Es ist ok


Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Viele Personalentscheidungen rund um den geliebten Club werden entweder mit riesigen Hoffnungen und Erwartungen gesehen, oder es wird der Schrecken direkt hinter der nächsten Ecke vermutet. Das Umfeld des FC Augsburg war dabei schon immer ein ruhiges und in letzter Zeit sind kaum Gerüchte nach außen gelangt.

Rani Khedira mal wieder

Und warum nun genau in diesen Tagen die Personalie Rani Khedira erneut in einigen Medien aufgegriffen wurde, weiß nun auch keiner so genau. Letzten Sommer, im Juni 2020 sah es so aus, als ob eine Verlängerung Khediras beim FCA nicht viel mehr als eine Formalie wäre. Aus der Formalie wurde eine Hängepartie. In diesem Zusammenhang betonte Stefan Reuter: „Die gegenseitige Wertschätzung ist da“. Im November 2020 stellte Khedira selbst noch fest: „Wir machen uns keinen Stress. Noch sind es sieben Monate, da ist nicht die allergrößte Eile angesagt.“ Bis zum Januar hatten sich die Vorzeichen dann gedreht. Eine Verlängerung war anscheinend schon fast vom Tisch. Khediras Aussage vor drei Monaten: “Wir werden sehen, ob sich die Ambitionen des FCA und meine decken”. Zudem immer wieder die Hinweise aufs Ausland. Ende Januar klang es dann nun so, als ob der FCA sein Angebot zurückgezogen hätte.

Die Planungen für die kommende Saison sind nun Corona-bedingt nicht gerade einfach. Hohe Millionenbeträge an Einnahmen gehen den Vereinen momentan verloren. Während der FCA laut AZ noch überlegte, ob er unter diesen Bedingungen Rani Khedira erneut ein Angebot zur Vertragsverlängerung vorlegen sollte, hat sich Rani Khedira laut kicker schon anderweitig orientiert. Laut Sky geht es zu Union Berlin. Wahrscheinlich auch Corona-bedingt ist ein Wechsel ins Ausland erstmal vom Tisch. Union Berlin wirbt diesmal dem FCA einen ablösefreien Spieler ab. Zuletzt war dies den Augsburgern im Sommer mit Rafal Gikiewicz gelungen.

Khedira hat beim FCA schon einiges mitgemacht. (Foto: Christian Kolbert/kolbert-press/Pool via Imago)

Wie aufgezeigt hat die Personalie Khedira eine Vorgeschichte. Gespräche über eine Verlängerung des im Sommer auslaufenden Vertrags gab es in der Vergangenheit zur Genüge. Nur zusammen einen gemeinsamen Nenner haben Verein und Spieler anscheinend nie gefunden. So durfte Khedira nun in diese Saison gehen, ohne dass sein Kontrakt über diese hinaus Gültigkeit besitzt. Er kann am Ende der Saison den Verein somit ablösefrei verlassen (und ein ordentliches Handgeld einstreichen).

Ein Fixpunkt im Kader

Khedira ist derweil seit dieser Saison der dienstälteste Spieler im defensiven Mittelfeld (zumindest wenn man Jan Moravek etwas offensiver sieht). Nach dem Abgang von Daniel Baier in der Sommerpause war meine Vermutung, dass er hier in dieser Saison die große Konstante sein würde. So sah es dann zu Saisonbeginn auch aus. Khedira und Carlos Gruezo bildeten regelmäßig das Duo vor der Abwehr. Zwischenzeitlich verdrängten dann Tobias Strobl und auch Tim Civeja Khedira etwas, bevor nun – bedingt auch durch Civejas Verletzung – Khedira seinen Stammplatz zuletzt wieder zurückeroberte.

Die etwas schwankenderen Einsatzzeiten Khediras in dieser Saison sollten dabei das sportliche Gesamtbild von ihm nicht trüben. Sein Wechsel vor fast vier Jahren von RB Leipzig zum FCA hat sich für beide Seiten voll ausgezahlt. Der FCA hatte ablösefrei einen Spieler gefunden, der die Mannschaft verstärkte und sich in diesen Jahren zu einem Fixpunkt im Kader entwickelte. Über 120 Pflichtspiele hat er in diesem Zeitraum für den FCA absolviert. Eine sehr stattliche Zahl.

Wohin geht Khediras Blick in der Zukunft? (Foto: nordphoto GmbH / Engler nph00076 via Imago)

Khedira selbst konnte seine Bundesligatauglichkeit vollends unter Beweis stellen und sich in der ersten Liga etablieren. Dazu war er in der Öffentlichkeit einer der ruhigeren Charaktere, der stets ein professionelles Bild abgab. Er wäre für einige Vereine eine solide Verstärkung in der Breite. Es würde mich zudem nicht wundern, wenn er am Ende bei einem neuen Verein mehr spielen dürfte als gedacht. Bei Union Berlin sollte er den Stamm der Mannschaft verstärken. In jeder Sicht hat er sich selbst in die Lage versetzt im Alter von 27 Jahren den besten Vertrag seiner Profikarriere zu unterzeichnen.

Entscheidungsgründe

Warum lässt man so einen nun zu einem anderen Verein ziehen? Es kann sein, dass man sich für einen Verbleib Khediras wirtschaftlich arg strecken hätte müssen. Khedira selbst liebäugelte selbst mit einem Wechsel ins Ausland und gerade in England liegen die wirtschaftlichen Möglichkeiten vieler Clubs immer noch über denen der Bundesliga und gerade des FCA. Wer weiß, welche Beträge noch im letzten Sommer gefordert hatte? Es stellt sich wie immer die Frage, wie teuer ein Verbleib Khediras geworden wäre.

Derweil es aus Club-Sicht wohl nicht nur ums Geld geht. Khediras weitere sportliche Entwicklung sorgt zumindest bei mir nicht für die allergrößten Hoffnungen. Es ist zumindest zweifelhaft, ob Khedira sportlich dauerhaft Leistungsträger bleiben würde und sich auf dem Platz noch deutlich verbessern könnte. Nicht gerade eine Situation, in der man euphorisch die Geldbörse zückt.

Welche Rolle hat Khedira für das Gerüst?

Nun wird das Sportliche ja auch beeinflusst durch das Zusammenspiel der einzelnen Spieler nicht nur auf dem Platz. Khedira scheint nun keiner der Spieler zu sein, die in dieser Gruppe einen negativen Einfluss ausüben oder die Gruppenprozesse stören würde. Um eine Verlängerung zu deutlich verbesserten Konditionen allerdings rechtfertigen zu können – und ohne den Einfluss einer Verbesserung der Konditionen im Mannschaftsgefüge zu unterschätzen – müsste er wohl einer der wichtigsten Gerüstspieler im Kader sein.

Rani Khedia bei einem TV Auftritt. Es ist immer schade, gute Typen gehen zu sehen (Foto via Imago)

Abschließend scheint es so, als ob der FC Augsburg sich bewusst dazu entschieden hätte, Khediras Wechsel in Kauf zu nehmen und ihn nicht aggressiv weiter an den Club binden zu wollen. Dies hängt auch damit zusammen, dass man mit Khedira wohl zu keiner gemeinsamen Sicht bzgl. der zukünftigen sportlichen Entwicklung (und evtl. seiner Bezahlung in diesem Zusammenhang) gekommen war. Khediras Entscheidung für Union ist nun auch eine gegen die Perspektive in Augsburg.

Khedira ist zwar ein guter, aber kein herausragender Kicker. Er gehört auch nicht zu den absoluten Führungsspielern im Kader. Khedira scheint ein netter und umgänglicher Mensch zu sein und ich wünsche ihm nur das Beste. Sein Wechsel ist trotzdem ok. Der FC Augsburg baut die Mannschaft nach dem kleinen Umbruch im letzten Sommer weiter um. Die Identifikation mit dem Augsburger Projekt wird bei den Personalentscheidungen wieder wichtiger. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf tut der Umbruch nicht mehr ganz so weh.

Autor: Andy

Wohnt und arbeitet in Frankfurt. Denkt dennoch seit vielen Jahren fast immer an den FCA.

2 Gedanken zu „Es ist ok“

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