Spurensuche

Der Saisonauftakt in Unterhaching hat nun auch mich etwas konsterniert zurückgelassen, genau wie die Gegentore gegen Gladbach und die Taktik und das Ergebnis gegen Bochum. Einerseits hat der FCA keine gute Endphase der zurückliegenden Saison gespielt. Gerade im letzten Spiel der Saison gegen Borussia Mönchengladbach hat man schlicht keine gute Leistung abgeliefert. Im Sommer kommunizierte der FCA fleißig, dass man detailliert Fehler analysiert habe. Enno Maaßen teilte bei uns im Interview mit, dass man sich auch im mentalen Bereich verbessern wolle. Im Nachgang zur Partie gegen Unterhaching stellte er nach einigen guten Spielen in der Saisonvorbereitung fest, dass “Verhaltensweisen sich ändern, wenn Ergebnisdruck dabei ist”. Mit der mentalen Entwicklung des Teams scheint es dabei nicht allzu weit her zu sein. Für mich war der Moment gekommen, um mich mit einer Expertin zu dem Thema auszutauschen. Julia Donauer, die im Fußballbereich als Mentalcoach arbeitet, hat mir geduldig meine Fragen beantwortet. Meine Erkenntnisse dieser Spurensuche sind Folgende:

Einflussfaktoren

Ergebnisse im Fußball hängen nicht nur von der mentalen Einstellung eines Teams oder der einzelnen Spieler ab. “Grundsätzlich unterscheiden wir in der Analyse drei Gruppen von Faktoren: den Körper, das Umfeld und den Kopf. Wenn man ein Resultat wie das gegen Unterhaching sieht, dann ist es im ersten Schritt erst einmal wichtig, nicht voreilig Schlüsse zu ziehen, dass es unbedingt am Kopf, also auch im mentalen Bereich, gelegen haben muss. Jede saubere Analyse basiert darauf, dass man alle drei Einflussfaktoren überprüft.” erklärt mir Julia Donauer hierzu.

Wir können grundsätzlich ja sowieso nur von außen urteilen. Wenn die Spieler alle fit waren und im Umfeld sauber und störungsfrei gearbeitet wurde, dann lag es also vielleicht am Kopf. Andere Gründe fallen mir für die Partie gegen Haching nicht ein.

Spielvorbereitung

Gerade mit Blick auf den Saisonabschluss in Gladbach und das Pokalspiel, kommt die Frage auf, ob im Vorlauf zu den Partien alles korrekt gelaufen ist. Unterhaching ist weiterhin ungeschlagen und in einer enormen Performing-Phase. Von außen mag man sich fragen, ob man den Gegner ernst genug genommen hat. Drittligist klingt erstmal schwach. Haching war mit Sicherheit kein schwacher Gegner zum Saisonauftakt. „Haching hat zum Saisonende und in der Saisonvorbereitung stark gearbeitet und war dadurch mit viel Selbstvertrauen ausgestattet. Selbstvertrauen kommt unter anderem auch durch Erfolge. Das war mit Sicherheit ein Punkt, wo Haching gegenüber dem FCA im Vorfeld einen Vorteil hatte.“ erklärt Julia Donauer. Es kommt eben nicht immer auf die reine Qualität an.

Erfolgserlebnisse führen zu Selbstvertrauen, zumindest wenn die Latte nichts dagegen hat. (Photo by Jan Hetfleisch/Getty Images)

Ein ähnliches Muster ergibt sich für den Saisonabschluss. Gladbach war schon durch. Hatte man hier gedacht, es würde eine leichte Partie? Was man sich auch fragen darf: Was wurde hier vor dem Spiel konkret besprochen? “Es ist wichtig, Spielern einzelne Handlungspläne an die Hand zu geben. Wie reagieren wir auf verschiedene Spielverläufe wie zum Beispiel auf einen Rückstand? Solche Themen sollten in der Spielvorbereitung eine wichtige Rolle einnehmen.” erklärt mir Julia Donauer aus der ihr geläufigen Praxis. Die Vorbereitung griff bei beiden Spielen dann ins Leere. Mit den Rückständen konnte nicht gut umgegangen werden. Reaktion auf Spielverläufe und situationsbedingtes Handeln scheint grundsätzlich beim FCA ein Thema zu sein, wie nun auch die Gegentore gegen Bochum zeigen. Beim ersten war man vielleicht mit dem Kopf schon in der Pause, beim zweiten folgte auf die Führung direkt ein individueller Blackout.

Hoffnungsschimmer gibt es allerdings. “Es ist ja gut, dass die Partie gegen Gladbach am ersten Spieltag nun gleich gezeigt hat, dass es auch besser geht. Da liegt sicherlich nicht alle im Argen. Niklas Dorsch hat im Interview ja auch klar kommuniziert, dass sie sich auch darauf vorbereitet hatten, in Rückstand zu geraten.” zeigt Julia Donauer auf, dass beim FCA auch positive Aspekte zu erkennen sind. Warum es nicht immer klappt, liegt vielleicht auch am nächsten Punkt.

Mannschaftstruktur

Im Fußball hat es eine interessante Mannschaftsgröße. Der Kader umfasst ca. 30 Spieler. Das ist die Hälfte des Kaders eines NFL Football Teams oder aber der doppelte Kader einer Basketball-Mannschaft. In großen Kaderstrukturen und gerade im Football gibt es eine klare Hackordnung, die auch darüber differenziert, dass Spieler eine genaue Funktion haben (man nehme nur den Quarterback oder den Punter als prominente Beispiele). Gerade über diese klare Aufgabenteilung und Hierarchie wird sichergestellt, dass die Spieler ihre Aufgaben kennen und ihre Rolle ausfüllen können.

Durch die Demontage von Jeffrey Gouweleeuw als Kapitän des Teams hat Enno Maaßen deutlich gemacht, dass er mit der Struktur in der Vergangenheit nicht zufrieden war. Ermedin Demirovic führt das Team seit dieser Situation als Kapitän aufs Feld. Dorsch und Rexhbecaj sind die Stellvertreter. Gerade wenn es schwierig läuft, hofft man darauf, dass Führungsspieler einer Mannschaft halt geben können. Gegen Unterhaching hat sich Enno Maaßen in der zweiten Halbzeit gedacht, es geht auch ohne und hat Dorsch und Demirovic in der 61. Minute ausgewechselt. Die Wende kam dann nicht mehr. “Ich muss mich auch immer fragen, was ich gemacht habe, damit meine Führungsspieler ihre Rolle ausüben können. Wissen sie, dass sie das Vertrauen des Trainers haben? Habe ich vermehrt die Kommunikation zu ihnen gesucht?” erklärt Julia Donauer mir hierzu. Daniel Baier hat nicht unlängst bei uns im Interview erklärt, dass Markus Weinzierl der beste Trainer seiner Karriere war, weil er ihm fortwährend Vertrauen geschenkt hat. Auch wenn er mal Murks gekickt hat.

Wer geht in schwierigen Situationen voran? (Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)

Auch hier hat sich öffentlich gezeigt, dass das Thema beim FCA präsent ist. Felix Uduokhai sagte hierzu nach der Begegnung gegen die Bayern: „Du brauchst in der Mannschaft Typen, die auf dem Platz reden, die auch Verantwortung übernehmen, wenn es nicht läuft.“ Inwiefern er hierfür der Richtige ist, eine solche Rolle einzunehmen, nachdem er erst vor kurzem seine Zukunft noch woanders gesehen hatte und seinen Vertrag nur um 1 Jahr verlängerte, sei an dieser Stelle dahingestellt.

Abschließend

Als Außenstehender würde ich es äußerst spannend finden, wie sich der FCA mental entwickelt. Ob hier konstante Verbesserungen festzustellen sind. Als Fan habe ich erstmal Angst vor dem nächsten Katastrophen-Auftritt oder auch nur dem nächsten Wackler. Immer wieder steht sich die Mannschaft – vollkommen unfreiwillig – selbst im Weg. Klar will das Team gewinnen. Niederlagen und Misserfolge hängen allen Beteiligten lange nach und das Selbstvertrauen mag sich nicht einstellen. Wichtig ist es in dieser Phase, dass der Support von außen bleibt. „Positive Bestärkung von Fans und aus dem Umfeld hilft den Spielern die Extra-Meile zu gehen“, bestätigt Julia Donauer.

Enno Maaßen hat im Sommer klar angesprochen, dass er seiner Mannschaft einen Killerinstinkt einimpfen will. Wenn sich dieser einstellt (und gegen Bochum war er mit Sicherheit noch nicht da), dann braucht man sich um den Support auch keine Gedanken mehr zu machen. Bis dahin wäre es sehr spannend, wenn man etwas konkreter erfahren könnte, wie im mentalen Bereich gearbeitet wird. Welche Maßnahmen ergriffen wurden, um in der Spielvorbereitung, der mentalen Arbeit allgemein und der Installation einer funktionierenden Mannschaftsstruktur Verbesserungen zu erreichen. Das Thema wird uns sicherlich auch weiterhin beschäftigen. Vielleicht ja demnächst dann mit mehr Positivbeispielen. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

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