Augen auf, Klaus Hofmann

Ein kleiner Vorfall auf der Jahreshauptversammlung und ich denke seitdem  darüber nach. An dieser Stelle hatte ich den Vorfall an sich beschrieben und deutlich gemacht, warum der FC Augsburg mit seiner Haltung nicht unpolitisch geblieben ist. Dies war schlicht nicht möglich. Ich habe in diesem Zusammenhang auch über die beiden #Nazisraus Tweets des FC Augsburg geschrieben, die mir ein bisschen Hoffnung machten. Nachhaltig ist das antirassistische und antifaschistische Engagement unseres FCA noch lange nicht. Das Problem ist dabei schon, dass das Problem bisher vom FCA eher verharmlost als Ernst genommen wurde. Nachfolgend würde ich euch gerne erklären, warum ich das so sehe.

Ich werde bei diesem Thema auch nicht müde werden, es immer wieder hervorzuholen und daran zu erinnern. Die alltäglichen Konfrontationen mit Rassismus nehmen momentan zu und das bedrückt und bestürzt auch mich. Dieser Beitrag passt gerade deshalb so gut in die Länderspielpause, weil Länderspiele dazu tendieren, Rassisten eine öffentliche Bühne zu bieten. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich vor einer Weile überlegte, spontan das Länderspiel Deutschland gegen Polen in Frankfurt zu besuchen. Schon vor dem Stadion wurde von einigen Fans der Hitlergruß gezeigt. Rassismus trat vollkommen öffentlich auf. Ich ging wieder nach Hause und hatte keinen Bock mehr auf das Spiel. Dré Voigt ging es nun in Wolfsburg gegen Serbien ganz ähnlich. Er hatte auf den Sitzen hinter sich drei Rassisten sitzen und war bestürzt über die schweigende Mehrheit. Er hat das Wort ergriffen und Zivilcourage gezeigt und das sollten wir in diesem Zusammenhang alle.

Aber Rassismus kommt doch im Zusammenhang mit Fußball gar nicht vor, oder? Wir verstehen gar nicht, warum die Schanzer mit einem Sondertrikot aufgelaufen sind. So zumindest könnte man es annehmen, wenn man Klaus Hofmanns Aussagen folgt.

Hofmanns realitätsferne Aussage

Dazu hat Klaus Hofmann auf der Jahreshauptversammlung eine Aussage getätigt, die mir besonders alarmierend scheint. Um diese Aussage geht es:

Man muss ja heutzutage jedes Wort auf die Goldwaage legen, das man so liest. Herr Hofmann hat noch niemanden kennengelernt im deutschen Fußball, der rassistische Gedanken hat. Herr Hofmann hat ja nicht behauptet, dass es niemanden im deutschen Fußball gäbe, der rassistisch denken oder handeln würde. Er kennt nur solche Menschen nicht. Und signalisiert damit, dass das Problem nicht auftreten und nicht immer weiter wachsen würde.

Und dabei verschließt er die Augen vor einem Problem, dass es in der Fußballlandschaft schon eine ganze Weile gibt. Ronny Blaschke hat hierüber sogar ein Buch geschrieben, das den passenden Titel “Angriff von Rechtsaußen: Wie Neonazis den Fußball missbrauchen” trägt. Wer das Buch liest, stellt fest, dass der Fußball eine solch große gesellschaftliche Bedeutung hat, dass er gerne von Rassisten genutzt wird, um die in seinem Rahmen ihr Gedankengut verbreiten. Deswegen wünsche ich mir an dieser Stelle ja schon länger, dass der FCA endlich eine deutliche Haltung gegenüber rechts einnimmt.

Der Gegenbeweis: Vorfälle in 2018

Nachdem aber Klaus Hofmann das Problem auch wieder relativiert und klein geredet hat, braucht es vielleicht ein paar plakative Beispiele, was in deutschen Stadien und drum herum so passiert. Soviel Verblendung ist nämlich kaum vorstellbar, nachdem bundesweit über Babelsberg gesprochen wurde und auch Mesut Özil grundsätzlich auf das Thema eingegangen ist. Also hier nur einige Beispiele, alles passiert in 2018, nicht abschließend ohne Prioritisierung (weitere gerne in die Kommentare):

Wer sich nun denkt, dass es sich hierbei um eine neue Entwicklung handelt, der irrt. Die Jungle World hat schon für 2017 eine Übersicht über antisemitische Handlungen erstellt, die weitere erschreckende Vorkommnisse enthält.

Zeit für den FC Augsburg zu handeln

Im Gegensatz zur Offensichtlichkeit des Problems kann ich nicht erkennen, wie Klaus Hofmann oder der FC Augsburg sich nachhaltig aktiv gegen rechts betätigen würden. Zwei Tweets in diesem Zusammenhang sind ein minimaler Anfang, für den man sich nun wirklich nicht feiern muss. Dazu man dazu an deutschlandweiten Aktionswochen teilnimmt, ist ja wohl nicht mehr als eine Selbstverständlichkeit. Es werden dutzendweise witzige Videos im Trainingslager produziert, während sich dieser Verein nicht nachhaltig gegen rechts stellt und aktiv etwas tut.  Vielleicht könnte man einen Teil der PR/Social Media Kapazitäten auf dieses Thema lenken und zusätzlich entsprechende Initiativen in der Stadt und Region unterstützen. Es wird Zeit, das Problem anzuerkennen und die Augen als Verein mit entsprechender Verankerung in der Gesellschaft nicht zu verschließen. Alles andere ist genau so armselig, wie die Ausbeute der Mannschaft am Ende der Hinrunde. Aber zumindest sind wir sportlich mittlerweile auf dem Weg der Besserung. Bei einem der wichtigen politischen Kernthemen dieser Zeit verschließt der Verein weiterhin die Augen.

Kleine Hürden im großen Ganzen

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Entwicklungen verlaufen selten linear. Zumindest nicht, wenn man mitten in ihnen steckt. Man sagt ja so schön: Das Leben ist ein ewiges auf und ab. Die Entwicklung des FC Augsburg seit Beginn der 2000er Jahre war allerdings gerade im Nachhinein sehr geradlinig. Erst der Aufstieg in die 2. Bundesliga 2006. 2011 dann der Aufstieg in die erste Liga. Zwischendurch noch kurz ein neues Stadion gebaut und bezogen (Anfield auf dem Lechfeld). Vor ein paar Jahren dann zusätzlich die Teilnahme an der Europa League. Belgrad! Liverpool in echt! Wieder einmal die Erwartungen übertroffen.

Zu diesem Zeitpunkt dann sind wir an unsere natürliche Grenze gestoßen. Was mehr als das internationale Geschäft soll uns gelingen? Nach acht Jahren in der Bundesliga können wir uns selbst zudem als etablierten Bundesligisten bezeichnen. Durch die großen wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den Topclubs der Liga und Vereinen unseres Kalibers braucht man über mehr gar nicht lange nachzudenken. Trotzdem sind wir es ja gewohnt, dass die Entwicklung weiter geht. Wenn doch nicht in der Tabelle, dann zumindest grundsätzlich. Vielleicht können wir ja doch mal einen Topstar anlocken? Auf die Champions League schielen? Den DFB-Pokal gewinnen? Kann der Augsburger auch mal in Ruhe sein Bier trinken und nicht gerade den nächsten Fußballtraum träumen? Mir zumindest fällt das schwer.

Derweil darf man nicht vergessen, das der Weg nicht nur nach oben gehen könnte. Meine Angst in diesem Zusammenhang ist immer, dass der FC Augsburg so schnell, wie er sich in der Bundesliga eingefunden hat, dort auch wieder verschwindet. Detailfragen hierzu werden gerne in Wattenscheid, Uerdingen, Kaiserslautern oder auch in München beantwortet. Gerade eine sportliche Krise sollte einem diesbezüglich allerdings nicht die Sorgenfalten ins Gesicht treiben. In den meisten Fällen führten strukturelle finanzielle Fehlentscheidungen dazu, dass Vereine sportlich keine Chance mehr hatten, der Konkurrenz zu trotzen. Es ist keiner dieser Clubs in der Versenkung verschwunden, weil er gegen Freiburg eine Klatsche kassiert hat oder abgestiegen wäre.

Im Gegensatz dazu sind Clubs in Schieflage geraten, weil sie kurzfristig teure Profis verpflichtet und über ihre Verhältnisse gewirtschaftet haben. In Augsburg stand deshalb zu Recht schon immer die wirtschaftliche Vernunft im Vordergrund und ist der wichtigste Wegweiser für die Handlungen des Vereins. Dies war auch in unserer zweiten Bundesligasaison der Fall, als im Winter wieder mal im Augsburger Rahmen zugeschlagen wurde. 9 Punkte hatte unser FCA nach der Hinrunde auf dem Konto. Noch nie war einem Team in einer solchen Situation noch der Klassenerhalt gelungen. Uns damals schon. Der wichtigste Neuzugang war damals Manager Stefan Reuter, der im Winter an Bord kam und uns seitdem viele Jahre hinweg das Geschehen in Augsburg positiv prägte.

Und deshalb ist die Lage auch längst nicht so dramatisch, wie sie zuletzt immer wieder dargestellt wurde. In diesen Zeiten überhöhen selbst sachliche Charaktere die Lage immer wieder. Der Sieg gegen die Dortmunder Borussia bot dafür erneut eine großartige Gelegenheit. Ein Beispiel:

Der Sieg gegen den BVB war längst nicht die größte Sensation unserer Bundesligageschichte. Der direkte Klassenerhalt im zweiten Jahr und die Europa League Saison werden das immer toppen. Wir waren auch nicht in der größten Schwächephase unserer Bundesligageschichte. Die Hinrunde im zweiten Jahr war deutlich schlimmer. Aber mittlerweile ist es entweder abwechselnd so schlimm wie noch nie oder auch großartig himmelhochjauchzend. Fußball hat die Angewohnheit von seinen Fans in alle Richtungen vollkommen überhöht zu werden. Dabei ist es doch schon immer nur die schönste Nebensache der Welt. Und ein einzelner, ganz unscheinbarer Bundesligasieg an einem Freitagabend kann einen dennoch in Ekstase versetzen.

Und insofern können wir uns nur selbst helfen, indem wir die Dinge etwas sachlicher einordnen. Stefan Reuters Winterpause war dann zumindest ganz ok, da er uns Gregor Kobel nach Augsburg lotste (ganz sachlich: Gregor Kobel, Fußballgott). Reuter hatte auch Geduld mit Dong-Won Ji (alle: Ji, Ji, Ji, Ji,…) und anderen, die jetzt zeigen, dass sie doch wichtig für uns sind. Wer an Reuter zweifelt, der hat in Augsburg nicht verstanden, warum wir auch im achten Jahr immer noch Bundesliga spielen. Am allerwichtigsten ist in diesem Zusammenhang, dass er mal wieder im Winter nicht vor lauter Panik Haus und Hof verkauft hat, nur um einen möglichen Heilsbringer nach Augsburg zu lotsen. Egal wie diese Saison ausgeht, werden wir nächste Saison wirtschaftlich wieder sehr gute Voraussetzungen haben, um in der Liga mitzuhalten.

Und wenn wir gar allzu besonnen agieren, dann führt uns nächstes Jahr ein Trainer in die neue Saison, der die Mannschaft sehr gut kennt und sie gegen jeden Gegner so einstellen kann, dass wir etwas holen können. Oft genug hat er es mittlerweile gezeigt. Manuel Baum hat es geschafft mit einer Mannschaft Borussia Dortmund zu schlagen, bei der auch ich in dieser Woche noch infrage stellte, ob diese Jungs die Qualität haben, um die Klasse zu halten. Ja, wir leiden gerade unter dem Ausfall einiger Leistungsträger. Aber diese Mannschaft hat eine Frage beantwortet: Unser Kader zeigt gerade insgesamt, dass doch eine gewisse Tiefe vorhanden ist.

Nachdem wir allerdings – auch nach Lektüre dieser Zeilen – grundsätzlich nicht aus unserer Haut können, wird auch nach einer möglichen Auswärtsniederlage in Leipzig nächste Woche, alles wieder grundsätzlich den Bach hinunter gehen. Auswärts liegt uns momentan nicht und Leipzig ist erneut eines der Top-Teams der Liga. Wir sind also genau eine Woche von der nächsten möglichen Katastrophe entfernt. Als Fan darf man das so sehen, aber für die Verantwortlichen ist es insgesamt nur eine kleine Hürde im großen Ganzen des FCA der letzten Jahre. Hoffen wir, dass sie sich noch lange nicht anstecken lassen und wir sportlich im Geschäft der Großen weiter mitspielen können. Ich kann mich ganz oft immer noch darüber freuen, dass wir samstags um 15:30 Uhr spielen. Das ist die Zeit, zu der ich den FC Augsburg noch ganz lange sehen will.

Zusammenhalten, das ist unser Ziel

Es ist Mittwochabend. 3 Tage sind vergangen, seit wir in Freiburg abgesoffen sind. Gregor Kobel hat daraufhin vorgeschlagen, dass ein Saufabend der Mannschaft eventuell helfen könnte. Mit Sicherheit könnte so ein Abend helfen. Zumindest dabei den Samstag schnell aus dem Gedächtnis zu löschen. Dafür gibt es allerdings noch eine weitere Möglichkeit. Was wäre besser geeignet, als den aktuellen Tabellenführer vom Thron zu stürzen? Zufällig kommt am Freitagabend die Dortmunder Borussia ins Stadion auf dem Lechfeld.

Keiner würde auf uns wetten

Im Moment würde wohl kein normaler Mensch auf einen Augsburger Sieg wetten. Die letzten Ergebnisse in Kombination mit den anhaltenden Ausfällen lässt ja kaum eine positive Prognose zu. Bei mir als Fan habe ich aber eine komische Gefühlswendung festgestellt. Ich kann weiterhin Pressekonferenzen mit Manuel Baum anschauen, und glaube danach daran, dass wir zumindest eine gute Chance haben auch in diesem Spiel etwas mitzunehmen. Die Underdog-Rolle könnte zusätzlich positiv wirken, indem kaum ein Druck auf den Spielern lastet. Wer es bisher noch nicht mitbekommen hat: Ich werde nicht in den Chor derjenigen einfallen, die sich einen Trainerwechsel wünschen. Ich glaube wir haben qualitative Löcher im Kader, aber den richtigen Trainer. Und ich weiß es sehr zu schätzen, wie wir als Organisation die Ruhe bewahren, zusammenstehen und uns den Problemen stellen.

Die Kritik muss sachlich bleiben

Aus der Pressekonferenz diese Woche habe ich zudem mitgenommen, dass Michael Gregoritsch immer noch ein Bursche ist, den ich für seine Direktheit bewundere. Derweil ist er so selbstkritisch, dass er sich auf und neben dem Platz sicher zuviel hinterfragt. Christian Streich hat vor dem Freiburg-Spiel offenbart, was für einen introvertierten Charakter Johnny Schmid hat. Bei aller Kritik an der Mannschaft und allen anderen beteiligten Personen sollten wir im Gedächtnis behalten, dass wir über Menschen sprechen. Sachliche Kritik ist immer erlaubt, aber bei manchen Äußerungen, die in den Blöcken der Stadien oder den sozialen Medien so von sich gegeben werden, darf man sich schon fragen, ob man auf diese Art und Weise über andere Menschen kommunizieren will. Man sollte dann zumindest nicht mehr erwarten, dass diese Art der Kommunikation leistungsfördernd ist.

Über den Zusammenbruch der Mannschaft

Wenn ich dann sachlich an das Freiburg-Spiel zurückdenke, dann gruselt es mich bei dem Gedanken, wie die Mannschaft so in sich zusammenbrechen konnte. Schon wieder. Genau wie in Bremen. Es wird immer wieder der Fall sein, dass der FC Augsburg ein Gegentor kassiert. Es kann ja aber wohl nicht der Fall sein, dass dann sofort eine ganze handvoll daraus wird, weil das Team direkt “entgleist” und “aus der Spur kommt”. Diese Sorge wird mich etwas begleiten.

Neue Führungsspieler braucht der Club

Neben rein sportlich qualitativen Aspekten fehlen dann Alfred und Jeffrey als Führungsspieler, die Verantwortung übernehmen, antreiben und dieser Mannschaft eine Struktur geben. Wenn es sportlich kriselt, dann müssten vor allem die Führungsspieler auf dem Platz reagieren und ein Zeichen setzen. Durch den Ausfall einiger dieser Führungsspieler stehen wir aber nun gerade vor einem Problem. Andere Spieler sind das anscheinend nicht gewohnt, weil diese Rollen in der Vergangenheit regelmäßig von anderen Spielern übernommen wurden. Die Last hat sich also eigentlich für die übrigen Leistungsträger erhöht und diese haben es vielleicht noch gar nicht gemerkt. Es wird sich jetzt in den nächsten Spielen zeigen, ob sie diesen neuen Rollen gewachsen sind. Ich schaue gerade auf Spieler wie Philipp Max, Rani Khedira und Michael Gregoritsch, die nun Verantwortung dafür tragen müssen, dass das Mannschaftsgefüge auch dann Haltung bewahrt, wenn es mal durchgeschüttelt wird.

Manuel Baum in der Pflicht

Damit steht Manuel Baum nun vor einer pädagogischen Aufgabe. Er soll dafür sorgen, dass das Mannschaftsgefüge transformiert wird. Ähnliches musste er schon in seiner ersten Saison erreichen, als dann Halil Altintop eine wichtige Führungsrolle übernommen und sich an vorderster Front gegen den Abstieg gestemmt hat. Ich bin gespannt zu sehen, wer jetzt voran gehen wird. Ich hoffe, es finden sich Spieler, die emotional ihre Mitspieler mitnehmen. Und dann ist es an der Mannschaft sich zusammen – mit uns im Rücken – aus dieser Krise zu befreien. Nachdem es Manuel Baum einmal gelungen ist, diese Aufgabe zu erfüllen, hoffe ich auf eine Wiederholung. Manu, mach es nochmal.

P.S.: Da erinnere ich mich gerne daran, dass wir zu Ehren Halil Altintops T-Shirts haben herstellen lassen. Schaut ruhig mal in den Shop (Herren und Damen), die sind dort immer noch recht günstig zu finden. Auch mit Halils Unterschrift (Herren und Damen). Vielleicht will sich die eine oder der andere hier noch ein Exemplar sichern. Die Erlöse gehen weiter ausschließlich an den guten Zweck. Wenn der Gregerl zum Darten die passende Spielkleidung braucht (a fesches Leiberl?) dann darf er sich gerne melden.

Reicht es mit diesem Kader für den Klassenerhalt?

Der FCA steht sportlich am Abgrund. Wir kassieren Tore wie am Fließband. 5 Gegentore gegen Freiburg, 3 gegen den FC Bayern und 4 gegen Werder Bremen. Selbst Holstein Kiel hätte uns bei besserer Chancenverwertung eine Hand voll Buden einschenken müssen. Bei jedem anderen Verein hätte alleine diese Kette von Ergebnissen längst dafür gesorgt, dass Manuel Baum durch einen anderen Trainer ersetzt worden wäre. Beim FCA bewahrt man in dieser Hinsicht weiter die Ruhe. Dies fand ich letzte Woche auch noch äußerst positiv. Das Spiel gestern hat dann allerdings selbst mich an den Rande der Verzweiflung geführt. Wie kann man dieses Spiel nicht so interpretieren, dass Manuel Baum entweder die falschen Ansätze hat oder die Mannschaft nicht mehr erreicht?

Nachdem ich das Ganze etwas sacken habe lassen, habe ich mich an den Entwurf eines Beitrags erinnert, der hier schon etwas länger liegt, aber es nicht zur Veröffentlichung geschafft hat. Der Hintergrund ist folgender: Lange habe ich mir zumindest eingeredet, dass die Mannschaft die Qualität hat, den Klassenerhalt locker zu schaffen. Für mich war das zu Saisonbeginn der beste Kader, den der FC Augsburg jemals in der Bundesliga zur Verfügung hatte. Aber ist das immer noch so? Heute will ich einen detaillierten Blick auf den Kader werfen, den Manuel Baum zur Verfügung hat, um die Mission Klassenerhalt in den nächsten Monaten anzugehen. Die jetzige Mannschaft muss auf dem Feld die Klasse halten und sportlich abliefern. Schafft sie das? Könnte ein anderer Trainer hier mehr leisten?

Das Tor

In meiner Analyse vor der Saison habe ich darauf hingewiesen, wie riskant der Poker im Tor ist:

Wenn im Tor die Krise ausbricht, weil der auserkorene Kandidat wider Erwarten qualitativ nicht in der Bundesliga dauerhaft mithalten kann, dann finden wir uns vielleicht doch im Abstiegskampf wieder.

Leider ist es genau so gekommen. Fabian Giefer hat nicht das Zeug zu einem konstanten Bundesliga Keeper. Das ist leider so. Andreas Luthe kann in der ersten Liga zwar mitspielen, ist aber kein Game Changer. Er hält, was er unbedingt halten muss, ohne uns darüber hinaus auch mal den Arsch zu retten. Zumindest meistens. Wir waren mit Marwin Hitz ordentlich verwöhnt in den letzten Jahren, da er die Fähigkeit hatte große Paraden zu zeigen und zudem wenige Patzer einstreute. Diese Zeiten sind vorbei. Der FCA hat reagiert und Gregor Kobel von der TSG Hoffenheim vorerst bis zum Saisonende ausgeliehen. Kobel ist ein Jungspund mit sicherlich großem Talent, dem es allerdings an Erfahrung und Spielpraxis fehlt. So wirkten dann auch die ersten Spiele. Ich bezweifle, dass diese Rückrunde der richtige Zeitpunkt ist, um auf der Torhüterposition zu experimentieren.

Die Abwehr

Mit Jeffrey Gouweleeuw haben wir laut kicker einen der besseren Innenverteidiger der Liga. Mit Martin Hinteregger hatte Jeff einen besonderen Partner, der auch bei den Fans wohl gelitten war. Hinti ist als Typ eine Bombe (Achtung: Wortwitz) und hatte in der Hinrunde auch schon zweimal das Tor gefunden. Beiden unterliefen in der Hinrunde individuelle Fehler, die zu Gegentoren führten, aber insgesamt waren sie zumeist verlässlich. Von diesem tollen Innenverteidiger-Duo ist momentan nichts mehr übrig. Hinteregger wurde für die Rückrunde nach Frankfurt ausgeliehen und Gouweleeuw fehlt verletzt schon die gesamte Rückrunde. Mit Reece Oxford hat man nun keinen Routinier dazu geholt, der für Stabilität sorgen soll sondern einen weiteren Jungspund für ein halbes Jahr verpflichtet.

Von Kevin Danso zu erwarten, dass er von einem Tag auf den anderen mit Oxford die gleiche Qualität aufweist wie Hinteregger mit Gouweleeuw ist dann doch ein feuchter Tagtraum. Die beiden Jungs müssen sich in Ruhe weiterentwickeln und werden Fehler machen. Machen sie ja jetzt schon. Oxford hat gegen Freiburg unglücklich rot gesehen und fehlt nun erst einmal. Wenn dann ein Rani Khedira in der Innenverteidigung aushelfen muss, dann führt das zu Fehlern, wie dem ersten Gegentor in Freiburg. Zudem fehlt Khediras Qualität an anderer Stelle. Die Zusammensetzung des Kaders auf den Innenverteidiger Positionen für diese wichtige Rückrunde ist eine Katastrophe, gerade weil hinter den Jungen niemand mehr helfen kann. Es hätte im Winter zwingend noch eines weiteren Zugangs bedurft, wenn man schon bei Hinteregger konsequent sein wollte. So fehlt Baum schlicht die Qualität im Kader, die es in der Bundesliga braucht und die Gegentore kommen nicht von ungefähr.

Philipp Max war auch zu Anfang der Hinrunde weiterhin der großartige Linksverteidiger, zu dem er sich bei uns entwickelt hat. Danach ging die Form verloren. Rechts hinten wechselten sich Johnny Schmid und Raphael Framberger ab. Beide hatten gute, wie auch nicht so gute Spiele. Beide zeigten grundsätzlich, dass sie in dieser Liga mitspielen können. Framberger fehlt mittlerweile mal wieder langfristig verletzt und wenn Schmid nun ausfällt – wie gegen Kiel – dann stehen wir hinten rechts vor einem großen Problem. Auf Frambergers körperliche Gesundheit zu setzen, hat sich mal wieder (leider) nicht bewährt und hier keine weitere Alternative zu haben ist ein wirkliches Problem.

Hinten links bleibt dann der einzige Lichtblick, obwohl Max mittlerweile links vorne aushelfen muss, da uns auf den offensiven Außen die Alternativen ausgegangen sind. Dazu gleich mehr. Zur Abwehr bleibt allerdings festzustellen, dass dieses tolle Fundament, das wir hatten, nicht mehr da ist und sollte Gouweleeuw nicht schnell wieder fit werden oder Oxford/Danso Entwicklungssprünge machen, der Klassenerhalt in weite Ferne rückt.

Das Mittelfeld

Fixpunkt des Mittelfelds ist nicht mehr Daniel Baier sondern Rani Khedira. Wenn er denn im Mittelfeld spielen darf und nicht hinten aushelfen muss. Er hat alle 17 Spiele der Hinrunde absolviert und sich zum unumstrittenen Stammspieler entwickelt. Derweil ist Khedira kein Magier. Er ist ein solider Ausputzer, der arbeitet und vor allem im Spiel gegen den Ball viele Räume eng macht. Daniel Baier ist neben Khedira immer noch der Maestro, der allerdings nicht mehr die Ausdauer und das Durchhaltevermögen früherer Tage hat. Baier kann nicht mehr alle Lücken stopfen und ist vor allem am Ende von Spielen oft keine Hilfe mehr. Manuel Baum hat ihn – und Baier hat selbst abgestritten verletzt zu sein – gegen Freiburg vor allem deshalb runter genommen, da er eine (von vielen) Schwachstelle im Spiel war. Es stellt sich die Frage, wann der Zeitpunkt gekommen ist, für ihn auch mal in eine Jokerrolle zu schlüpfen. Momentan kann er das schlicht nicht, weil uns vor lauter Verletzungen und Ausfällen die Alternativen fehlen. Es ist ein Drama.

Auf den offensiven Mittelfeldpositionen wurde in der Hinrunde viel gewechselt. Michael Gregoritsch war meistens auf der 10 gesetzt, musste aber auch ganz vorne aushelfen. Ja-Cheol Koo erhielt flexibel viele Spielanteile. Derweil konnten die offensiven Mittelfeldspieler nicht so glänzen, wie zumindest ich mir das erhofft hätte. Dies gilt gerade auch auf den Außenbahnen. Caiuby, André Hahn oder Marco Richter spielten zwar viel, aber konnten gerade offensiv nicht die Akzente setzen, die wir alle erwartet hätten. Ob es an der individuellen Qualität der einzelnen Spieler liegt? Ich wage es zu bezweifeln. Nun haben diese Spieler gegen Freiburg alle gar nicht mehr gespielt. Caiuby hat den Verein mittlerweile verlassen und Hahn als auch Richter fielen aus. Wie soll man solche Qualität ersetzen. Wenn Dong-Won Ji nicht gerade in besonders positiver Verfassung wäre und Max offensiv aushülfe, was wäre dann? Wir hatten auf manchen Positionen viel Tiefe im Kader, haben diese aber teils ohne Not verschenkt. Warum hat man im Winter keinen Ersatz für Caiuby verpflichtet? Die Trennung hat sich lange angekündigt und der Verein hat darauf nicht mit einem Neuzugang reagiert. Aus heutiger Sicht scheint dies eine fahrlässige Entscheidung gewesen zu sein. Gregoritsch war trotzdem gegen Freiburg enorm torgefährlich und Gregerl beneide ich in dieser Situation nicht, wo doch seine Nebenspielern andauernd wechseln und Automatismen so natürlich nicht vorhanden sein können.

Der Sturm

Sieben Spiele fiel Alfred Finnbogason in der Hinrunde aus. Julian Schieber war auch lange verletzt und Sergio Cordova zumindest zu Beginn der Saison wohl kein Kandidat für die erste Elf. Cordova hat sich entwickelt und war zu Ende der Hinrunde eine Alternative. Insgesamt kam auch er auf 10 Einsätze und schoss dabei 2 Tore. Aber man darf festhalten, dass Finnbogason nur in Augsburg spielt, weil er so verletzungsanfällig ist. Ansonsten hat er zu viel Klasse für uns. Wir haben weiterhin keinen soliden Back-Up Plan für diese Phasen, wenn er verletzt ist. Julian Schieber ist – oh Wunder – auch schon wieder verletzt. Sergio Cordova zeigt zwar gute Ansätze, aber es reicht nicht. Und Dong-Won Jis Rolle ist optimal nicht in der Spitze sondern aus der Tiefe kommend. Wie sehr ich mir einen zweiten durchschlagskräftigen Stürmer wünschen würde. Auch in der Rückrunde sind wir wieder dauerhaft abhängig von der Gesundheit und Form unseres isländischen Wunder-Kickers. Der Verein hat es verpasst, jemanden zu verpflichten, der nun auch mal Cordova entlasten kann. Alfred, rette uns!

Fazit

Fit und in Vollbesitz ihrer Kräfte ist diese Mannschaft weiterhin eine Wucht. Aber selten hat ein Winter einem Team wohl so zugesetzt wie uns in diesem Jahr. Hatte ich mich im Winter noch gefragt, ob die Spieler ihre Stärken im System Baum ausleben können, so haben sich die Vorzeichen nun deutlich verändert. Haben wir noch genügend Spieler mit Bundesligaqualität, als dass ein anderer Trainer eine Wende herbeiführen könnte? Schon vor dem Spiel gegen Freiburg hat mich ein Blick auf die Bank stark beunruhigt. Es sind im Moment fast die letzten 11, die auf teilweise ungewohnten Positionen eingesetzt werden. So wird das in dieser Liga nichts, wenn es zu oft um Kleinigkeiten geht.

Wer sich die Pressekonferenz nach dem Freiburg Spiel anschaut, der sieht genau, dass Christian Streich wusste, wie anfällig wir sind. Ein Verein kann dauerhafte Abgänge und Ausfälle wie die von Gouweleeuw, Finnbogason, Caiuby, Hinteregger, Hahn, Richter, Framberger und Schieber nicht auffangen. Wenn sich Stefan Reuter dann in dieser Situation vor Manuel Baum stellt, dann ist dies anständig. Fehleinschätzungen bei der Kaderplanung, die in seinen Verantwortungsbereich fallen, haben uns in diese Situation gebracht.

Aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Realistisch wird es in den nächsten beiden Partien gegen Dortmund und in Leipzig schwer zu punkten. Aber zumindest die Personalsituation könnte sich erholen. Noch stehen drei Teams hinter uns und die direkten Duelle stehen noch an. Wir haben es selbst in der Hand weiterhin die Klasse zu halten. Ich mag mich selbst langsam anhören, wie eine Platte mit einem Sprung: Wenn wir Ruhe bewahren und weiter gemeinsam an einem Strang ziehen, sehe ich immer noch die größten Erfolgsaussichten. Ob es am Ende dann reicht, wissen wir alle nicht. Aber wenn wir dann doch mal absteigen sollten, dann sollten wir auch das – wie alles andere zuvor – auf unsere eigene Art und Weise machen.

In der Ruhe liegt die Kraft

Mit Kritik ist das ja so eine Sache. Kritik kann konstruktiv und hilfreich sein. Kritik kann allerdings auch pauschal und platt vorgetragen werden. Ohne Ziel ist Kritik eine Ablenkung, gerade bei Fußballvereinen schädlich und sorgt für Unruhe. Das ist uns allen klar. Dennoch brach nach dem Spiel in Bremen eine Lawine der Kritik in den sozialen Medien über die Mannschaft und den FCA herein, bei der zumindest ich mich kurz fragte, was das in dieser Form denn sollte. Klar, wir haben deutlich verloren. Aber auch klar: so schlecht wie in Kiel waren wir in Bremen nicht. Zusätzlich tue ich mich schwer damit, basierend auf einzelnen Spielen in Panik zu verfallen. Deshalb will ich heute in aller Ruhe einen Blick auf unsere jetzige Situation werfen.

Die Ausgangslage

Auch wenn es zwischenzeitliche Lichtblicke wie das 3:0 gegen Mainz 05 gibt, ist ganz offensichtlich, dass die Mannschaft seit einiger Zeit sportlich zu kämpfen hat und durch einfache Fehler ganze Spiele wegschenkt. Woran das liegt, ist keinem so wirklich klar. Allerdings werden auch vereinzelte positive Spiele wie gegen Mainz 05 darüber nicht hinwegtäuschen, dass die sportliche Entwicklung nicht die gewünschte ist. Zu wenige Siege, zu wenige Punkte. Wir stecken mitten im Abstiegskampf.

Das Ziel

Kurzfristig kann es nur das Ziel sein, dass wir in dieser Saison zusammen die Klasse halten. Alles andere scheint Utopie. Dafür müssen wir noch einige Punkte sammeln und damit am besten schon in Freiburg anfangen. Der DFB-Pokal braucht uns zumindest bis Anfang April erst gar nicht zu beschäftigen.

Der Weg dorthin

Kämpferisch und geschlossen. Mit vollem Einsatz. Den möchte ich in dieser Situation niemandem absprechen. Hierzu ein Zitat aus einem Interview mit Christoph Kramer und Matthias Ginter, das mit dem mangelnden Einsatz von Fußballspielern mal etwas aufräumt.

Grüße an dieser Stelle an die Mannschaft: Ich weiß, dass ihr euch zerreißen werdet und das richtet. Vor allem mit fitten Leistungsträgern. Daniel Baier kommt nach Gelbsperre gegen den SC Freiburg zurück. Zusätzlich sollten Alfred Finnbogason und Jeffrey Gouweleeuw besser heute als morgen wieder fit werden. Auch ein Ja-Choel Koo war angeschlagen und konnte nicht wie gewohnt helfen. Insgesamt zu viele wichtige Spieler, die nicht zur Verfügung standen. Mia san rot hat in der Vorschau vor dem Bayern-Spiel darauf hingewiesen, dass sportlich bei uns einiges passt, wir aber doch sehr von der Torgefahr eines Alfred Finnbogason abhängen. Es wird wichtig sein, dass dieser wieder eingreifen kann und auch, dass andere Spieler Impulse setzen.

Die Konkurrenten

In Hannover geht es die ganze Saison schon drunter und drüber. Eine Satzungsänderung und ein möglicher Punktabzug wegen einem möglichen Verstoß gegen 50+1 haben dafür gesorgt, dass man sich in Hannover nicht mehr nur auf die Geschehnisse auf dem Rasen konzentriert hat.

Auch in Nürnberg hat man zuletzt dafür gesorgt, das ein neuer Impuls gesetzt wird, in dem man die sportliche Leitung austauschte. Wie viel Sinn das Ganze macht, da die Mannschaft offensichtlich erst noch zeigen muss, dass sie das Zeug für die erste Liga hat? Die Verantwortlichen haben ja erst dafür gesorgt, dass sich der Club in der ersten Liga befindet.

Die Geschehnisse in Stuttgart zeigen auch dort eine große Unruhe im Umfeld der Mannschaft. Markus Weinzierl ist ja schon der zweite Trainer in dieser Saison und mit Michael Reschke durfte ein vorgeblich großer Fußballfachmann den Verein zuletzt verlassen. Dazu wird aus der Kurve gegen den Präsidenten skandiert. Wenn sich da mal ein Club nicht selbst zerlegt.

Unsere Stärke

Die Konstanz, mit der wir in Augsburg bisher arbeiten, kann in dieser Situation nur ein Vorteil sein. Was wäre der Sinn darin, jetzt die sportliche Leitung auszutauschen? Der Transfermarkt ist geschlossen und die Jungs, die jetzt da sind, müssen die Klasse halten.

Natürlich kann man über den Trainer diskutieren. Aber ein reines: “Baum raus” ist einfach nur platt. Baum scheint die Mannschaft immer noch zu erreichen und der Markt an potentiellen Trainern ist überschaubar. Wenn mir in den letzten Wochen jemand vorgetragen hat, dass er gerne den Trainer austauschen würde, habe ich direkt gefragt, wer denn kommen sollte. Antworten, die mich überzeugt hätten diesen Schritt jetzt zu gehen, habe ich keine erhalten. Trainer mit einer klaren Spielphilosophie werden eine ganze Weile brauchen, diese zu implementieren. Bis dahin sind wir evtl. abgestiegen.

Insofern halte ich die Art und Weise, in der die Führung des Vereins mit der sportlichen Krise umgeht, beispielhaft. Diese Ruhe und Geschlossenheit hebt uns von den anderen Clubs ab. So berechtigt dann viele Kritikpunkte im Moment auch sind, so haben diese bis zum Ende der Saison oder dem Moment, wo Manuel Baum die Mannschaft offensichtlich nicht mehr erreicht, zurückzustehen. Bis dahin geht es geschlossen Richtung Klassenerhalt. Und es wird überstrapaziert, aber “Augsburg hält zusammen”. Alles andere würde nur Hannover, Nürnberg und Stuttgart in die Karten spielen. Mit Freiburg begegnen wir am Samstag übrigens einem Club, der es genauso macht und bisher immer wiedergekommen ist. Deshalb lasst uns nun zusammen nicht den Mut verlieren, sondern schlicht konstant weiterarbeiten.

Dis wo ich herkomm

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Sonntagabend und ich sitze im Auto zurück nach Frankfurt. Schneegestöber. Der FC Augsburg hat gerade 3:0 gegen Mainz 05 gewonnen, nachdem er über Monate nicht mehr gewinnen konnte. Spielerisch überzeugend. Eindrucksvoll. Großartig.

Wochenlang mussten wir Fans warten, bis wir wieder einen Sieg unserer Mannschaft feiern konnte. Derweil wurde es tabellarisch immer enger. Die Abstände nach unten schrumpften und nur noch ein einziges mageres Pünktchen trennte uns vom Relegationsplatz. Oben schienen sich einige Teams wie der SC Freiburg oder Fortuna Düsseldorf von uns abzusetzen. Die Lage schien langsam hoffnungslos zu werden.

Unruheherde

Während der FC Augsburg in diesen schwierigen Zeiten seinen Wurzeln treu blieb und ruhig weiter arbeitete, brach im Umfeld langsam Unruhe aus. Gründe dafür schien es endlos zu geben. Die erste Halbzeit in Gladbach genau wie der Konflikt mit Martin Hinteregger warf Fragen auf, ob Manuel Baum die Mannschaft weiterhin erreichte. Die Verpflichtung von Jens Lehmann als Co-Trainer interpretierten einige Externe als vorzeitige Ablösung von Manuel Baum. Dazu durfte sich alle Beteiligten über Wochen Fragen zu Caiuby anhören, der mit einer saftigen Geldstrafe und Einzeltraining bestraft wurde. Er verweilte mal wieder privat deutlich länger in Brasilien, als dies notwendig gewesen wäre.

Positive Impulse oder falscher Weg?

Ich habe schon im Laufe der letzten Woche darauf hingewiesen, dass ich alle Entscheidungen als positive Impulse im Abstiegskampf sehen würde. Viele Stimmen um den Verein sahen in den Aktionen eindeutige Hinweise darauf, dass die Verantwortlichen den bewährten Weg des FCA verlassen hätten. Schlussendlich sorgt der Sieg gegen Mainz 05 nun für kurzfristige Ruhe und für positiven Rückenwind vor den Spielen im Pokal gegen Kiel und in Bremen. Insgesamt stellt sich allerdings grundsätzlich die Frage, welche Rolle eine Periode von 10 Spielen im Rahmen der langfristigen Entwicklung des Vereins spielt.

Grundsätzlich positive Entwicklung

Der FC Augsburg konnte zuletzt weiter für positive Nachrichten sorgen, als er langfristig den Sponsorenvertrag mit der wwk verlängerte. Zudem wurden in diesem Zusammenhang weitere Investitionen in die Infrastruktur in Form eines Jugendinternats gesichert. Die Jugendabteilung schafft es immer wieder hoffnungsvolle Talente an die Bundesligamannschaft heranzuführen. Kevin Danso, Raphael Framberger und Marco Richter konnten in dieser Saison alle schon wesentlich ins Spielgeschehen eingreifen. Zudem hat man mit Sergio Cordova, Fredrik Jensen und mittlerweile Gregor Kobel weitere junge Talente in der Hinterhand, auf die man in der Zukunft bauen kann. Leistungsträger wie Jeffrey Gouweleeuw oder Daniel Baier sehen ihre Zukunft vorerst auch beim FCA. Viele Gründe sich vorerst – auch im Falle eines möglichen Abstiegs – keine Sorgen zu machen.

Insgesamt ist der FC Augsburg grundsätzlich wohl eine der stabilsten Organisationen im deutschen Profifußball. Dabei lässt sich der FCA auch nicht von Stimmen von außerhalb irritieren. Bei Caiuby bestand man darauf vor der Kommunikation mit der Öffentlichkeit mit dem Spieler selbst und persönlich sprechen wollte. Bei Martin Hinteregger trennte man sich von einem sportlichen Leistungsträger, der sich nicht mehr mit dem Club in seiner jetzigen Situation identifizierte. Am Trainer zweifelte man in keinster Weise öffentlich und so kann Manuel Baum weiterhin von der großen Rückendeckung sprechen, die er in Augsburg spürt.

Stabilität als Grundeinstellung

Insgesamt wundert es mich in solchen Situationen dann schon, warum überhaupt eine solch große Unruhe im Umfeld des FC Augsburg entstehen kann. Selbst ich habe dazu tendiert, mich über Kleinigkeiten enorm aufzuregen, derweil mir das Phänomen der “Regression zur Mitte” wohlbekannt ist. Und so braucht nun keiner zu glauben, dass Jens Lehmann den Ausschlag zur Wende des FCA gegeben hat. Vielmehr zahlt sich schlicht die konstante Arbeit aller Beteiligten bis zu diesem Zeitpunkt aus, die nun wieder zu positiven Ergebnissen führt.

Und wenn ich gerade jetzt darüber nachdenke, was ich an meinem Verein am meisten schätze und warum ich gerne sage: “Augsburg, dis is wo ich herkomm”, dann ist das diese Konstanz und Ruhe, mit der gearbeitet wird. Diese Ruhe und Konstanz ist dabei etwas selbstverständliches, für das man sich wahrscheinlich noch nicht einmal bedanken müsste. Ich tue es heute trotzdem gerne, auch wenn die Antwort wahrscheinlich ein knappes “Da nich für” wäre.

Impulse im Abstiegskampf

Ich war am Samstag in Gladbach und mir war nach der ersten Halbzeit klar, dass wir neue Impulse brauchen, um die Saison in die richtige Richtung zu lenken und nicht abzusteigen. Klarer Fokus aller Beteiligten auf den Abstiegskampf. Und wo ich mich letzte Woche noch gefragt habe, was der Scheiß soll, so hat unser FCA zumindest abseits des Platzes wieder etwas in die Spur gefunden. Zumindest meiner Meinung nach. Warum ich das so sehe?

Die richtigen Prioritäten der Spieler

Für Caiuby hatte der FC Augsburg und seine Teamkameraden nicht die notwendige Priorität. Von einem Profifußballer kann man erwarten, dass er während der Saison und seiner zeitlich begrenzten Karriere vieles dem Job unterordnet. Caiuby hat das nun öfters nicht gemacht und sich daher bewusst dagegen entschieden, seinen Beitrag zu leisten. Anstatt ihn weiter zu decken, hat der Verein nun – nachdem man mit Caiuby selbst gesprochen hat – eine klare Grenze gezogen, wie auch schon bei Daniel Opare vor einem Jahr.

Da der FC Augsburg hier nun mit der entsprechenden Konsequenz vorgeht, hat es auch Martin Hinteregger erwischt, der Manuel Baum nach dem Gladbach-Spiel öffentlich im bayrischen Rundfunk kritisierte. Nun bin ich jemand, der die Entwicklung in 2018 auch als enttäuschend bezeichnete. Der Verein kann mit dem letzten Jahr nicht zufrieden sein. Es war allerdings ganz klar, dass diese öffentliche Meinungsäußerung Konsequenzen haben wird. Zudem war klar, dass die Verantwortlichen von Martin Hinteregger auch wissen wollen würden, ob er sich Manuel Baum in Zukunft unterordnen kann und alle gemeinsam wieder an einem Strang ziehen. Martin Hinteregger hat sich laut verlässlich unterrichteten Augsburger Kreisen schon länger mit dem Gedanken beschäftigt, den FCA zu verlassen. Mit seiner Kritik hat er dies nun beschleunigt und sein im 11er verkündetes Ziel, im Winter zu wechseln, erreicht.

Derweil hat sich unser FCA in dieser Situation souverän verhalten und den Störenfried erstmal für ein halbes Jahr nach Frankfurt ausgeliehen, ohne ihn ohne Not zu verschleudern. Als Ersatz konnte kurzfristig Reece Oxford gewonnen werden, der für die zweite Saisonhälfte aus West Ham kommt. Oxford hat in der letzten Saison in Gladbach erste Bundesligaerfahrung sammeln können und ist nach einem enttäuschenden Halbjahr in West Ham sicher heiß darauf zu spielen. Aus Gladbacher Kreisen habe ich vernommen, dass wir mit dem Tausch – bei aller Sympathie für den Typen Hinteregger – sogar noch einen guten Tausch gemacht haben könnten. Zumindest die größte Lücke im Kader wurde somit kurzfristig gestopft.

Die Personalie Jens Lehmann

Aber auch mit dem besten Kader wird das nichts, wenn das Coaching nicht bald mal wieder etwas zulegt. Mir graut es immer noch, wenn ich an die erste Halbzeit in Gladbach zurückdenke. Insgesamt war man in Augsburg allerdings immer von den fußballtaktischen Qualitäten von Manuel Baum überzeugt. Aber anscheinend wurde die Arbeit des Trainerteams intern analysiert und man hat festgestellt, dass diesem eine Komponente fehlt. Ein dekorierter Ex-Profi, der eine direktere Vorbildfunktion übernehmen kann und von dessen Erfahrungen die Spieler profitieren können. Gegenüber der Presse wurde als Vergleich der SV Werder Bremen genannt, wo Tim Borowski unter Florian Kohlfeldt als Co-Trainer arbeitet und diese Rolle übernimmt. Bremen hat sich in diesem Jahr deutlich stabilisiert.

Mit Jens Lehmann hat man einen ambitionierten Kandidaten gefunden, der schon erste Erfahrungen als Co-Trainer sammeln konnte. Unter Arsene Wenger bei Arsenal London, was ein deutliches Plus ist. Er kann im direkten Vergleich bei manchen Prozessen Verbesserungspotential aufzeigen und wird diese Punkte hoffentlich auch ansprechen. Lehmanns Ambitionen sind dabei sicherlich auch nicht, mit dem FCA in der zweiten Liga herum zu dümpeln. Mit ihm wurde der Anspruch gestärkt, unter der derzeitigen sportlichen Führung die Klasse zu halten. An sich ist man weiterhin vom eingeschlagenen Weg überzeugt und festigt die Strukturen.

Der FC Augsburg geht weiter seinen eigenen Weg

Das ist dann auch sehr typisch für unseren FCA. Insgesamt haben sich die Verantwortlichen in der Causa Caiuby nicht drängen lassen, sondern erst nach dem Gespräch mit dem Spieler die Konsequenzen verkündet. Der öffentliche Druck war enorm. Auch bei Martin Hinteregger war dem Verein wohl klar, dass die Suspendierung des Publikumslieblings in der jetzigen Situation nicht nur positive Reaktionen hervorrufen würde. Er wurde aber von Hinteregger in diese Situation manövriert. Wie viel davon bewusst von Hinteregger inszeniert war, sei mal dahingestellt. Zudem musste allen Beteiligten vorher klar gewesen sein, dass die Verpflichtung von Jens Lehmann als Co-Trainer große Aufmerksamkeit erregen wird. Dennoch waren alle Beteiligten von diesen Schritten überzeugt und haben Sie nun durchgezogen.

Dadurch wird der Markenkern des FC Augsburg eher gestärkt als geschwächt, genau wie das Trainerteam um Manuel Baum. Konstanz auf der Trainerposition, auch wenn es sportlich nicht immer perfekt läuft, ist weiterhin in dieser Branche eine Seltenheit. Der FCA ist eben nicht Hannover 96. Nachdem sich Jens Lehmann gerade erst als unerfahrener, lernbegieriger Trainerlehrling präsentiert hat, fällt zumindest mir die Vorstellung schwer, dass er kurzfristig als Chefcoach übernehmen wird.

Der FC Augsburg geht somit weiter seinen Weg und schert sich wenig, was von ihm erwartet wird. Ich habe dabei weiterhin großes Vertrauen in Stefan Reuter, denn wirtschaftliche Vernunft muss immer die erste Priorität sein. Daneben hat es sich zumeist ausgezahlt, dass eben nicht alles nach außen gekehrt wird. Das Martin Hinteregger schon vor dem Gladbach-Spiel kein Musterprofi war, ist dann eben auch aus offiziellen Kreisen nicht zu vernehmen, obwohl man hinter vorgehaltener Hand munkelt. Der FCA wäscht seine Wäsche nicht öffentlich und mir ringt das immer wieder großen Respekt ab.

In guten wie in schlechten Zeiten

Natürlich ist dies alles im Moment keine einfache Phase. Aber vieles sprich immer noch für uns. Der Kader war zu Saisonbeginn groß und nun werden wie sehen, wie tief die Personaldecke wirklich ist. In Ruhe stellen die Verantwortlichen die notwendigen Weichen für die nächsten Spiele. Hannover und Nürnberg geben sich dabei weiterhin große Mühe ganz unten zu landen. Nachdem der Verein nun die ersten Schritte getan hat, ist es an uns Fans die Spieler, die in den nächsten Spielen auf dem Platz stehen werden, zu unterstützen. Die Mannschaft wird das Publikum am Sonntag und in den kommenden Spielen brauchen und der Klassenerhalt sollte für alle oberste Priorität haben.

In dieser schwierigen Phase wird die Phrase “Augsburg hält zusammen” strapaziert werden. Aber wer nun in dieser schwierigen Phase davon abrückt, der braucht sich bei der nächsten Fahrt nach Liverpool nicht nach einer Karte erkundigen. Es läuft nicht immer rund und gerade dann liegt es an uns allen, an einem Strang zu ziehen. Ich bin am Sonntag im Stadion und würde mich freuen, wenn wir gemeinsam den ersten Schritt in die richtige Richtung machen würden.

Servus Hinti!

So wütend

Am Anfang der Spielzeit träumte ich wie fast jedes Jahr vom Europapokal. Am Anfang der Woche erkannte ich diesen Verein nicht wieder. Mit Blick auf die vieldiskutierten Themen der Bundesligawoche legte am Sonntag Hannover 96 mit der Vorstellung von Thomas Doll beeindruckend vor. Doch schon am nächsten Tag tauchten die ersten Gerüchte über eine bevorstehende Verpflichtung von Jens Lehmann in Augsburg auf und als am Nachmittag die Bestätigung folgte, sah man vor dem inneren Auge, wie sich Stefan Reuter in Selbstzufriedenheit über diesen Konter aus dem Lehrbuch des Bundesligaboulevards sonnte. Selbst in Hamburg zog man in stiller Anerkennung den Hut.

Welchen Sinn die Verpflichtung des umstrittenen Altstars als Co-Trainer haben soll, mag sich dem gemeinen Fußballfreund auf den ersten Blick nicht so recht erschließen. Natürlich verfällt man in der gegenwärtigen Situation und mit Blick auf die beteiligten Akteure fast zwangsläufig in die gewohnten Mechanismen reflexhafter Kritik. Doch auch wenn sicherlich jedem ungeachtet von Klischee und Vorurteil eine faire Chance zugestanden werden muss, so bestehen doch berechtigte Zweifel, ob ein Jens Lehmann zu einem Verein wie dem FC Augsburg passt. Ungeachtet der ihm zugedachten Rolle als gut bezahlter Gesprächspartner für den Cheftrainer. Die Diva und der bodenständige Provinzverein?

Es sagt viel über die gegenwärtige Situation aus, dass das Medieninteresse am FCA zuletzt so groß war, als Liverpool mit Jürgen Klopp im Europapokal in Augsburg gastierte. Und dabei soll keinesfalls das oftmals rezitierte Klischee des etwas biederen aber durchweg sympathischen Familienvereins bemüht werden.

Ein Spiel, zwei Sichtweisen

Das andere Klischee dieser Tage ist mit einem Klapphandy verbunden. Ein kritischer Spieler wie Martin Hinteregger ist sicherlich nicht das reine Gegenbild zum stromlinienförmigen Mainstreamprofi. Aber es war sichtlich angenehm, einen Spieler zu sehen, der nicht immer fehlerfrei aber mit großem Herz, Leidenschaft und Sympathie spielte und argumentierte. Sein erstes Bundesligaspiel unter Manuel Baum entschied er noch mit dem Tor des Tages für den FCA. Das vermutlich letzte Spiel beendete er mit einer veritablen Grätsche am Mikrofon des Bayerischen Rundfunks.

Seine Kritik im Nachklang des Spiels mag man zu Recht kontrovers diskutieren. Es mag keine kluge Entscheidung gewesen sein, den Trainer in den Medien derart bloß zu stellen. Wobei die Wortwahl doch darauf hindeutet, dass dies weder in Inhalt noch Form in dieser Weise intendiert war. Aber er hatte Recht und dies mit jedem Wort. Das Spiel war eine Zumutung und die gewählte Taktik erwies sich schon nach den ersten Spielminuten als völlig falsch. Der über ein Jahr andauernde Leistungsabfall tritt mittlerweile überdeutlich zu Tage, was bislang nur durch einige gute Spiele kaschiert wurde, die zwar kaum Punkte aber Anerkennung brachten.

Man kann hier auch die Frage aufwerfen, ob die spielerische Entwicklung dem Trainer oder den besseren Spielern zu verdanken war. Normalerweise ist dies ein Wechselspiel, aber derzeit nimmt sich ein Faktor aus der Gleichung. Zuletzt wirkte Baum unsicher und vor allem auch – und das wiegt weit schlimmer – agierte er entgegen anderslautender Bekundungen ohne die notwendige Selbstkritik.

Da stand nun ein Hinteregger, der wie üblich kein Blatt vor den Mund nahm, während der Trainer sich in größter Erregung gemeinsam mit dem Manager über die Schiedsrichter echauffierte. Und dies in einer Wortwahl, die mindestens ebenso unangebracht war wie die Brandrede des Österreichers.  Innenverteidiger wie auch Trainer waren nach dem Spiel sichtlich aufgebracht. Wie übrigens auch der gemeine Fan, der es mit dem FCA hielt und die vorangehenden 90 Minuten in Gefühlszuständen zwischen peinlich berührt und  konsterniert ertragen musste.

Was eben nicht nur den Spielern anzulasten ist, denn dieselbe Mannschaft war schon gegen ein ebenso famos aufspielendes Gladbach zu anderen Leistungen fähig. Aber was nun blieb war ein Cheftrainer, der in der Pressekonferenz das zu Unrecht gegebene Tor in den Mittelpunkt rückte und allen Ernstes fabulierte, dass man mindestens das Unentschieden wenn nicht gar ein Sieg dank Kontertor verdient gewesen wäre. Nun war die Szenerie vollends nicht mehr ernst zu nehmen. Und es zeigt nicht nur die Empfindlichkeit der Führungsriege in der derzeitigen Situation, sondern vor allem auch eine bedenkliche Fehleinschätzung derselben.

Der neue Augsburger Stil

Das skurrile in dieser Situation ist nun, dass Reuter im Prinzip nun nichts anderes getan hat als Hinteregger. Durch die Verpflichtung von Lehmann hat er den Cheftrainer demontiert und ihm letztlich das Vertrauen entzogen.  Der Clou ist dabei, dass er dies im Gegensatz zum Österreicher tat, ohne selbst das Gesicht zu verlieren. Man könnte fast den Hut ziehen vor diesem feinen Tackling.

Doch was bleibt ist das desolate Bild eines Vereins und seiner handelnden Personen, der zumindest im Boulevard abseits des Platzes wohl leider endgültig in der Bundesliga angekommen ist. Es gab immer wieder große und kleine Aufreger in Augsburg, die mal mehr oder minder souverän gelöst wurden. Und man hat auch gut daran getan, in den Krisen der letzten Jahre an den Trainern festzuhalten. Doch in der gegenwärtigen Situation wirken alle Beteiligten ratlos und lächeln über diese Ratlosigkeit hinweg. Selten hat sich ein Führungsteam mit wirklich jeder zu treffenden Entscheidung derart kolossal vertan. Man hätte die Situation ruhig und besonnen lösen können. Doch hieran hatte man kein Interesse. Es wirkt, als sei dies der neue Stil des FCA.

Und so zauberte man mit Jens Lehmann eine Überraschung aus dem Hut samt der üblichen abgedroschenen Phrasen vom Top-Profi, der für Siegermentalität und Einsatz stehe. Auf der Pressekonferenz betonte der Manager auch auf Nachfrage, dass er nicht den Eindruck gehabt habe, dass Martin Hinteregger noch bedingungslos hinter der Idee Augsburg stehen würde. Und auch da ist dem Innenverteidiger zu folgen. Denn diese Idee Augsburg ist nicht mehr die Idee, die den Verein über Jahre hinweg begleitet und ausgezeichnet hat. Es ist die selbstgefällige Idee einer Führungsetage, die das Augenmaß und das Gespür für den Verein verloren hat.

Die Reise zum Abgrund

Dieser Beitrag wird freundlichst präsentiert vom August Gin, denn wenn der August dabei ist, dann ist auswärts wie ein Heimspiel.

Samstag, 26.01.2019, 8 Uhr morgens: Meine kleine Tochter weckt mich aus dem Schlaf, indem sie mir erklärt, dass sie mich noch etwas schlafen lässt. Ich bin gestern erst am Abend von einer Dienstreise aus Berlin wiedergekommen, war aber nicht so ausgelaugt, wie ich vermutet hätte. Die ganze Woche habe ich schon mit dem Gedanken gespielt nach Gladbach zu fahren. Besondere Zeiten erfordern besondere Taten. Zumindest bilde ich mir das aus Fan-Sicht ein. Genau jetzt kommt es darauf an, unsere Mannschaft weiter mit voller Kraft zu unterstützen und evtl. einen winzigen Teil dazu beizutragen, die Wende im Abstiegskampf einzuleiten. Augsburg hält zusammen und so.

11:05 Uhr: Ich sprinte Richtung Bushaltestelle. Nachdem die letze Partie Uno im Familienkreis etwas länger gedauert hat, weil wir unserer Tochter noch erklären mussten, nicht direkt aufzugeben, wenn es mal nicht läuft, habe ich gerade Angst meinen Bus zum Bahnhof zu verpassen. Ich habe keinen Bock ein Taxi zu nehmen und gebe Gas, nur um festzustellen, dass sich im Dezember der Busfahrplan um 2 Minuten zu meinen Gunsten geändert hat. Glück gehabt. Ich hoffe, dass ich nicht mein Glück für diesen Tag jetzt schon aufgebraucht habe. Bei Uno denke ich an die Twitter Geschichte der Woche:

11:55 Uhr: Ich steige in Frankfurt in den ICE Richtung Düsseldorf. Der Zug ist pünktlich und alles läuft nach Plan. Ich sinniere während der Zugfahrt, über die Heimstärke der Gladbacher und die Schwächephase unseres FCA. Ich versuche mich innerlich darauf vorzubereiten, dass wir erneut nicht gewinnen. Warum sollte sich daran etwas ändern? Ohne die Trainingsarbeit zu sehen, glaube ich daran, wenn die Mannschaft auf dem Platz die Leistung abruft. Als Fan kann ich aber nicht verhindern, dass ich stark darauf hoffe, heute Zeuge des dringend notwendigen Befreiungsschlags zu werden. Ich erinnere mich an meinen Besuch in Stuttgart im letztem Jahr und begrabe die Hoffnung schnell wieder. Nicht schon wieder enttäuscht werden. Ich befürchte, dass es sich nicht vermeiden lässt.

13:30 Uhr: Ich steige in Düsseldorf um. Ich bin der einzige Augsburger weit und breit zwischen vielen Gladbachern. Die Stimmung ist insgesamt positiv. Die Menschen scherzen und lachen. Es wird sich über Biersorten unterhalten und vom Europapokal geträumt. Ich muss auffallen, wie ich besorgt vor mich hin schaue.

14:15 Uhr: Ankunft am Stadion. Ich mache mich auf den Weg zum Gästeblock. Obwohl ich schon zweimal hier war, laufe ich erstmal dran vorbei. Ich merke erst, dass ich zu weit bin, als ich vor dem Mannschaftsbus stehe. Ich kehre um und betrete das Stadion.

14:45 Uhr: Ich bin im Gästeblock und der Trip hat sich schon gelohnt. Meine Eltern sehen mich und freuen sich sichtlich. Sie sind mit einem Fanfahrt-Bus aus Augsburg da und wussten nichts von meinen Plänen. Meine kleine Samstagsüberraschung ist gelungen. Wir sehen die Aufstellung und ich bin nicht überrascht, dass Gregoritsch mal eine Pause bekommt. Die Form war zuletzt nicht da und Jan Moravek soll wohl die Defensive absichern. Auch die Kombi Stafylidis/Max hatte Manuel Baum eine Woche zuvor auf der Pressekonferenz erwähnt, aber begraben müssen, nachdem Stafylidis ausgefallen war. Borussia Mönchengladbach äußert sich zudem vor dem Spiel ausführlich zu #Nazisraus und #niewieder und informiert über Bildungsfahrten, die der Verein zu diesem Thema veranstaltet. Wichtig!

15:32 Uhr: Das Spiel läuft gerade erst, aber ich ärgere mich schon über den ersten Gladbacher Angriff. Die Defensive ist unsortiert. Max rückt defensiv zu tief zurück und macht Räume auf. Auch Kevin Danso wirkt stellenweise deplatziert. Die Mannschaft scheint auf dem Platz nicht angekommen. Ich bin konsterniert.

16:17 Uhr: Es steht noch 0:0 und ich weiß nicht warum. Gladbach hatte haufenweise Chancen, konnte allerdings keine nutzen. Wir liefen quasi nur hinterher. Wenn sich Kontermöglichkeiten ergaben, gingen wir verschwenderisch mit ihnen um. Zudem hatte Gregor Kobel einen Elfmeter kurz vor der Halbzeit gehalten. Wenn schon ein Unentschieden zur Pause ein Wunder ist. Heute ist so ein Tag.

 

 

 
 
 
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Darf ich vorstellen: Der Abgrund. #BMGFCA

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16:50 Uhr: Die zweite Halbzeit beginnt überraschend. Wir bekommen Zugriff zum Spiel, kombinieren und das Spiel nimmt damit eine Wendung, die mich nach dieser ersten Halbzeit überrascht. Ich singe und klatsche euphorisch im Gästeblock und will die Gladbacher dafür bestrafen, dass sie aus ihren Chancen nichts gemacht haben. Die Mannschaft hat Hoffnung in mir geweckt. Hoffnung auf einen Auswärtssieg. Vor lauter Hoffnung habe ich ausgeblendet, was in diesen Situationen zuletzt immer passierte.

17:20 Uhr: Das Spiel ist vorbei. Die Endphase war wie gewohnt. Wir haben zuerst ein richtiges Kacktor kassiert, aufgemacht, uns aufgebäumt und gewehrt und dann noch ein zweites Tor kassiert. Verloren. Die Hoffnung ist zerplatzt wie ein Luftballon. Ich habe keinen Bock mehr. Unter mir tritt ein Augsburger Fan energisch gegen die Stahlabsperrung des Blocks. Ich fühle mit.

18:20 Uhr: Rheydt Bahnhof. Ich habe einen Shuttlebus zum Bahnhof genommen, nachdem ich im Nieselregen warten durfte. Um mich herum singen die Menschen und schmieden Pläne für die Europapokalsaison. Ich denke über Fahrten nach Sandhausen nach. Bis ich zu Hause bin werden noch ca. 3 Stunden vergehen und die anderen Augsburger haben noch einen deutlich längeren Weg vor sich. Der Masochismus dieses Trips hat mich voll getroffen.

20:20 Uhr: Letzte Etappe. Der Zug von Köln nach Frankfurt. Was ich heute vom Spiel mit nehme? Der Gästeblock war recht leer. In und um Gladbach nur nette Menschen getroffen, die mir freundlich begegnet sind. Zudem sehr freundliches Personal am Stadion. Eine sehr angenehme Auswärtsfahrt. Da dürften sich ruhig mehr Menschen hintrauen. Sportlich war die erste Halbzeit ernüchternd. Der taktische Plan, so tief zu stehen und spät drauf zu gehen, servierte den Gladbachern das Spiel auf dem Silbertablett. Grob fahrlässig. Das wir danach noch im Spiel waren, war glücklich. In der zweiten Halbzeit hat Manuel Baum die richtigen Anpassungen vorgenommen und auch sinnvoll gewechselt (Teigl für die Geschwindigkeit). Dann ist uns (mal wieder) das Matchglück abhanden gekommen. Insgesamt war das aber offensiv das ganze Spiel nicht genug. Sehr, sehr wenige Strafraumaktionen, weil zu wenig direkt und dynamisch gespielt wird. Das Spiel bringt uns nicht weiter und eine Entwicklung ist weiterhin nicht zu sehen. Der Ausflug war genau so ernüchternd, wie ich befürchtet hatte. Mir schwant nichts gutes.

Was soll der Scheiß?

Das Jahr 2018 will seine Fußballspiele zurück. Nachdem Spiel seiner Fortuna hat Friedhelm Funkel zu Protokoll gegeben, dass sie gespürt hätten, dass wir Probleme haben. Er hat dreimal offensiv gewechselt und am Ende hat die Fortuna den Sieg geholt, nachdem wir sie am Anfang nicht ins Spiel haben kommen lassen. Der FC Augsburg spielt mal wieder anfänglich gut und lässt sich danach das Spiel aus den Händen nehmen. Keiner kann es mehr hören oder sehen.

Ich kann es auch nicht mehr hören, wenn Manuel Baum Dinge sagt wie: “Ich bin überzeugt von den Jungs, die wir haben und von dem, was wir machen. Wir waren ja gut im Spiel, haben aber versäumt das 1:0 zu machen.” Klar, mit ein bisschen Matchglück geht der Pfostenschuss von Daniel Baier ins Tor. Wenn allerdings die gefährlichsten Schüsse deiner Mannschaft (abseits des Freistoßtors von Johnny Schmid) von Daniel Baier und Jan-Ingwer Callsen-Bracker kommen, dann braucht man das auch nicht mehr schön reden. Wenn sich dann ein toller Kerl wie Raphael Framberger dazu noch das Kreuzband reißt, dann war der Start in die Rückrunde direkt katastrophal. An dieser Stelle die besten Genesungswünche, lieber Frambo!

Wir stehen im Moment 3 Punkte besser da, als in unserer schlechtesten Bundesligasaison zum gleichen Zeitpunkt. 3 Punkte ist verdammt wenig. Wir sind mitten im Abstiegskampf. Zur nächstplatzierten Mannschaft beträgt der Abstand nun schon 6 Punkte und zur nächsten Partie geht es gegen Gladbach. Gladbach stellt dieses Jahr ein Team, das eine tolle Saison spielt. Die Lage ist bedrohlich. So bedrohlich wie schon seit Jahren nicht mehr.

Klingen die Aussagen der Verantwortlichen immer danach? Ist die Mannschaft mit dem Kopf im Abstiegskampf angekommen? Ich glaube das nicht bei allen. Anstatt sich mit vollem Fokus auf die Dinge auf dem Platz zu konzentrieren, was von den Verantwortlichen des FCA eingefordert wurde, sind die Ablenkungen immer noch in vollem Gange. Auf Instagram haben auch unsere Spieler in der Winterpause uns an ihrem Leben weiterhin teilhaben lassen und jeder einzelne sollte wissen, wie welches Bild im Moment wirken kann. Klar, jeder Spiel hat ein Recht auf ein Privatleben. Aber privat und in den sozialen Medien ist jeder auch Repräsentant des FC Augsburg und sollte sich entsprechend verhalten.

Mich stört aber noch viel mehr, wie die Organisation des FCA den nötigen Ernst manchmal so gar nicht verströmt. Da wird im Rahmen der Vertragsverlängerung mit WWK vom DFB-Pokal und Europa geträumt. Da produziert die Social Media Abteilung unterhaltsame Videos, im gleichen Trainingslager, in dem den Spielern nahe gelegt wurde, die Ablenkungen abzustellen. Beispiel gefällig?

Insofern teile ich Manuel Baums Überzeugung nicht, wenn es um das geht, was momentan getan wird. Die Ergebnisse teilen diese Überzeugung auch nicht. Gott, wir sind über die letzten 10 Spiele gesehen das schlechteste Team der Liga. Und 10 Spiele ist ein langer Abschnitt. Einfach weiterzumachen, als ob nichts wäre, sollte dann endlich ein Ende haben.

Nicht das es vorteilhaft wäre, nun in Panik zu verfallen. Das meine ich nicht. Aber weder Umfeld noch Mannschaft wirken gerade so, als ob sie den Kampf angenommen hätten. Derweil es aus meiner Sicht ganz einfach ist: Wenn die nächsten 16 Spiele unsere vorerst letzten Spiele in der ersten Liga sind, dann lasst uns zumindest alles versuchen, um das zu verhindern. Ein passender Wintertransfer? Her damit. Mauertaktik und dreckige 1:0 Siege? Her damit. Langweiliges Geschiebe und lange Bälle? Mir ist so egal, wie wir zum Erfolg kommen, so lange die grundlegenden Regeln der sportlichen Fairness eingehalten werden.

Es erwartet gerade niemand mehr, dass wir einen Schönheitspreis gewinnen. Das wird ohne Selbstvertrauen sowieso nichts. Wir müssen uns über einfache Abläufe und die grundlegenden Dinge das Selbstvertrauen und einige Punkte holen und dann können wir weiter schauen. Wenn der FC Augsburg in seiner gesamten Organisation allerdings nicht langsam seine Einstellung ändert, dann haben wir nächstes Jahr ligaweit den besten Innenverteidiger bis 2024 unter Vertrag und dazu noch die längsten Werbeverträge. Aber die Liga ist halt dann zweitklassig und es wäre sehr ärgerlich. Nein, es wäre zum Kotzen. Also lasst endlich den Scheiß und fangt an euch dem Kampf zu stellen!

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