Von Gladbach nach Gladbach

Wer hier schon länger mitliest, die weiß, dass Auswärtsfahrten nach Gladbach meine persönliche Nemesis sind. Ja, der FCA hat schon in Gladbach gewonnen. Ich habe gelesen, das dies zuletzt – vor dem gestrigen Tag – in 2015 der Fall war und es würde mich nicht wundern, wenn es so lange her war. Ich war nicht bei jedem Auswärtsspiel in Gladbach, aber oft genug. Es lief meist scheiße. Ich habe Koubeks Slapstickgegentor in Gladbach genauso live gesehen, wie den verkackten Saisonabschluss in der letzten Saison.

Ich kann es trotzdem nicht lassen nach Gladbach zu fahren. Gestern war ich dort mit einem meiner besten Freunde und meine Anmoderation war sinngemäß: Genieß den Apfelpfannkuchen vorher, danach wird es meist schlechter. Die Apfelpfannkuchen sind wirklich gut. Gestern waren sie nicht das alleinige Highlight.

Auf Augenhöhe?

Rein aus sportlicher Sicht – und ohne näher darauf eingehen zu wollen, warum ich mich mit diesen Auswärtsspielen oftmals gequält habe – halte ich die Spiele gegen Gladbach grundsätzlich für spannend. Die Borussia (die im Gegensatz zur anderen Borussia aus Dortmund unter borussia.de zu finden ist) ist ein Club, der auch darauf angewiesen ist, dass gut gearbeitet wird und ansonsten in Nöte gerät. Damit gehört der Club nicht mehr in die Riege um den FCB, BVBV, RBL oder auch Leverkusen. Es steckt kein Großkonzern dahinter und Champions League passiert nur selten.

Für den FCA ist Gladbach, ein großer Traditionsverein mit irrem Einzugsgebiet aber ohne Investoren im Hintergrund, damit so etwas wie der Club, der aufzeigt, wie gut es maximal werden kann. Wenn es beim FCA in den nächsten Jahrzehnten überaus positiv verläuft, dann ist eine Entwicklung in Richtung des Gladbacher Status das Maximale der Gefühle.

Demirovic mit Feuer. (Photo by Lars Baron/Getty Images)

Entwicklung

Als ich in der letzten Woche geschrieben hatte, warum ich das Spiel gegen Leverkusen für nicht so wichtig erachtet hatte, wollte ich die Bedeutung des Auswärtsspiels in Gladbach nicht überhöhen. Einerseits war es für mich persönlich wichtig. Nemesis, kalte Füße, persönliches Wohlbefinden, etc. Andererseits hatte ich beschlossen das Spiel als den ultimativen Gradmesser für die Entwicklung seit dem letzten Auswärtsspiel in Gladbach heranzuziehen. Wie gut ist das Team von Jess Thorup wirklich geworden? Unter Enno Maaßen hatte man hier noch richtig verkackt.

Und auch diesmal lief nicht alles positiv. Ja, der FCA fängt sich immer noch unglückliche Gegentore nach Standards. Ja, man war in der ersten Halbzeit zu harmlos. Touché. Auf der anderen Seite hat das Team sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen lassen. Gladbach hatte zwar Abschlusschancen, aber keine hochkarätigen und die Gladbacher Offensivbemühungen wirkten auch genau so: bemüht. Derweil der FCA die Offensive nicht opferte und mit schönen Kombinationen Tore erzielen konnte. Aus dem Spiel heraus. Dabei hat man sich auch durch den zwischenzeitlichen Rückstand nicht nachhaltig aus der Ruhe bringen lassen, sondern zurück zum eigenen Konzept gefunden. Beeindruckend war zu sehen, wie man weiter mit gut abgestimmten Offensivpressing die Gladbacher vor Probleme stellte und nicht nur mehr lief als die Gladbacher, sondern auch mehr erfolgreiche Dribblings und Ecken hatte. Der FCA war die bessere Mannschaft an diesem Tag. Es ist ganz klar eine Entwicklung zu erkennen.

Auswärts: auf dem Weg zu Konstanz?

Andererseits, neben der Entwicklung vom letzten Auswärtsspiel in Gladbach zu diesem nun, war es für den FCA wichtig, die sportlichen Möglichkeiten auch auswärts verwirklichen zu können. Wenn die Gegner zu Hause Bayern und Leipzig und nun auswärts Bochum und Mainz sind, wird sich in den nächsten Wochen der weitere Weg der FCA in den Auswärtsspielen zeigen. Die Darbietungen zuletzt mit den Niederlagen in Bremen und Stuttgart bereiteten mir da schon einige Sorgen.

Kevin Mbabu stach aus einer guten Augsburger Mannschaft hervor. (Photo by Lars Baron/Getty Images)

Auch in Gladbach sah es wieder so aus, als ob sich der FCA durch ein Gegentor aus dem Tritt bringen lassen würde. Auch in Gladbach ist die Kulisse eindrucksvoll und einschüchternd. Aber Thorup fand wohl gerade in der Halbzeit die richtigen Worte und die Mannschaft konnte die Partie drehen. Gladbach kam in Umschaltsituationen, aber der FCA konnte diese begrenzen. Und auch offensiv gab es immer wieder gute Ansätze. Das hatte gestern nichts mit Mauern und Lucky Punch zu tun. Das war so gewollt und gut umgesetzt. Und das brauchen wir jetzt auswärts öfters.

Intensität, Gleichgewicht und Klasse

Wie kann man als FCA-Fan an diesem Montag nicht positiv gestimmt sein? Der Lieblingsclub konnte gegen Gladbach viel von dem zusammen zeigen, was man beim FCA gerade auswärts oftmals vermisst hat. Einerseits passte die Intensität des Teams. Philipp Tietz’ Kopfball zum 1:1 mag ich hier hervorheben. Geiler Typ. Andererseits hat die Mannschaft des FCA das Gleichgewicht zwischen Offensive und Defensive mittlerweile gut gefunden. Mit verantwortlich war gestern hierfür Elvis Rexhbecaj, der sich sehr gut sehr lange nah an der gelb-roten Karte bewegte, aber die Kontrolle über sein eigenes Schicksal und das Spiel behielt. Und wenn ich Ermedin Demirovic in der ersten Reihe anpressen und das Pressing steuern sehe, spüre ich Liebe. Zu Intensität und Gleichgewicht kommt Klasse dazu. Alles drei verkörperte Kevin Mbabu gestern perfekt. Klasse ist dann eben auch, wenn Du in der 90+4. Minute deinen Gegenspieler anwirfst, um eine Ecke zu ziehen, nachdem Du den ganzen Tage deine Seite beackert und ein Tor vorbereitet hast. Deckel drauf auf eine perfekte Auswärtsfahrt.

Ich bin froh, dass mit dem Sieg in Gladbach in der Rückrunde gar nicht erst eine negative Dynamik aufkommt. Dies hätte durch die Konstellation mit dem anstehenden Heimspiel gegen die Bayern schnell der Fall sein können. Dieser Sieg war damit umso wichtiger für die Gesamtkonstellation und ist wie der Sieg in Heidenheim ein Stützpfeiler für einen hoffentlich weiterhin positiven Saisonverlauf. Die Hoffnung hatte ich ja schon vorher. Jetzt kann man in Ruhe versuchen, die Bayern zu ärgern. Hauptsächlich geht es aber darum, in Ruhe weiter zu arbeiten und diese Momente des Erfolgs auch mal zu genießen und das Selbstvertrauen darauf mitzunehmen. Zumindest werde ich das diese Woche erstmal tun. Geiler FCA!

Das Lächeln am Morgen nach einem Auswärtssieg

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Der FCA hat auswärts gewonnen. Diese Nachricht ist eine absolute Seltenheit geworden. In dieser Saison dürfen wir zum ersten Mal etwas verschmitzt lächeln am Morgen nach einem Auswärtsspiel. 3 Punkte sind 3 Punkte. Am Ende der Saison interessiert keinen mehr, wie diese zu Stande gekommen sind. Wir haben in Paderborn gewonnen. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Ich war auch schon in Paderborn dabei, als wir dort verloren haben. Das heutige Gefühl ist es mir deutlich lieber.

Die Mannschaft wirft Fragen auf

Dabei darf man den Auftritt in Paderborn nicht als glanzvoll bezeichnen. Die ersten 15 Minuten haben mich sehr an das Spiel in Gladbach erinnert. Der Unterschied zwischen Paderborn und Gladbach war alleine die mangelnde Chancenverwertung der Paderborner. Es hätte nach 15 Minuten schon längst 2:0 für den Gastgeber stehen können. Wir haben uns in dieser Phase mal wieder mit unkonzentrierten Aktionen hervorgetan. Daniel Baier hat vor dem Elfmeter nicht entscheidend geklärt und Rani Khedira hat beim Pressing das Timing vermissen lassen. Es war bestürzend zu sehen, wie selbst die erfahrenen Spieler in dieser Phase nicht ins Spiel gekommen sind. Unsere hoffungsvollen Talente wie Felix Uduokhai spielten dazu ungewohnte Fehlpässe. Als der FCA dann zu mehr Spielanteilen kam, hat gerade Florian Niederlechner es den Paderborner nachgemacht und einige aussichtsreiche Gelegenheiten versemmelt. Es konnte einem Angst und Bange werden. Hätten wir nicht auch einen ganz starken Keeper, dann wäre das gestern anders ausgegangen. Tomas Koubek entschärfte im Spielverlauf immer und immer wieder und hielt uns mehrmals im Spiel.

Max mit dem Ausrufezeichen

Das Spiel entschied dann eine Einzelaktion von Philipp Max, der einen Freistoß direkt verwandelte. Max hatte gestern offensichtlich Bock. Irgendwann in der 16. Minute war sein Gesicht in der Nahaufnahme zu sehen und in diesem Moment war ich froh, gestern nicht sein Gegenspieler zu sein. Die Qualität eines einzelnen Spielers (die sich auch in dem besten WhoScored Wert aller Feldspieler zeigte) führte zum spielentscheidenden Tor. Auch deshalb, weil Marco Fritz, der Schiedsrichter der Partie, bei der Bewertung der Freistoßmauer beide Augen zudrückte. Steffen Baumgart, der Trainer der Paderborner, schäumte nach der Partie: „Ich halte das für eine Frechheit“, wütete Baumgart zur Entscheidung rund um den entscheidenden Freistoß bei Sky. Im WDR legte er nach: „Am Ende macht mich das sauer, weil wir Regeln haben, die nicht eingehalten werden. Wir haben ja eben schon gehört, dass man sich immer Begründungen sucht, warum so etwas nicht überprüft wird – und dann wird es irgendwann lächerlich. Ich finde das schon schwierig, dass wir immer von Schiedsrichtern Ausreden hören, warum irgendwas nicht überprüft wird.“Ach wie gut wir selbst das Gefühl kennen, bei solchen Entscheidungen das falsche Ende erwischt zu haben. Wir haben 3 Punkte geholt. Ich lächle immer noch sanft und freue mich, dass wir diesmal das Glück des Tüchtigen hatten.

Big Points im Abstiegskampf

Das Lächeln wird verstärkt durch den Gesamtzusammenhang. Die Partie in Paderborn war von großer Bedeutung. In den letzten vier Spielen konnten wir es immer auf die Qualität des Gegners schieben, dass wir nicht gewonnen hatten. Vor dem Spiel gegen Paderborn stand nur ein einzelner Sieg zu Hause gegen die Frankfurter Eintracht zu Buche. Gegen Paderborn war klar, dass endlich wieder gewinnen mussten. Ein Sieg war Pflicht und der Druck war groß. Ich bin mir nicht sicher, ob man das am Anfang merkte oder der Plan einfach nicht gut war. Zumindest konnte man sich durch den Sieg von einem direkten Konkurrenten im Abstiegskampf etwas absetzen. Ich lächle auch mit Blick auf die Tabelle, wo wir die Abstiegs- und Relegationsplätze zumindest für die nächsten zwei Wochen wieder verlassen haben.

Licht und Schatten

Ruhe ruft der Sieg bei mir allerdings nicht hervor. Es scheinen immer ein paar Prozent zu fehlen, wie gegen Paderborn in der Anfangs- oder gegen Schalke in der Endphase der Partie. Wir spielen weiterhin nicht über 90 Minuten konsequent.

Andererseits haben wir spielerische Ansätze entwickelt und man kann einen Plan erkennen. Gegen Schalke und Paderborn hat es mit aggressivem Offensivpressing immer wieder funktioniert, den Gegner unter Druck zu setzen und den Ball zu erobern. Auch Gegenpressingsituationen nach Ballverlust lösen wir teilweise sehr gut. Gegen Schalke waren wir spielüberlegen und hätten von den statistischen Spielanteilen her, die Partie für uns entscheiden sollen. Letzte Woche war das Glück eben genau nicht auf unserer Seite. Auch die Partien gegen Wolfsburg und die Bayern sollten eher Aufwind geben.

Der Blick nach vorne

So kommt es nun, dass wir in der Länderspielpause Zeit haben, weiter an den spielerischen Abläufen zu arbeiten. Der Trend geht in die richtige Richtung. 5 Punkte aus den Spielen gegen Bayern, Wolfsburg, Schalke und Paderborn gehen in Anbetracht der Saisonverläufe der einzelnen Mannschaften in Ordnung. Wir kommen genau in die Saisonphase, in der es sich auszahlen kann, mit allen Mann an Bord eine eingespielte Mannschaft stellen zu können.

Dabei habe ich Martin Schmidts schlechte Wechsel und die andauernden Phrasen zur Verbesserung bei offensichtlichen Unkonzentriertheiten und Schwächen des Teams nicht vergessen. Ich bin weiterhin durch das Auswärtsspiel in Gladbach traumatisiert und konnte dem Fußball zwischendurch wenig abgewinnen. Wenn wir in Augsburg allerdings etwas in neun Jahren Bundesliga gelernt haben, dann das: Es hat sich noch immer ausgezahlt, die Ruhe zu bewahren, wenn andere schon längst panisch reagieren. Mit einem Lächeln am Morgen nach einem Auswärtssieg, kann sogar ich das nun wieder so schreiben. Und ich schaue in der Tabelle wieder nach oben. Eng ist alles. Noch ist alles möglich. Hoffen wir alle, dass unser naives Fan-Herz, nicht zu schnell wieder gebrochen wird.

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