg-DNA”. Kratzen und beißen, den Gegner bis auf’s Klo verfolgen. 1907% Wille eben. Die Gegner sollen wieder ungern nach Augsburg reisen, weil sie genau wissen, was sie dort erwartet – jedenfalls keine geschenkten drei Punkte wie gegen Schalke! Wäre schön, das alles gegen Stuttgart wieder auf dem Platz sehen zu dürfen. Und genau das braucht es auch, wenn man mitten im Abstiegskampf steckt: Mentalität! Kampfgeist!

Markus Weinzierl antwortete auf die Frage, was er unter anderem beim FCA kurzfristig anders machen will:

“(…) wieder Spaß am Zweikampf zu entwickeln und eklig zu sein. Ein ekliger Gegner zu sein (…)”

Markus Weinzierl im Rahmen der PK am 27.04.2021

Motivation und Wille

Markus Weinzierl hat in der PK weiterhin geäußert, dass er der Mannschaft im ersten Gespräch direkt mitgeteilt habe, dass er alles dafür tun werde, um in der Liga zu bleiben. Diese Einstellung versprühte er auch sogleich auf dem Platz: Auf Instagram sah man einige Live-Eindrücke vom ersten Training unter dem Neu-Coach. Dort war seine Präsenz, seine Motivation und sein Antrieb deutlich zu spüren. Sowohl sein erstes Training als auch die erste Pressekonferenz waren eine Wohltat nach über 12 Monaten Heiko Herrlich. Weinzierl lebt seinen Spielern genau dies vor, was er von ihnen fordert. Die schon erwähnte Mentalität. Den Willen. Weinzierl sagte zuletzt aber auch, dass die Mannschaft einen gewillten Eindruck macht, eben “dass sie’s kapiert haben”, in welcher Situation man derzeit steckt. Auf dem Platz hat man dies – gerade im Katastrophenspiel gegen Köln in der ersten Halbzeit- kaum gemerkt.

Markus Weinzierl hat viel vor mit dem FCA und strotzt vor Energie – ob es für den Klassenerhalt reicht?(Fot0: kolbert-press/Christian Kolbert via Imago)

Stefan Reuter führte in besagter Pressekonferenz an, dass die Überzeugung, den Klassenerhalt aus eigener Kraft zu schaffen, in der Kabine zuletzt gefehlt hatte. Diese Überzeugung sollte durch die Reaktion des Clubs, sprich: durch den Trainerwechsel, wieder zurückerlangt werden. Impulse von außen waren also nötig, um die Mannschaft wachzurütteln. Aus dem Dornröschenschlaf zu erwecken. Markus Weinzierl war hierbei die Wunschlösung für Reuter, Hofmann und Co. Warum? Weil Markus Weinzierl den FCA scheinbar nie ganz aus dem Blick verloren hat. Weil er in den Themen, die den FCA betreffen, tiefe Einblicke bzgl. der Mannschaftsstruktur und der Vereinsstruktur nach wie vor hat. Weiterhin passt die Energie, die Weinzierl versprüht, gut zum Vorhaben, die Klasse zu halten. Reuter attestiert seinem neuen Coach jedenfalls, keine Anlaufzeit zu benötigen und direkt voll im Bilde zu sein. Markus Weinzierl selbst verspürte einen “nach-Hause-kommen”-Effekt. Wenn das mal keine positiven Anzeichen sind?

Umschaltmomente

Wie schon erwähnt, fand Markus Weinzierl den zuletzt an den Tag gelegten Spielstil der Augsburger gar nicht so schön. Er zählte in der PK auch auf, was ihm genau gefehlt hat in der spielerischen Entwicklung:

“(…) Den Umschaltmoment (…) Das war immer die größte Stärke des FC Augsburg, geradlinig zu kontern, geradlinig in den Rücken des Gegners hereinzukommen.”

Markus Weinzierl im Rahmen der PK am 27.04.2021

Man weiß also genau, was Markus Weinzierl vorhat. Den Spielstil dem FCA wieder beizubringen, den er selbst jahrelang ebendort geprägt hat. “Überfallartiger” Fußball, Konter fahren, aggressiv verteidigen. Genau dies möchte Weinzierl möglichst kurzfristig aus der Mannschaft herauskitzeln. Und dies braucht es auch, wenn man sich die Spiele und deren statistischen Werte zu Gemüte führt.

Die Laufleistung gegen Köln stimmte, die Passquote war ordentlich und das Eckenverhältnis war gut. Aus statistischer Sicht war’s das auch schon mit dem Positiven. Es benötigt aber zwingend mehr Torchancen, die aus dem Spiel heraus kreiert werden müssen. Denn ohne eigene Tore gewinnt man keine Spiele. Auch die Zweikampfquote war phasenweise unterirdisch, hier will Weinzierl mit einem gesunden Zweikampfverhalten – das es dringend benötigt im Abstiegskampf – Abhilfe schaffen. Denn bei der Zweikampfquote, beim Ballbesitzanteil, bei der Passquote und bei den Torabschlüssen pro Spiel liegen wir teilweise weit unter dem Bundesligadurchschnitt. (Quelle: kicker)

Markus Weinzierl will hierbei auch Spieler wie Niederlechner, die zuletzt eher unglücklich agierten oder gar sträflich vernachlässigt wurden, wieder aufbauen. “Seine Tore werden wir brauchen”, so Weinzierl in der Pressekonferenz am 27.04.21. Und bisher steht Florian Niederlechner in dieser Saison bei mageren drei Törchen. Insgesamt haben die drei nominellen FCA-Stürmer, Finnbogason, Gregoritsch und Niederlechner, zusammen ganze vier Bundesligatore in dieser Saison erzielt. Unser kommende Gegner aus Stuttgart hat – nur zur kleinen Orientierung – mit seinen drei Angreifern insgesamt 31 Saisontore erzielt.

Findet Flo unter Markus Weinzierl wieder in die (Erfolgs-)Spur? (Foto via Imago)

Etappen

Ein Spielstil kann nicht von heute auf morgen umgestellt werden, so Markus Weinzierl. Der damalige Spielstil der Europa-League-Truppe wurde über Jahre hinweg entwickelt. Dies kann ein mögliches Fernziel der Augsburger – für bspw. die kommende Saison – sein. Markus Weinzierl hat bekanntermaßen für ein Jahr unterschrieben, ist also weit mehr als nur ein “Feuerwehrmann”. Der neue Coach des FCA möchte das erste Etappenziel, den Klassenerhalt, mit kleinen Kniffen kurzfristig erreichen. Die langfristige spielerische Entwicklung ist dann Etappenziel zwei.

Die Mannschaft hat gemäß Weinzierl viel Potenzial, muss aber in einigen Bereichen noch aufholen, wie im Anlaufverhalten und bei Balleroberungen beispielsweise. Die offensiven Qualitäten sind vorhanden, betrachtet man die phasenweise überragenden Momente von André (FUSSBALLGOTT!) Hahn, Ruben Vargas und Daniel Caligiuri. Die drei genannten Spieler sind – nach Einschätzung von Markus Weinzierl – erstklassige Konterspieler. Dafür muss man aber auch gekonnt Bälle erobern und erfolgreich kontern – dies hat der neutrale Zuschauer unter Heiko Herrlich vermisst. In allen Belangen kann auch der neue Co-Trainer Reiner Maurer unterstützen, der sich im Abstiegskampf gut auskennt und Weinzierl beratend zur Seite steht.

Abläufe verinnerlichen, füreinander einstehen und kämpfen, individuelle Fehler vermeiden und leidenschaftlich kontern. Das können Stichworte für den Matchplan sein. Ob die Mannschaft es schlussendlich umsetzen kann? Das wird man frühestens am 7.5.2021 sehen. Mit einem neuen Coach an der Seitenlinie sollte der nötige frische Wind eingekehrt sein und auch dem letzten Spieler begreiflich sein, in welch ernster Lage sich der Verein derzeit befindet. Ohne Fans im Rücken ist der Klassenerhalt eine ungleich schwerere Aufgabe als ohnehin schon.

Ausblick

Der Blick auf die Tabelle ist und bleibt unangenehm. Verzerrt ist die Wahrnehmung zusätzlich, weil die Hertha noch drei Spiele im Rückstand ist – aus bekannten Gründen. So komfortabel die sportliche Lage des FCA noch vor vier Wochen war, so brennt jetzt vergleichsweise schon fast die Hütte in der Fuggerstadt. Vollkommen richtig und alternativlos die Reaktion des Vereins, die in der Entlassung von Übungsleiter Heiko Herrlich mündete.

Man kann festhalten – vor allem nach der sehr erfrischenden und schonungslos ehrlichen Pressekonferenz zur Reaktivierung Weinzierls – dass die Lage von allen Beteiligten realistisch eingeschätzt wird. Reuter beteuerte in der PK, man wisse um die aktuell brenzlige Lage. Mit Weinzierl hat man nun einen Trainer geholt, der schnell wieder in der Thematik drin ist, da er den Verein, die Strukturen und die handelnden Personen kennt. Einige Spieler – wie Finnbogason, Framberger, Hahn, Gouweleeuw und Moravek – kennt er ebenfalls noch persönlich.

Die gesamten Saisonspiele der Mannschaft hat er eigenen Aussagen zufolge in Gänze gesehen (der Arme!). Das sollte eine rasche Einarbeitung ermöglichen. Und die ist mehr als notwendig, denn die Ergebnisse werden kurzfristig – im Rahmen der nächsten drei Spiele oder in Tagen ausgedrückt: in den nächsten 22 Tagen – benötigt. Drei Wochen hat der sympathische Niederbayer nun Zeit, das Wunder vom Lech (erneut) zu vollbringen. Man einnere sich an die 9 mageren Pünktchen aus der Hinrunde 2012/2013. Und dem sensationellen Klassenerhalt auf dem rettenden 15. Tabellenplatz mit 33 Punkten. So viele wie wir jetzt gerade auf dem Konto haben.

Matchball eins liegt bereit – gegen Stuttgart zählen demnach nur drei Punkte. Und wenn man dann nach den Spielen gegen Stuttgart und Werder – optimistischerweise – die Klasse gehalten hat, kann man mit Markus Weinzierl – der Vergangenheit und Zukunft des Vereins in einer Person – ganz entspannt die nächste Spielzeit in der Beletage des deutschen Fußballs planen. Bis dahin gilt es, die Ruhe zu bewahren. Nicht so viel Chaos und Unruhe wie Schalke oder HSV zu verströmen, sondern besonnen zu agieren. Die Saison könnte dann einen tollen Abschluss finden im Derby gegen den Rekordmeister – den wir zur Krönung – überraschend mit 1:0 schlagen.

Auf ein elftes Jahr Bundesliga. Und dann hoffentlich wieder mit Fans in der Arena.

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