Frage der Woche: Was kann schiefgehen?

Wir als Fußballfans sind ja grundsätzlich optimistisch, bevor die Saison startet. Wir träumen von der nächsten Europapokalsaison. Oder stellen uns vor, wie wir die Liga ärgern und endlich mal nichts mit dem Abstiegskampf zu tun haben. Und dennoch gibt es ein paar Themen, die einem als FCA-Fan die Sorgenfalten auf die Stirn treiben. Darum haben wir uns in dieser Woche vorgenommen, unsere Ängste zu adressieren. Was kann in dieser Saison schiefgehen?

Keine Einheit

(Andy) Zum Ende der ersten Saison mit Enno Maaßen gab dessen Mannschaft eine besonders grausige Visitenkarte ab. Als es noch um den Klassenerhalt ging, konnte seine Mannschaft gegen Borussia Mönchengladbach, die mit einem Bein schon im Sommerurlaub standen, die sportlichen Pläne in keinster Weise umsetzen. Zettel wurden über den Platz gegeben, die Abwehr blieb löchrig, das Team nach vorne ungefährlich. Und das alles im wichtigsten Spiel der Saison. Wenn man hier eine Einheit gesehen haben will, dann eine, die sportlich nicht funktioniert.

Damit es eine Einheit wird, müssen Spieler Verantwortung übernehmen, die dies in der abgelaufenen Saison noch nicht gemacht haben. (Photo by Matthias Hangst/Getty Images)

Jetzt ist im Sommer erneut viel passiert. Viele Neuzugänge sind gekommen. Erfahrene Spieler in Person von André Hahn, Rafael Gikiewicz und mittlerweile auch Julian Baumgartlinger wurden verabschiedet. Bei weiteren steht über kurz oder lang der Abschied an. Felix Uduokhai will seinen Vertrag nicht verlängern, Jeffrey Gouweleeuw bekommt vom FCA kein neues Angebot. Das Kernproblem bleibt: Aus dem zur Verfügung stehenden Spielern muss Enno Maaßen ein funktionierendes Kollektiv formen. Etwas, das wir zum Saisonende hin nicht mehr gesehen haben. Der Umbruch ist so groß wie nie. Er könnte schief gehen. Und die Endphase der abgelaufenen Saison macht nicht gerade Hoffnung. Ich hoffe, das geht nicht schief.

Zu großer Kader

(Andi) Stand jetzt ist der Kader des FC Augsburg mit 35 Spielern viel zu groß. Die Verantwortlichen wollen daher noch ein paar Profis abgeben; bei jüngeren Spielern sind auch Leihen denkbar. Ich glaube dennoch, dass der Kader nach dem Transferfenster eher zu groß als zu klein sein wird. Das kann dem FC Augsburg helfen. Gerade wenn man bedenkt, dass der FCA vergangene Saison mit Abstand die längsten Verletzungszeiten zu verkraften hatte. Ein großer Kader kann das auffangen – er birgt aber auch Konfliktpotential.

Stehen viele Spieler im Kader, werden viele auch nicht zum Einsatz kommen. Damit haben Bundesligaspieler umzugehen, nicht alle beherrschen das jedoch. Das musste auch der FC Augsburg schon erfahren.

Maaßen will nur auf Spieler setzen, die sich zu 100% mit dem FCA identifizieren. Dennoch sind Iago und Felix Uduokhai weiterhin an Bord, weil noch keine Abnehmer für die beiden gefunden wurden. (Photo by Lars Baron/Getty Images)

Ich kann mir Störfaktoren von zwei Spielergruppen vorstellen. Erstens: Unzufriedene Profis, die in dieser Transferperiode gerne gewechselt wären, vom Verein aber keine Freigabe erhielten. Etwa Mergim Berisha, Iago, Felix Uduokhai oder Ruben Vargas. Zweitens: Spieler, deren Vertrag 2024 ausläuft. Neben Iago und Uduokhai, die beide noch diesen Sommer gehen könnten, trifft das auch auf die einstigen Nachwuchsspieler Maurice Malone, Jozo Stanic, Aaron Zehnter und Raphael Framberger zu.

Außerdem stellt sich die Frage, wie man mit Tomas Koubek umgeht: Der Tscheche würde gerne verlängern, der FCA plant aktuell eher nicht mit ihm über 2024 hinaus. Und dann wäre da natürlich noch Jeffrey Gouweleeuw. Er vertritt seine Standpunkte deutlich offensiver als Koubek und droht womöglich für Unruhe im Team zu sorgen.

Diese in jeder Mannschaft normalen Reizpunkte müssen die Verantwortlichen ehrlich, fair und frühzeitig moderieren. Enrico Maaßen, indem er seine Aufstellung den Spielern erklärt; Stefan Reuter, indem er sich frühzeitig um die Kaderplanung der kommenden Saison kümmert.

Löchrige Abwehr

(Franzi) Vor ein paar Wochen war die Innenverteidigung einer der Mannschaftsteile, über den ich mir kaum den Kopf zerbrochen habe. Ok, Reece Oxford wegen Long Covid noch nicht wieder dabei. Dafür aber Patric Pfeiffer der halben Bundesliga vor der Nase weggeschnappt. Freddy Winther nach Leihe zurück in Augsburg. Dazu Gouweleeuw und Uduokhai als Stamm-, Bauer als weitere Nebenbesetzung. Was sollte da schon groß passieren?

Wir wissen es mittlerweile alle. Der FCA will den (Ex-)Kapitän nicht weiterbeschäftigen, Udo will nicht beim FCA bleiben. Bei konsensfähigen Angeboten sind die beiden weg, wie Birgit, Andy und Andi letzte Woche schon erläutert haben. Und Veiga, den ich zwar nie ernsthaft in der Innenverteidigung gesehen habe, ist nun auch keine Option mehr. Was bleibt: Mindestens ein offener Stammplatz neben Pfeiffer, der zwar schon ordentlich performt (und im Testspiel gegen Ajax demonstrativ in der A-Elf auflief). Für die neue Saison muss aber unbedingt noch eine Einheit Manpower her, will man in einer Viererkette auf zwei bis drei Backups zurückgreifen oder auch mal im 3-5-2 spielen lassen. Nur darauf zu hoffen, dass Oxford bald wieder angreifen kann, wäre naiv. Darauf zu spekulieren, dass Jeff und Udo mangels Angebot doch bleiben (müssen), extrem kontraproduktiv.

Damit es auf der rechten Verteidigerposition nicht schiefgeht, sollten die Verantwortlichen des FCA endlich Verstärkung holen. (Photo by Neil Baynes/Getty Images)

Wo wir bei der (rechten) Außenverteidigung angekommen wären, unser aller Sorgenkind. Robert Gumny ist abgesehen von Youngster Jozo Stanić und dem ohnehin verletzten Frami der einzige etatmäßige Rechtsverteidiger im Team. Zudem mit Leistungsschwankungen und anfällig für Fehler, die vom Gegner in der vergangenen Saison oft eiskalt ausgenutzt wurden. Hier braucht es unbedingt endlich Verstärkung, die sofort einsatzfähig ist und die man sich auch etwas kosten lassen darf, wenn nicht muss!

Der FCA sieht das allerdings (noch) relativ entspannt. Zitiert jüngst lieber Spieler dorthin, deren Hauptposition eigentlich eine andere ist, z.B. Pedersen oder Čolina, oder lässt flexible Spieler wie Jensen die Lücke füllen. Im Testspiel gegen Amsterdam wurde sogar Arne Engels in die Außenverteidigung gezogen, der zwar auch hier mit toller Übersicht glänzte, es aber doch verschenktes Potential wäre, ihn von seiner neu erlangten Position im zentralen Mittelfeld wiederabzuziehen? Genau das könnte in der neuen Saison schiefgehen (was ich natürlich nicht hoffe): Die Rechtsverteidigerposition bleibt weiter so dünn besetzt wie bisher, die positionsfremden „Reservekräfte“ können sie nicht adäquat ausfüllen (wie auch?) und unsere Abwehr lädt den Gegner wieder zum Punkten ein.

Tor-Flaute oder Tor-Wart-Problem?

(Irina) Im Endeffekt ist Fußball doch ganz einfach: Vorne schießt man die Tore und hinten verhindert man diese. So weit, so gut in der Theorie. Dass das praktisch manchmal ganz schön schwer sein kann, zeigte der FCA exemplarisch die komplette letzte Rückrunde. Wenn man vorne kein Tor reinmacht, darf man sich hinten auch kein Tor fangen. So die vereinfachte Rechnung, doch dass das ganz oft nicht aufgeht, bewies der FCA ein ums andere mal in der abgelaufenen Saison. Zur Erinnerung: 63 Gegentore standen zu Buche, bei 42 eigenen Treffern.

Möglicherweise droht auch in der nahenden Bundesligasaison 2023/24 eine Tor-Flaute: Treffen die Offensivspieler regelmäßig- oder hängen sie in einem Formtief? Wenn der FCA rund um Coach Maaßen in seiner zweiten Bundesligasaison einen gepflegten Offensivfußball auf’s Parkett zaubern kann, dann wird es möglicherweise auch was mit dem Toreschießen. Wird aber wieder viel auf die Marke Zufall gesetzt, dann wird es ähnlich tor-los zugehen, wie in der zurückliegenden Saison.

Sven Michel ist ein Mega-Typ. Kann er für den FCA regelmäßig Tore schießen? (Photo by Oliver Hardt/Getty Images)

Mit Sven Michel, Phillip Tietz und Masaya Okugawa hat man drei vielversprechende Offensivspieler verpflichten können, die die Abteilung Attacke der Augsburger beleben dürften. Masaya Okugawa kann aber wegen einer hartnäckigen Verletzung vermutlich erst nach Saisonstart ins Geschehen eingreifen. Bringt der FCA die Bälle jedoch wieder nicht im Tor unter, kann es schnell zu Unmut in der Truppe führen und die Spielweise (extern) kritisiert werden. Es gilt daher, rasch das gewünschte System mit dem nötigen Spielermaterial anzureichern und mit viel Training umzusetzen. Nur dann kann der FCA wieder einen Fußballstil entwickeln, der an glorreichere Europa League Zeiten erinnert.

Hinten die Tore verhindern soll zuletzt der neue Keeper Finn Dahmen, den der FCA von Mainz 05 loseisen konnte. Diese Position ist gerade im Abstiegskampf eminent wichtig. Ein sicherer und ruhiger Rückhalt, der auch mal gut für eine sensationelle Parade ist, steht tendenziell jedem Bundesligisten gut zu Gesicht. Werden die Augsburger in Dahmen schnell den solide-sicheren Schlussmann finden, der zuletzt so hängeringend hierzulande gesucht wurde?

Der 25jährige Goalie bringt die Erfahrung von ganzen 13 Bundesligapartien mit – es wird sich daher zeigen, wie rasch Dahmen sich in der deutschen Beletage akklimatisieren kann. Von einem gestandenen Keeper kann hier jedoch noch nicht gesprochen werden. Bleibt zu hoffen, dass Dahmen erfolgreichere Zeiten in der Augsburger Torhüterhistorie einläuten kann und nicht den gebrandmarkten Weg von Giefer, Luthe und Co. nimmt. Denn dann hätte der FCA schnell wieder eines: Ein Torhüterproblem.

Autor: Andy

Wohnt und arbeitet in Frankfurt. Denkt dennoch seit vielen Jahren fast immer an den FCA.

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