Welch ein überraschender Auftakt gegen Freiburg am ersten Spieltag. Mit dieser ersten Hälfte hätte in dieser Form so keiner gerechnet. Diese Woche lieben wir den Fußball wieder.
Ich habe in diesem Zusammenhang auch etwas Neues ausprobiert und meine Gedanken in Form eines Podcasts aufgenommen. Quasi die 100.000 Euro Videowall der Rosenau Gazette. Ich bin gespannt auf euer Feedback. Sollte das öfter in dieser Form kommen, oder könnt ihr damit nichts anfangen?
Neuer Trainer, neue sportliche Leitung und das ohne Zwang nach einer der besseren Saisons in der Bundesligageschichte des FC Augsburg. Was soll man nun in der kommenden Saison vom FCA erwarten? Die sportlich Verantwortlichen wollen sich hierzu nicht festlegen. Es wird über eine Entwicklung gesprochen. Der nächste Schritt soll gemacht werden. Wir stellen uns die Frage: Bedeutet dies, dass es nach der Saison nach Europa gehen muss? Zwei Meinungen – von RoGaz-Gründer Andy und RoGaz-Autor Andi
Ja, Europa muss es sein
(Andy) Fußball ist zuallererst ein Ergebnissport. So schön es ist, wenn dabei auch noch Attraktives auf dem Rasen geboten wird, so wenig kann man sich manchmal dann auch davon kaufen. Die Ergebnisse waren in den knapp zwei Jahren unter Jess Thorup gut. Der ruhige und professionelle Däne hat in Augsburg eine Mannschaft geformt, die vor allem gegen den Ball phasenweise unüberwindbar agierte. Am Ende der Saisons ging seinem Team allerdings zweimal die Luft aus, wenn es darum gegangen wäre nach den Sternen, äh Europa, zu greifen.
Und so erwartet man sich zwar von Sandro Wagner die Umsetzung einer etwas aktivieren Fußballphilosophie. Mehr selbst das Spiel machen, schöner spielen. Aber seien wir doch mal ehrlich: Hätte Jess einen veritablen Angriff auf Europa gefahren im Saisonendspurt, dann wären wir jetzt nicht hier. Und Sandro Wagner muss vor allem ergebnistechnisch abliefern. Das liegt auch daran, dass man sich in der Öffentlichkeit hingestellt und die Qualität der Mannschaft immer wieder sehr gelobt hat. Dazu wollten die Jungs doch unbedingt angreifen (man mag den Saisonendspurt schon fast vergessen haben).
Für alle gilt: Put your money where your mouth is. Oder auch: Sexy ist, wer nach Europa fährt. Ströll, Weber, Wagner und Co. müssen liefern!
Nein, Europa muss es nicht sein
(Andi) Ja, Jess Thorup hat ergebnistechnisch geliefert. Unter seiner Regie spielte der FCA die nach Punkten drittbeste Saison seiner Bundesligageschichte. Dementsprechend habe ich zum Zeitpunkt der Trennung durchaus die Frage in den Raum gestellt, ob die Trennung notwendig war und kommentierte: „Schneidet Wagner nun schlechter ab als Thorup, darf die Sinnhaftigkeit hinter der Entlassung bezweifelt werden.“ Dazu stehe ich auch heute noch. Das bedeutet aber nicht, dass der FCA zwingend nach Europa muss.
Ja, FCA-Fans dürfen zu Recht eine erfolgreiche Saison erwarten. Doch Europa-Druck hilft an der Stelle nicht weiter. Man sollte Wagner Zeit geben, seine Spielphilosophie auf die Mannschaft zu übertragen. Dass das nicht von heute auf morgen geht, haben die Testspiele gezeigt. Ich bin schon zufrieden, wenn das eine grundsolide, punktemäßig Thorupähnliche Saison wird, auf der man aufbauen kann. Gelingt das, kann man nächste Saison gerne von Europa sprechen. In dieser Spielzeit ist das, auch mit Blick auf das zu erwartende enge Bundesligamittelfeld, zu früh und man wäre nur enttäuscht, wenn es dann doch nicht klappen sollte.
DFB-Pokal 1. Runde: Hallescher FC gegen FC Augsburg. Ein Pflichtspiel für den Fußballromantiker in mir. Als ich in Halle ankomme ist es erstmal unromantisch frisch für Mitte August. Pünktlich vor Spielbeginn reißt die Wolkendecke auf. Es ist in der Folge sommerlich warm und die Konditionen sind somit perfekt für diese Erstrundenpartie im Pokal. Was auch froh stimmt? Sandro Wagner versucht es gleich mal mit zwei Stürmern, in dem er Tietz und Mounié beide aufs Feld schickt. Sonnenschein und ein mutiger Angang. Ob ich mir da zu viel verspreche?
Halbzeit 1
Das Spiel lässt dann auch gleich wenig vermissen. Mounié, Giannoulis und Kömur mit Abschlüssen in den ersten 5 Minuten. Auch die Hallenser kombinieren sich bis vor den Augsburger Strafraum und kommen zum Abschluss. Giannoulis fällt nach Kontakt im Strafraum, das Spiel läuft weiter. Es ist ein munterer Beginn und gerade der FCA hätte gut und gerne in Führung gehen können. In der Folge übernimmt der FCA mutmaßlich das Kommando. Oder er lässt sich von den Hallensern einlullen. Ein gefährlicher Konter wird am Ende von Finn Dahmen entschärft. Auch die drei Ecken danach verbleiben nicht ganz ohne Gefahr für das Augsburger Tor. Sandro Wagner ist gerade in Spielunterbrechungen eifrig dabei, nachzujustieren und zu kommunizieren. 15 Minuten sind gespielt. Langweilig ist es bisher nicht, auch weil es im Stadion durchaus laut ist.
Die Folgeviertelstunde ist davon geprägt, dass der FCA Ruhe in die Partie bekommt. Halle hat immer weniger den Ball und der FCA zwingt die Hallenser immer wieder zu langen Bällen, die nun sicher abgefangen werden. Alleine, dem FCA geht auch in der Offensive die Gefährlichkeit ab. Wenn sich das Wagnersche Team in Situationen befördert, in denn es gefährlich werden könnte, so fehlt es am letzten Ball. Mögliche Versuche landen teilweise im Nirgendwo. Jetzt ist es der mühsame Kick, den so mancher erwartet hat, wobei die Intensität in den Zweikämpfen durchaus hoch ist.
Die Folgeviertelstunde ist von Nickligkeiten geprägt. Beiden Mannschaften fehlt die letzte Genauigkeit. Die Kicker des FCA lassen sich zudem von den Entscheidungen des Schiedsrichters frustrieren. Gelbe Karten für Mounié, Tietz und Jakic, bei nur einer Verwarnung auf Hallenser Seite zu diesem Zeitpunkt zeigen, dass sich die Hallenser souveräner behaupten können. Technische Fehler tuen ihr übriges. Der Klassenunterschied ist nicht offenkundig und es wird zum Geduldsspiel.
Halbzeit 2
Es erscheint erst einmal mühsam weiterzugehen für den FCA. Der Hallesche FC setzt Nadelstiche, die Wagner Boys zünden noch nicht so richtig. Das ist auch so, obwohl Sandro Wagner mit Fellhauer für Giannoulis direkt gegenlenkt, und den frustrierten und etwas glücklosen Griechen unter die Dusche befördert. Fellhauer anstatt Mads Pedersen sagt auch einiges über die aktuelle Hackordnung im Team. In der Folge hat der FCA dann einfach mal Glück. Erst steht Mounié evtl. knapp im Abseits, in der Folge ist der Ball bei Fellhauer evtl. im Toraus, Mounié netzt in jedem Fall zum 1:0 für den FCA ein. Kein VAR in der ersten DFB Pokal Runde, ist heute gut für die Augsburger. Der FCA ist der Erfüllung seiner Pflichtaufgabe einen Schritt näher gekommen. Die Hereinnahme von Fellhauer hat sich bezahlt gemacht. Nach gut 60 Minuten kommt Essende für Tietz. Ob Wagner seine Fortune behält?
In der Folge fällt das Spiel wieder zurück zu Nicklig- und Ungenauigkeiten. Die Teams neutralisieren und frustrieren sic h gegenseitig. Es ist kein schönes Spiel, dass es in diesem schönen Stadion in Halle anzusehen gibt. Das Ganze lebt an diesem Tag sehr von der Intensität und der lauten Kulisse. Die 14.000 machen mehr Lärm, als man in mancher Bundesligastadt regelmäßig hört. Saad kommt in der Folge für Kömür. Ein Tor Vorsprung ist nicht genug, um den Kampfgeist der Hallenser zu brechen. Gelingt das 15 Minuten vor Ende noch oder bleibt es bis zuletzt spannend?
Und ungelogen keine Minute nachdem ich das schreibe, ist der Deckel drauf. Saad bekommt den Ball nach einer Balleroberung 30 Meter vor dem Hallenser Tor. Er spielt den Ball Essende in den Lauf, der alleine vor dem Torhüter der Hallenser cool bleibt und zum 2:0 des FCA einschiebt. Damit sollte hier in Halle der Käse auch gegessen sein und der FCA nun souverän die Partie beenden.
Zesiger kommt für Schlotterbeck. Hier wird sich Wagner nun keine großen Impulse mehr erhoffen und verwaltet. So bringt der FCA das Spiel dann auch zu Ende.
Was bleibt?
Entscheidend war für den FCA an diesem Sonntagabend in Halle, die Intensität anzunehmen und nach einer unruhigen Anfangsphase die einfachen Fehler abzustellen. Damit stand man dann zumeist auch sicher. Halles größte Gelegenheit war direkt zu Beginn. Alleine nach vorne war das beim FCA nicht nicht besonders viel. Hier merkt man weiterhin die Abhängigkeit von Einzelspielern wie Alexis Claude-Maurice. Auch das System Wagner scheint noch Zeit zu brauchen. Zumindest, wenn man seine Chancen zu Beginn nicht nutzt.
Respekt gilt es dem HFC zu zollen, bei dem Team als auch Umfeld auf der Höhe waren. Die Kulisse war dem Anlass in jedem Fall angemessen und Halle eine Reise wert. Für den FCA wird sich im Bundesligasaisonstart gegen Freiburg zeigen, wie weit man wirklich ist. Die Vorfreude darauf ist aber in jedem Fall höher, als sie dies nach einem Ausscheiden der Fall wäre-
Ein bisschen schräg ist die gesamte Situation schon. Da spielt der FCA eine der besseren Saisons seiner Bundesligageschichte und dann müssen nach Saisonende trotzdem Trainer Jess Thorup als auch Manager Marinko Jurendic die Koffer packen. Mit Sandro Wagner konnte man das Sexy Beast des Trainermarkts von sich überzeugen. Für den sportlichen Bereich verpflichtete man gleich eine Vielzahl an talentierten Mitarbeitern. Während Sandro Wagner die Mannschaft auf die neue Saison vorbereitet, ist mit Benni Weber der neue Sportdirektor mittlerweile auch in Augsburg angekommen. Der FCA hat vorher schon einige Transfers realisiert und der große Umbruch scheint dieses Jahr nicht anzustehen. Zumindest nicht in der Mannschaft. Drumherum ist ja so viel in Bewegung wie kaum jemals.
Der Umbruch ist allerdings nichts im Vergleich mit den Geschehnissen des Sommer 2022. Der Sommer, als erst Klaus Hofmann kurz vor Saisonende seinen Rückzug kommunizierte, bevor dann Markus Weinzierl nach dem letzten Spieltag auf dem Rasen ins Sky-Mirko mitteilte, dass er zukünftig nicht mehr zur Verfügung stehe. Damals hatte es chaotische Züge und man brauchte lange, bevor man mit Enno Maaßen den Trainer für die neue Saison identifiziert hatte. Und auch wenn Benni Weber seinen Dienst nun spät dazu kam und in dieser Transferphase nur noch bedingt Einfluss auf die Kadergestaltung nehmen kann, scheint man vorbereitet zu sein. Auch die Transferstrategie passt zu diesem Bild. Der FC Augsburg schärft nach, wirft aber nicht alles um.
Den Kern zusammenhalten
Eine Revolution braucht es bei einer Mannschaft auch nicht, die in manchen Mannschaftsteilen sehr gut aufgestellt ist. Im Tor hat man den Bundesliga-Keeper des Jahres mit Finn Dahmen, in der Innenverteidigung eine super Mischung aus jungem Talent und Qualität und Erfahrung. Im Mittelfeld sind die Lücken rund um den Abgang von Frank Onyeka geschlossen worden.
Von den Leistungsträgern der Mannschaft hat nun anscheinend niemand akute Abschiedsgedanken. Es ist bisher sehr ruhig um Finn Dahmen, Chrislain Matsima und Alexis Claude-Maurice. Hatte man letzten Sommer noch Ermedin Demirovic nach Stuttgart ziehen lassen müssen und war es etwas eingerissen, dass Spieler auch schnell öffentlich mit ihrem Abschied liebäugelten, um den nächsten Schritt machen zu können, sieht es momentan so aus, als ob viele der Spieler diesen Schritt zumindest kurzfristig in Augsburg sehen. Die Rolle des Sexy Beasts Sandro Wagner ist hier nicht zu unterschätzen.
Die Jugend stärken
Ähnlich sieht es mit Blick auf die Jugend aus. Ja, Jess Thorup hat Kömür, Banks und Co. den Weg nicht komplett verbaut. Hat man in Augsburg dennoch noch größere Rollen für die Jungs aus dem eigenen Nachwuchsleistungszentrum vorgesehen? Mit Sicherheit. Sie werden ihre Chance bekommen und müssen dann abliefern. Mit dem Weg der letzten Jahre hat man sich in Augsburg auch wieder Vertrauen erarbeitet.
Es ist doch schön zu sehen, dass Kömür, Banks und Koudossou ihre Verträge verlängerten, ohne schon lange unter dem neuen Trainer gearbeitet zu haben. Hier strahlen gerade Max Krapf und Michael Ströll über die letzten Jahre hinweg eine große Nachhaltigkeit und Glaubwürdigkeit aus. Mit der Beförderung von Markus Feulner zum Trainer der U23 Mannschaft und der Rückkehr von Manuel Baum hat man weiterhin den Übergangsweg vom Nachwuchsleistungszentrum zu den Profis auch strukturell geebnet.
Punktuell verstärken
Derweil arbeitet Michael Ströll und Kollegen daran, die Mannschaft punktuell zu verstärken, so dass Sandro Wagner ein kompletteres Team zur Verfügung hat als noch Jess Thorup im letzten Jahr. Zuallererst stand hier wohl auf dem Plan auch wieder Optionen für die offensiven Außen überhaupt im Kader zu haben. Nach dem Abschied von Ruben Vargas nach Sevilla gab es hier kaum noch Spieler, die auf den offensiven Außen primär beheimatet waren. Dies hat sich durch die Zugänge von Elias Saad und Kyliane Dong direkt geändert.
Auf der anderen Seite entstand durch den Abgang von Frank Onyeka im Mittelfeld eine Vakanz in der Stammelf. Hier ist wohl Han-Noah Massengo der dezidierte Nachfolger, wobei sich auch Robin Fellhauer Chancen auf Einsatzzeiten ausrechnen wird. Das Team ist noch nicht vollständig. Neben Ersatzverpflichtungen, sollte sich doch noch ein Stammspieler verabschieden, rechne ich allerdings nur noch mit einem offensiven Neuzugang.
Ausblick
Sandro Wagner hat in seiner Einstandspressekonferenz schon angesprochen, dass er auf die Arbeit von Jess Thorup aufbauen wird. In einem Zwischenfazit nach den ersten Testspielen, hat er nun erkannte Abläufe angesprochen, die er aufbrechen will. Die Arbeit ist in vollem Gange. Es kann hierfür ja nur von Vorteil sein, wenn die Mannschaft schon fast vollständig zur Verfügung steht und sich alle finden können.
Auf der anderen Seite sollte klar sein, dass vom FCA in Zukunft noch mehr zu erwarten ist. Wenn sich der sportliche Bereich rund um Benni Weber dann mal gefunden hat und hier auch die längerfristigen Weichenstellungen greifen, kann es noch besser werden. Es gibt in Augsburg momentan wenig, warum man nicht positiv in die Zukunft blicken sollte. Die Evolution ist in vollem Gange und ich frage mal vorsichtig: wie viel Hype darf man denn haben?
Am Montag stellte sich Sandro Wagner offiziell in Augsburg als neuer Cheftrainer des FCA vor. Der Raum für Pressekonferenzen war selten bisher so voll gewesen in den 15 Bundesligajahren. Auch die überregionale Presse war zum ersten Stelldichein mit Wagner angereist. Wagner antwortete souverän und humorvoll auf die Fragen der Journalist*innen und zeigte sich überdies demütig und dankbar in Bezug auf seine neue Aufgabe in der Fuggerstadt.
Viel Journalistenandrang während der Sommerpause, in der sich Medienschaffende über Themen besonders freuen, ist jetzt noch nicht allzu ungewöhnlich. Aber Wagners Neuzugang ist trotzdem außergewöhnlich.
Nur der ganz normale Wahnsinn?
Ein bisschen mehr als der übliche Wirbel ist es aus meiner Sicht diesmal nämlich schon. Und damit meine ich nicht, dass mir auf Instagram mittlerweile regelmäßig die Wagner-Werbung einer Uhrenfirma angezeigt wird, in der er über Herkunft und Bodenständigkeit redet. Oder auch, dass Fanfahrt die Fahrt zum Pokalspiel als Halle als ausverkauft meldet.
Nehmen wir mal ein anderes Indiz heraus: Am Donnerstag nach der Verpflichtung veröffentlichte die Liga die termingenauen Ansetzungen der ersten Spieltage. Und es geschehen noch Wunder: der FCA spielt seit 10 Jahren wieder ein Topspiel am Samstagabend. Wurde der FCA hier bisher ignoriert, ändert sich dies nun direkt für eines der ersten Saisonspiele. Wenn Wagner den FCA zum ersten Mal gegen den FC Bayern ins Rennen schickt, wird dies an einem Samstagabend um 18:30 Uhr zu sehen sein. Wagner gegen den FCB. Eine zu gute Story, um nicht darauf aufzuspringen. Die DFL sieht es zumindest so.
Den Hype mit Humor nehmen
Die Frage nach der öffentlichen Aufmerksamkeit, sie wurde auch gestellt bei Wagners Einstand. Michael Ströll beantwortete dies klar: Wagner hat die sportlichen Kriterien des FCA vollumfänglich erfüllt. Wagner hat vor allem in dieser Hinsicht den FCA von sich überzeugt. Ströll hat aber auch Wagner vom FCA überzeugt, ohne dass der Sportdirektor für die kommende Saison schon festgestanden hätte. Eine beachtliche Leistung. Wagner ist mithin der prominenteste Neuzugang unter den Bundesligatrainern dieses Jahr. Der nächste Star am deutschen Trainerhimmel. Oder eine Bratwurst. Dazwischen gibt es nicht viel.
Als ich mich im Nachgang zur Pressekonferenz mit meiner Tochter über Wagner austauschte, kamen wir dann recht schnell auf genau diese Bratwurst. So gut Thorups Deutschkenntnisse waren, erkennt man recht schnell die Unterschiede zum Muttersprachler. Vor allem Humor lässt sich schwerlich übersetzen, und vielleicht wirkte der Däne manchmal auch so steif, weil die Sprache am Ende doch auch ein Hemmnis war. Wenn Sandro Wagner seine Kaderanalyse sinngemäß so zusammenfasst, dass er nicht zum FCA gekommen wäre, wenn es zu viele Bratwürste in der Mannschaft gegeben hätte, dann ist das direkt eingängig – und auch witzig. Meine Tochter fragt nach, ob er den Begriff „Bratwurst“ wirklich verwendet hat, um seine Spieler zu kategorisieren. Ich bejahe lachend und wir wissen in diesem Moment beide, dass wir zumindest wieder mehr zu lachen haben werden mit Sandro Wagner beim FCA.
Was in der Sache Mut macht
Alleine etwas mehr zu lachen ist ja schon gut, aber nicht ausreichend um sportliche Verbesserungen auszulösen. Wagner stimmt mich aber auch ansonsten hoffnungsfroh, weil er eine Mischung aus den vorherigen zwei Trainertypen des FCA sein könnte. Einerseits kommt er mit der jugendlichen Energie von Enno Maaßen und will „aktiven“ Fußball spielen lassen. Andererseits bringt er die souveräne Grundhaltung und das Selbstvertrauen seines eigenen Karriereverlaufs mit, die auch bei Thorup immer dazu geführt haben, dass er ruhig und souverän wirkte. Es ist nun eben nicht die große Revolution beim FCA. Der Club bleibt auf seiner Linie und justiert nach.
Der FCA scheint dabei aus dem ein oder anderen Thema gelernt zu haben. Er hat mit Wagner einen Trainer geholt, der auch die Rollen der erfahrenen Spieler anerkennt. Jeffrey Gouweleeuw wird dies wohlwollend vernommen haben, genau wie auch der ein oder andere Kollege aus der Mannschaft. Auf der anderen Seite ist es dem FCA mehr und mehr daran gelegen, die eigenen Jugendspieler zu stärken und zu integrieren. Kömür, Banks und Koudossou haben dies nicht nur gehört, sondern glauben anscheinend an ihren Weg beim FCA. Alle haben ihre Verträge unlängst langfristig verlängert. Und nicht zuletzt lässt Wagner erkennen, dass er auf das gesunde defensive Fundament von Thorup aufbauen will. Der Kader ist weiterhin am stärksten im Tor und in der Innenverteidigung aufgestellt. Wagner tut gut daran, diese Stärken für sich zu nutzen. Wenn dies gelingt, fängt der FCA nicht bei null an, sondern baut auf der sportlichen Entwicklung der Thorup-Jahre auf.
Knackpunkte
Ein Selbstläufer ist das Ganze aber mitnichten. Auch in der neuen Saison muss der FCA durch Leistung auf dem Platz überzeugen. Und damit dies gelingt, braucht es auch das nötige Glück. Einerseits kann die Mannschaft weiterhin offensiv Qualität vertragen. Zu groß war in der abgelaufenen Saison die Abhängigkeit von Alexis Claude-Maurice. Zu wenig konstant waren die Leistungen der Nebenleute. Der FCA will sein Team sehr gezielt für die kommende Saison verstärken. Ein offensiver Kracher würde Sandro Wagner sicher bei der Erreichung der Ziele helfen. Diese sind aber auf dem Transfermarkt nicht einfach zu finden. Ströll regelt vielleicht auch das.
Auf der anderen Seite ist Fußball ein Ergebnissport. Wagner braucht zu Saisonbeginn schnell seinen ersten Bundesligasieg, um nicht zu früh direkt unter Druck zu geraten. Am besten könnte Wagner zeigen, dass er keine Trainer-Bratwurst ist, wenn er das Topspiel gegen die Bayern gewinnt. Und ja, es ist ein bisschen Hype in Augsburg, der mir ein fettes Grinsen auf die Lippen legt. Natürlich spielen wir bald wieder europäisch. Sandro Wagner hat sicher nichts dagegen.
Es ist Mitte Juni und die Bundesligasaison ist seit einigen Wochen beendet. Bis zum ersten Pflichtspiel des FCA in der neuen Saison dauert es noch knapp zwei Monate. Dann eröffnet der FCA im Pokal die Saison beim Halleschen FC. Genügend Zeit, möchte man meinen, damit die Rot-Grün-Weißen mit der bestmöglichen Equipe die hohen Erwartungen ab dem Saisonstart erfüllen.
Vorteil verschenkt?
Auf der anderen Seite verwundert das Timing des FCA dann doch ein bisschen. Der FCA hatte nämlich mit Blick auf die kommende Saison einen großen Vorteil. Durch den frühzeitigen Klassenerhalt bestand schon sehr früh Planungssicherheit für die Bundesliga. Trainer und Manager eines Bundesligavereins können dann zusammen schon früher identifizieren, auf welchen Positionen ein Team verstärkt werden muss und entsprechende Transfers einleiten.
Habt ihr auch bei Trainer und Manager gezuckt? So denn Marinko Jurendic und Jess Thorup am Kader für die neue Saison schon gearbeitet haben, ist diese Arbeit nicht auf Zustimmung bei den Oberen des Vereins gestoßen. Nach der drittbesten Bundesligasaison der Geschichte hatte man sich nach Saisonende sowohl von Thorup als auch von Jurendic getrennt. Der Vorteil der frühzeitigen Planungssicherheit kann so unmöglich vollständig ausgeschöpft worden sein. Ja mei.
Der Managerposten im Fokus
Gerade was den Managerposten beim FCA angeht, ist die Sache besonders kritisch. Hier stellt sich einerseits die Frage, was man in Bezug auf Marinko Jurendic in den Wochen vor Saisonende noch herausfinden wollte. Im Gegensatz zum Trainer ist der Manager nicht ganz so intensiv in die tagtägliche sportliche Arbeit eingebunden. Wäre es möglich gewesen, sich früher von Jurendic zu trennen? Wahrscheinlich nicht, wenn man die mögliche Unruhe vor Saisonende bedenkt, gerade da für den FCA sportlich auch noch Türen nach oben offen standen.
Auf der anderen Seite wäre meine Erwartung gewesen, dass man – so man denn den Manager nicht sogar vorher verpflichtet – Trainer und Manager zusammen verpflichtet werden. So hat man sich nun eine Situation geschaffen, in der der neu-verpflichtete Manager, sich seinen Trainer nicht selbst mit aussuchen kann. Der FCA war wohl von Sandro Wagner überzeugt. Jetzt muss er für diesen Trainer nur noch den geeigneten Manager / Chef finden. Was man Jurendic und Thorup nicht vorwerfen kann? Das die Zusammenarbeit zwischen beiden nicht funktioniert hätte, zumindest nach außen.
Dazu kommt, dass der Trainer sich zwar auch schon auf die kommende Saison vorbereitet, sein Team zusammenstellt und Pläne macht, der Manager in der Kaderplanung gerade Hochsaison hätte. Hier wird nun beim FCA auch nicht kompletter Stillstand herrschen. Ströll, Janker und Co. werden die notwendigen Entscheidungen schon zusammen mit Sandro Wagner angehen. Optimal scheint es mir dennoch nicht zu sein.
Wie fügt sich das Puzzle?
Es wird in den nächsten Wochen spannend sein zu beobachten, wie die Entwicklung beim FCA weiter geht. Wer wird der neue sportliche Leiter beim FCA und wann kommt er? Wie stellt sich der FCA grundsätzlich im sportlichen Bereich auf und wer übernimmt dabei welche Aufgaben? Gerade die Schnittstelle zur Jugend ist hier spannend. Wie schnell wird man dann die ersten Kaderveränderungen (Verpflichtungen und Abgänge) sehen?
Es ist zwar Sommerpause, aber langweilig wird es rund um den FCA gerade gar nicht. Es sind nur noch wenige Wochen bis Sandro Wagner das Training mit seinem Team aufnimmt. Zeit für den FCA, die Puzzlesteine an die richtigen Stellen zu platzieren und für ein stimmiges Gesamtbild zu sorgen.
Wenn ich zuletzt mit Nicht-FCA-Fans über die Thorup-Raus-Gerüchte gesprochen habe, bekam ich oft dieselbe Antwort: Hä, warum denn das?
Für viele Außenstehende kommt die Entlassung des Cheftrainers überraschend. Auch einige FCA-Fans hätten gerne mit dem sympathischen Dänen weitergemacht, langfristig einen Trainer im Klub aufgebaut. Schließlich war die letzte nachhaltige Konstante auf dieser Position Markus Weinzierl. Für Thorups Rauswurf mag es aber Argumente geben, für die zeitgleiche Entlassung von Sportdirektor Marinko Jurendic hingegen fehlt vielen das Verständnis.
Thorup-Aus: Drittbeste Saison, aber Kritik
Beginnen wir mit Thorup. Fakt ist: Der FCA hat seine nach Punkten drittbeste Bundesligasaison gespielt, hatte nie wirklich etwas mit dem Abstieg zu tun, konnte in 14 aufeinanderfolgenden Partien bei in diesem Zeitraum neun Zu-Null-Spielen nur von den Bayern geschlagen werden und stellte phasenweise die beste Defensive Europas.
Fakt ist aber auch: Der FCA hat seit dem nahezu sicheren Klassenerhalt wie ein Absteiger gepunktet, die letzten vier Spiele verloren und dabei – wenn auch zarte – Europapokalträume rasch ad acta gelegt. Geschmückt mit einer biederen Spielweise, die wenig mit dem von Thorup selbst propagierten „offensiven Mindset“ zu tun hatte. Mit den ligaweit drittwenigsten Toren und Absteigerwerten bei Kreativstatistiken wie Torschüssen, herausgespielten Chancen oder den im heutigen Fußball viel zitieren expected Goals. Und das alles mit einem Kader, der ehrlich gesagt auch zu gut für Abstiegskampf ist. Und damit kommen wir zu Marinko Jurendic.
Müssen beide in Augsburg gehen: Jess Thorup und Marinko Jurendic. (Photo by Selim Sudheimer/Getty Images)
Jurendic hat sehr gut gearbeitet
Der Schweizer hat eine mehr als konkurrenzfähige Truppe zusammengestellt und dabei stets den Blick auf die Finanzen gewahrt. Der Offensivspieler der Saison kam mit Alexis Claude-Maurice ablösefrei. Noch mehr eingeschlagen hat der erst geliehene und dann angesichts seines Potenzials für eine Spottablöse fest verpflichtete Chrislain Matsima. Der französische Juniorennationalspieler zählt zu den besten Innenverteidigern der Liga und wird dem FCA noch viel Geld einbringen. Voll eingeschlagen hat auch Dimitrios Giannoulis, ebenfalls ablösefrei, der den Iago-Abgang auf der linken Schiene schnell vergessen werden ließ.
Hinzukommen clevere Leihen von Stammspieler Frank Onyeka und Abwehr-Ass Cedric Zesiger, den der FCA anders als Onyeka fest verpflichten wird. Und ein Keven Schlotterbeck für 2,5 Millionen Euro, der zwar nicht mehr regelmäßig spielte – aber einst auch deutlich unter Marktwert verpflichtet wurde. Plus akzeptable Transfers à la Marius Wolf oder Samuel Essende, von denen man sich freilich mehr erhofft hätte, die aber auch keine Totalkatastrophe darstellen.
Zwei Top-Transfers von Marinko Jurendic: Dimitrios Giannoulis und Cedric Zesiger (Photo by Adam Pretty/Getty Images)
Jurendic hat den Kader verbessert
Insgesamt war die Arbeit von Marinko Jurendic in dieser Saison für Augsburger Verhältnisse sehr, sehr ordentlich. Man darf nicht vergessen, dass wertvolle Spieler wie Ermedin Demirovic, Arne Engels, Felix Uduokhai oder im Winter Ruben Vargas den Verein verlassen haben. Jurendic hat die Kaderqualität nicht schlechter gemacht. Im Gegenteil. Er hat sie verbessert.
Warum jetzt ausgerechnet er mit abserviert wird, ergibt keinen Sinn. Der vor allem bei jüngeren Fans bekannte Fußball-Youtube-Kanal Calcio Berlin kürte ihn jüngst gar zum Manager der Saison. Jurendic hatte Visionen, wollte den FCA in oberen Tabellengefilden etablieren. Seine Kaderzusammenstellung hat das unterstrichen. Und das ist ja nunmal die Kernaufgabe eines Managers beziehungsweise Sportdirektors. Er ist für die Kaderzusammenstellung verantwortlich. Nicht mehr und nicht weniger.
Wer auf dem Platz steht, entscheidet der Coach. Und ja, der hat falsche Entscheidungen getroffen. Elvis Rexbehcaj und Arne Maier haben zu oft gespielt, auch ein Freddy Jensen stand mehrmals hintereinander in der Startelf, ohne dies mit Leistung zu rechtfertigen. Auf der anderen Seite bekamen Nachwuchsspieler wie Henri Koudossou, Noakhai Banks und allen voran Mert Kömür zu wenig Einsatzzeiten. Aber das lag doch an Thorup, nicht an Jurendic.
No, we can´t (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)
Wer Jurendic beerben wird, war zum Zeitpunkt seiner Entlassung noch unklar. Die Namen, die in Medien sowie im Augsburger Umfeld kursieren, sorgen allerdings für wenig Euphorie. Darunter ein Sportdirektor, der einen Kader zusammengestellt hat, der als Tabellenletzter abgestiegen ist. Wow.
Sandro Wagner neuer FCA-Coach?
Auf Thorup folgt aller Voraussicht nach Sandro Wagner. Ein cooler Typ, der ein bisschen Glamour-Faktor in die Fuggerstadt bringt. Aber reicht das? Wagner wird von Kennern für seine Kontakte sowie sein Fußballverständnis gelobt, hat aber auch noch nicht allzu viel in seiner jungen Karriere erreicht. Der Aufstieg mit Haching, wo Wagner im ersten Jahr auch seine Probleme hatte, war fast schon Pflicht. Wie groß sein Einfluss auf die Nationalmannschaft war, ist von außen schwer zu beurteilen.
Oft ist derzeit zu lesen, der FC Augsburg sei die perfekte erste echte Profistation für Wagner. Hier könne er ohne Druck arbeiten. Aber ist es wirklich so?
Fakt ist und bleibt: Der FC Augsburg hat eine grundsolide Bundesligasaison gespielt. Schneidet Wagner nun schlechter ab als Thorup, darf die Sinnhaftigkeit hinter der Entlassung bezweifelt werden. Dann muss sich die Vereinsführung rund um Geschäftsführer Michaell Ströll und Präsident Max Krapf unangenehmen Fragen stehen. Auch ihre Arbeit wird und muss an der Personalie Wagner gemessen werden. Und genauso an der Personalie Sportdirektor X.
Bevor sich dieser Blog allerdings näher mit den künftigen Verantwortlichen des Klubs beschäftigt, möchte die Rosenau-Gazette Jess Thorup und Marinko Jurendic für ihre Arbeit danken. Merci für euren Einsatz. Ihr hättet einen schöneren Abschied verdient gehabt. Aber das ist ein anderes Thema. Ob beide Trennungen nun nachvollziehbar sind, darf jeder Fan selbst beurteilen.
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