Es wird weiter gepuzzelt

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Es ist Mitte Juni und die Bundesligasaison ist seit einigen Wochen beendet. Bis zum ersten Pflichtspiel des FCA in der neuen Saison dauert es noch knapp zwei Monate. Dann eröffnet der FCA im Pokal die Saison beim Halleschen FC. Genügend Zeit, möchte man meinen, damit die Rot-Grün-Weißen mit der bestmöglichen Equipe die hohen Erwartungen ab dem Saisonstart erfüllen.

Vorteil verschenkt?

Auf der anderen Seite verwundert das Timing des FCA dann doch ein bisschen. Der FCA hatte nämlich mit Blick auf die kommende Saison einen großen Vorteil. Durch den frühzeitigen Klassenerhalt bestand schon sehr früh Planungssicherheit für die Bundesliga. Trainer und Manager eines Bundesligavereins können dann zusammen schon früher identifizieren, auf welchen Positionen ein Team verstärkt werden muss und entsprechende Transfers einleiten.

 Habt ihr auch bei Trainer und Manager gezuckt? So denn Marinko Jurendic und Jess Thorup am Kader für die neue Saison schon gearbeitet haben, ist diese Arbeit nicht auf Zustimmung bei den Oberen des Vereins gestoßen. Nach der drittbesten Bundesligasaison der Geschichte hatte man sich nach Saisonende sowohl von Thorup als auch von Jurendic getrennt. Der Vorteil der frühzeitigen Planungssicherheit kann so unmöglich vollständig ausgeschöpft worden sein. Ja mei.

Der Managerposten im Fokus

Gerade was den Managerposten beim FCA angeht, ist die Sache besonders kritisch. Hier stellt sich einerseits die Frage, was man in Bezug auf Marinko Jurendic in den Wochen vor Saisonende noch herausfinden wollte. Im Gegensatz zum Trainer ist der Manager nicht ganz so intensiv in die tagtägliche sportliche Arbeit eingebunden. Wäre es möglich gewesen, sich früher von Jurendic zu trennen? Wahrscheinlich nicht, wenn man die mögliche Unruhe vor Saisonende bedenkt, gerade da für den FCA sportlich auch noch Türen nach oben offen standen.

Auf der anderen Seite wäre meine Erwartung gewesen, dass man – so man denn den Manager nicht sogar vorher verpflichtet – Trainer und Manager zusammen verpflichtet werden. So hat man sich nun eine Situation geschaffen, in der der neu-verpflichtete Manager, sich seinen Trainer nicht selbst mit aussuchen kann. Der FCA war wohl von Sandro Wagner überzeugt. Jetzt muss er für diesen Trainer nur noch den geeigneten Manager / Chef finden. Was man Jurendic und Thorup nicht vorwerfen kann? Das die Zusammenarbeit zwischen beiden nicht funktioniert hätte, zumindest nach außen.

Dazu kommt, dass der Trainer sich zwar auch schon auf die kommende Saison vorbereitet, sein Team zusammenstellt und Pläne macht, der Manager in der Kaderplanung gerade Hochsaison hätte. Hier wird nun beim FCA auch nicht kompletter Stillstand herrschen. Ströll, Janker und Co. werden die notwendigen Entscheidungen schon zusammen mit Sandro Wagner angehen. Optimal scheint es mir dennoch nicht zu sein.

Wie fügt sich das Puzzle?

Es wird in den nächsten Wochen spannend sein zu beobachten, wie die Entwicklung beim FCA weiter geht. Wer wird der neue sportliche Leiter beim FCA und wann kommt er? Wie stellt sich der FCA grundsätzlich im sportlichen Bereich auf und wer übernimmt dabei welche Aufgaben? Gerade die Schnittstelle zur Jugend ist hier spannend. Wie schnell wird man dann die ersten Kaderveränderungen (Verpflichtungen und Abgänge) sehen?

Es ist zwar Sommerpause, aber langweilig wird es rund um den FCA gerade gar nicht. Es sind nur noch wenige Wochen bis Sandro Wagner das Training mit seinem Team aufnimmt. Zeit für den FCA, die Puzzlesteine an die richtigen Stellen zu platzieren und für ein stimmiges Gesamtbild zu sorgen.

(Nicht) nachvollziehbar

Wenn ich zuletzt mit Nicht-FCA-Fans über die Thorup-Raus-Gerüchte gesprochen habe, bekam ich oft dieselbe Antwort: Hä, warum denn das?

Für viele Außenstehende kommt die Entlassung des Cheftrainers überraschend. Auch einige FCA-Fans hätten gerne mit dem sympathischen Dänen weitergemacht, langfristig einen Trainer im Klub aufgebaut. Schließlich war die letzte nachhaltige Konstante auf dieser Position Markus Weinzierl. Für Thorups Rauswurf mag es aber Argumente geben, für die zeitgleiche Entlassung von Sportdirektor Marinko Jurendic hingegen fehlt vielen das Verständnis.

Thorup-Aus: Drittbeste Saison, aber Kritik

Beginnen wir mit Thorup. Fakt ist: Der FCA hat seine nach Punkten drittbeste Bundesligasaison gespielt, hatte nie wirklich etwas mit dem Abstieg zu tun, konnte in 14 aufeinanderfolgenden Partien bei in diesem Zeitraum neun Zu-Null-Spielen nur von den Bayern geschlagen werden und stellte phasenweise die beste Defensive Europas.

Fakt ist aber auch: Der FCA hat seit dem nahezu sicheren Klassenerhalt wie ein Absteiger gepunktet, die letzten vier Spiele verloren und dabei – wenn auch zarte – Europapokalträume rasch ad acta gelegt. Geschmückt mit einer biederen Spielweise, die wenig mit dem von Thorup selbst propagierten „offensiven Mindset“ zu tun hatte. Mit den ligaweit drittwenigsten Toren und Absteigerwerten bei Kreativstatistiken wie Torschüssen, herausgespielten Chancen oder den im heutigen Fußball viel zitieren expected Goals. Und das alles mit einem Kader, der ehrlich gesagt auch zu gut für Abstiegskampf ist. Und damit kommen wir zu Marinko Jurendic.

Müssen beide in Augsburg gehen: Jess Thorup und Marinko Jurendic. (Photo by Selim Sudheimer/Getty Images)

Jurendic hat sehr gut gearbeitet

Der Schweizer hat eine mehr als konkurrenzfähige Truppe zusammengestellt und dabei stets den Blick auf die Finanzen gewahrt. Der Offensivspieler der Saison kam mit Alexis Claude-Maurice ablösefrei. Noch mehr eingeschlagen hat der erst geliehene und dann angesichts seines Potenzials für eine Spottablöse fest verpflichtete Chrislain Matsima. Der französische Juniorennationalspieler zählt zu den besten Innenverteidigern der Liga und wird dem FCA noch viel Geld einbringen. Voll eingeschlagen hat auch Dimitrios Giannoulis, ebenfalls ablösefrei, der den Iago-Abgang auf der linken Schiene schnell vergessen werden ließ.

Hinzukommen clevere Leihen von Stammspieler Frank Onyeka und Abwehr-Ass Cedric Zesiger, den der FCA anders als Onyeka fest verpflichten wird. Und ein Keven Schlotterbeck für 2,5 Millionen Euro, der zwar nicht mehr regelmäßig spielte – aber einst auch deutlich unter Marktwert verpflichtet wurde. Plus akzeptable Transfers à la Marius Wolf oder Samuel Essende, von denen man sich freilich mehr erhofft hätte, die aber auch keine Totalkatastrophe darstellen.

Zwei Top-Transfers von Marinko Jurendic: Dimitrios Giannoulis und Cedric Zesiger (Photo by Adam Pretty/Getty Images)

Jurendic hat den Kader verbessert

Insgesamt war die Arbeit von Marinko Jurendic in dieser Saison für Augsburger Verhältnisse sehr, sehr ordentlich. Man darf nicht vergessen, dass wertvolle Spieler wie Ermedin Demirovic, Arne Engels, Felix Uduokhai oder im Winter Ruben Vargas den Verein verlassen haben. Jurendic hat die Kaderqualität nicht schlechter gemacht. Im Gegenteil. Er hat sie verbessert.

Warum jetzt ausgerechnet er mit abserviert wird, ergibt keinen Sinn. Der vor allem bei jüngeren Fans bekannte Fußball-Youtube-Kanal Calcio Berlin kürte ihn jüngst gar zum Manager der Saison. Jurendic hatte Visionen, wollte den FCA in oberen Tabellengefilden etablieren. Seine Kaderzusammenstellung hat das unterstrichen. Und das ist ja nunmal die Kernaufgabe eines Managers beziehungsweise Sportdirektors. Er ist für die Kaderzusammenstellung verantwortlich. Nicht mehr und nicht weniger.

Wer auf dem Platz steht, entscheidet der Coach. Und ja, der hat falsche Entscheidungen getroffen. Elvis Rexbehcaj und Arne Maier haben zu oft gespielt, auch ein Freddy Jensen stand mehrmals hintereinander in der Startelf, ohne dies mit Leistung zu rechtfertigen. Auf der anderen Seite bekamen Nachwuchsspieler wie Henri Koudossou, Noakhai Banks und allen voran Mert Kömür zu wenig Einsatzzeiten. Aber das lag doch an Thorup, nicht an Jurendic.

No, we can´t (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Wer Jurendic beerben wird, war zum Zeitpunkt seiner Entlassung noch unklar. Die Namen, die in Medien sowie im Augsburger Umfeld kursieren, sorgen allerdings für wenig Euphorie. Darunter ein Sportdirektor, der einen Kader zusammengestellt hat, der als Tabellenletzter abgestiegen ist. Wow.

Sandro Wagner neuer FCA-Coach?

Auf Thorup folgt aller Voraussicht nach Sandro Wagner. Ein cooler Typ, der ein bisschen Glamour-Faktor in die Fuggerstadt bringt. Aber reicht das? Wagner wird von Kennern für seine Kontakte sowie sein Fußballverständnis gelobt, hat aber auch noch nicht allzu viel in seiner jungen Karriere erreicht. Der Aufstieg mit Haching, wo Wagner im ersten Jahr auch seine Probleme hatte, war fast schon Pflicht. Wie groß sein Einfluss auf die Nationalmannschaft war, ist von außen schwer zu beurteilen.

Oft ist derzeit zu lesen, der FC Augsburg sei die perfekte erste echte Profistation für Wagner. Hier könne er ohne Druck arbeiten. Aber ist es wirklich so?

Fakt ist und bleibt: Der FC Augsburg hat eine grundsolide Bundesligasaison gespielt. Schneidet Wagner nun schlechter ab als Thorup, darf die Sinnhaftigkeit hinter der Entlassung bezweifelt werden. Dann muss sich die Vereinsführung rund um Geschäftsführer Michaell Ströll und Präsident Max Krapf unangenehmen Fragen stehen. Auch ihre Arbeit wird und muss an der Personalie Wagner gemessen werden. Und genauso an der Personalie Sportdirektor X.

Bevor sich dieser Blog allerdings näher mit den künftigen Verantwortlichen des Klubs beschäftigt, möchte die Rosenau-Gazette Jess Thorup und Marinko Jurendic für ihre Arbeit danken. Merci für euren Einsatz. Ihr hättet einen schöneren Abschied verdient gehabt. Aber das ist ein anderes Thema. Ob beide Trennungen nun nachvollziehbar sind, darf jeder Fan selbst beurteilen.

Heja FCA!

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