Auf dem Weg zur Stabilität

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Wenn man auf den FC Augsburg schaut, dann war es in den letzten Jahren immer so, dass irgendetwas war, was den nachhaltigen sportlichen Erfolg verhinderte. Über viele Jahre lief es nicht gut. Es kumulierte, bis letztes Jahr das Team auf Schützenhilfe angewiesen war, um die Klasse zu halten. Trainer kamen, Trainer gingen. Leistungsträger sahen ihre Zukunft bei anderen Clubs. Eine allgemeine Unzufriedenheit war an allen Ecken zu erkennen, nur zu beheben wusste sie lange keiner.

Momentan ist das anders. Ja, man kann an manchen Stellen weiter konstruktiv Kritik üben (wie ich es ja regelmäßig mit Blick auf die Durchlässigkeit vom NLZ zu den Profis tue). Was will man an den im Tagesgeschäft beheimateten Themen groß kritisieren? Dass man gegen heimstarke Bochumer nur 1:1 gespielt hat? Um was es jetzt geht: Stabilisierung. Der FCA muss jetzt zeigen, dass er regelmäßig sportlich überzeugen kann, damit endlich Ruhe einkehrt. Die Voraussetzungen hierfür sind besser denn je.

Beste Voraussetzungen

Ich hatte gefordert, dass der Kader im Winter einen Umbau braucht. Von mir war klar formuliert, dass der FCA mindestens 6 Spieler abgeben soll. Dazu rechnete ich mit 1-2 qualitativ hochwertigen Neuzugängen. Marinko Jurendic legten hier Punktlandungen hin. Sieben Spieler, die in der Hinrunde kaum bis keine Rolle gespielt hatten, verließen den Verein für immer oder zumindest für die Rückrunde. Mit Jakic und Pep Biel kamen zwei Neuzugänge, die beide schon zeigen durften was sie können.

Hervorzuheben ist an dieser Stelle auch, dass der FCA keinen Leistungsträger abgegeben hat. Ruben Vargas, der mit der Fiorentina in Verbindung gebracht wurde, blieb schlussendlich, nachdem man immer wieder von unterschiedlichen Angeboten lesen konnte. Und bei den Top-Leistungsträgern wie Ermedin Demirovic kamen noch nicht einmal Gerüchte auf. Mit Jeff Gouweleeuw konnte man einen Dauerbrenner der Hinrunde und eine Stütze des Teams sogar für mindestens eine zusätzliche Saison binden. Arbeit für alle zusammen bleibt trotzdem.

Jakic brachte zusätzliche Qualität, jetzt müssen alle das Maximum aus sich herausholen. (Photo by Christof Koepsel/Getty Images)

Weitere Verbesserungen notwendig

Standard-Trainer Lars Knudsen, der nun im Winter zusätzlich zum Trainerteam hinzugestoßen war, beurteilen wir nun mal nicht an seinem kurzfristigen Erfolg. Man kann offensiv die ein oder andere neue Variante, gerade auch bei den Ecken, erkennen, zählbares brachten diese Veränderungen aber noch nicht ein. Und auf der Gegenseite spielt der FCA weiterhin nicht zu null, weil die anderen Teams zumindest über Standards im Moment regelmäßig zum Erfolg kommen. Als Bochumer Stürmer konnte man sich nur wundern, wie der Ball nach einer Ecke so wundervoll den Weg fand und dann auch noch der Platz für den Seitfallzieher da war. Was ein Loch mitten im Sechzehner. An der Standardverteidigung arbeiten wir dann unter der Woche noch einmal.

Auf der anderen Seite hat der Kader nicht nur in der Spitze eine gute Qualität, sondern auch eine Breite. Von Konkurrenzkampf ist da zu lesen. Jess Thorup hat auf der anderen Seite seine Stammelf gefunden, von der nun nicht mehr abzuweichen scheint. Jakic für Dorsch ist der Verletzung von Niklas zuzuschreiben. Ansonsten ist die erste Elf des FCA absolut berechenbar. Auf der anderen Seite muss der ein oder andere Spieler aus der zweiten Reihe seine Chance bekommen, wenn er auf sich aufmerksam machen kann. Wie viel mehr soll z.B. ein Arne Maier tun, als einen Schuss an den Pfosten zu setzen und mit seinem Abschluss für den Elfmeter zu sorgen, um mehr Einsatzzeit oder auch eine Chance von Anfang an zu bekommen? Trotz Kaderausdünnung wird es Unruhe geben, wenn das Leistungsprinzip durch festgefahrene Rollen nicht mehr gilt. Hier wird es in den nächsten Wochen darauf ankommen, das Gleichgewicht zwischen festen Routinen und notwendigen Wechseln zu finden.

Kleinigkeiten

Die Bundesliga bleibt eine Liga in der Nuancen über den Ausgang von Partien entscheiden. Gerade die Interpretationen im Nachgang einzelner Partien bleiben spannend. Ich habe gestern an mancher Stelle gelesen, wie enttäuschend der Auftritt des FC Augsburg in Bochum gewesen sei. Das sehe ich nicht so. Bochum ist ein Team, dass versucht einen – ähnlich wie wir selbst – über intensives Spiel aus dem Konzept zu bringen. Das ist ihnen nicht gelungen. Man mag sich als FCA-Fan fragen, warum es bis zur zweiten Halbzeit brauchte, bis der FCA das Heft des Handelns übernahm. Ab dann war es bis zum Bochumer 16er flüssig. Am Ende stand ein höherer xG-Wert auf unserer Seite, genau wie mehr Abschlüsse und Ecken. Die Abschlüsse waren nicht zwingend und der Ausgleich am Ende war glücklich, aber mitnichten unverdient. Bei einem anderen Spielverlauf wäre hier mehr drin gewesen. So heißt es darauf aufbauen und weitermachen. Und eben nicht wieder in Rückstand geraten. Oder unruhig werden. Der FCA ist – wenn er sich nicht irritieren lässt – auf dem Weg zur Stabilität.

Zurück in der Spur


Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Sonntagmorgen nach dem Spiel gegen Union Berlin. Wie viele von uns bin ich morgens mit einem fetten Grinsen aufgewacht. Ich habe mir vorgestellt, wie Enno Maaßen aufgewacht ist und auch erstmal kurz ein kleines Tänzchen vollführt hat. Bei anderen hat vielleicht der ein oder andere Kater-Kopfschmerz das morgendliche Hoch etwas getrübt. Wir alle wussten dennoch, warum wir am Samstagabend gefeiert haben. Doch es war nicht nur der Sieg gegen Union Berlin, der den Glauben an dieses Team bestärkt.

An 1:0 Siege zu Hause in der Arena wird man sich nie ganz gewöhnen. Es ist ein Gefühl, von dem man nicht genug bekommen kann, gerade wenn – wie in den letzten 10 Minuten gegen Union Berlin – das Stadion voll Gespanntheit fast überschwappt, jeder nur noch singt und klatscht um nicht umzukippen, und sich die ganze Spannung am Ende mit dem Schlusspfiff entlädt.

Mit dem Druck umgehen

Nicht oft genug war es der Fall, dass der FC Augsburg Führungen verteidigen konnte. Über 20 Punkte hat man auf dem Weg zum 31. Spieltag in dieser Bundesligasaison liegen lassen. Teilweise auf die bitterste und herzbrecherischste Art und Weise. Ich muss die Partien an dieser Stelle nicht benennen. Jeder erinnert sich an die traumatischen Situationen sowieso sofort. Umso schöner war es, dass das Team gezeigt hat, dass es mit der Situation umgehen kann.

Nun hatten sich in den letzten Wochen die Punktverluste gehäuft. Der FCA war vor der Partie gegen Union Berlin seit sieben Spielen sieglos, auch wenn er in manchen Partien gute Chancen gehabt hätte, zu gewinnen. Auf diesem Wege war man nun gegen Ende der Bundesligasaison wieder unten rein gerutscht. Die Abstände waren zu gering geworden, um als Fan noch ruhig schlafen zu können. Eine Spannung war entstanden, auf die niemand rund um den FCA in dieser Saison Bock hatte. Es ist schön zu sehen, dass der FCA als Spezialist im Abstiegskampf in diese Rolle zurück gefunden hat.

Katze Koubek und Mimi Pedersen feiern ausgelassen. Das Ergebnis gegen Union Berlin war wegweisend. (Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)

Interne Problemlösung

Dies ist umso erstaunlicher, als dass Enno Maaßen als Trainer in seiner ersten Saison in der Bundesliga sich zum ersten Mal in dieser Situation wiederfindet. Dazu kommt, dass der Kader einem kräftigen Umbau unterworfen war und viele junge Spieler regelmäßig in der ersten Elf stehen. Arne Engels wirkt weiterhin so routiniert wie eh und je. Dion Beljo traf erneut. Die Jugend forscht nicht nur. Die Jugend regelt. Und dass unter schwierigen Bedingungen.

Dabei ist in den letzten Wochen sicher nicht alles glatt gelaufen. Es gab Themen, die man kritisieren konnte. Die Verantwortlichen haben alle Debatten intern gehalten. Präsident Max Krapf hat sich, im Gegensatz zu seinem Vorgänger in vielen der vergangenen Saisons, vornehm zurück gehalten, genau wie auch Stefan Reuter. Der FCA hat in dieser schwierigen Situation nach außen die Ruhe bewahrt und ist zusammengestanden.

Zurück auf dem Augsburger Weg

Diese besonnene Art der Arbeit war in den ersten Bundesligajahren immer das Augsburger Markenzeichen. Sowohl im ersten Bundesligajahr als auch in der ersten Phase unter Markus Weinzierl hat den Club ausgezeichnet, dass man sportlich nicht an der Ausrichtung gerüttelt hat. In den vergangenen Jahren hat man immer mal wieder kurz vor dem Saisonende ein Zeichen setzen wollen. Diesmal hat man noch nicht mal laut darüber nachgedacht.

Zwei Kern-Personalien sind hier zu beachten. Einerseits hat Enno Maaßen das Herz der Augsburger erobert. Er ist ein Trainer, mit dessen Art man sich identifiziert und dem man sportlich noch mehr zutraut, auch wenn er bisher nicht alles richtig macht (und wer macht das schon). Andererseits hat der Wechsel von Hofmann zu Krapf im Präsidentenamt zu Ruhe geführt. Er ist näher dran am Geschehen, bildet sich eine eigene Meinung und verteidigt den Club mit allem was er hat. Auf öffentliche Auftritte kann er im Zweifel dafür verzichten. Ein Zeichen der Stärke. In der derzeitigen Konstellation funktioniert das gut und gibt Sicherheit.

Man mag direkt mit Mads und Felix mitlaufen. Es ist lange her, dass ich so viel Hoffnung hatte, obwohl es sportlich immer noch eng ist. (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Ergebnisse

Das alles ist im Fußball nicht viel wert, wenn die Ergebnisse ausbleiben. Als ich am Sonntagnachmittag mit meinen beiden Töchtern in der Eisdiele sitze, geht mir auf, mit was sich dieser Sieg am besten vergleichen lässt: mit der Geschmacksexplosion einer Amarena-Kirsche. Kurz bevor man auf die Kirsche beißt, weiß man nicht, ob sie auch dieses mal genauso geschmacksintensiv im Mund explodieren wird. Nach kleinen Zweifeln in den letzten Wochen den Glauben ins eigene Team und in den Club zurückzugewinnen, weil man von draußen ja nicht rein schauen kann, ist genau eine solche großartige Erfahrung.

Nach sieben sieglosen Spielen ist der FCA nicht etwa unter dem Druck im Abstiegskampf zusammengebrochen, sondern hat mit dem Sieg gegen Union klar gemacht, dass er Top-Teams in der Liga schlagen kann. Er hat in schwierigen Zeiten zusammengehalten und tut das weiterhin. Und bei dem Potential im sportlichen Bereich freut man sich auf mehr.

Das Mehr kommt hoffentlich direkt am nächsten Wochenende. Gegen Bochum gilt es den Sack zu zu machen. Der Klassenerhalt gegen Bochum wäre wie ein Spaghetti-Eis. Kennen wir. Bestellen wir jede Saison immer wieder. Einfach gut und in Ruhe zu genießen. Aber egal was nun kommt, ich glaube wir sind über den Berg. Weil auch wenn wir den Saisonausgang nicht komplett selbst beeinflussen können, so glaube ich doch, dass wir in Augsburg wieder auf unserem Weg angelangt sind. Zurück in der Spur nach einigen schwierigen Jahren. Wohin uns diese auch immer führen wird in nächster Zeit.

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