Der FCA und die Schiedsrichter

Das mit dem FCA und den Schiedsrichtern ist eine besondere Beziehung. Nach dem Spiel gegen Kiel musste sich der DFB erneut entschuldigen, denn die Elfmeterentscheidung war offensichtlich falsch. Weder wurde sie vom Schiedsrichter richtig entschieden, noch griff der VAR ein. Der FCA geriet 0:1 in Rückstand und verlor schlussendlich das Spiel. Und leider war dies in dieser Saison kein Einzelfall.

Das Fass bei den Verantwortlichen war schon ein paar Wochen früher übergelaufen. Nach dem Spiel gegen den FC Bayern hatte Marinko Jurendic geäußert, den VAR in der jetzigen Version abschaffen zu wollen, weil er bei gelben Karten und damit dem Platzverweis von Cedric Zesiger nicht eingreifen durfte. Zesiger ging ein großes Risiko in diesem Zweikampf ein und hatte schlicht Pech. Der Schiedsrichter entschied falsch, der VAR konnte nichts machen. Aber hätte es denn überhaupt etwas gebracht, wenn er eingreifen hätte können? Gegen Kiel hat man in einer ähnlichen Konstellation gesehen, dass man eine klare Fehlentscheidung im Kölner Keller nicht immer erkennt.

Ich bin schon lange dafür, den VAR schlichtweg zu begraben. Die Argumente liegen seit langem auf dem Tisch. Und ehrlich gesagt nervt es etwas, dass sich der FCA erst nach dem Spiel gegen die Bayern positionierte. Der VAR macht den Fußball nicht besser und gehört längst weg. Der VAR steht sinnbildlich dafür, dass es im professionellen Fußball in Deutschland nicht möglich ist, zu echten Änderungen zu kommen, obwohl objektiv und faktisch die Lage eindeutig ist.

Besonders betroffen in 2024/25

Der FCA ist laut der wahren Tabelle der Club, der in dieser Saison am meisten unter falschen Schiedsrichterentscheidungen und dem VAR leidet. Es gab massiv Fehlentscheidungen, bei denen auch der VAR nicht half. Eine Auswahl – abseits der oben genannten – ohne Garantie auf Vollständigkeit:

  • Im Heimspiel gegen Bremen hätte es Handelfmeter für die Augsburger geben müssen. Der VAR wies darauf hin, der Schiedsrichter gab ihn trotzdem nicht. Die erste Sauerei.
  • Im Heimspiel gegen Mainz 05 sah Samuel Essende zu Recht rot. VAR und Schiedsrichter übersahen die vorausgegangene Aktion von Dominik Kohr und die zwingende rote Karte für den Mainzer gab es folglich nicht. Die zweite Sauerei.
  • Jetzt in der Rückrunde kassierte der FCA gegen Hoffenheim einen Handelfmeter der keiner war. Im Nachhinein wurde sich entschuldigt. Die dritte Sauerei.

Alle Spiele sind nur deshalb aufgeführt, weil der FCA am Ende verlor oder unentschieden spielte und Punkte liegen ließ. In anderen Spielen gab es auch Fehlentscheidungen, war aber schlicht froh, dass es am Ausgang nichts änderte und so blieben die Szenen zumindest bei mir nicht haften.

Marinko Jurendic fand zuletzt deutliche Worte zum VAR (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Grundsätzlich eher schwache Schiedsrichterleistungen

Die Auflistung zeigt allerdings etwas Grundlegenderes: der FCA, als Club des Mittelfelds, wird eher selten von den Top Schiedsrichtern der Liga gepfiffen. Ich vertrete an dieser Stelle einmal die Annahme, dass der FCA durchschnittliche Schiedsrichterleistungen in der Bundesliga erlebt. Und wenn man sich die Quote der relevanten Fehlentscheidungen anschaut, dann ist diese hoch. Schlussfolgernd kann man an dieser Stelle dann auch feststellen, dass die Schiedsrichterleistungen im Durchschnitt schlecht sind, wenn bezüglich so vieler, spielentscheidender Szenen falsch entschieden wurde.

Deutschland war mal das Land der Top-Schiedsrichter. Zur FIFA Club WM fährt genau noch einer. Andere Länder entsenden mehrere Schiedsrichter, Deutschland nicht. Auch international wurde entsprechend erkannt, dass die Schiedsrichterzunft in Deutschland mittlerweile hinterher hinkt. Wenn Marinko Jurendic den Finger in die offensichtliche und relevantere Wunde gelegt hätte, wäre die Frage aufgekommen, warum die Schiedsrichter zusammen mit ihren Asssistenten so viele offensichtliche Fehler machen.

 Weiterhin Verklärung

Offen ansprechen mögen die Clubs das Problem wohl nicht, auch aus Sorge vor der Behandlung auf dem Platz am folgenden Wochenende. Reformtätigkeit intern und „echte Änderungen“ sind derweil nicht erkennbar. Die Fehlentscheidungen sind seit längerem zu beobachten und auch in dieser Saison nicht weniger geworden. Mir geht es auch gar nicht darum, einzelne Schiedsrichter bloßzustellen.

Ich glaube, dass der VAR dem Fußball schadet, in dem er Spiele verzögert, und die Entscheidungsqualität, die tendenziell etwas erhöht ist, diesen Effekt nicht aufwiegt. Und mir geht es darum, dass wir den VAR nicht so dringend bräuchten, wenn die Schiedsrichter grundsätzlich besser wären. Und das sollten doch alle gemeinsam wollen: bessere Schiedsrichterleistungen. Dann ist aber auch mal die Zeit gekommen, die Verklärung zu beenden und die Verbesserung aktiv voranzutreiben. Vielleicht auch so, dass es in Augsburg ankommt.

VAR fürn Arsch

Meinem Unmut über das Spiel gegen Hertha und auch die Unzulänglichkeiten des Teams an diesem Tag habe ich ja schon Luft gemacht. Die Abseitsentscheidung, die das Tor von André Hahn anuliert hat, war an diesem Tag trotzdem hervorzuheben. Ein Tor zu diesem Zeitpunkt – der Führungstreffer zum 1:0 5 Minuten vor der Halbzeit – hätte dem Spiel eindeutig eine andere Wendung geben können. Aber so wurde auf abseits entschieden, im Kölner Keller überprüft und dann später pünktlich zur Pause gepfiffen. Insgesamt wird das Spiel so durch den VAR sogar noch ungerechter, als es vorher war. Und das ist Mist.

André Hahn war zurecht enttäuscht während des Spiels gegen Hertha, wurde ihm doch ein Tor wegen einer knappen Abseitsentscheidung aberkannt (Foto:Frank Hoermann / SVEN SIMON / POOL via/EIBNER/Roger Buerke und Imago)

Über den VAR

Der Videobeweis wurde zur Saison 2017/18 eingeführt, um die großen Fehler aus dem Fußball zu eliminieren. Das Spiel gerechter zu machen. Lange führte das schlicht zu Chaos. Zwar sollte der Videoreferee – kurz VAR – nur eingreifen, wenn eine eindeutige Fehlentscheidung vorlag. Daran gehalten hat er sich vielfach nicht. Das hat sich mittlerweile relativiert. Der VAR greift mittlerweile meist nur noch ein, wenn Entscheidungen zu 100% falsch sind. Gerechter wird das Spiel dadurch nicht. Die Tatsachenentscheidung des Schiedsrichters ist immer noch die entscheidende, solange sie denn nur im entferntesten vertretbar war. Ein Schiedsrichter hat immer noch die Möglichkeit Teams zu bevorteilen und gerade bei Elfmeterentscheidungen gibt es doch erheblichen Auslegungsspielraum. Regeln wie das Handspiel im Strafraum sind immer noch eine Lotterie in Bezug auf ihre Auslegung. Man kann festhalten, dass es den VAR in den seltensten Fällen braucht. Gut so, möchte man meinen.

VAR im abseits

Wenn da nicht das Abseits wäre. Beim Abseits ist die Regelung beim VAR, dass eindeutig entschieden werden kann, ob es abseits war oder nicht. Kein „im Zweifel für den Angreifer“ mehr, wie wir es von früher noch kannten. Damit war schon vor dem Spiel des FCA gegen Hertha viel Ärger verbunden. Im Kölner Keller wird der Zeitpunkt festgelegt, in dem der Ball den Fuß verlässt. Lässt sich vom VAR wirklich genau einschätzen, wann genau der Ball den Fuß verlässt?Aus einer der vielen Perspektiven? Immer? Dann wird mit dem Lot eine Linie gefällt und auf der Angriffslinie gesehen, welcher Spieler mit welchem Körperteil im Abseits war oder nicht. Grundsätzlich kann ein Spieler nur mit einem Körperteil im abseits sein, mit dem er auch regelkonform den Ball spielen darf. Oder hat sich das schon wieder geändert? Wie ist die Kameraperspektive und verzerrt die nicht? Schnell soll es dazu gehen. Kann der VAR unter diesem Zeitdruck immer perfekt arbeiten?

Der Prozess hakt

Es kommen einem Zweifel, die auch in der Umsetzung des Prozesses begründet liegen. Sky macht sich gar nicht erst die Mühe, während die Situation überprüft wird, mit präzisen Bildern für Klarheit zu sorgen. Kommentator Jonas Friedrich hatte im Einzelspiel klar gesehen, dass André Hahn bei seinem Tor im Abseits stand. Eine Linie wurde während der Übertragung nicht gezogen. In der Halbzeit war dann Michael Ströll beim Interview und hat – dankenswerterweise – kritisch nachgefragt. Mit etwas Verspätung durften die Zuschauer einige Sekunden auf die Linie blicken. Kein Herleiten des Moments der Ballabgabe. Keine unterschiedlichen Perspektiven. Die Situation wurde in etwas so transparent aufgelöst, wie die Stimmenkäufe bei einer WM-Vergabe.

Weg mit dem VAR

Wo uns mehr Klarheit und Fairness versprochen wurde, da haben wir nun Spielunterbrechungen, die keinen Mehrwert bieten. Das Spiel wird zerstückelt und seines Flußes beraubt. War die Situation nicht doof genug für den FCA, indem ein Tor nicht anerkannt wurde, so hat die Überprüfung durch den VAR den Spielfluss an der Stelle nur noch weiter gestört. Hertha konnte etwas Luft holen und kurz nachher selbst in Führung gehen. So stellen schon alleine die Minuten einer VAR-Überprüfung eine Irritation des Spielgeschehens dar. Ein Spielgeschehen, dass es zu schützen gilt, um den Fußball in seiner Form zu erhalten. Ohne Pausen wie beim Eishockey oder Basketball. Auch nach fast 3,5 Jahren lässt sich so feststellen, dass diesen VAR keiner braucht. Der VAR ist damit, wie die letzte Partie gegen Hertha, schlicht fürn Arsch.

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