Braucht es einen neuen Keeper?

Es ist die Schlagzeile, die die Augsburger Gerüchteküche seit nun mehreren Wochen brodeln lässt. Wie der Kicker und auch Sky vermelden ist der FCA an einem Transfer von Finn Dahmen interessiert. Die Bild schreibt sogar von zwei Angeboten, die seitens der Mainzer aber abgelehnt worden sein sollen, da es dem FSV in der Kürze der Zeit nicht mehr gelingt, einen Ersatz für den U21-Nationaltorhüter zu verpflichten. Doch wäre die Verpflichtung eines weiteren Keeper für den FC Augsburg überhaupt sinnvoll? In einigen Punkten auf jeden Fall und genau diese möchte ich euch heute gerne näher bringen.

Die Aufgaben eines Torhüters

Man könnte meinen, die Position des Torhüters sei einfach erklärt. Er muss nur hinten in seinem Kasten drin stehen und Gegentore verhindern. Doch so leicht ist es keinesfalls, denn der Keeper ist eine Schlüsselposition im Fußball. Er ist der letzte Mann, der noch eingreifen kann, wenn seine Vorderleute einen Gegenspieler nicht abwehren konnten. Sein Aufgabenfeld ist daher breit gefächert. Es besteht darin, Torschüsse auf der Linie abzuwehren, Flanken oder andere Standards abzufangen und auch ins 1 gegen 1 mit dem Gegenspieler zu gehen. In Duellen mit den Angreifern muss er blitzschnell die richtige Entscheidung treffen, damit der Ball nicht hinter ihm einschlägt.

Dies könnte man als das „klassische“ Torwartspiel bezeichnen, das jeder Keeper beherrschen muss. Doch der heutige Fußball hat sich verändert und das Aufgabenfeld sich erweitert. Im heutigen modernen Spielsystem nimmt ein Torhüter schon fast die Position eines Liberos ein. Und somit auch dessen Eigenschaften. Je weiter die Abwehr nach vorne rückt, umso weiter vorne agiert auch er, um Bälle, die in die Tiefe und in den Rücken seiner Abwehr gespielt werden zu erlaufen und zu klären. Er dient zudem auch als eine weitere Anspielstation, weswegen ein Keeper auch gute Feldspielerqualitäten mitbringen muss. Er muss den Ball annehmen, mitnehmen und gesichert weiterspielen können.

Auf der Linie ist Rafal Gikiewicz nicht so leicht zu überwinden…

Auch die Spieleröffnung sei hier natürlich erwähnt. Ein Torhüter kann von seiner Position aus das gesamte Spielfeld überblicken und eignet sich daher perfekt für den Spielaufbau seines Teams. Ein guter Torwart erkennt sofort, ob er zum Beispiel durch einen Handabschlag einen ungeordneten Gegner überraschen kann oder ob es besser ist, das Spiel durch Abrollen oder Abwerfen des Balls ruhig zu eröffnen.

Systemumbruch

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein moderner Keeper heute fast schon als elfter Feldspieler agiert, um somit auch eine gewisse Überzahlsituation zu schaffen. Doch ist Rafal Gikiewicz dazu geeignet? Kann er dieses für sich neue System noch erlernen? Er ist aus meiner Sicht ein hervorragendes Beispiel für die “alte Schule”. Auf der Linie agiert er nahezu perfekt, wehrt reaktionsschnell Schüsse des Gegners ab, taucht ab wie kein Zweiter und hat im Großen und Ganzen einen guten Überblick über seinen Strafraum.

Doch Coach Enno Maaßen will das System im Tor modernisieren, sprich den Keeper zu einer Art Libero umfunktionieren und ihn mit in das Spielgeschehen einbinden. Dieses Prinzip hat er auch schon bei seinen Stationen in Rödinghausen oder bei Borussia Dortmund spielen lassen. Hierbei war ersichtlich, dass der Torhüter deutlich vor seiner Linie stand und somit mitspielend agierte.

Wie man aber schon in der letzten Saison, aber auch in der Vorbereitung sehen konnte, kann Rafal darin leider nicht immer überzeugen. Seine Pässe und Flanken sind teilweise nicht präzise genug und landen sehr oft im Aus oder auch beim Gegner. Im 1 gegen 1 war zuletzt auch des Öfteren zu sehen, dass unser Keeper seine Probleme hat, wenn er raus kommen muss. Oftmals griff er daneben, der Ball rutschte ihm durch die Finger oder landete unglücklich beim Gegner. Und dann ist natürlich der Kasten leer und die Hütte brennt.

Finn Dahmen dagegen beherrscht diese moderne Art des Fußballs bereits. Zwar hat er in der Bundesliga erst wenige Spiele bestritten, doch er durfte bei der U21-EM 2021 bereits einige Erfahrungen im internationalen Bereich sammeln. Hier hat er mit unserer Mittelfeldachse Niklas Dorsch und Arne Maier perfekt harmoniert, was gerade in puncto Spieleröffnung einige positive Aspekte mit sich bringen könnte.

Als Keeper der U21 gewann Finn Dahmen zusammen mit Niklas Dorsch und Arne Maier die U21-Europameisterschaft 2021 (Photo by Martin Rose/Getty Images)

Die Konkurrenz schläft nicht

Durch seine wirklich sehr guten Leistungen bei diesem Turnier hat der 24Jährige die Konkurrenz neugierig gemacht. Neben dem FC Augsburg soll sich auch der FC Schalke 04 Interesse an einer Verpflichtung haben. Und hier muss man sich jetzt die große Frage stellen: Überlässt man ein solches Talent einfach einer anderen Bundesligamannschaft? Immerhin wurden genau solche Fälle bereits in der Fanbase des Öfteren kritisiert, wenn man tatenlos mit zugesehen hat, wie andere Vereine wieder einmal zugeschnappt haben und unser Sportdirektor “untätig” blieb. Jüngstes Beispiel dürfte wohl der Transfer von Tom Krauß sein, der ebenfalls mit dem FCA in Verbindung gebracht wurde, dann aber zu den Königsblauen wechselte.

Manch einer mag mit dem Argument kommen, dass Dahmen nächste Saison ablösefrei und somit günstiger zu haben wäre. Das mag stimmen, doch auch hier werden dann andere Vereine die Fühler nach dem jungen Keeper ausstrecken und könnten dann eventuell mit einem höheren Gehalt punkten. Wenn man also die Chance ergreifen möchte, einen der besten Jungtorhütern Deutschlands zu verpflichten, dann muss man sie jetzt nutzen. Denn im nächsten Jahr sehe ich einen Wechsel nicht mehr realisierbar.

Der Blick nach vorne

Was zudem auch nicht vergessen werden darf, ist, dass Finn Dahmen Rafal Gikiewicz nicht sofort ersetzen soll, sondern dass der FC Augsburg bereits jetzt Blick in die Zukunft richtet. Rafals Vertrag endet Stand heute am 30.06.2023. Dann ist der gebürtige Pole 35 Jahre alt und man muss sich instinktiv die Frage stellen, ob es dann nicht Zeit ist, der jüngeren Generation das Feld zu überlassen. Natürlich ist auch Erfahrung auf dem Platz wichtig, doch Giki wird nicht ewig auf Topniveau spielen können. Wenn man auf die letzte Saison blickt, dann konnte man schon einige deutliche Schwächen im Vergleich zur Vorsaison sehen.

Die Gerüchte und somit der indirekte Wettstreit schienen Rafal letztlich jedoch ordentlich zu beflügeln, wie man gerade in der Partie gegen Bayer Leverkusen sehen konnte. Er braucht diesen Druck von hinten, denn momentan hat er keine Konkurrenz auf der Torhüterposition. Diese belebt aber wohlweislich das Geschäft. Yeah, drei Euro fürs Phrasenschwein!

Gerade gegen Bayer Leverkusen zeigte Rafal eine überragende Leistung

Wäre also eine Verpflichtung von Finn Dahmen so schlecht? Immerhin ist ja hier ein schleichender Übergang angedacht und eben nicht der knallharte Umbruch, bei dem die Abwehr sofort mit einer neuen Nummer 1 klar kommen muss. Man könnte gewissermaßen Team und Keeper gleichzeitig an eine neue Situation gewöhnen und hätte in der neuen Saison bereits eine eingespielte Defensivabteilung. Wie es gehen kann, wenn die Umstellung schief läuft, hat man an dem Transfer von Tomas Koubek gesehen. Das hat nicht wirklich funktioniert. Und genau das soll nun eben vermieden werden. Man sucht keinen Ersatz für Giki, sondern einen Nachfolger. Und genau dieser soll Finn Dahmen sein, der von Rafal auch noch unglaublich viel lernen könnte.

Disposition? Nein!!!

Ich möchte mit diesem Artikel keinesfalls in irgendeiner Art und Weise Rafal Gikiewicz in Frage stellen. Im Gegenteil, ich bin sehr wohl der Meinung, dass er in den letzten beiden Spielzeiten eine große Konstante für den Verein gewesen ist und dass man ohne seine Leistung wohl kaum die Klasse hätte halten können. Dafür bin ich ihm sehr dankbar und ich hoffe auch, dass man diese Saison mit ihm als Nummer 1 beendet.

Er stand nie zur Disposition. Rafal hat intern einen hohen Stellenwert. Bei mir und bei allen anderen Verantwortlichen. Was von außen kommt, kann man wenig beeinflussen. Intern kennt Rafal seine Rolle.

Chefcoach Enno Maaßen über Rafal Gikiewicz

Jedoch kann ich sehr gut nachvollziehen, dass man sich bereits jetzt nach einem Nachfolger für die nächste Saison umsieht. Nach dem Weggang von Marwin Hitz galt die Schlüsselposition des Torhüters immer als große Baustelle. Andreas Luthe und Fabian Giefer konnten nur teilweise überzeugen und auch Tomas Koubek brachte uns nicht die Konstanz und Sicherheit, die man sich gewünscht hat. Gerade hier konnte man deutlich sehen, was passiert, wenn Abwehr und Torwart nicht perfekt miteinander harmonieren und vertrauensmäßig nicht zu 100 Prozent auf einer Linie liegen.

Generationenwechsel

Rafal Gikiewicz brachte uns Fans aber genau das. Doch auch er wird nicht jünger und über kurz oder lang wünschen sie die Verantwortlichen auch hier den Generationen- und Systemwechsel. Mit Finn Dahmen könnte man hier einen der vielversprechendsten Nachwuchskeeper verpflichten, der bereits sein Können schon unter Beweis konnte. Wie schon erwähnt, könnte man diese Saison und auch die lange WM-Pause dazu nutzen, dass sich die Defensive bereits mit dem Nachfolger einspielen könnte und hätte dann nicht diesen knallharten Umbruch wie bei Giefer oder Koubek.

Natürlich könnte man auch Daniel Klein als neue Nummer 1 ausbilden, aber ich denke, der FCA möchte hier eine Konkurrenzsituation und somit eine Motivation für die beiden jungen Männer schaffen. Zudem bin ich der Meinung, dass unsere derzeitige Nummer 2 selbst erst noch Erfahrungen auf Profiebene sammeln sollte, bevor man ihn ins kalte Wasser wirft.

Kurz… Ich kann die Gedankengänge unserer Verantwortlichen auf jeden Fall nachvollziehen und teile sie auch größtenteils. Aber eben nur in soweit, dass man bereits jetzt einen Nachfolger für die kommenden Jahre verpflichtet. In dieser Spielzeit möchte ich weiterhin unseren Beton zwischen den Pfosten sehen, bevor wir ihm dann vielleicht einen Traum erfüllen. Doch wie dieser aussieht, das verraten wir euch demnächst hier bei der RoGaz.

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