Das Lächeln am Morgen nach einem Auswärtssieg

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Der FCA hat auswärts gewonnen. Diese Nachricht ist eine absolute Seltenheit geworden. In dieser Saison dürfen wir zum ersten Mal etwas verschmitzt lächeln am Morgen nach einem Auswärtsspiel. 3 Punkte sind 3 Punkte. Am Ende der Saison interessiert keinen mehr, wie diese zu Stande gekommen sind. Wir haben in Paderborn gewonnen. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Ich war auch schon in Paderborn dabei, als wir dort verloren haben. Das heutige Gefühl ist es mir deutlich lieber.

Die Mannschaft wirft Fragen auf

Dabei darf man den Auftritt in Paderborn nicht als glanzvoll bezeichnen. Die ersten 15 Minuten haben mich sehr an das Spiel in Gladbach erinnert. Der Unterschied zwischen Paderborn und Gladbach war alleine die mangelnde Chancenverwertung der Paderborner. Es hätte nach 15 Minuten schon längst 2:0 für den Gastgeber stehen können. Wir haben uns in dieser Phase mal wieder mit unkonzentrierten Aktionen hervorgetan. Daniel Baier hat vor dem Elfmeter nicht entscheidend geklärt und Rani Khedira hat beim Pressing das Timing vermissen lassen. Es war bestürzend zu sehen, wie selbst die erfahrenen Spieler in dieser Phase nicht ins Spiel gekommen sind. Unsere hoffungsvollen Talente wie Felix Uduokhai spielten dazu ungewohnte Fehlpässe. Als der FCA dann zu mehr Spielanteilen kam, hat gerade Florian Niederlechner es den Paderborner nachgemacht und einige aussichtsreiche Gelegenheiten versemmelt. Es konnte einem Angst und Bange werden. Hätten wir nicht auch einen ganz starken Keeper, dann wäre das gestern anders ausgegangen. Tomas Koubek entschärfte im Spielverlauf immer und immer wieder und hielt uns mehrmals im Spiel.

Max mit dem Ausrufezeichen

Das Spiel entschied dann eine Einzelaktion von Philipp Max, der einen Freistoß direkt verwandelte. Max hatte gestern offensichtlich Bock. Irgendwann in der 16. Minute war sein Gesicht in der Nahaufnahme zu sehen und in diesem Moment war ich froh, gestern nicht sein Gegenspieler zu sein. Die Qualität eines einzelnen Spielers (die sich auch in dem besten WhoScored Wert aller Feldspieler zeigte) führte zum spielentscheidenden Tor. Auch deshalb, weil Marco Fritz, der Schiedsrichter der Partie, bei der Bewertung der Freistoßmauer beide Augen zudrückte. Steffen Baumgart, der Trainer der Paderborner, schäumte nach der Partie: „Ich halte das für eine Frechheit“, wütete Baumgart zur Entscheidung rund um den entscheidenden Freistoß bei Sky. Im WDR legte er nach: „Am Ende macht mich das sauer, weil wir Regeln haben, die nicht eingehalten werden. Wir haben ja eben schon gehört, dass man sich immer Begründungen sucht, warum so etwas nicht überprüft wird – und dann wird es irgendwann lächerlich. Ich finde das schon schwierig, dass wir immer von Schiedsrichtern Ausreden hören, warum irgendwas nicht überprüft wird.“Ach wie gut wir selbst das Gefühl kennen, bei solchen Entscheidungen das falsche Ende erwischt zu haben. Wir haben 3 Punkte geholt. Ich lächle immer noch sanft und freue mich, dass wir diesmal das Glück des Tüchtigen hatten.

Big Points im Abstiegskampf

Das Lächeln wird verstärkt durch den Gesamtzusammenhang. Die Partie in Paderborn war von großer Bedeutung. In den letzten vier Spielen konnten wir es immer auf die Qualität des Gegners schieben, dass wir nicht gewonnen hatten. Vor dem Spiel gegen Paderborn stand nur ein einzelner Sieg zu Hause gegen die Frankfurter Eintracht zu Buche. Gegen Paderborn war klar, dass endlich wieder gewinnen mussten. Ein Sieg war Pflicht und der Druck war groß. Ich bin mir nicht sicher, ob man das am Anfang merkte oder der Plan einfach nicht gut war. Zumindest konnte man sich durch den Sieg von einem direkten Konkurrenten im Abstiegskampf etwas absetzen. Ich lächle auch mit Blick auf die Tabelle, wo wir die Abstiegs- und Relegationsplätze zumindest für die nächsten zwei Wochen wieder verlassen haben.

Licht und Schatten

Ruhe ruft der Sieg bei mir allerdings nicht hervor. Es scheinen immer ein paar Prozent zu fehlen, wie gegen Paderborn in der Anfangs- oder gegen Schalke in der Endphase der Partie. Wir spielen weiterhin nicht über 90 Minuten konsequent.

Andererseits haben wir spielerische Ansätze entwickelt und man kann einen Plan erkennen. Gegen Schalke und Paderborn hat es mit aggressivem Offensivpressing immer wieder funktioniert, den Gegner unter Druck zu setzen und den Ball zu erobern. Auch Gegenpressingsituationen nach Ballverlust lösen wir teilweise sehr gut. Gegen Schalke waren wir spielüberlegen und hätten von den statistischen Spielanteilen her, die Partie für uns entscheiden sollen. Letzte Woche war das Glück eben genau nicht auf unserer Seite. Auch die Partien gegen Wolfsburg und die Bayern sollten eher Aufwind geben.

Der Blick nach vorne

So kommt es nun, dass wir in der Länderspielpause Zeit haben, weiter an den spielerischen Abläufen zu arbeiten. Der Trend geht in die richtige Richtung. 5 Punkte aus den Spielen gegen Bayern, Wolfsburg, Schalke und Paderborn gehen in Anbetracht der Saisonverläufe der einzelnen Mannschaften in Ordnung. Wir kommen genau in die Saisonphase, in der es sich auszahlen kann, mit allen Mann an Bord eine eingespielte Mannschaft stellen zu können.

Dabei habe ich Martin Schmidts schlechte Wechsel und die andauernden Phrasen zur Verbesserung bei offensichtlichen Unkonzentriertheiten und Schwächen des Teams nicht vergessen. Ich bin weiterhin durch das Auswärtsspiel in Gladbach traumatisiert und konnte dem Fußball zwischendurch wenig abgewinnen. Wenn wir in Augsburg allerdings etwas in neun Jahren Bundesliga gelernt haben, dann das: Es hat sich noch immer ausgezahlt, die Ruhe zu bewahren, wenn andere schon längst panisch reagieren. Mit einem Lächeln am Morgen nach einem Auswärtssieg, kann sogar ich das nun wieder so schreiben. Und ich schaue in der Tabelle wieder nach oben. Eng ist alles. Noch ist alles möglich. Hoffen wir alle, dass unser naives Fan-Herz, nicht zu schnell wieder gebrochen wird.

Autor: Andy

Wohnt und arbeitet in Frankfurt. Denkt dennoch seit vielen Jahren fast immer an den FCA.

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