Maaßen muss es richten

Der FC Augsburg verpflichtete vor kurzem Enrico Maaßen als Trainer für die Bundesligamannschaft. Maaßen tritt damit die Nachfolge von Markus Weinzierl an, der nach dem letzten Spieltag der abgelaufenen Saison im Sky-Interview verkündete, seinen Vertrag in Augsburg nicht verlängern zu wollen.

Die Trainersuche

Die Entscheidung von Weinzierl schien den FCA auf dem falschen Fuß erwischt zu haben. Es dauert nun fast einen Monat, um einen Nachfolger für den bisher erfolgreichsten Trainer in der Bundesliga zu finden. Zwar wurden in der Presse diverse Namen gehandelt, nur einen Abschluss konnte der FCA nicht vermelden. Derweil ist ein zügiges Handeln in dieser Phase der Saisonvorbereitung notwendig, um auch auf dem Transfermarkt die nötigen Entscheidungen hinsichtlich des Kaders treffen zu können. Hier wurde schon vor längerem die Chance verpasst, früh die Weichen zu stellen.

Welche Rolle die allgemein chaotische Situation beim FCA bei der Trainersuche gespielt hat, ist nicht klar. Hofmanns Abgang, der schon für viele Fragen sorgte, als auch die Art und Weise wie Weinzierl dem Club seine Sicht auf seine persönliche Zukunft mitteilte, können nebst einer insgesamt fragwürdigen Kommunikationsstrategie, nicht geholfen haben.

Der Zustand des Clubs

Der Club ist derweil in einem durchwachsenen Zustand. Zwar hat man die Corona-Krise gut überwunden und steht solide da. Allerdings hat man in den letzten Jahren immer wieder bei großen Transfers daneben gelegen bzw. diese haben nicht direkt eingeschlagen. Neben Tomas Koubek hat der FCA nun auch viel Geld für Ricardo Pepi in der Winterpause hingelegt und ist darauf angewiesen, dass der Spieler in der Zukunft abliefert.

Der Kader ist ansonsten nicht rund aufgestellt. Gerade im mittleren Alterssegment fehlt dem FCA eine bereitere Basis, die als Verbindung zwischen den Familienvätern und den Youngsters fungiert. Dazu gibt es offensichtliche qualitative Lücken z.B. auf den Außenverteidigerpositionen. Dass die Vorgänge in der Mannschaft auch für Irritationen gesorgt haben und weiterhin der Kader einen Tick zu groß ist, um Jugendspielern eine realistische Chance bieten zu können, kommt hier noch dazu. Von den Spielern mit auslaufenden Verträgen, die bisher nicht verabschiedet wurden, fangen wir jetzt gar nicht an. Insgesamt ergibt sich eine Latte an Aufgaben, die in den kommenden Wochen angegangen werden müssen.

Fast musste man schon vermuten, Stefan Reuter macht es selber. Nun hat der FCA doch noch einen neuen Trainer gefunden. (Photo by Matthias Hangst/Getty Images)

Der neue Trainer

Mit in alle diese Entscheidungen wir ab jetzt hoffentlich Enrico Maaßen eingebunden. Maaßen ist ein 38 Jahre alter aufsteigender Stern am Trainerhimmel und hat in den letzten beiden Jahren die U23 des BVB trainiert. 2021 ist er mit dieser in die dritte Liga aufgestiegen. Davor war er in der Regionalliga in Rödinghausen aktiv. Maaßen setzt auf ein offensives Spielsystem, dass sehr laufintensiv ist. Hierbei agiert er meist aus einer Formation mit 3er/5er Kette. Weiterhin scheint es ihm wichtig zu sein, das Mannschaftskollektiv zu stärken und eine geschlossene Einheit zu formen. An der Seitenlinie ist er ein sehr aktiver, coachender Trainer.

Auf dem Papier mag das alles passen. Die Frage wird in diesem Zusammenhang sein, wie schnell Maaßen der Umstieg auf die erste Bundesliga gelingt. Dass er beim BVB schon mit hoch veranlagten Talenten gearbeitet hatte, ist mit Sicherheit ein Plus. Insgesamt sollten wir von seiner Kompetenz mit Jugendspielern profitieren.

Springt der Funke über?

Maaßens Einstand verlief nicht gerade nach Plan. Erst dauerte es eine ganze Weile bis der FCA den Wunschtrainer identifiziert hatte. Nachdem dann Sky schon die Verpflichtung vermeldete, zeigte sich BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl „sehr irritiert“. Vor Maaßen liegt nun zusammen mit Stefan Reuter viel Arbeit und man mag hoffen, dass beide im Team funktionieren.

Die Verpflichtung sollte für FCA Fans allerdings in erster Linie für Hoffnung sorgen. Der FCA hat nicht einen abgehalfterten, ehemals erfolgreichen Bundesligatrainer verpflichtet, um auf Nummer sicher zu gehen. Maaßen hat sich einen Namen gemacht und hatte wohl andere Angebote aus der Bundesliga bzw. dem Ausland. Und hat sich trotzdem für den FCA entschieden. Irgendetwas scheint da zu passen. Ich finde die Verpflichtung aufregender als Schuster, Schmidt und Herrlich zusammen und drücke die Daumen. Alles Gute und viel Erfolg, Enrico Maaßen!

Ich liebe den Sommer und die Sonne

Für Carlos Gruezo war es anfänglich keine einfache Saison in Augsburg. Ame Ende hatte er allerdings auch unter Markus Weinzierl seinen Platz gefunden in der Rotation mit Arne Maier im Mittelfeld. Dass es am Ende nur zu Einsätzen in der Hälfte der Spiele gereicht hat, ist mit Blick auf den versöhnlichen Saisonausklang und seine Verletzungen im Saisonverlauf zu verschmerzen. Und mit Blick darauf, dass er mit Ecuador zur WM in Katar fahren darf. Als Kapitän der Mannschaft seines Heimatlandes.

Carlos hat sich dankenswerterweise im Saisonendspurt die Zeit genommen, sich mit mir über seine Heimat zu unterhalten. Im gemeinsamen Gespräch habe ich verstanden, warum die Reisen zur Nationalmannschaft für manchen Spieler auch förderlich sein können und, dass es viel in Ecuador zu entdecken gibt. Aber lest selbst:

Andy: Servus Carlos und danke, dass du dir die Zeit nimmst. Es geht um deine Heimat, um Ecuador. Und ich muss vorausschicken, ich war noch nie in Südamerika. Ich bin zwar viel gereist, aber in Südamerika war ich noch nie. Vielleicht fangen wir fußballerisch an. Ecuador hat sich ja für die WM in Katar jetzt qualifiziert mit dir als Kapitän. In den letzten Turnieren lief es für uns Deutsche jetzt nicht besonders gut. Wir hatten vor ein paar Jahren einen großen Erfolg, aber in letzter Zeit war es eher frustrierend. Es kann also sein, dass sich der deutsche Fan oder auch der Augsburger ein zweites Team suchen muss, das er dann nach der Vorrunde unterstützt. Das könnte ja Ecuador sein. Was spricht für euch?

Carlos: Mannschaftliche Geschlossenheit. In der ganzen Quali war sehr wichtig, dass wir als Team zusammengefunden haben. Wir sind ein Team. Wir haben versucht, dass jeder seinen Beitrag leistet, als Mannschaft zusammen mit dem Trainerteam. Wir haben unsere Chance gewittert, uns zu qualifizieren. Und wir sind glücklich, weil wir als Mannschaft unser Ziel erreicht haben. Und ich glaube, wir waren eine Überraschung in der Quali.

Andy: Ja! Ich habe eine taktische Analyse gelesen. Es scheint so, dass eure Art Fußball zu spielen sogar ein bisschen so ist wie die des FC Augsburg. Weniger Ballbesitz, sehr aggressiv gegen den Ball und dann schnell vertikal.

Carlos: Ja, wir versuchen so zu spielen, weil es in Südamerika viele gute Mannschaften wie Brasilien und Argentinien gibt, die immer sehr viel Ballbesitz haben. Wenn wir zum Beispiel gegen Kolumbien spielen – Kolumbien ist immer sehr stark und hat viel Ballbesitz – dann versuchen wir kompakt zu stehen, den Ball zu erobern und dann schnell nach vorne einen Konter zu fahren. So haben wir, glaube ich, manchmal die Gegner überraschen können und viele Punkte eingefahren.

Ecuadors Gustavo Alfaro gibt Carlos Gruezo taktische Anweisungen (Photo by FRANKLIN JACOME / POOL / AFP) (Photo by FRANKLIN JACOME/POOL/AFP via Getty Images)

Andy: Also seid ihr in Südamerika so etwas wie der FC Augsburg der Bundesliga.

Carlos: Ja, fast. Es ist etwas pauschal, das so zu sagen, weil es natürlich in jedem Spiel eine andere Taktik gibt. Wenn wir zum Beispiel zu Hause in Ecuador spielen, dann haben wir mehr Ballbesitz, als wenn wir in Chile spielen. Aber wenn wir zu Hause spielen, dann versuchen wir den Ball mehr zu halten. In Quito liegt das Stadion sehr hoch. Die anderen Mannschaften kommen nach Quito und versuchen zu pressen und vorne drauf zu gehen. So funktioniert das aber nicht, weil du nach fünf Minuten am Ende bist. Deswegen versuchen wir es in Quito mit mehr Ballbesitz und mit mehr Ballkontakten und ein bisschen mehr Positionsspiel.

Andy: Ist es in Ecuador so, dass alle eure Heimspiele in Quito gespielt werden?

Carlos: Ja, normalerweise spielen wir immer in Quito. Aber in dieser Qualifikation haben wir zwei Mal in Guayaquil gespielt. Gegen Bolivien haben wir 3:0 gewonnen und das letzte Spiel gegen Argentinien haben wir auch in Guayaquil gespielt. Dort ist das Wetter fast genauso wie in Katar und wir haben ein bisschen versucht, uns an das Klima zu gewöhnen und probiert, wie sich das bei diesem Klima anfühlt. Wir haben auch gegen Argentinien versucht, viel Ballbesitz zu haben. Ich denke, dass wir ein gutes Spiel gezeigt haben. Argentinien ist für mich eine der besten Mannschaften der Welt. Sie haben viele gute Spieler und mit Messi den besten Spieler in ihrer Mannschaft.

Andy: Das ist ja auch eine der Besonderheiten in Ecuador. Es gibt viele unterschiedliche Landschaften: Wüste (Sierra), Küste (Costa) und die Anden und mit Ihnen die Höhe. Wo bist du am liebsten?

Carlos: Ja, die Landschaften sind wirklich sehr unterschiedlich. In Ibarra, Quito und Ambato bist du in der Höhe und in Esmeraldas oder Guayaquil bist du unten. Wir haben viel Meer und es ist ein tolles Land. Ich liebe Esmeraldas und die Costa und bin gerne am Strand.

Andy: Beachtime. Nicht in den Alpen auf die Berge kraxeln…

Carlos: Das ist mir ein bisschen zu kalt. Ich liebe den Sommer und die Sonne.

Andy: Davon hat es bei Dir zu Hause ja genug. Du bist bei Barcelona Guayaquil Profi geworden, bevor du nach Stuttgart gewechselt bist. Wie war das damals?

Carlos: Ich habe zwei Jahre bei Barcelona (Guayaquil) gespielt. Das ist eine große Mannschaft in Ecuador und es war eine gute Zeit für mich. Ich war damals 17 Jahre alt und zwei Jahre später bin ich schon nach Stuttgart gewechselt. Ich erinnere mich gerne an meine ersten Profijahre.

Andy: Kannst du dir vorstellen, in der Zukunft – jetzt bist du ja gerade im besten Fußballeralter – aber so in 10 Jahren wieder zurück zu kommen und dann nochmal ein paar Jahre in Ecuador die Karriere ausklingen zu lassen?

Carlos: Ja, das ist eine Möglichkeit. Wenn ich in 5 – 6 Jahren wieder nach Ecuador zurück komme, ergibt sich vielleicht die Chance, noch einmal für Barcelona zu spielen. Oder vielleicht für Nacional. So heißt meine Mannschaft in Ecuador.

Andy: Und von Stuttgart bist Du dann in die USA. Was hast du aus der USA mitgenommen?

Carlos: Als ich in Stuttgart war, war ich sehr jung. Ich bin sehr früh hierher gekommen. Das war für mich eine ganz andere Liga. Und auch ein ganz anderes Leben. Das erste Jahr war gut in Stuttgart, das zweite nicht so. Da war ich auch verletzt und habe nicht so viel gespielt. Das hat sich mit dem Wechsel nach Dallas geändert. Deshalb war die Zeit in den USA für mich sehr wichtig. Wir waren dort 3,5 Jahre und haben eine andere Kultur und eine andere Lebensweise ausprobiert. Und in den 3 Jahren haben wir zwei Mal den Titel gewonnen.

Andy: Und was läuft in der Kabine der Nationalmannschaft für Musik? Julio Jaramillo (ein berühmter ecuadorianischer Sänger) oder doch amerikanischer Rap?

Carlos: Keins von beiden. Wir hören viel Salsa. Wir singen in der Kabine oder im Hotel oder im Bus oder auch im Flugzeug. Wir kommen immer mit einer großen Boom Box. Wir spielen dann auch Karten und immer läuft Musik. Ich glaube, das ist gut für die Stimmung in der Mannschaft. Wir sind alle zusammen, verbringen Zeit miteinander und tauschen uns aus. Wir sind alle viel unterwegs, kommen dann zur Nationalmannschaft und haben ja dann nur diese Zeit, die wir miteinander verbringen und uns austauschen können über das, was bei uns, in unseren Clubs, Städten und Ländern so los ist. Es ist immer eine gute Zeit.

Andy: Dann gibt es natürlich auch Essen. Was isst man dann? Gibt es Bolon de verde (Grüne Bananenfleischbällchen)?

Carlos: Das ist sehr lecker. In Ecuador gibt es viel typisches Essen. Wenn du in Esmeraldas bist, gibt es Bolon de verde. Wenn du nach Quito oder in den Bergen bist, gibt es eher Suppe. Das Essen ist in den einzelnen Regionen sehr unterschiedlich. Und ich kann die Speisen nicht richtig gut übersetzen oder erklären.

Andy: Aber es ist alles scharf. Also ich hab von Aji hot sauce gelesen…

Carlos: Nein, es ist nicht alles scharf. Das ist in Mexiko. Bei uns isst man nicht so scharf.

Andy: Stell Dir vor, Du bist auf Länderspielreise und hast deine Familie getroffen. Ihr habt gemeinsam gegessen und hattet eine gute Zeit. Im Anschluss bleibt uns ein Tag, um drei Dinge in Ecuador anzuschauen. Welche wären das?

Carlos: Du musst zuerst die Sierra sehen. Dann musst du nach Guayaquil, weil es in der Nähe vom Meer ist. Und die ganze Ruta del sol (die Pazifikstrände zwischen Puerto López und Salinas) ist sehr schön. Das gibt es auch sehr gutes Essen. Und nach Galapagos solltest du auch. Das ist eine Insel und die ist sehr schön.

Andy: Dort gibt es die Schildkröten, oder? Ist das nicht sehr weit weg?

Carlos: Ja und das ist nicht so weit. Ich glaube, du brauchst so 2,5 Stunden mit dem Flugzeug direkt von Quito nach Galapagos. Wenn ich zur Nationalmannschaft fliege, brauche ich 16 Stunden nach Ecuador. Im Gegensatz dazu ist das ein Katzensprung.

Carlos Gruezo mit dem Ball am Fuß für den FC Augsburg (Photo by Frederic Scheidemann/Getty Images)

Andy: Und dann kommst du zurück nach Augsburg und das ist dann kulturell schon ein kleiner Unterschied. Worauf freust du dich wieder, wenn du in Augsburg bist?

Carlos: Ich vermisse meine Freunde und meine Familie. Und auch das Essen, weil es ganz anders ist. Aber wir sind zufrieden. Ich bin mit meiner Frau und mit meinen Kindern nun seit fast drei Jahren hier und wir haben uns schon ein bisschen an die Kultur und das Essen gewöhnt. Das finde ich auch wichtig. Ich bin Fußballspieler und ich denke nicht so viel darüber nach, was anders ist als in Ecuador oder auch nicht. Mein Fokus liegt auf dem Spiel und darauf, eine gute Zeit zu haben.

Andy: Mit Blick auf die Atmosphäre im Stadion: Ist mein Bild richtig, dass es in Ecuador bei den Spielen schon noch ein bisschen verrückter zugeht als in Deutschland?

Carlos: Ja, das ist ganz anders. Das kann man gar nicht vergleichen. In Ecuador sind die Leute ein bisschen verrückt vor dem Spiel. Und hier haben die Leute mehr Respekt vor den Spielern und allen. Es ist eine ganz andere Kultur. Ich mag aber beides.

Andy: Ja, Unterschiede machen das Leben erst lebenswert. Danke für die Zeit, Carlos, und die Erklärungen zu Ecuador!

Carlos: Gerne, gerne, immer gerne. Danke auch für deine Zeit. Und hab einen schönen Tag!

Aus Mangel an Alternativen?

Der FC Augsburg wird auch in 2022/23 erneut in der ersten Bundesliga spielen. Eine Überraschung ist dies erneut nur für die Schwarzmaler außerhalb der Fuggerstadt (Didi Hamann in vorderster Front). In Augsburg ist man es gewohnt, dass es eng wird. Und am Ende steigt der FCA dann doch nicht ab.

Es ist auch die erste volle Saison, in der Markus Weinzierl wieder über alle Spiele hinweg (Corona-Ausfall nicht eingerechnet) an der Seitenlinie des FC Augsburg stand. Mit ihm war die Hoffnung verbunden, dass der FCA einen Weg findet, mit dem Ball wieder sinnvoll etwas anzufangen. Das Ballbesitzspiel gestärkt und verbessert wird.

Die Hoffnungen wurden nicht erfüllt

Von den großen Hoffnungen ist leider nicht viel geblieben. Der Kampf um den Klassenerhalt war enger, als auch ich vor der Saison gehofft und auch erwartet hätte. Dazu kommt aber auch das wie. Die Mannschaft hat mit Markus Weinzierl Wunschsystem mit 4er Kette nicht zu defensiver Stabilität gefunden. So war er gezwungen – und hat dies erkannt und war bereit die Änderung zu vollziehen – oftmals auf eine 3er/5er Kette zu setzen. Der FCA überließ in einem Großteil der Spiele dem Gegner den Ball und mit dem Ballbesitzspiel ist auch in dieser Saison nicht viel geworden.

Dazu kommen zwei weitere Punkte, die man in die Waagschale werfen sollte, wenn man in dieser Saison den Trainer beurteilt. Einerseits ist ihm die mangelnde Konstanz seiner Mannschaft vorzuwerfen. Zynisch könnte man sagen: immerhin waren sie nicht immer schlecht. Wer Spiele wie ich in Mainz live erlebt hat oder die große Enttäuschung im Heimspiel gegen die grottige Hertha, der sieht recht schnell, dass es an manchen Tagen schlicht zu wenig war. Diese Ausreißer gab es auch schon in den letzten Jahren, aber sie abzustellen ist auch Markus Weinzierl nicht gelungen.

Wer mangelnde Konstanz anmahnt, der mag sich manchmal dann damit konfrontiert sehen, dass diese auch auf die wechselhaften Leistungen junger Spieler zurückgeht. Weinzierl hat allerdings so wenig wie kein Trainer zuletzt vor ihm auf Spieler aus der eigenen Jugend gesetzt. Raphael Framberger rausgerechnet, überhaupt nicht. Und selbst Multi-Millionen-Mann Ricardo Pepi bekam im Verlauf der Rückrunde nur noch in sehr überschaubarem Maße Chancen sich zu beweisen. Insgesamt ist dies für einen Club, der Spieler ausbilden muss und im Jugendbereich große Fortschritte gemacht hat (man blicke auf die U19) deutlich zu wenig, (Corona-)Ausreden hin oder her.

Viele Eingriffe vom Seitenrand waren notwendig. Es lief öfters nicht wie geplant. (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Positive Einflüsse und Fragezeichen

Trotzdem wusste man sehr genau, was man an diesem Trainer hat. Einerseits ist er weiterhin lernfähig. Die Umstellung auf die 3er Kette kam zur rechten Zeit und die Leistungen haben sich zumindest zeitweise stabilisiert. Andererseits kann er aus Spielern viel heraus holen und diese verbessern (zumindest, sobald sie ein gewisses Mindestniveau und -alter erreicht haben). Die Wiederauferstehung von Michael Gregoritsch, die Offensiveinflüsse von Iago als auch die Entwicklung von Reece Oxford belegen dies eindrücklich.

Reicht dies aus, um eine Weiterbeschäftigung zu begründen und gutzuheißen? Das mag nun jede(r) für sich selbst entscheiden. Am Ende sorgt mich der Gedanke an mögliche Alternativen. Reuter (bis dato mit Hofmann zusammen) ist grauenhaft in der Trainerwahl und alleine der Gedanke an jemanden wie Heiko Herrlich verursacht bei mir Magengrummeln. Dazu ist der Markt der Trainer, die a) die Qualität haben, uns weiterzuhelfen und b) dies auch langfristig in Augsburg wollen, überschaubar. Ich bin noch in keinem der Gespräche hierzu auf eine Alternative gestoßen, die mich überzeugt hätte.

Kein einfaches weiter so

Ähnlich schien es der Vereinsführung zu gehen. Es war längst nicht alles Gold, was glänzt. Gerade bei der Integration der Jugendspieler muss es voran gehen. Auch spielerisch ist die Mannschaft mit Sicherheit noch nicht da, wo sie sein könnte. Dennoch wurde nicht einfach der Vertrag mit Markus Weinzierl verlängert, ohne sich genau zu überlegen, welche Konsequenzen dies gehabt hätte

Nun hat in der Zwischenzeit Markus Weinzierl selbst seinen Abschied kommuniziert. Dies ist zu begrüßen, und für die genaue Exegese des Vorgangs verweise ich auf den verlinkten Artikel. Es scheint in jedem Fall so, als ob eine Verlängerung mit Markus Weinzierl nicht mit voller Überzeugung geschehen wäre. Der FCA braucht allerdings Führungspersönlichkeiten, die sehr gut miteinander arbeiten können und die gegenseitig von sich überzeugt sind. Auf Basis der offen zu Tage getretenen Differenzen in diesem Bereich war ein Trainerwechsel jetzt unvermeidbar. Eine Änderung im Management kann man nicht übers Knie brechen und mag wohl überlegt sein. Schwierig so ohne amtierenden Vereinspräsidenten.

Ein weiter so auf der Traineeposition, nur weil man noch nicht von einer der Alternativen vollends überzeugt war, sollte dennoch schon grundsätzlich nicht in Betracht kommen. Ob jetzt alles gut wird? Was weiß ich schon in diesen Tagen. Aber die Hoffnung steigt mit jedem Abschied, der zu mehr Ruhe und Zusammenhalt führt. Auf der Trainerposition wird hier nun ein erster Schritt gemacht.

Mit Pauken und Trompeten

Genau so hat es der FC Augsburg mal wieder verpasst, die Spieler zu verabschieden, die den Club zum Saisonende hin verlassen werden. Aber wie sollte es anders sein. In dieser Saison hat man mit dem Rücktritt von Klaus Hofmann und wahrscheinlich einer komplizierten Phase dem vorausgehend, zumindest eine solide Begründung. Noch nicht einmal mit Markus Weinzierl hatten Gespräche bzgl. der Zukunft auf der Trainerposition stattgefunden, als dieser am Samstag nach dem Spiel seinen Abschied verkündete. Klar, dass da auch manche Entscheidungen betreffend die Zukunft von einzelnen Spielern noch ausstehen.

Wir können den verdienten Spielern nun nicht mehr die Bühne im Heimspiel geben, die sie allesamt für einen würdigen Abschied verdient gehabt hätten. Aber bei den vier Spielern, deren Verträge mit Saisonende in Augsburg auslaufen, möchten wir Danke sagen, für eure Leistungen auf dem Feld. Dafür wie ihr den Club und seine Farben vertreten habt. Für eure Tacklings und Tore. Für Emotionen. Für gute Zeiten und auch schlechte. Verschossene Elfmeter und Doppelpacks. Danke euch!

Jan Moravek

Jan Moravek im FCA-Trikot. Es wird ungewohnt sein, ihn nicht mehr in rot-grün-weiß zu sehen. (Photo by Frederic Scheidemann/Getty Images)

Jan kam schon in 2012 von Schalke 04 zum FC Augsburg. Zehn Jahre Profifußball hat er mit uns verbracht. 133 Pflichtspiele sind es am Ende geworden. Es hätten so viele mehr sein sollen, wenn nicht immer und immer wieder Verletzungen dazwischen gekommen wären. Auf dem Feld war Jan immer eine Bereicherung für unser Team. Er hat ein riesiges Spielverständnis und ist ein total angenehmer Typ. Nun ist wahrscheinlich die Zeit gekommen, um Platz zu machen für die nachrückende Jugend. Danke, Jan Moravek für alle deine Minuten in rot-grün-weiß. Wir werden uns erinnern. Und vielleicht bleibst Du dem FCA weiterhin erhalten, z.B. in der U23?

Alfred Finnbogason

Gefeiert und gejubelt haben wir viel auf Grund deiner Tore, Alfred Finnbogason. Danke! (Photo by Pool/Kai Pfaffenbach/Pool via Getty Images)

Knipser. Oft verletzt. Aber zuallererst derjenige Torschütze, der bei seinem Abschied den Rekord für die meisten Bundesligatore für den FC Augsburg hält. Im Februar 2016 kam er nach Augsburg, nachdem der FCA schon eine ganze Weile um ihn gebuhlt hatte. Und enttäuschte die Hoffnungen nicht. Doppelpacks, große Effektivität im Strafraum, absoluter Profi. Dazu grundsätzlich freundlich auch zu allen Personen im Umfeld des FCA. Mit Alfred Finnbogason verlässt eine internationale Persönlichkeit den FCA, ein integratives Moment im Kreis der Mannschaft. Jemand, der für den FCA die Binde getragen hat. Ich verneige mich, Alfred Finnbogason. Servus und hoffentlich auf Wiedersehen.

Arne Maier

Ein feiner Fuß am Ball. Lass mal weiter machen, Arne. (Photo by Frederic Scheidemann/Getty Images)

Wie kann man denn nicht wissen, wer Helmut Haller war? Arne Maier war nicht bekannt, für wen die Statue vor dem Stadion auf dem Lechfeld errichtet wurde. Und so sehr er sportlich während dieser Leihsaison Spuren in Augsburg hinterlassen hat, so sehr gibt es doch rund um den FC Augsburg noch ein bisschen Nachholbedarf. Ich würde mich freuen, wenn Arne Maier auch in der kommenden Saison seine fußballerischen Fußabdrücke in Augsburg vertiefen würde, während er sich langfristig beim FCA auch mit dem Club identifiziert. Die große Lobhudelei hatten wir schon einmal festgehalten. Für den Nachholbedarf rund um den Club muss sich vielleicht der UBT e.V. ein kleines Integrationsprogramm überlegen. Na Arne, wer hätte gedacht, dass die Herausforderungen auch neben dem Platz liegen?

Andi Zeqiri

Bock war immer da. Danke für deinen Einsatz, Andi. (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Ausgeliehen von Brighton und Hove durfte Andi Zeqiri in über 20 Bundesligaspielen in dieser Saison in Augsburg seine Spuren hinterlassen. Dabei war gerade die Konkurrenz im Sturmzentrum zu groß. Und ob auf dem offensiven Flügel eine Option für die Zukunft ist, wird Andi selbst noch herausfinden müssen. Mit Selbstvertrauen und etwas Ruhe, wird Andi offensiv noch bessere Entscheidungen in der ein oder anderen Situation treffen. Bei Andi sieht es nicht so aus, als ob die Zeichen auf Weiterbeschäftigung in Augsburg stehen würden und so geht die Reise für ihn nach dieser Saison wohl weiter. Ich tippe, dass der Knoten dann woanders platzt. Wir danke für deine Einsätze, Tore, Vorlagen und dein Lachen. Mach’s gut Andi.

Warum wir Servus sagen

Liebe Leute, jedem Abschied liegt auch die Möglichkeit von Neuem zu Grunde. Nichts ist stetiger als der Wandel (und hier könnt ihr euch jetzt noch mehr Phrasen zu diesem Thema dazu denken). Von unserer Seite wird es weiterhin so sein, dass wir uns bei allen Spielern bedanken, die für den FCA ihre Knochen hingehalten und unsere Farben vertreten haben. Wir wollen, dass jeder im Rückblick positiv und gerne auf seine Zeit in Augsburg zurückblickt. Wie man auseinander geht, spielt hier eine wichtige Rolle. Auch andere Spieler werden im Sommer bei anderen Clubs eine neue Perspektive suchen. Auch hier bedanken wir uns schon jetzt für euren Beitrag in Augsburg. Macht es gut. Und hoffentlich auf bald.

Zerplatzte Träume

Die Hoffnung für den Spieltag gegen Fürth, den letzten der Saison 2021/22 waren geradewegs banal. Gewinnen, die Saison mit einem guten Gefühl abschließen und für diesen Tag glücklich sein. Gerade auch durch den kurzfristigen Abgang von Klaus Hofmann war klar, dass der FC Augsburg einiges zu regeln hat in den nächsten Tagen und Wochen, darunter unter anderem auch die Zukunft auf der Trainerposition.

Und soweit lief auch fast alles zur allseitigen Zufriedenheit. Elfmeter und schnelle Führung, Gegentor von Fürth, die Mannschaft wurde zwar passiver, aber wie so oft war auf Gregerl in dieser Saison Verlass. 2:1 gewonnen. Ein großer Wehmutstropen mit dem Schlüsselbeinbruch von Niklas Dorsch (gute Besserung vom ganzen Team hier!). Aber ansonsten: 38 Punkte, Ende gut, alles gut. Die einzige verbliebene Frage am Samstag schien zu sein: wann und wo gibt es das Freibier?

Weinzierl stoppt die Party

Nicht so schnell meine Freunde. Das muss sich Markus Weinzierl gedacht haben. Und hier auch gleich über die Sky-Kamera eine Nachricht an meine Vorgesetzten. Die Gespräche zur Vertragsverlängerung nächste Woche, über die wir gesprochen haben, die können wir uns sparen. Ich habe es gerade der Mannschaft schon gesagt, liebe Familie, ich komme erstmal nach Hause. Bums.

Dem Interview zu folgen, war wie einem Autounfall aus der Entfernung beizuwohnen. Nicht deshalb, weil ein Trainer seinen Vertrag nicht verlängern will. Oder der Verein nicht gewillt war, diesen zu verlängern. Nein, zuallererst weil die Art der Kommunikation für die aalglatte Fußballwelt zumindest unorthodox wenn nicht geradezu unprofessionell war. Stand doch im Mittelpunkt des Tages das gute Gefühl eines positiven Saisonabschlusses. Wollte der Verein doch über die Themen reden und sich austauschen. War doch die Kommunikation bzgl. einer weiteren Zusammenarbeit optimistisch und hatte man den Trainer auch in schwierigen sportlichen Phasen (und ja, die gab es immer wieder) nicht in Frage gestellt.

Geschickt sich selbst ins Rampenlicht manövriert

Was man damit am Samstag beobachten konnte, war eine klug austarierte Kommunikationsstrategie von Markus Weinzierl, der beschlossen hatte, seine Version der Geschichte als erstes zu erzählen. Zwei mal die Klasse gehalten: großartig (vergessen das unglaubliche Glück gegen Bremen). 38 Punkte und so ach so souverän dieses Jahr (wie die letzten Spiele zeigen, auch am letzten Spieltag ein wenig überzeugendes 2:1 gegen Fürth). In 6 von 10 Jahren die Klasse gehalten. Ist ihm alles spontan eingefallen an diesem Samstagnachmittag.

Die Wahrheit ist wohl eher: Nach Schalke und Stuttgart lief es auch in Augsburg sportlich nicht so rund, dass rundherum immer alle entzückt gewesen wären. Man könnte diese Saison erneut überschreiben mit: „Der FC Augsburg auf der Suche nach der Konstanz“. Weinzierl und der FCA selbst waren im letzten Jahr eine notdürftige Lösung. Dem FCA fiel keine bessere Traineralternative ein, Weinzierl hätte wohl sonst Probleme bekommen überhaupt wieder in der Bundesliga einen Cheftrainer-Posten zu ergattern. Beide Seiten wussten, dass es ein Experiment war. Der Vertrag war bis zu diesem Saisonende befristet. Mit seinem Abschied hat Weinzierl der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass das Experiment gescheitert ist.

Und nun ist es natürlich für Markus Weinzierl wichtig, diese knapp mehr als eine Saison in Augsburg als seine Rehabilitationsgeschichte zu verkaufen. Seht her, ich kann immer noch Bundesliga. Und bei einem Verein, bei dem professionell kommuniziert wird , könnte ich es sogar noch besser. Ein langfristiges Interesse an einer Zusammenarbeit in Augsburg bestand ja schon bei seinem Abschied nach Schalke nicht. Es ging schon damals um die eigene Karriere.

Und die andere Seite der Medaille?

Was dabei auch klar ist: die Kommunikation des Vereins scheint mal wieder unterirdisch zu sein. Die Angestellten, sowohl Trainer als auch Spieler, hätten eine frühere Planungssicherheit verdient. Es sollte längst feststehen, wer in der nächsten Saison Trainer ist. Es sollte einen Plan bzgl. Kader und Positionsrollen geben. Es sollten die ersten Transfers eingetütet sein. Dies ist alles nicht der Fall. Stefan Reuter stand schon im Herbst heftig unter Druck. Und in der Saison davor. Und er steht jetzt vor einer großen Herausforderung.

Der FC Augsburg muss zeitnah einen neuen Trainer und eine sportliche Vision hinter diesem Trainer präsentieren. Er muss auch zeigen, dass er dem Trainer einen Kader zur Verfügung stellen kann, mit dem diese umsetzbar ist. Und dann sollte dieser Plan aufgehen. Nach dem Ausscheiden von Klaus Hofmann als Geschäftsführer lastet gerade der Druck der sportlichen Entscheidungen alleinig auf den Schultern von Manager Reuter. Die Zeit der Ausreden ist vorbei, sollte ihn der Aufsichtsrat des KGaA die kommenden Entscheidungen treffen lassen. Aber sollte sie?

Quo Vadis, Stefan Reuter?

Weinzierl hatte Reuter am Samstag überrascht. Jetzt ist der Manager des FC Augsburg in der Verantwortung schnell belastbare Lösungen zu präsentieren. (Photo by Matthias Hangst/Getty Images)

Stefan Reuter wurde lange von vielen Seiten als der große Heilige in der Organisation des FC Augsburg gefeiert. Nachdem er kam ging es mit dem Verein aufwärts in der ersten Amtszeit von Markus Weinzierl. Er ist bisher an jedem Klassenerhalt bis auf einen beteiligt gewesen. Aber seine Weste ist auch nicht mehr rein. Transfers floppten. Trainer auch. Und immer wieder trat zu Tage, dass die Kommunikation nicht einfach ist. Kritik prallt grundsätzlich ab und wird weggelächelt.

Die Alternative zu Reuter wäre ein kompletter sportlicher Neuaufbau, zu einem recht späten Zeitpunkt, ohne dass wichtige Führungspositionen (Präsident vor allem) momentan bekleidet wären. Und so scheint zu diesem Zeitpunkt der einzige Weg zu sein, Reuter die Verantwortung für die kommende Saison erneut anzuvertrauen, während der FCA als erstes sein Führungs- und Strukturloch, welches durch den Abgang von Klaus Hofmann entstanden ist, schließt. Im Nachgang kann dann die sportliche Situation bewertet werden.

Kopfschmerzen, wie am Katermorgen

Uns so bleibt nach diesem letzten Saisonspiel gegen Fürth ein bitterer Nachgeschmack. Es sind noch mehr Teile in Bewegung als davor, wo wir doch in Augsburg Konstanz so sehr zu schätzen wissen. Wenn die Kopfschmerzen der letzten Nacht erstmal verflogen sind, geht uns dann wohl auf, dass die durch Weinzierl herbeigeführte Änderung gar nicht so schlimm ist.

Die wenig konstanten Leistungen hatten schon während der Saison zu Diskussionen über den Trainer geführt. Ich glaube nicht, dass dies in der nächsten Saison besser geworden wäre (wie begründete sich hier die Hoffnung?). Ich freue mich, dass jetzt Bewegung rein kommt, auch wenn ich eine Entscheidung zu Gunsten von Konstanz auf der Position gut gefunden hätte. Durch die Kommunikation von Weinzierl wird allerdings klar, dass hier mehr schief lief, als der Öffentlichkeit bewusst war. Die Schuld dafür liegt wohl auf beiden Seiten. Besser wir bemerken das jetzt, bevor wir unter diesen Voraussetzungen in die nächste Saison starten. Und Weinzierl weiter bezahlen müssen wir auch nicht. Es war ja von Vornherein ein Experiment.

Der Aufbruch ist alternativlos

Was mit den Kopfschmerzen allerdings auch verschwindet, ist die Hoffnung auf die große Renaissance. Mit Markus Weinzierl verbinden wir alle die große Reise durch Europa. Er hatte uns einmal dahin gebracht, er sollte es wieder tun. Wahrscheinlich war es naiv von uns daran zu glauben, dass diese Möglichkeit bestand. Wahrscheinlich sind unsere Chancen besser, wenn wir einem ähnlichen Prozess folgen, wie zu der Zeit, als wir Markus Weinzierl verpflichtet haben. Wer ist der nächste junge, aufstrebende Trainer aus einer niedrigeren Liga? Der dort gezeigt hat, wie er einen Underdog so aufstellt, dass er die großen in seinem Umfeld ärgern kann? Den will ich gerne in Augsburg sehen. Der macht mir Hoffnung, dass wir in 2022/23 mit dem FC Augsburg wieder Spaß haben werden. Und zwar regelmäßig.

Entsprechend mag ich gar nicht mehr länger darüber nachdenken, dass Markus Weinzierl jetzt nicht mehr mit an Bord ist. Das Team der Rosenau Gazette wünscht ihm alles Gute und viel Erfolg (außer in Spielen gegen oder betreffend den FC Augsburg). Ich mag mich jetzt schon damit beschäftigen, wer nächstes Jahr Bock hat mit uns zusammen anzugreifen. Und klar: es kann scheitern. Das konnte es immer schon. Aber gerade in den Jahren, in denen wir alle wussten, dass es eng wird, war es vielleicht am besten. Es ist Zeit für Aufbruchsstimmung. Es ist Zeit für neue Impulse. Let’s go!

Das ungeplante Ende

Während andere Vereine ihre Fans aufforderten, etwas früher ins Stadion zu kommen, weil der Verein den ein oder anderen Spieler würdig verabschieden will, überraschte die FCA Familie am Freitag eine etwas andere Nachricht. Zwei Stunden, nachdem der Verein noch die normale Rundmail zum Saisonabschluss gegen Fürth verschickt hatte, macht der FCA öffentlich, dass Präsident Klaus Hofmann am 12.05. von seinem Amt als Präsident des Vereins und von seiner Geschäftsführerfunktion der KGaA zurückgetreten war.

Gute Besserung

An dieser Stelle möchte ich mir die Zeit nehmen, um Klaus Hofmann auf diesem Wege die besten Genesungswünsche zu übermitteln vom gesamten Team der Rosenau Gazette. Er tritt aus gesundheitlichen Gründen zurück. Wir wünschen ihm von Herzen, dass er bald wieder seine volle Gesundheit zurück erlangt und diese Zeit der Krankheit nur eine unerfreuliche Episode in seinem Leben ist. Alles Gute!

Auf Grund der Umstände des Abschieds wird schnell klar, dass dies in dieser Form nicht geplant gewesen sein kann. Vielleicht hat man es gerade noch geschafft, den Vorgang so lange hinauszuzögern, bis die Mannschaft den Klassenerhalt gesichert hatte. Dass Klaus Hofmann anscheinend nicht mehr in der Lage ist, die Nachricht gegenüber der Presse und den Fans selbst zu verkünden, ist beunruhigend. Wie auch die Fragen, die automatisch aufkommen, wenn man die Nachricht liest.

Gerade vor einem guten Monat hatte Hofmann auf einer Podiumsdiskussion mit Fans von einem „Lifetime-Commitment“ gesprochen. Er wolle die Anteile am FCA nicht verkaufen, solange er lebe. Und so bereitet sein Rücktritt zumindest mir zuallererst Sorgen um den Menschen Klaus Hofmann, der immer sichtlich für den FCA brannte und dem man niemals die Leidenschaft in der Sache absprechen konnte.

Viele Fragen

An diesem Tag des Saisonabschlusses bleiben, über die zur konkreten Gesundheit des ehemaligen FCA-Präsidenten hinaus, zuerst einmal viele Fragen. Wer wird nächster FCA Präsident? Wie wird der Präsident bestimmt? Braucht es eine außerordentliche Mitgliederversammlung? Wer wird neuer Geschäftsführer der KGaA? Braucht es einen solchen überhaupt? Was macht Klaus Hofmann mit seinen Anteilen an der Investorengesellschaft? Was passiert mit der Gruppe der Investoren? Wie wird die Einhaltung der 50+1 Regel beim FCA in Zukunft sicher gestellt? Und, und, und.

Derweil gäbe es genügend spannende Fragestellungen, die uns als Fans dieses Clubs momentan beschäftigen sollten. Wer ist Trainer zur neuen Saison? Verlängern wir mit Markus Weinzierl, oder nicht? Welche Spieler werden uns in der kommenden Saison verstärken? Welche werden uns vorher verlassen? Zumindest bei mir wird dies nun vorerst in den Hintergrund geraten. Das Sportliche fällt in seiner Bedeutung hinter die anstehenden strukturellen Weichenstellungen zurück.

Was bei diesem Prozess, der dem FCA nun bevor steht, am Ende heraus kommt, ist zumindest mir momentan unklar. Nach den zurückliegenden Jahren mag ich allerdings eines betonen. Natürlich wird es auf die Ergebnisse des Prozesses ankommen. Es interessiert mich sehr, wer im Verein die Führung übernehmen wird. Wer aktiv in der KGaA mitarbeiten wird und wie am Ende die Strukturen von alldem aussehen werden. Genau so interessant finde ich allerdings, wie dieser Prozess aussehen wird, den wir nun durchlaufen. Werden Mitglieder und Fans eingebunden und in welchem Umfang? Wie transparent wird all das vonstatten gehen?

Die aufgebaute Substanz wird weiter bestehen, auf das Fundament kann man aufbauen. (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Aus mit der grauen Maus

Gerade als man befürchten oder doch erhoffen konnte, der FCA würde zur grausten Maus in der Bundesliga aufsteigen, kommt somit auf ganz ungeahnte Art Bewegung in diese, von uns heiß geliebte Profifußballorganisation namens FC Augsburg. Bei alledem tut es uns wahrscheinlich allen gut, den Vorgang mit der nötigen Gelassenheit zu betrachten. Die Klasse ist gehalten und absteigen fällt uns grundsätzlich schwer. Der Club steht insgesamt stabil da, und Michael Ströll hat ja erst vor kurzem verkündet, dass die Pandemie zwar ein Veilchen geschlagen, aber den FCA noch lange nicht ins Wanken gebracht hat. Wenn etwas diesen Club mehr als viele andere begleitet, dann ist es andauernde Veränderung.

Auch klar: in Augsburg wird gegrantelt, egal was auch passiert. Und wenn sich in Zukunft die Verantwortung im Club auf mehr Schultern verteilen sollte als unter Klaus Hofmann, dann sollte dies eher noch zu mehr Stabilität führen als zu weniger. Aber so sehr ich auch gerne selbst die Uhr zurückdrehen würde in die Zeit, wo mein größtes Problem war, dass die diesjährigen Heimtrikots zwar reduziert aber schon seit langem in Größe XL nicht mehr lieferbar sind, so sehr geht das leider nicht. Nun gilt es, dass wir alle gemeinsam anpacken, um zu verhindern, dass die Horrorszenarien, die in meinem Kopf schon länger schwirrten, wenn ich an einen Hofmann-Abschied in der Zukunft dachte, nicht wahr werden. Dass wir nicht zum reinen Investorenclub verkommen.

Mit dem Glauben an die Gemeinschaft

Und gerade weil man in anderen Vereinen schlimmes hat passieren sehen, sollten wir gewarnt sein, die Lage nicht zu unterschätzen. Es gibt in Augsburg genügend Menschen, die das gleiche Verständnis davon haben, welch integratives und offenes Element der Fußball in unserer Gesellschaft sein kann, und die jetzt genau hinschauen werden. Und ich gehe mit Vertrauen in diese gewachsene Gemeinschaft in diese Sommerpause des Wandels. Es wird vielleicht zwischendurch mal kniffelig. Aber am Ende schaffen wir das. Weil Augsburg hält zusammen.

Aus der Not heraus


Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Auch das Spiel gegen den FC aus Köln ließ mich als FCA Fan erneut konsterniert zurück. Zu schnell stand es 0:2 aus Sicht des FCA und die Mannschaft musste hinterherlaufen. Im Abschluss hatte die Mannschaft Chancen in Führung zu gehen. Und nutzte sie nicht. Im Spiel gegen den Ball gab es einen soliden Plan. Den ließ man sich durch individuelle Fehler umwerfen. Alles in allem mehr als unbefriedigend. Und nicht das erste Mal in dieser Saison.

Nun könnte man sich alleinig auf die sportliche Leistung am Samstag konzentrieren und dies abarbeiten. Durch die deutliche Niederlage ist allerdings erneut klar geworden, dass die sportlichen Probleme tiefer liegen. Sie sind darin begründet, dass der Kader des FC Augsburg unausgewogen besetzt ist und Spieler falsch eingeschätzt wurden. In der Kaderübersicht sind sowohl Iago als auch Mads Pedersen als Linksverteidiger gelistet. Beide können die Position zumindest gegen den Ball nicht auf Bundesliganiveau ausfüllen. Der FC Köln hat am Samstag erneut deutlich gezeigt, wie Mannschaften Erfolg haben, wenn sie Iago defensiv isoliert bekommen. Die beiden ersten Gegentore fielen direkt über ihn.

Dies führte nun ja auch schon die ganze Saison über dazu, dass Markus Weinzierl – zwangsweise, denn er präferiert an sich eine 4er Kette – auf ein System mit 3er Kette zurückgreift, um den Außenverteidigern zu helfen und auf den Flügeln für mehr Sicherheit zu sorgen. Dies funktionierte bei einigen Gelegenheiten und der FCA fand bei diesen zurück zu defensiver Stabilität. Hat aber auch negative Konsequenzen. Man überlässt dem Gegner zwangsweise mehr das Spiel und beschränkt sich vermehrt aufs Kontern. Da gingen sie hin, die Träume vom verbesserten Ballbesitzspiel.

Schon wieder Iago mit dem defensiven Fehler? Da hätte Stefan Reuter gegen den Ball wohl mehr Entwicklungspotential erwartet. (Photo by Matthias Hangst/Getty Images)

Nun ist der Trainer naturgemäß verantwortlich für die Leistungen auf dem Platz. Er kann allerdings auch nur mit den Spielern arbeiten, die ihm durch das Management des Vereins zur Verfügung gestellt werden. Und so fällt es momentan schwer, zu beurteilen, ob Markus Weinzierl mit der Mannschaft an seine Leistungsgrenze gestoßen ist. Oder ob er durch seine spielstrategischen Vorgaben bei der Formation, schlichtweg die schlechte Kaderpolitik des FC Augsburg kaschiert. Mit dieser Mannschaft ist wohl defensiv nicht viel mehr herauszuholen, und es muss im Sommer nachgelegt werden, egal wer dann der Trainer ist.

An sich ist das ja vielleicht auch ein Grund für Hoffnung. Ob es nicht geeignetere Trainer-Alternativen gibt, die aus einer Mannschaft rund um den starken Innenverteidiger-Kern mit 3er Kette mehr heraus holen könnten, ohne groß am Kader eingreifen zu müssen, dürfen die Trainer-Experten beurteilen. Was Weinzierl mit Sicherheit auch nicht als Hauptpriorität sieht, ist die personellen Alternativen aus der Jugend heraus zu entwickeln. Ansonsten hätte man gegen Köln links hinten erneut Lasse Günther Minuten geben können (genau wie Pepi anstatt Finnbogason vorne). Hier werden laufend Einsatz- und Lernmöglichkeiten zu Gunsten von Spielern verschenkt, die über den Sommer hinaus keine Zukunft in Augsburg mehr haben werden.

Alles in allem darf man in Augsburg dann zufrieden sein, wenn die Saison endlich zu Ende ist und die Klasse gehalten wurde, weil sich erneut drei Vereine gefunden haben, die noch weniger hin bekommen haben als wir. Im Sommer gilt es strukturell das Missverhältnis Trainer zu Kader zu lösen. Es scheint sich anzudeuten, dass Weinzierl bleiben darf. Dann muss man im zwangsweise Spieler geben, die seine Art von Fußball auch umsetzen können. Damit die Not dann nächstes Jahr hoffentlich ein Ende hat.

Matchball

Die englische Woche ist vorbei. Die Befürchtungen waren groß. Der FC Augsburg holt nach Siegen gegen Wolfsburg und Mainz und einer Niederlage gegen die Bayern unerwarteterweise 6 Punkte und steht plötzlich mit 32 Punkten auf Platz 14 der Tabelle. Damit liegt der FCA 6 Punkte vor dem Relegationsplatz. Die Lage des FC Augsburg in der Liga ist wieder etwas beruhigter. Dazu ist der Trend gerade mal unser Freund. Es könnte alles viel schlimmer sein und das große Zittern ist zumindest vorerst gestoppt.

Als nächstes Hertha

Nun geht es zu Hause gegen Hertha BSC Berlin. Hertha, die nach der erneuten Niederlage gegen Union Berlin Auflösungserscheinungen zeigen. Denen die Ultras die Trikots ausgezogen haben. Bei denen Felix Magath komisches Zeug redet. Und der Trainereffekt recht schnell verpufft ist.

Wer in diesen Tagen zur Hertha blickt, der ist zumindest etwas verwundert (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Und so ist der FC Augsburg am Samstag im Heimspiel Favorit. Der FCA hat jetzt erst einmal wieder eine Woche um zu Kräften zu bekommen und ein paar Wehwehchen auszukurieren. Um dann gegen Hertha auf das weiter aufzubauen, was man zuletzt sportlich ablieferte. Um dann mit einem klaren Plan aufzulaufen, und diesen erneut konsequent umzusetzen. Während Hertha auf der Suche nach der eigenen sportlichen Identität ist und bei Nichtauffinden derselben direkt in die zweite Liga abrutschen könnte.

Der erste Matchball

Die Partie gegen Hertha BSC ist dabei eine, in der man quasi den Klassenerhalt fix machen kann. Sollte man gegen Hertha gewinnen, hätte man vier Spieltage vor Schluss 9 Punkte mehr auf dem Konto genau wie das deutlich bessere Torverhältnis. Ähnlich könnte es in Relation zur Arminia aus Bielefeld aussehen, die am kommenden Spieltag gegen die Bayern ran müssen.

Das ist dann zwar rechnerisch noch nicht ausgeschlossen, dass es nach unten geht, aber passieren wird da trotzdem nichts mehr. Dafür lege ich meine Hand ins Feuer. Nebenbei hätte man dann zu Hause in dieser Saison beide Berliner Clubs geschlagen. Auch nicht die schlechteste Bilanz.

Mit diesem Entscheidungsspielcharakter des Hertha-Spiels könnte es am Karsamstag zum Fußballfest in der wwk Arena kommen. Bei einem Sieg lässt sich richtig feiern. Dafür sollten wir zusammen alles geben. Die Mannschaft kann in jedem Fall jede Unterstützung für einen der wichtigsten Schritte in dieser Saison gut gebrauchen.

Die Ulrich-Biesinger-Tribüne sollte am Samstag voll werden (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Das Gewinnspiel

Entsprechend wäre es für alle Beteiligten schön, wenn’s Stadion am Samstag möglichst voll werden würde. Trotzdem lässt sich momentan nicht ausblenden, dass weiterhin Krieg in der Ukraine herrscht, und die Menschen dort weiter unsere Unterstützung brauchen. Nachdem ich hier noch 2 Tickets für Block C für Samstag (digital – print@home) liegen habe, würde ich diese gerne unter all denen verlosen, die hier im Shop etwas gekauft oder an den UBT e.V. etwas gespendet haben. Schickt dazu eine kurze Email mit einem Nachweis (gerne bis auf wesentliche Daten anonymisiert) an kontakt@rosenau-gazette.de bis Mittwochabend. Der Gewinner bzw. die Gewinnerin der beiden Karten wird dann am Donnerstag von mir kontaktiert. Alle vorstellbaren Rechtswege sind ausgeschlossen.

Was ist mit der Jugend?

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Mit hehren Zielen ist Klaus Hofmann als Präsident des FC Augsburg gestartet. Er wollte die Quote der Spieler, die beim FC Augsburg in der ersten Mannschaft spielen und aus der eigenen Jugend stammen, erhöhen. In der Saison 2021/22 ist sie dennoch so niedrig wie seit langem nicht. Außer Raphael Framberger, der schon vor Jahren sein Debüt im Trikot des FCA feierte, kommt kein Spieler aus dem eigenen Nachwuchs zu Einsatzzeiten. Nicht nur in der Tabelle sondern auch im Bereich der Entwicklung eigener Jugendspieler ist der FCA weit davon entfernt, die eigenen Ziele zu erreichen. Man könnte sogar meinen, man hätte sie aufgegeben. Was ist passiert?

Hochgelobt und abgehoben

Markus Weinzierl verkündete noch in seiner ersten Amtszeit, dass die Jugendspieler in Augsburg weit weg wären von der ersten Mannschaft. Doch nach Weinzierls Abschied tat sich was. Zwischenzeitlich kamen einige Spieler aus der eigenen Jugend in Augsburg zu ihrem Profidebüt. Kevin Danso war lange der Vorzeige-Nachwuchsspieler. Schnell war durch seine Leistungen in den Jugendmannschaften klar geworden, dass er das Talent für großes hat. Frühzeitig durfte er unter Manuel Baum debütieren. Sich fest spielen. Fehler machen. Zum A-Nationalspieler für Österreich werden. Und in Schwächephasen auf der Bank sitzen.

Danso viel es anscheinend schwer die Konsequenzen seiner Leistungsschwankungen zu akzeptieren. Er wollte Stammspieler sein und wurde erst an den FC Southampton und nachfolgend an Fortuna Düsseldorf verliehen. Nach seiner Rückkehr wurde ihm eröffnet, dass er sich in Augsburg dem Wettbewerb um die Plätze zu stellen habe. Er versuchte seinen Abgang zu erpressen. Der FCA fand mit RC Lens eine Lösung, wo er nun mit 23 Jahren Stammspieler in der Ligue 1 in Frankreich ist. Warum er seine Zukunft nicht mehr in Augsburg gesehen hatte, wird eines der Rätsel rund um den FC Augsburg bleiben. Vielleicht liegt die wesentliche Ursache aber in diesem Fall schlicht im abgehobenen Selbstverständnis des Spielers selbst.

Aus der Jugend Leistungsträger im Herrenteam. Danso und Richter haben den Durchbruch geschafft. In Augsburg spielen sie allerdings keine Rolle mehr. (Photo by Alessandro Sabattini/Getty Images)

Bei aller Unruhe die Perspektive woanders gesucht

Etwas anders gelagert ist die Geschichte bei einem anderen Spieler des Augsburger Nachwuchses, der sich in Augsburg durchgesetzt hatte und nun sein Glück woanders sucht. Marco Richter ist ein Lausbub. Ihn verbindet mit Danso, dass er Talent bis zum Umfallen hat. Darüber hinaus hat er sich aber in der Kommunikation nach außen immer professionell verhalten und sich über Jahre beim FCA durchgesetzt und war zu einem wichtigen Spieler im Kader des FCA geworden. Richter derweil ist ein Spieler der meiner Einschätzung nach sehr davon profitieren kann, wenn es Ruhe in der sportlichen Führung des Vereins, v.a. beim Cheftrainer, gibt. In Augsburg aber wechselten Richters Aufgaben unter den unterschiedlichen Trainern immer wieder. Baum, Schmidt und Herrlich sorgten nicht dafür, dass Richter zu einer festen Position und konstanten Leistungen fand.

Wechselwünsche und Gedanken kamen entsprechend regelmäßig immer wieder ans Tageslicht. Das hängt wohl auch damit zusammen, dass Richter von Volker Struth beraten wird, der eine der größten Beratungsagenturen führt, und dessen Aushängeschild Toni Kroos ist. Er schafft es regelmäßig seine Spieler an Clubs zu vermitteln, wo sie den nächsten Schritt machen sollen. Richter hatte früh im Kopf, dass der nächste Schritt nicht mehr in Augsburg stattfinden sollte. Nachdem in Gerüchte in Köln und Gladbach sahen, ging er im vergangenen Sommer zur Hertha nach Berlin. Und im Umfeld des FC Augsburg darf man sich fragen, warum auch in diesem Falle der FCA seine sportliche Vision und die Rolle des hochverlangten Eigengewächses darin nicht nachhaltig vermitteln konnte.

Vernachlässigt

Damit ist die Geschichte derer, die aus dem Augsburger Nachwuchs den Weg in die Bundesliga gefunden haben aber noch nicht auserzählt. Der ein oder andere Fan des FC Augsburg rieb sich zuletzt mit einiger Verwirrung die Augen. Simon Asta, vormals großes Talent auf der Rechtsverteidigerposition, spielte bei Fürth gerade auf dieser Leidensposition der Augsburger 90 Minuten in der Bundesliga. In Augsburg hatte man vor 1,5 Jahren dem Wechselwunsch Astas nachgegeben und ihn fest nach Fürth ziehen lassen. Mittlerweile ist er in Fürth in der Bundesliga angekommen und wurde unlängst auch in der deutschen U21 Nationalmannschaft berücksichtigt. Ähnlich lief es vormals bei Marvin Friedrich, der erst in Augsburg verletzt fehlte, nach Berlin zu Union verliehen wurde, und dann nicht mehr zurückkehren wollte. Nur, dass Friedrichs Entwicklung in Berlin noch rasanter war und Friedrich bei Schalke ausgebildet wurde und nicht in Augsburg.

Die fehlende Betreuung der Leihspieler führte dazu, dass man Christoph Janker installierte, um genau diese zu übernehmen. Auch die Schnittstelle zum Nachwuchsleistungszentrum fällt ganz grundsätzlich in sein Arbeitsgebiet. Rainer Maurer hatte sich zu diesen Themen erst vor kurzem auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Freiburg geäußert. Er hatte kommuniziert, dass diese Schnittstelle coronabedingt gelitten hatte. Der FC Augsburg hatte vergleichsweise wenig Infektionen in der ersten Mannschaft. Wenig Einbindung der Jugendspieler in den Profibetrieb könnte hier geholfen haben. Sie hat aber auch die Brücke gekappt und den Jugendspielern die Möglichkeit genommen, sich zu zeigen und oben anzuklopfen. Hier gilt es jetzt zügig, wieder mehr Durchlässigkeit zu schaffen, und den eigenen Jugendspielern vermehrt Perspektiven aufzuzeigen, bevor sie ihre Zukunft auch woanders suchen. Danso und Richter waren hier als Vorbilder eventuell zuletzt prägender als Raphael Framberger, der immer als Vorzeigeobjekt der Jugendarbeit dienen muss.

Mit Tim Civeja war die Hoffnung verbunden, den nächsten Startelfkandidaten aus der Jugend gefunden zu haben. Er ist vorerst, wie auf diesem Foto, wieder etwas in den Hintergrund geraten. (Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Ist Jugendförderung eine Priorität?

Und hierbei werden die Jugendspieler auch beobachten, wie es den Spielern ergeht, die in Augsburg Profiverträge haben und mit der ersten Mannschaft trainieren. In der Öffentlichkeit erinnert man sich an einen davon schon kaum noch. Derweil war in der letzten Saison Tim Civeja der heiße Name unter den Nachwuchsspielern des FC Augsburg. Unter Heiko Herrlich war er ganz nah dran an der Mannschaft, durfte debütieren und wurde nur ausgebremst, weil ihn eine Verletzung lange zum Zuschauen verdammte. In dieser Saison und unter Markus Weinzierl ist Tim Civeja wieder ein bisschen in der Versenkung verschwunden. Selbst als mit Tobi Strobl und Carlos Gruezo zwei zentrale Mittelfeldspieler ausfielen und auch während der Corona-Erkrankung von Arne Maier kam Civeja nicht zum Zug.

Und so stellt sich in Augsburg mittlerweile schon die Frage, welche Rolle die Förderung der eigenen Jugend bei den Prioritäten der sportlichen Führung spielt. Gerade in Zeiten, in denen man schnell einen zweistelligen Millionenbetrag für ein US-Talent ausgibt, und in denen die eigene Jugend keine Berücksichtigung in der ersten Mannschaft findet, führt dies vielleicht bei dem ein oder anderen mehr zu Abwanderungsgedanken. Gerade die ausgeliehenen Talente um Maurice Malone, Lukas Petkov und Co. werden sich fragen, inwiefern sie in Augsburg die optimalen Bedingungen für ihre Zukunft vorfinden. Alles in allem scheint es, als ob der FCA nach den rosigen Zeiten der Talententwicklung unter Manuel Baum in diesem Bereich in der Entwicklung stagniert, wenn nicht sogar zurück fällt.

Der große Schnitt im Sommer?

Kurzfristig kommt aber nun doch Spannung ins Thema. Durch viele Ausfälle und Erkrankungen ist die Personaldecke gegen Wolfsburg mehr als dünn. Das Spiel der U23 wurde auf Grund der Platzverhältnisse in der Rosenau abgesagt. Wenn sich hier nicht schon am Sonntag für den ein oder anderen aus dem Nachwuchsbereich die Chance ergibt sich zu zeigen, dann wird das wahrscheinlich in dieser Saison ganz grundsätzlich nichts mehr.

Nachdem die sportliche Situation zudem weiter kritisch bleibt, wird wohl hier gerade niemand den Finger mit Nachdruck in die Wunde legen. Im schlimmsten Fall wird der FCA im Sommer allerdings hier eine weitere Baustelle haben, bzgl. der er zumindest sein Auftreten in der Öffentlichkeit korrigieren sollte. Wenn nicht sogar Nacharbeiten an Strategie und Fundament notwendig sind. Die Trennung von U23-Trainer Sepp Steinberger zum Saisonende ist ein Zeichen, dass es im Gebälk kracht. Im Profibereich hat Weinzierl auch in seiner zweiten Amtszeit die Kompetenz bzgl. der Integration der Spieler des eigenen Nachwuchses vermissen lassen. Die Trainerentscheidung für die Profis über den Sommer hinaus ist zumindest noch nicht nach außen kommuniziert worden. Es wäre schön, wenn dieses Thema hier eine wichtige Rolle spielen würde.

Im Hintergrund

Leise war es zuletzt. Die Ultras und die organisierte Fanszene waren lange nicht mehr im Stadion auf dem Lechfeld anzutreffen, um die Recken des FC Augsburg mit Wumms zu supporten. Jeder Stadiongänger hat in den letzten Spielen sehr schnell bemerkt, was dem Spiel und auch der Mannschaft abgeht, wenn der Support auf den Rängen nicht in organisierter Form passiert. In dem ein oder anderen Podcast wurden die Ultras dazu aufgerufen, endlich an ihre gewohnte Stätte zurückzukehren. Der fehlende Support könnte im Klassenerhalt von entscheidender Bedeutung sein. Eine Rückkehr ist derweil bis heute offen.

Viel ist passiert in dieser Coronazeit. Der Fußball hatte eine zunehmende Entfremdung selbst konstatiert. Wie ein Süchtiger, kommt der Sport allerdings nicht von seiner Droge – der fortschreitenden Kapitalisierung – weg. Und während es einem jeden selbst überlassen bleibt, ab wann die Umstände des Sports und das Ungleichgewicht in der Liga die Betrachtung des sportlichen Wettbewerbs versauern, ist insgesamt an dieser Front keine Besserung zu erhoffen. Die Winter-WM in Katar rückt immer noch jeden Tag näher.

Der FCA ist mittendrin statt nur dabei. Auch hier wird hart um Fanrechte gerungen. Anteile der Investionsgesellschaft von Klaus Hofmann wurden ohne Wissen der Mitglieder in die USA verkauft. Sitze im Aufsichtsrat der KGaA werden nur an Investoren oder Investorenfreunde vergeben. Verein und Fanszene zermürbten sich auf der letzten Mitgliederversammlung in der Debatte um Plätze im Aufsichtsrat des e.V. Dazu kommen all die Coronaregelungen, die der Verein durchsetzen muss, um überhaupt Zuschauer ins Stadion lassen zu dürfen. Momentan wohl der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Die Szene bleibt dem Stadion also erstmal fern.

Schweigeminute unter dem Logo der Friedensstadt. (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Und dennoch ist in diesen Tagen wieder etwas passiert, was erneut als mehr als eindrucksvoll zu bezeichnen ist. Nachdem Russland den unsäglichen, völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf die Ukraine gestartet hatte, war anscheinend auch in der organisierten Fanszene schnell klar, dass man helfen muss. Wie so oft schon in den letzten Jahren, wird klar, dass Fußball eine Nebensache und die Wirkung der Ulrich Biesinger Tribüne (UBT) weit über das Feld hinaus reicht. Und in diesen Momenten passiert etwas, was man nicht hoch genug bewerten kann: UBT, Verein und schärfste Ultra-Kritiker schaffen den Schulterschluss. Das Zwischenergebnis ist hier zu sehen. Den erstmaligen Spendenaufruf findet ihr hier. Ich verneige mich erneut vor diesem Engagement und dieser Hilfsbereitschaft.

In den letzten Jahren ist klar und deutlich geworden, dass dem FCA ohne die organisierte Fanszene sehr deutlich etwas abgehen würde. Nach den Leistungen der letzten Jahre sollte der FCA selbst ein Interesse daran haben, die Fanszene in den Verein einzubinden. Der FCA sollte proaktiv unterstützen, dass die Fanszene ihren Platz am Tisch bekommt und auch einnimmt, am besten direkt über den Aufsichtsrat der KGaA. Gut möglich, dass die Diskussionen anstrengend und schwierig sein werden. Ich bin allerdings vollends überzeugt, dass sie unseren Verein verbessern werden.

Es ist leider nicht zu erwarten, dass sich in der Diskussionsrunde, zu der der UBT einlädt, die Distanz zwischen den Gruppen merklich verringern wird. Sie kann nur ein erster Schritt auf dem weiteren Weg sein. Ich erhoffe mir trotzdem eine breite Beteilung und würde mir wünschen, dass viele Interessierte am 29.03. den Weg in die Rosenaugaststätte finden. Für den Verein wäre es wichtig über Lippenbekenntnisse hinaus ein echtes Zeichen zu setzen. Ob dies in den vorhandenen personellen Konstellationen möglich ist, ist zumindest fragwürdig. Für den Versuch, die Distanz zwischen Verein und Szene zu verringern, ist dem UBT als Organisator und den Vertretern des Vereins, die sich der Diskussion stellen, zu danken.

Von der Fanszene selbst wünsche ich mir, dass sie ihre Plätze im Stadion wieder einnimmt. Es fehlt etwas ohne euch. Der Platz im Stadion ist der beste Platz, um über die Lage des Fußballs zu informieren und mahnend Banner oder Spruchbänder zu zeigen. Den Platz im Stadion zu verlassen, ist gleichbedeutend mit Aufgeben. Ihr seid es, die auch dann die Mannschaft noch unterstützen, wenn es ansonsten leise wird. Ihr seid es, die in schwierigen Zeiten vorangehen. Ich habe in meinem Leben noch keine schwierigeren Zeiten durchlebt. Ich wünsche mir, dass die Kurve samstags da ist, um Identität und Sicherheit zu geben.

Randnotiz: Wir haben in der Zwischenzeit unsere Neigschaut-Aktion beendet. Alle T-Shirts sind ausgeliefert, Gregerls Spendenverein TorChance hat die Spende erhalten und sich über Instagram sehr freundlich bedankt. Es gibt nur noch sehr wenige Rest-Shirts im Shop. Schlagt lieber schnell zu, wenn ihr noch eins wollt. An alle, die mitgemacht und bestellt haben, an dieser Stelle einen herzlichen Dank! Auch wir versuchen weiterhin, über diesen Blog hinaus unseren Beitrag zu leisten und freuen uns über jegliche Unterstützung. Alle Erlöse aus Verkäufen im Shop gehen immer an wohltätige Organisationen.

 
 
 
 
 
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