Zweimal 2 und zweimal 5: Die FCA-Noten zur Hinrunde

Eine aus Augsburger Sicht nicht immer einfache Hinrunde ist vorbei. Nach 17 Spielen steht der FCA mit 18 Punkten auf dem 15. Tabellenplatz. Der Abstand auf die hinteren Ränge ist dünn, der ins sichere Mittelfeld allerdings auch. Klar scheint nach der Hinrunde dennoch, dass die Schwaben auch in dieser Saison um den Klassenerhalt kämpfen müssen. Bislang ist diese Aufgabe nicht allen Spielern zufriedenstellend gelungen. Wir stellen dem Team von Markus Weinzierl nun das Halbjahreszeugnis aus. Für zwei Profis gilt dabei: Versetzung gefährdet. Benotet werden alle FCA-Spieler, die in dieser Saison mindestens fünf Einsätze vorzuweisen haben.

Gumny und Gruezo enttäuschen, Oxford überragt

Rafal Gikiewicz: Wenige gravierende Fehler, aber nicht mehr der überragende Rückhalt wie in der Vorsaison. Nach wie vor Probleme im Spielaufbau. Wichtig für die Mannschaft, spricht Fehler offen an. Note 3.

Robert Gumny: In jedem Spiel dieser Saison in der Startelf, teils aber auch aus Mangel an Alternativen. Als Rechts- und vor allem als Innenverteidiger überfordert. Nicht immer mit Bundesliganiveau. Der bemühte, weil lauffreudigste FCA-Profi, muss sich deutlich steigern, um langfristig in Augsburg Fuß zu fassen. Note 5.

Raphael Framberger: Einer der engagiertesten Augsburger im Kader. Ihm gelingt es aber nicht immer, seine unübersehbaren spielerischen Defizite mit Einsatz zu kaschieren. Note 4.

Reece Oxford: Zweikampf- und kopfballstark, körperlich präsent sowie neuerdings auch torgefährlich. Der immer noch erst 23-jährige Engländer hat sich deutlich gesteigert und ist der FCA-Spieler der bisherigen Saison. Note 2.

Für uns der Spieler der Hinrunde: Reece Oxford (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Jeffrey Gouweleeuw: Einer der stabileren Augsburger, wenngleich der Kapitän auch schon bessere Halbserien gespielt hat. Teils ausbaufähiges Stellungsspiel, dazu immer wieder auf dem Platz mit Meckern beschäftigt. Seine langen Flugbälle bleiben aber eine Waffe. Note 3.

Iago: Kann eminent wichtig für den FCA sein. Seine Tiefenläufe und Flanken aus dem Halbfeld beleben das Augsburger Spiel. Aber nach wie vor deutlich zu inkonstant. In Zweikämpfen gegen robustere Spieler bekommt der Unter-70-Kilo-Mann bisweilen Probleme. Note 3.

Mads Pedersen: Entwickelt sich immer mehr zur ernsthaften Iago-Alternative. Kann zudem Außen offensiv sowie in der Zentrale agieren. Jedoch zu sehr von seinen Mitspielern abhängig. Keiner der eine Partie an sich reißt. Note 3.

Niklas Dorsch: Reuters Königstransfer. Brauchte etwas Anlaufzeit, um sich im Augsburger Spiel zu akklimatisieren, mittlerweile aber nicht mehr aus der Startelf wegzudenken. Der FCA-Profi mit der besten Passquote ist maßgeblich für Weinzierls Kreativspiel verantwortlich. Note 2.

Ein Neuzugang, der voll einschlägt: Niklas Dorsch (Photo by Joosep Martinson/Getty Images)

Arne Maier: Dorschs U21-Kompagnon. Noch nicht der unumstrittene Stammspieler, für denen ihn einige FCA-Fans vor der Saison gehalten haben. Kleinere Wehwehchen werfen den Mittelfeldspieler immer wieder zurück. Ist er fit, belebt seine spielerische Klasse das Augsburger Offensivspiel. Note 3.

Tobias Strobl: Verpasste den Saisonbeginn aufgrund einer Sprunggelenksverletzung. Als sich der Routinier peu à peu in die Mannschaft spielte, beendete ein Kreuzbandriss seine Saison vorzeitig. Note 4.

Carlos Gruezo: Die FCA-Verantwortlichen trauten dem Ecuadorianer nicht zu, den Abgang von Rani Khedira auszufüllen. Spielte in dieser Saison nie wirklich eine ernsthafte Rolle. Entweder verletzt oder schlicht leistungsbedingt. Note 5.

Jan Moravek: Gehört im Augsburger Kader zu den technisch besten, gleichzeitig aber auch langsamsten Spielern. Nur selten ein Kandidat für die erste Elf. Note 4.

Fredrik Jensen: Wartet immer noch auf den wirklichen Durchbruch. Viele in Augsburg sehen den Finnen bei entsprechender Entwicklung in der ersten Elf. Steigerte sich im Vergleich zu seinen ersten Jahren in Augsburg, hat in einigen Bereichen wie der Defensivarbeit aber noch deutlichen Verbesserungsbedarf. Note 4.

Daniel Caligiuri: Als offensiver Außenspieler mittlerweile zu langsam, dazu in einigen Situationen zu verspielt. Half auch als Rechtsverteidiger aus und machte seinen Job solide, hat im Vergleich zur Vorsaison aber insgesamt abgebaut. Seine Zwei Treffer erzielte er vom Elfmeterpunkt. Note 4.

Noah Joel Sarenren Bazee: Mit seiner Geschwindigkeit ein idealer Joker. Für mehr reicht es auch wegen technischer Schludrigkeiten nicht. Note 4.

Ruben Vargas: Wartet immer noch auf seinen ersten Treffer in dieser Saison. Kann in jeder Aktion für Gefahr sorgen, trifft aber nicht immer die richtigen Entscheidung. Sein Potential ist deutlich besser als seine bisherigen Leistungen. Seine Notenvergabe tut am meisten weh. Note 4.

Luft nach oben: Ruben Vargas blickt auf eine eher enttäuschende Hinserie. (Photo by Getty)

André Hahn: Immer engagiert, stets leidenschaftlich. Der 31-Jährige ist jeden Spieltag ein ernstzunehmender Kandidat für die Startelf. Zwei Saisontore sind dennoch zu wenig, wenn man bedenkt, welch aussichtsreiche Chancen er mitunter vergeben hat. Note 3.

Michael Gregoritsch: Anfangs gänzlich außen vor, phasenweise nicht einmal im Kader. Kämpfte sich in die Mannschaft zurück und nutzte seine Chance. Zwei Treffer in den letzten fünf Spielen. Note 4.

Sergio Córdova: Nach seiner Leihrückkehr aus Bielefeld noch immer kein Faktor für die erste Elf. Äußerst bemüht, in einigen Situationen im Pech, insgesamt aber schlicht mit weniger Qualität als seine Konkurrenten. In 13 Spielen ohne Torbeteiligung. Ob er sich noch in Augsburg etablieren kann, bleibt fraglich. Note 4.

Der Einsatz stimmt bei Sergio Córdova, der Ertrag nicht. (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Florian Niederlechner: Mit drei Treffern Toptorschütze des FC Augsburg. Der von Weinzierl sehr geschätzte Angreifer strahlte mit die größte Gefahr in der Augsburger Offensivreihe aus. Eine Leisten-OP, eine Sprunggelenksverletzung sowie eine Mittelfußprellung warfen den Oberbayern immer wieder zurück. Note 3.

Andi Zeqiri: Technisch versiert und einer der kämpferisch besten Augsburger. Zwei Tore und zwei Vorlagen belohnen seine überwiegend überzeugenden Leistungen. Der Leihspieler aus Brighton nimmt nicht immer aktiv am Spielgeschehen teil, empfiehlt sich aber insgesamt durchaus für ein längerfristiges Engagement am Lech. Note 3.

0:0 in Fürth: Der Blick bleibt unten

Es gibt wenige Spiele, in denen der FC Augsburg als Favorit antritt. Die Partie in Fürth gehörte dazu – obwohl hier rein tabellarisch der 18. auf den 16. traf und Coach Markus Weinzierl die Favoritenrolle im Vorfeld beiseite schob. Er sollte Recht behalten. Wie ein Favorit, traten die Augsburger wahrlich nicht auf.

Weinzierl veränderte seine Startelf auf vier Positionen. Der gegen Leipzig gelbgesperrte Jeffrey Gouweleeuw kehrte in die Innenverteidigung zurück, sodass Robert Gumny (für Raphael Framberger) hinten rechts begann. Außerdem belohnte Weinzierl die gegen RB belebend wirkenden Arne Maier und Mads Pedersen sowie Torschütze Daniel Caligiuri mit einem Startelfeinsatz (für Jan Moravek, Fredrik Jensen und Ruben Vargas). Im Sturm begann der wieder genesehne Andi Zeqiri anstelle von Michael Gregoritsch.

Spielerische Magerkost

Das Tabellenschlusslicht aus Fürth bemühte sich früh darum, das Spiel an sich zu reißen. Die Partie spielte sich in der Anfangsviertelstunde hauptsächlich in der Augsburger Hälfte ab. 70 Prozent Ballbesitz für das Kleeblatt in den ersten 15 Minuten. Echte Torchancen waren jedoch Mangelware. Den ersten nennenswerten Abschluss hatte der FCA, als Oxford nach einer Maier-Ecke knapp über den Kasten köpfte (17.). Fürth blieb die aktivere Mannschaft, verpasste es aber, ihre Offensivaktionen sauber auszuspielen. Wie etwa in der 22. Minute als Dorsch im Sechzehner vor dem einschussbereiten Tillman klären konnte.

Es entwickelte sich eine intensive Partie, in der der FCA mehr und mehr die Initiative übernahm. Letztlich brachte es die Weinzierl-Elf aber nur zu zwei Schüssen aufs Tor. Hahn scheiterte mit seinem zu zentralen Abschluss an Fürth-Keeper Burchert (30.), Pedersen brachte nicht mehr ausreichend Wucht hinter seinen Seitfallzieher-Versuch (37.). Der erste Durchgang endete torlos. Spielerisch bemüht, aber insgesamt zu fahrig. Eine Partie auf mäßigem Niveau. Kellerduell eben. Dass Gikiewicz in der Halbzeit das Tornetz reparieren musste, war tatsächlich einer der aufregendsten Momente im ersten Durchgang.

Gikiewicz half mit Tape, das Tornetz zu flicken. (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Augsburg Favorit?

Zur Halbzeit brachte Weinzierl Vargas für Pedersen und damit mehr Offensive – und der Schweizer war direkt an der besten Chance des Spiels beteiligt. Vargas gab auf links zu Iago, der Hahn im Fünfer fand. Burchert verhinderte die Augsburger Führung mit einer starken Fußbabwehr (47.). Aber auch Fürth tauchte immer wieder in der Nähe von Gikiewicz auf, wenngleich die Augsburger Abwehrarbeit oder die Fürther Schludrigkeit im letzten Drittel Gefährlicheres verhinderten. Insgesamt kam der FCA nur punktuell zu Torchancen. Nach Hahns Abschluss dauerte es 20 Minuten bis zum nächsten gefährlichen Schuss, doch Vargas verzog aus aussichtsreicher Position im Sechzehner (67.).

In der Schlussphase erhöht der FCA etwas das Tempo, auch aufgrund der personellen Wechsel. Doch dass die Schwaben in diesem Duell der Favorit sein sollen, merkte man nur selten. Der FCA verpasste es, spielerische Akzente zu setzen und hatte mit der griffigen Fürther Gangart so seine Probleme.

Intensive Partie: Der Tabellenletzte nahm jeden Zweikampf an. (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Der Blick in der Tabelle bleibt unten

Gegen Ende der Partie gingen beide Teams auf den Führungstreffer. Vargas scheiterte am blockenden Meyerhofer (86.), auf der Gegenseite entschärfte Gikiewicz gegen Abiami (88.). Weil Cordova und Bazee die letzten (Halb-)Chancen für den FCA liegen ließen, blieb es beim aus Augsburger Sicht enttäuschendem 0:0.

Fazit: Der FCA hätte heute die Punkte 18,19 und 20 holen können und sich damit vergleichsweise ruhige Weihnachten bescheren können. Am Ende trat die Weinzierl-Elf jedoch viel zu uninspiriert auf. Nach diesem Spiel dürfte jedem FCA-Fan klar sein: Der Blick geht auch in der Saison 2021/22 klar nach unten. Weil Bielefeld überraschend in Leipzig gewonnen hat, beträgt der Vorsprung auf einen Abstiegsplatz gerade mal einen Punkt. Frohe Weihnachten.

Die Noten zum Spiel

Gikiewicz 3 – Gumny 4,5, Gouweleeuw 3, Oxford 3,5, Iago 4– Maier 4, Dorsch 3 – Caligiuri 4 (73. Sarenren Bazee), Pedersen 4 (46. Vargas 3) – Hahn 3,5 (59. Gregoritsch 4), Zeqiri 4,5 (59. Cordova 3,5)

Weinzierls Wechsel bringen Punkt gegen Leipzig

Torschütze gegen Leipzig: Daniel Caligiuri sichert dem FCA einen Punkt gegen den Vizemeister. (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

“Wer daheim gegen Bayern gewinnt, kann auch gegen Leipzig punkten”, hatte Weinzierl vor der Partie gegen den Vizemeister gesagt. Die Vorzeichen waren allerdings gänzlich andere. Geisterspiel statt ausverkauftes Haus. Die Coronaverordnung in Bayern (die ähnlich übrigens auch in Sachsen gilt) ließ keine Zuschauer zu. Lediglich die jetzt schon Kult gewordenen Mülltonnentrommler sorgten für ein bisschen Support.

Harmlos-FCA verdient in Rückstand

Ohne die Unterstützung von den Rängen tat sich der FCA zu Beginn der Partie schwer. Wie so oft in dieser Saison war die Mannschaft in den Anfangsminuten zu passiv. Der FCA hatte Glück, dass Forsberg (5.) und Silva (10.) die frühe Chance zur Führung liegen ließen. Schon in diesen beiden Aktionen zeigte sich die mangelnde Abstimmung in der neu formierten Viererkette. Framberger auf Rechts, Gumny neben Oxford in der Zentrale anstelle des gelb-gesperrten Gouweleeuw. Wirklich sattelfest stand die Abwehrreihe nicht, auch bei Silvas Führungstreffer (18.) waren die Abstände deutlich zu groß.

Nach dem Gegentreffer kam der FCA besser ins Spiel. Auch, weil sich RB weiter zurückzog. Im ersten Durchgang strahlte Augsburg aber nur einmal Torgefahr aus. Moraveks abgefälschter Distanzsschuss landete knapp über dem Tor (28.). Auf der Gegenseite verpasste Silva das 0:2 (24.).

Der Pausenstand ging völlig in Ordnung. Das Fazit zur ersten Halbzeit: Hinten nicht immer sicher, vorne harmlos. Gumny agierte in vielen Aktionen deutlich überfordert. Bezeichnend: Der Pole gewann in den ersten 45 Minuten keinen einzigen Zweikampf. Oxford hingegen sorgte durch sein gutes Stellungsspiel zumindest für ein bisschen Stabilität. In der Zentrale versuchte Kreativspieler Dorsch die Partie zu lenken, traf allerdings wie Nebenmann Moravek nicht immer die richtige Entscheidung. Gregoritsch und Hahn wurden somit nur selten in Szene gesetzt. Auch, weil die Flanken aus dem Halbfeld diesmal äußerst schlampig geschlagen wurden.

Kaum Torgefahr: Der FCA verpasste es, offensive Akzente zu setzen. (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Augsburg wie ausgewechselt

Weinzierl wechselte zur Pause doppelt und brachte Maier und Pedersen für Vargas und Moravek. Taktisch blieb es beim 4-4-2 beziehungsweise 4-1-3-2, weil sich Dorsch im Spielaufbau nach wie vor nach hinten fallen ließ. In der Folge agierte der FCA mutiger und tauchte dementsprechend häufiger in der Leipziger Hälfte auf. Ein Oxford-Kopfball nach Ecke von Maier ging jedoch knapp über das Tor (50.). Maiers Distanzschuss mit links rauschte knapp (60.), Iagos Abschluss nach starker Pedersen-Vorarbeit hingegen recht deutlich über den Kasten (62.). Die Partie war im zweiten Durchgang aber insgesamt deutlich ausgeglichener. Leipzig blieb zwar ebenfalls gefährlich und kam zu Abschlüssen, doch der FCA hatte teilweise mehr von der Partie. Die Gäste agierten nicht mehr so dominant. Auch, weil sie vom FCA früher gestresst wurden. Es war die Phase im Spiel, da hatte man das Gefühl, der FCA könnte punkten.

Im zweiten Durchgang deutlich verbessert: Niklas Dorsch und der FC Augsburg. (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Ausgleichstor nach Doppel-Glück

Ab der 70. Minute wurde Leipzig wieder stärker. Gikiewicz parierte stark gegen Szoboszlai (72.) und Angelino (78.), Mukiele setzte einen Kopfball aus kürzester Distanz nur an den Pfosten (72.) Der FCA, der in der Schlussphase mit Caligiuri, Cordova und Sarenren Bazee agierte, blieb im Spiel – und hatte ebenfalls Alupech. Cordova scheiterte nach feiner Framberger-Flanke mit dem Kopf am Querbalken (80.). Der Beginn einer packenden Schlussphase! Nach Gulacsis Glanzparade forderte die FCA-Bank bereits Elfmeter, weil zuvor ein Leipziger mit der Hand am Ball gewesen sein soll. Schiri Badstübner entschied auf Weiterspielen – und zeigte in der nächsten Aktion auf den Punkt. Caliguiri übernahm wie schon gegen Bochum Verantwortung und verwandelte sicher – 1:1 (86.). In den Schlussminuten ging der FCA sogar noch auf den Führungstreffer, kam allerdings – wie Leipzig – zu keinen nennenswerten Chancen mehr.

Fazit: Der FCA nimmt einen wichtigen Punkt im Abstiegskampf mit ins kommende Auswärtsspiel in Fürth. Der Punkt geht in Ordnung, weil sich die Schwaben im Vergleich zu einer erschreckend harmlosen ersten Hälfte deutlich steigerten. Das lag auch an Weinzierls personellen Wechseln. Pedersen, Maier und Cordova belebten das Offensivspiel, Caligiuri behielt die Nerven vom Punkt. Spielentscheidend: Die 72. Minute als es Leipzig binnen weniger Augenblicke gleich doppelt verpasste, das 0:2 erzielen. Dann wäre der FCA wohl nicht mehr zurückgekommen.

Die Noten zum Spiel:
Gikiewicz 2,5 – Framberger 4 , Gumny 5 , Oxford 2,5 , Iago 3,5 – Dorsch 3 – Jensen 5 (66. Cordova 3), Moravek 4 (46. Maier 3), Vargas 4 (46. Pedersen 3) – Hahn 4 (80. Sarenren Bazee o. B.), Gregoritsch 4,5 (66. Caligiuri 3)

Mehr Demut

Der FC Augsburg besiegt den FC Bayern. Rot-Grün-Weiß kann stolz auf sich sein. © as

„Das ist etwas Besonderes und mit das Highlight im Jahr”, sagte Markus Weinzierl vor dem Heimspiel des FC Augsburg gegen den FC Bayern. FCA-Präsident Klaus Hofmann betont unterdessen gerne, wie beeindruckend es aus Augsburger Sicht sei, jede Saison zwei Mal gegen den Rekordmeister spielen zu dürfen. Auch Manager Stefan Reuter stellt die Wichtigkeit der Erstligazugehörigkeit allzu gerne in den Vordergrund. “Jedes Jahr länger in der 1. Liga macht uns stabiler und gibt uns mehr Kraft.” Nur wohlklingende Worte, um vielleicht auch die sportliche Erwartungshaltung herunterzuschrauben? Keineswegs. Jeder FCA-Fan sollte tatsächlich dankbar sein, dass der eigene Verein seit nunmehr elf Jahren ununterbrochen gegen den FC Bayern spielt. Das habe ich persönlich erst am Wochenende gemerkt.

Nie mehr 2. Liga: das können nur wenige Teams von sich behaupten

Ich war am Freitagabend im Stadion. Was für ein Spiel! Viele Beobachter fühlten sich im Nachgang der Partie zurückerinnert an die wahre DNA des FC Augsburg. Leidenschaft und Kampfgeist statt spielerischer Finesse. Effizientes Umschaltspiel statt minutenlangem Ballbesitzgeschiebe. Der Auftritt der Schwaben kaschiert die bisher überwiegend mauen Auftritte dieser Saison zwar, macht gleichzeitig allerdings auch Mut. Mut, dass es auch diesmal mit dem Klassenerhalt klappt. Zwar würde auch ich mir wünschen, dass der Blick nach zuletzt eher schwachen Spielzeiten mal wieder in obere Tabellengefilden geht. Man sollte allerdings verstehen, dass die Erstligazugehörigkeit keine Selbstverständlichkeit ist. Seit dem Aufstieg 2011 ist der FC Augsburg ununterbrochen im Oberhaus vertreten. Nur sechs weitere Klubs sind noch nie aus der Bundesliga abgestiegen (Bayern, Leverkusen, Wolfsburg, Hoffenheim, Leipzig und Union Berlin).

Nach dem Freitagabendspiel ging es für mich nach Norddeutschland zu Teams, die gerne mit dem FCA tauschen würden. Ich war bei den Spielen Hamburger SV gegen Jahn Regensburg (4:1) und Werder Bremen gegen Schalke 04 (1:1) im Stadion. Viel Tradition, aber eben auch Liga zwei statt Beletage.

Zu Gast im Weserstadion. Bremen und Schalke liegen aktuell ebenso wenig auf einem Aufstiegsplatz wie der HSV. © as

Abstieg in Liga zwei – und dann?

Hamburg, Bremen und Schalke gehören zu den Aufstiegsfavoriten. Dass alle drei in die Bundesliga zurückkehren, gilt jedoch zumindest als fraglich. Dass Vereine nach dem Abstieg direkt wieder in die Bundesliga aufsteigen, ist ein nahezu utopisches Wunschdenken. Das zeigt der Blick auf die aktuellen Teams im Unterhaus. 13 der 18 Klubs spielten bereits in der Bundesliga. Am längsten wartet Dynamo Dresden auf die Rückkehr.

Verein(Letzter) Abstieg in die 2. Bundesliga
Werder Bremen2021
Schalke 042021
SC Paderborn2020
Fortuna Düsseldorf2020
1. FC Nürnberg2019
Hannover 962019
Hamburger SV2018
FC Ingolstadt2017
SV Darmstadt 982017
FC St. Pauli2011
Karlsruher SC2009
FC Hansa Rostock2008
Dynamo Dresden1995

Wir wollen so schnell wie möglich wieder in die Bundesliga zurück. So oder so ähnlich äußerten sich in der Vergangenheit nahezu alle Absteiger. Bremen und Schalke etwa, die jüngsten Betroffenen. Aber auch der HSV, der seit nunmehr vier Jahren gegen Sandhausen und Aue statt Bayern und Dortmund spielt. Für dieses Trio ist der Druck in puncto Wiederaufstieg gewiss am größten. Sie werden schlicht in der Bundesliga erwartet. Aber auch Klubs wie Hannover, Düsseldorf oder Nürnberg wollen wieder zurück. Einfach ist das jedoch nicht. Die aktuellen Aufsteiger Fürth und Bochum mussten acht beziehungsweise elf Jahre warten.

FCA kontert Seinsch-Prognose

“Mir kommen immer die Worte von Walther Seinsch in den Kopf”, sagte Reuter nach dem Klassenerhalt 2020 und zitierte aus einem Gespräch mit dem früheren Präsidenten. “Er sagte mir: Herr Reuter, so groß ist der Druck nicht. Wir werden in den nächsten fünf Jahren definitiv zweimal absteigen. Das ist gar nicht zu verhindern, wenn man sich die Budgets in der Liga anschaut.” Der FCA konnte es verhindern. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Klassenerhalt auch in Zukunft gelingt. Die Bundesliga gibt es nicht im Dauer-Abo. Erst recht nicht für kleine Vereine wie dem FC Augsburg.

Sollte Rot-Grün-Weiß in die 2. Bundesliga absteigen, stünde der Verein gewiss nicht vor dem sportlichen Ruin. Aus dem Corona-Jahr ging der FCA finanziell deutlich gefestigter als andere Klubs hervor. Trotz Einbußen habe der FCA weiterhin ein positives Eigenkapital von 53 Millionen Euro, sagte Hofmann auf der Mitgliederversammlung. “Unsere Eigenkapitalbasis hat nicht nachgegeben. Außer Bayern und Freiburg kann das kein anderer Verein behaupten.”

Darf der FC Augsburg auch in Zukunft in der Bundesliga jubeln? © Sebastian Widmann/Getty Images)

Die Bundesliga ist noch immer etwas Besonderes

Zudem gelten nach unserem Kenntnisstand nahezu alle Verträge auch für die 2. Bundesliga. Viele, gerade junge Spieler würden den Verein im Abstiegsfall zwar verlassen. Ein Ausverkauf zum Spottpreis ist jedoch nicht zu erwarten.

Dennoch wäre ein Abstieg freilich ein Rückschritt. In der 2. Liga gibt es viele Teams mit Aufstiegsambitionen. Mit der unmittelbaren Bundesligarückkehr kann Augsburg daher nicht planen. Nun wollen wir keine Schreckensszenarien verbreiten. Noch spielt der FC Augsburg schließlich in Liga eins. Die Mannschaft hat die Qualität, auch in der nächsten Saison zu den besten 18 Teams in Deutschland zu gehören. Das würde bedeuten, dass auch in Zukunft regelmäßige Spiele gegen den FC Bayern auf dem Programm stehen. Das ist in der Tat noch immer etwas Besonderes. Es lohnt sich, sich die Bedeutung der Erstligazugehörigkeit immer wieder ins Gedächtnis zu rufen. Andere Klubs wären froh, wenn sie an der Stelle des FCA wären – und in der Bundesliga spielen würden.

Derbysieger gegen Bayern!!!

Auch wenn auf den Tribünen 2G Pflicht herrschte, rief der FC Augsburg für das Spiel gegen den Rekordmeister aus München das Motto „3F“ aus. Freitagabend, Flutlicht, Fight! Ca. 26.000 Fans bekamen in der Augsburger Nebelsuppe eben jenen Kampf zu sehen, den sich viele von uns schon lange gewünscht haben. Und das über volle 90 Minuten! Zu verlieren hatte man ja nichts, da eine Niederlage gegen den FC Bayern München ja gerne einmal in der Punkterechnung eingeplant wird. Doch wir sollten uns alle täuschen, denn unser heißgeliebter FCA überraschte und ging als in meinen Augen verdienter Derbysieger vom Platz.

Zahlreiche Ausfälle auf beiden Seiten

Bereits vor der Partie war auf Augsburger Seiten klar, dass Felix Uduokhai aufgrund eines Sehnenrisses im Oberschenkel noch nicht wieder einsatzfähig ist. Auch Tobi Strobl fiel wegen seines Kreuzbandrisses natürlich aus. Doch als schließlich die Aufstellung der Fuggerstädter bekannt gegeben wurde, kam der Schock. Ruben Vargas fehlte, da er positiv auf das Corona-Virus getestet wurde. Ebenfalls schmerzlich vermisst wurden Florian Niederlechner (Mittelfußprellung) und Alfred Finnbogason (muskuläre Probleme).

Und so schickte Coach Markus Weinzierl folgende Elf in den Kampf gegen Bayern München:

Gikiewicz – Iago, Oxford, Gouweleeuw, Gumny – Pedersen, Dorsch, Maier, Caligiuri – Zeqiri, Hahn

Auf der Ersatzbank nahmen Koubek, Gruezo, Córdova, Gregoritsch, Morávek, Jensen, Winther, Günther und Framberger Platz.

Auch der amtierende Deutsche Meister kam mit einigen Männern weniger in die Fuggerstadt. Neben den positiv getesteten Spielern Niklas Süle und Josip Stanisic, fehlten zusätzlich Rechtsaußen Kingsley Coman (muskuläre Probleme) und 6er Joshua Kimmich. Der 26jährige Mittelfeldchef musste aufgrund Kontakt zu einem Covidpatienten zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit in Quarantäne.

So bekamen es unsere Augsburger Jungs mit der folgenden Startelf zu tun:

Neuer – O. Richards, Hernandez, Upamecano, Pavard – Goretzka, Sabitzer – Sané, Müller, Gnabry – Lewandowski

Die Bank der Münchener konnte sich mit Früchtl, Chuopo-Moting, Cuisance, Davies, Sarr, Roca, Nianzou, Tolisso und Musiala ebenfalls sehen lassen.

Wir sind ein Team!

Es war also angerichtet. Die Fans auf den Rängen waren gemäß den Vorgaben mit Masken ausgestattet, unter denen es laut Coach Markus Weinzierl ordentlich warm werden sollte.

Wir müssen am Feld Vollgas geben und da haben wir keine Maske auf. Da gilt’s eben, dass der Funke überspringt und dass es dann unter der Maske warm wird.

Trainer Markus Weinzierl über die Maskenpflicht

Um kurz vor halb 9 betraten die beiden Mannschaften unter den Klängen von „Wir müssen siegen“ das Grün der Augsburger WWK Arena. Und auch wenn es draußen wirklich kalt war, dürfte es jedem FCA Fan warm ums Herz geworden sein, als unsere Jungs die Bühne betraten. Durch die Bank weg trugen alle Spieler ein Shirt mit der Nummer 5 – verkehrt herum, sodass es auch ein Jeder sehen konnte.

In guten wie in schlechten Zeiten – der FCA ist ein TEAM!

Die Aussage war klar: „Wir sind ein Team und spielen für unseren verletzten Freund Tobias Strobl“. Eben jenem Tobi Strobl, dessen Saison aufgrund eines Kreuzbandrisses vorzeitig beendet ist. Ich selbst saß zuhause vor dem Fernseher und war mehr als gerührt ob dieser Aktion, die definitiv zu meinenHighlights dieser Partie zählte.

Kampf, Leidenschaft, Wille von Beginn an

Pünktlich um 20:30 Uhr pfiff Schiedsrichter Daniel Siebert die Partie vor 26.000 Fans an. Von Beginn an gingen die Augsburger Jungs früh drauf und zeigten sich aggressiv. Etwas, das die Fans in den letzten Wochen doch schwerlich vermisst haben. Doch nicht so gegen die Bayern. Das Team war ein ekliger Gegner und ließ erst nach 7 Minuten die erste kleine Chance durch Omar Richards zu, die aber weit über das Tor ging.

Selbst wagte man auch den einen oder anderen Vorstoß. Da man gleichzeitig mit zwei Viererketten die Räume sehr eng machte, schafften es unsere Fuggerstädter, die gefürchtete Anfangsviertelstunde ohne Gegentreffer zu überstehen. Wir von der RoGaz, die jedes Spiel in unserem Gruppenchat diskutieren, waren uns sicher. “Vielleicht bedeutet das Brechen des Fluchs ja, dass ein Punkt drin ist.” An ein Wunder wagten wir bis dato aber nicht zu glauben.

Doch eben jene Überraschung passierte. In der

In der 23. Spielminute warf Bayern-Kapitän Neuer die Kugel ab zu Gnabry auf der linken Außenbahn, der von Daniel Caligiuri leicht angerempelt wurde. Schiri Siebert entschied auf Vorteil, was die Bayern im Anschluss monierten. Ihr Mann mit der Nummer 7 verlor im anschließenden Zweikampf den Ball nämlich an unseren Abwehr-Jeff. Die Pille landete bei Cali, der weiter zu Pedersen passte. Der kleine dänische Wirbelwind nahm an der Seite Iago mit, der auf Zeqiri flankte, welcher im 16er auf eine Gelegenheit lauerte. Allerdings wurde unser Schweizer Stürmer hart von Hernandez bedrängt, sodass er die Kugel lediglich ablegen konnte. Auf Mads Pedersen, der von etwa von der Strafraumkante aus volle Kanne mit Links abzog und erfolgreich ins rechte untere Ecke zu seinem ersten Bundesliga-Treffer einnetzte.

Alle Augsburger Fans: So!

Jubel auf den Tribünen und natürlich auch zuhause. Unfassbar… Der FCA führte gegen den deutschen Rekordmeister! Damit hätten wohl die Wenigsten gerechnet. Ich erwartete schon mit einem Aufbäumen der Bayern, doch überraschenderweise kamen in der Folge keine 300.000 Torschüsse. Zwar machten die Münchener etwas Druck, doch die Augsburger Defensive stand bombensicher und ließ nicht wirklich viel zu.

In der 35. Minute machte man stattdessen einen großen Schritt in Richtung „Wunder“. Wieder war es Andi Zeqiri, der sich nun gegen Mittelfeldspieler Marcel Sabitzer durch setzte und den Ball auf auf Iago abgab, der an der Seitenlinie nach vorne zog. Unser Linksverteidiger flankte in den 16er, wo André Hahn höher stieg als Hernandez und die Führung per Kopf zum 2:0 ausbaute. Dazu kann ich auch heute nur eines sagen: Der HAHNsinn!!!

Kein Grund, sich auszuruhen. Weiter, immer weiter! (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Der Jubel auf den Rängen war jedoch noch gar nicht richtig abgeklungen, als der FC Bayern zur Antwort ansetzte. Am rechten Strafraum-Eck ließ man Pavard ungestört in die Mitte auf Müller flanken, der stark mit der Hacke auf Lewandowski verlängerte. Unser Beton Rafal Gikiewicz war zwar noch mit den Fingerspitzen dran, schaffte es aber leider nicht, die Kugel ins Seitenaus abzulenken. Und so ging man mit einem zwischenzeitlichen Spielstand von 2:1 in die Pause.

Bibbern bis zum Schluss

Natürlich war die Freude über die Führung zur Halbzeit riesengroß, aber ich war doch noch etwas vorsichtig. Immerhin spielte man gegen den FC Bayern München, dessen Qualität so gewaltig ist, dass sie einen Rückstand auch mal ganz schnell drehen können. Hat man ja gegen Mainz in der vergangenen Saison gesehen. Die lagen zur Pause sogar mit zwei Toren in Führung und in Hälfte zwei schenkte Bayern ihnen noch satte 5 Tore ein.

Das wollten unsere Augsburger aber in jedem Fall verhindern und so stellte Coach Markus auf eine 5er-Kette um. Mauern bis zum Abwinken lautete die Devise. Und das machten die Fuggerstädter wirklich gut. Man ließ auch nicht wirklich zwingende Torchancen zu, denn in der gesamten Partie weißt die Partie gerade einmal 4 direkte Schüsse aufs Tor durch die Bayern auf. Auf Augsburger Seiten waren es im Übrigen 3 direkte Torschüsse.

Um jetzt nicht jede Torchance der Münchener ausformulieren zu müssen, möchte ich das Wort gerne unserem Torwart überlassen, der seinen 50. Einsatz für den FC Augsburg im Interview mit dem FCA TV folgendermaßen beschrieb:

„Wir haben das Herz auf dem Platz gelassen und in der ersten Halbzeit schießen wir einfach ein Tor mehr wie Bayern. In der zweiten Halbzeit – super Arbeit gegen den Ball. Kompliment an die Mitspieler und jeden Feldspieler. Und Bayern hatte auch nicht so viele Möglichkeiten in der zweiten Halbzeit. Sie haben Qualität, jeder weiß das schon vor dem Spiel… Ich habe schon gelesen, sie schießen 3 Tore pro Spiel. Heute haben sie nur eins geschossen. Geile Arbeit, auch von Reece und Jeff. Wir haben heute einen kleinen Bus in unserem Strafraum geparkt, aber es hat gereicht.“

Rafal Gikiewicz nach der Partie im FCA TV

Also als klein würde ich den Bus nicht bezeichnen (ein Doppeldecker war es mindestens), aber das ist im Nachhinein auch echt egal. Fakt ist, dass unsere Jungs es über die Zeit brachten und keinen Geringeren als den Rekordmeister FC Bayern München ohne Punkte nach Hause schickte. Denn diese bleiben schön da, wo sie hin gehören und dringend gebraucht werden: In Augsburg!!!

Eskalation und Freude pur! (Photo by Sebastian Widmann/Getty Images)

Des einen Freud’…

Auch heute ist die Freude über diesen doch unerwarteten Sieg immer noch gewaltig. Mit Kampf, Wille, Leidenschaft und Mut belohnten sich die Jungs am Ende selbst und zeigten über die gesamte Partie hinweg, was wirklich in ihnen steckt. Einen großen Anteil daran trug sicherlich die richtige Einstellung durch Markus Weinzierl und sein Trainerteam. Immerhin kann Weinzierl Bayern, denn mit ihm an der Linie haben es die Fuggerstädter bereits nun zum dritten Mal geschafft, den überlegenen Nachbarn zu schlagen. Dieser sagte nach dem Sieg und der anschließenden Feier auf dem Platz in der Pressekonferenz folgendes:

Wir haben einen tollen Fight abgeliefert über 90 Minuten, haben zwei Tore erzielt jeweils wunderbar über die linke Seite. Und wenn du 2:0 in Führung bist, dann gibt das natürlich irgendwann den Glauben, dass du das wirklich auch schaffen kannst. Der Anschlusstreffer hat mich geärgert, weil es war eigentlich keine hundertprozentige Chance. In der zweiten Halbzeit war es dann so, dass wir natürlich gemerkt haben, dass Bayern immer stärker wird und auch gut gewechselt hat mit Musiala und mit Davies auf der linken Seite. Aber wir haben es mit allem Geschick und mit sehr viel Willen und einer guten Systematik dann auch verteidigt. Und dann brauchst du auch das notwendige Glück. Aber im Großen und Ganzen glaube ich schon, dass wir aufgrund der ersten Hälfte auch verdient gewonnen haben. Und das zu sagen gegen Bayern München macht mich unheimlich stolz. Da können die Jungs auch wirklich stolz drauf sein.“

Bayern kann er!

Auch Mads Pedersen trat nach der Partie noch immer breit grinsend vor das Mikrofon des FCA TV. Der flinke Flitzer durfte zurecht stolz auf sich sein, hat er doch gegen die großen Bayern sein erstes Bundesliga-Tor geschossen. Und was für eins – Vollspann und eiskalt. Wir gratulieren ihm sehr herzlich dazu.

Mads Pedersen: „Heute war brutal! So ein gutes Gefühl, das ist brutal! Mit der ganzen Mannschaft haben wir so gut zusammen gespielt und in der ganzen Woche brutal gut trainiert. Und dann heute auf dem Platz standen nicht nur 11 Mann zusammen, sondern auch der Trainer, die Spieler auf der Bank und auf der Tribüne. Alle zusammen! Und ohne die Fans und ohne alle hätten wir diesen Sieg nicht bekommen. Das ist brutal gut! … Das mit dem Tor war brutal gut! Ich habe auch ein bisschen Glück, dass der Ball zu mir kommt, aber ja, es war so, so, so gut!“

Auch Hahno, unser zweiter Torschütze, stellte sich danach den Fragen des Reporters und wirkte dabei sichtlich gelöst und stellenweise auch erleichtert.

André Hahn: „So stellt man sich den Freitagabend vor, so erträumt man ihn sich und es ist schön, dass es wahr geworden ist. Wir sind wirklich riesig glücklich darüber, dass wir den Sieg geholt haben. So können wir entspannt ins Wochenende starten und die Spiele auch entspannt verfolgen. … Ich denke, dass wir uns jetzt schon von Woche zu Woche gesteigert haben. Wenn ich jetzt das Stuttgartspiel nehme, haben wir auch schon eine gute Leistung gezeigt. Aber heute haben wir uns wirklich übertroffen. Wir haben wirklich mit den Fans im Rücken alles raus gehauen und haben endlich das gezeigt, was den FC Augsburg auszeichnet, mit Herz, Leidenschaft und Kampf dagegen gehalten und so konnten wir das Spiel gewinnen.“

Aber nicht nur deswegen, wenn es nach unserem Beton geht. Der hatte nämlich bei seinem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk seine ganz eigene Theorie.

Rafal Gikiewicz: „Heute war meine Mama auch da. Sie war jetzt bei fünf Spielen in der Bundesliga und wir haben 5 Siege eingefahren. Ich verliere nie, wenn meine Mama im Stadion sitzt. Sie bleibt jetzt bei uns und ich hoffe, dass die Heimserie jetzt weitergeht.“

Egal, was es auch war, aber die Augsburger Jungs sollen genau so weitermachen und auch in den kommenden Spielen ein solches Feuerwerk auf dem Platz zeigen. Und Mama Gikiewicz ist natürlich bei jedem Spiel herzlich willkommen, wenn danach drei Punkte auf dem Konto der Rot-Grün-Weißen landen.

… ist des anderen Leid

Während beim FCA natürlich Freude und Harmonie vorherrschten, sahen die Bayern die Niederlage natürlich sehr kritisch an. So monierte Stürmer Thomas Müller nach der Partie im Interview nach DAZN:

„Wir hatten ein wenig Pech mit dem Schiedsrichter. Das ist eigentlich ein Foul (Anm. vor dem 1:0). Einen Vorteil sehe ich hier nicht wirklich. Im ersten Moment kann ich den Schiedsrichter verstehen, er will den Vorteil geben, aber durch diesen Rempler ist es absolut keine Vorteilssituation, das haben wir auch schon auf dem Feld besprochen, aber der Schiedsrichter wollte bei seiner Meinung bleiben.“

Bayern-Kapitän Manuel Neuer kritisierte hingegen nicht nur die mangelhafte Defensiv- sondern auch die Offensivarbeit seiner Münchner.

„Was mir Sorgen macht, ist einfach, dass wir zu wenig Torchancen hatten. Normalerweise haben wir gegen so eine Mannschaft, ich glaube, im letzten Jahr fünf Tore erzielt, hatten Chancen en masse. Heute leider nicht.“

Anmerkung der Rosenau Gazette. Ja, in München waren es 5 Treffer, aber in der WWK Arena sah das auch immer wieder anders aus. Da gewann der FC Bayern zwar mit 0:1 durch Lewandowski, aber sie kamen auch gerade einmal auf 13 Torschüsse auf und neben das Tor. Im Jahr zuvor reichte es für den Rekordmeister lediglich zu einem 2:2-Unentschieden. Also bitte fair bleiben. Es ist immer ein Unterschied, ob man zuhause oder auswärts spielt.

Bayern-Trainer und Ex-Augsburger Julian Nagelsmann sah das nämlich ähnlich wie wir, als er sich in der anschließenden Pressekonferenz den Fragen der Journalisten stellte.

„Ja, zuallererst Mal, Glückwunsch Markus an dich und an Augsburg zu dem Sieg. In meinen Augen ist er auch nicht unverdient. Das mal vorne weg. Ich finde, dass wir in der ersten Halbzeit eigentlich extrem viel Platz hatten und den unglaublich schlecht genutzt haben. Wir haben sehr zurück gerichtet gespielt im eigenen Ballbesitz, sehr viele Rückpässe, hatten eigentlich im zentralen Mittelfeld eine große Überzahl, die wir ganz, ganz selten gut und zielgerichtet ausgenutzt haben. Wir haben dann eigentlich kaum Durchbrüche gehabt auf dem Flügel, die eigentlich sehr häufig möglich waren. Und dann waren wir relativ schnell 2:0 hinten. Auf sehr identische Art und Weise, wie wir auch im Pokal gegen Gladbach auch drei Tore gekriegt haben. Eine sehr ähnliche Art und Weise, wie wir dann auch gegen Freiburg dann am Ende ein Tor kriegen. Wie wir auch in der Champions League auch schon ein Tor gekriegt haben zuletzt gegen Benfica.“

Sichtlich angefressen lobte der gebürtige Landsberger auch unseren FCA.

„… Aber wenn du einem 2:0 hinterher läufst und Augsburg dann sehr körperbetont, leidenschaftlich und auch abgezockt spielt… Muss man auch sagen. Ich ärgere mich nicht über irgendwelche Zeitspiele, sondern ich finde, das muss so sein im Profifußball. Das ist einfach so, das gehört dazu. Das haben sie clever gemacht und am Ende auch nicht unverdient gewonnen.“

Ooooh wie ist das schön!

Nun sind ja doch schon ein paar Tage vergangen und doch fühlt sich dieser Sieg immer noch so „brutal gut“ an, wie Mads so schön gesagt hat. Einfach weil die Wenigsten wohl damit gerechnet hat, dass man die übermächtigen Bayern schlagen könnte. Natürlich ist im Fußball alles möglich. Aber man darf nicht vergessen, dass der Rekordmeister bereits 40 Tore geschossen hatte, bevor sie zu uns in die WWK Arena kamen. Das ist halt schon mal eine Ansage.

Aber an dieser Partie hat man sehr gut gesehen, dass Ballbesitz, Überlegenheit und auch der Kaderwert nicht alles ist, worauf es im Fußball ankommt. Mit einer überragenden Defensive kann man eine Offensivmacht auch mal schnell an den Rande der Verzweiflung bringen. Hinzu kommt, dass am Freitag eine Einheit auf und neben dem Platz vorherrschte. Jeder Spieler hat für den anderen geackert und die Fans haben sie getragen.

Die 3 Punkte, mit denen niemand gerechnet hat, sind auch tabellarisch unwahrscheinlich wichtig. Durch die Niederlage in Leverkusen, konnte der FCA den VfB Stuttgart hinter sich lassen. Und da die Arminia aus Bielefeld nur unentschieden gegen Wolfsburg spielte, konnte man den Vorsprung auf einen direkten Abstiegsplatz auf 3 Punkte ausbauen. An Bochum und Hertha bleibt man dran, da auch diese beiden Vereine verloren haben. Sprich, mit einem Sieg gegen den Hauptstadtclub könnte man in der Tabelle weiter nach oben klettern. Ich bin der Meinung, dass Gikies Ziel vor ein paar Wochen – 20 Punkte am Ende der Hinrunde – durchaus realistisch einzuschätzen ist. Und wer weiß, vielleicht werden es ja auch ein paar mehr.

Fakt ist, dass dieser Sieg der Mannschaft richtig gut getan hat. Ich hoffe sehr, dass sie eine Menge Selbstbewusstsein daraus ziehen können. Wenn man diesen Mut und diese Leidenschaft mit in die nächsten Partien nimmt, kann nur wenig schief gehen. Ich vertraue auf die Jungs, dass sie das packen und am Samstag bei der „Alten Dame“ aus Berlin endlich mal den ersten Sieg im Olympiastadion einfahren. Dieser ist nämlich längst überfällig. Und wenn uns dieses Derby eines gezeigt hat, dann ja wohl, dass auch das Unmögliche möglich ist!

Lage der Liga

Der tabellarische Blick auf den FCA ist derzeit nicht ganz so angenehm. Daher möchte ich mich – während derzeit DFB Pokal Partien anstehen – dem Rest der Liga widmen. Ein Club fällt in der Tabelle derzeit immer mehr zurück, der erste Club hat seinen Trainer entlassen und Erling Haaland fällt erneut verletzungsbedingt aus. Eine kurze Zusammenfassung des Ligageschehens:

VfL Wolfsburg entlässt Mark van Bommel

Der erste Trainerwechsel in der Liga bahnt sich an – der VfL hat am vergangenen Sonntag Mark van Bommel entlassen. Nach acht sieglosen Partien in Folge zog man in Wolfsburg die Reißleine und stellte den 44 Jahre alten Übungsleiter mit sofortiger Wirkung frei. Geschäftsführer Schmadtke gegenüber dem Kicker: “Es gab unter dem Strich mehr trennende als verbindende Faktoren. Die Überzeugung, in dieser Konstellation aus der sportlich schwierigen Situation herauszukommen und schnellstmöglich die Kehrtwende herbeizuführen, hat gefehlt und uns zu dem Entschluss kommen lassen, die Zusammenarbeit zu beenden. Wir wünschen Mark sportlich wie privat alles Gute.”

Mark van Bommel zeigte sich jedenfalls äußerst enttäuscht über das abrupte Aus: “Ich bin überrascht und enttäuscht von der Entscheidung, weil ich überzeugt davon bin, dass wir es gemeinsam geschafft hätten, in die Erfolgsspur zurückzukehren. Ich wünsche der Mannschaft, dass sie es schnell schafft, das Ruder wieder herumzureißen.” Der Nachfolger ist derweil auch schon bekannt geworden: Michael Frontzeck übernimmt vorerst das Ruder in Wolfsburg.

Mark van Bommel ist nicht länger Trainer der Wolfsburger. (Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Haaland erneut verletzt – BVB jubiliert

Trotz des erneuten verletzungsbedingten Ausfalls von Weltklasse-Stürmer Erling Braut Haaland jubilierte der BVB am Samstag gegen Bielefeld. Mit 3:1 setzte man sich gegen die Arminia durch, die Tore erzielten Emre Can per Foulelfmeter, Mats Hummels und Jude Bellingham. Die Dortmunder festigten durch den Sieg den zweiten Rang und sicherte sich die direkte Verfolgerposition auf den FC Bayern.

Erling Haaland ist eigentlich die Dortmunder Lebensversicherung. Schon neun Tore – in nur sechs Partien – erzielte der 21jährige in dieser Saison. Der Stürmer steht vor seinem 50. Bundesligaeinsatz (und seinem 50. Bundesligatreffer) – muss sich derzeit aber gedulden. Eine Verletzung des Hüftbeugers setzt ihn wohl für mehrere Wochen außer Gefecht! Für den jungen Norweger schon die zweite Verletzung in der laufenden Spielzeit, gegen Gladbach, Augsburg und Lissabon musste er ebenfalls pausieren. “Es ist derselbe Oberschenkel, nur eine andere Stelle”, äußerte sich Trainer Rose vor kurzem zur Verletzung. Er tat die Einschätzung des Teamarztes der norwegischen Nationalmannschaft kund:  “Die Verletzung braucht Zeit. Mindestens drei, vier Wochen, vielleicht länger.”

Erling Haaland ist sicherlich nicht erfreut über seinen erneuten Ausfall – und den Dortmundern wird er schmerzlich fehlen. (Photo by Dean Mouhtaropoulos/Getty Images)

Review zum neunten Spieltag

Mainz schlachtete (unerwartet) den FC Augsburg mit 4:1 ab und die Augsburger verbleiben somit auf dem Relegationsplatz. Mainz klettert hingegen munter in der Tabelle – derzeit sind sie Siebter. Bielefeld verliert mit 3:1 gegen den BVB und bleibt hinter dem FCA auf Platz 17. Stuttgart kommt gegen Union Berlin nicht über ein 1:1 hinaus und rutscht auf Platz 13 ab. Die Berliner sind derzeit hingegen etwas überraschend Fünfter.

Im rheinischen Derby ringt Köln Leverkusen einen Punkt ab (Endergebnis: 2:2). Die Hertha gewinnt durch ein spektakuläres Richter-Tor mit 1:0 gegen Gladbach. Mit zwölf Punkten stehen die Berliner auf Platz 10, Gladbach rutscht tabellarisch ab und ist mit elf Punkten nur noch Zwölfter. Durch den 4:1-Sieg gegen Fürth klettert RB Leipzig auf den sechsten Platz, während Fürth mit einem einzigen mageren Pünktchen weiterhin Tabellenletzter ist.

Der FC Bayern bleibt – auch ohne den Corona-erkrankten Cheftrainer Julian Nagelsmann an der Seitenlinie – Tabellenführer. Mit 4:0 fertigten die Münchner Hoffenheim ab. Die TSG rutscht dadurch auf Rang elf ab. Freiburg gewinnt mit 2:0 gegen Wolfsburg, was in der Entlassung von Trainer van Bommel mündete. Freiburg ist damit derzeit sensationell Dritter. Wolfsburg steht auf einem soliden neunten Tabellenplatz. Den Spieltag abgeschlossen hat die Partie Bochum gegen Frankfurt. Der kommende Pokalgegner der Augsburger gewann verdientermaßen mit 2:0. Somit sind die Bochumer mittlerweile Tabellenvierzehnter und haben mit dem Sieg sogar die Frankfurter überholt. Diese stehen mit acht Punkten auf Rang 15.

Die Bochumer befinden sich derzeit spürbar im Aufwind – und stellen den nächsten Gegner des FCA (im DFB Pokal) dar. Wir zittern jetzt schon! (Photo by Lars Baron/Getty Images)

Veh zum FCA? Reuter wackelt

Stefan Reuter ist beim FCA nicht mehr unumstritten, dies berichten diesertags zahlreiche Medienberichte. Präsident Klaus Hofmann sagte auf der JHV zuletzt: „Wenn man fünf Trainer in fünf Jahren hatte, hat man sicher nicht alles richtig gemacht.“ Diese Worte werden als Spitze in Richtung Sportdirektor verstanden, in dessen Tätigkeitsfeld die Trainerbesetzung fällt. Der kicker berichtet zudem, dass schon in der zurückliegenden Saison Spannungen zwischen Reuter und Hofmann herrschten. Auch seitens der Mannschaft werden von Differenzen mit dem Sportdirektor berichtet.

Ein möglicher Nachfolger könnte der Augsburger Armin Veh sein. Der 60jährige lebt in Augsburg, war Spieler des Vereins und trainierte den FCA bereits zweimal. Kommt es noch zu einem dritten Engagement? Zuletzt war er in der Saison 2003/2004 Trainer in der Fuggerstadt. Zuletzt war Veh zwischen Dezember 2017 und November 2019 Geschäftsführer Sport beim Ligakonkurrenten 1. FC Köln. Der Stuhl von Reuter wackelt, Trainer Weinzierl genießt derzeit aber wohl (noch) Rückendeckung. Auf der zurückliegenden JHV nahm Hofmann die letzten Trainer – vor Markus Weinzierl – in die Kritik, schloss den Niederbayern hierbei jedoch aus. Und dies trotz des eklatanten Punkteschnitts unter Weinzierl: Seit seiner Rückkehr im April hat er den schlechtesten Punkteschnitt aller FCA-Trainer in der Bundesliga (0,75).

Rafal Gikiewicz lederte schon mächtig im Interview nach dem Spiel, nun zog zuletzt auch Kapitän Jeffrey Gouweleeuw nach: “Wenn wir so spielen, holen wir keine Punkte”, so der Niederländer. Zu kritisieren hat der 29jährige die mangelnde Konstanz: “Der Unterschied zwischen den Spielen ist viel zu groß. Wir haben ein paarmal zu null gespielt, da waren wir richtig stabil. In anderen Spielen bekommen wir die Tore viel zu einfach.” Gouweleeuw berichtete von mangelnder Kommunikation in der Mannschaft: “Manchmal ist das Problem, dass wir zu wenig reden untereinander. Auch auf dem Platz kommunizieren wir viel zu wenig.”

Fazit

Während es im oberen Tabellendrittel relativ eng zugeht, wird der Abstand im unteren Tabellenabschnitt immer größer. Der FCA steht mit sechs Punkten derzeit auf dem Relegationsrang. Frankfurt auf Platz 15 und Bochum auf Platz 14 haben schon zwei bzw. vier Punkte Vorsprung und die (deutlich) bessere Tordifferenz. Bielefeld liegt auf dem ersten direkten Abstiegsplatz und ist dem FCA mit fünf Punkten recht nah. Auch die Arminia hat eine bessere Tordifferenz als die Augsburger. Nur Fürth ist derzeit schon recht abgeschlagen. Gladbach, Hoffenheim und Hertha liegen auf den Plätzen 12-10. Die Hertha lag zu Saisonbeginn lange Zeit gleichauf mit dem FCA und hat nun schon doppelt so viele Punkte (12). Mainz, Köln und Wolfsburg runden das Tabellenmittelfeld ab.

Leipzig ist derzeit ein wenig abgeschlagen von der Spitzengruppe. Der gehört unweigerlich der SC Freiburg an. Auch Union Berlin mischt derzeit munter mit. Leverkusen liegt mit einer fulminanten Offensive auf dem vierten Platz. Der BVB und die Bayern schreiten vorne weg und bilden die obere Tabellenspitze. Bayern mit einer sensationellen Tordifferenz von +25, bereits 33 Tore hat der FCB in der laufenden Saison erzielt. Ligabestwert und zwar mit Abstand! Bemerkenswerte die Performance der Freiburger, die als einzige Mannschaft noch kein Ligaspiel verloren und bisher die wenigsten Gegentore aller Bundesligateams kassiert hat (6). Chapeau!

…und der FCA?

Stefan Reuter fordert von seinen Mannen: “Wie wir es von der Mannschaft fordern, so müssen wir es vorleben: Sehr geschlossen, klar und gemeinsam gegen die Situation ankämpfen.” Und gibt hier die Marschroute der nächsten Wochen klar vor.

Weinzierl unter Druck?

Der FC Augsburg hat vor Kurzem seine Jahreshauptversammlung abgehalten. Auf die finanziellen wie vereinspolitischen Aspekte der Veranstaltung soll in diesem Blog noch genauer eingegangen werden. Nun soll es aber um die Äußerungen von Klaus Hofmann gehen.

Der Vorstandschef des FCA nutzt derartige Veranstaltungen gerne, um deutlich Partei zu ergreifen. Hofmann spricht dabei das aus, was die Fanseele hören will. Die Aussagen haben nicht selten einen populistischen Touch – kommen in der Regel aber gut bei den Mitglieder an. So ätzte er etwa gegen den bei der Mehrheit unbeliebten Videobeweis und stichelte gegen “den einen oder anderen Schlaumeierkollegen aus der Bundesliga”, der den FCA als Investorenklub bezeichnet hatte. Namen nannte Hofmann keine, meinte aber wohl Union Berlins Präsident Dirk Zingler, der den FCA als “das kleine RB” kritisiert hat. Hofmann räumte mit diesem Irrglauben auf und sprach außerdem über die aktuelle Spielweise.

“Haben uns das Fußballspielen abgewöhnt”

Dabei zeigte Hofmann Verständnis für Kritik an der spielerischen Entwicklung der Schwaben. “Ich verstehe die Stimmen, die uns vorwerfen, dass die Entwicklung stagniert”, sagte Hofmann, nachdem er die nunmehr elf Jahre andauernde Ligazugehörigkeit als “unglaublichen Erfolg” lobte. “Ich kann beide Seiten der Medaille erkennen. So richtig schön ist unser Fußball in den letzten zweieinhalb bis drei Jahren nicht mehr.” Daran Schuld haben laut Hofmann auch die beiden Trainer Martin Schmidt und Heiko Herrlich.

“Wir haben uns systematisch das Fußballspielen abgewöhnt in den letzten zwei, drei Jahren. Es gab eine Phase, da haben wir nur auf Konter gespielt, und eine Phase, da waren wir nur defensiv und haben versucht, mit Glück ein Tor zu schießen.” Erstere Phase ist auf Umschalttrainer Schmidt zuzuschreiben, zweitere auf die destruktive Zeit unter Herrlich. Beide Coaches verpassten es, die spielerische Entwicklung voranzubringen. Die Kritik an beiden Trainern ist angebracht und berechtigt. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Hofmann als Klubboss die Installation des Duos direkt mitgetragen und damit auch zu verantworten hat.

Klaus Hofmann hatte auf der vergangenen JHV einiges zu bemängeln. (Photo by Stefan Puchner – Pool/Getty Images)

Vertrauen in Weinzierl: “passt zum FCA”

Nun stellt sich die Frage, ob unter dem neuen, alten Coach Markus Weinzierl alles besser ist. Der Saisonstart lässt diese Frage zumindest offen. Sechs Punkte nach neun Spielen sind deutlich zu wenig. Zur Wahrheit gehört zwar auch, dass der FCA ein schwieriges Auftaktprogramm mit Europapokalteilnehmern und -anwärtern hatte. Aber selbst gegen vermeintliche Teams auf Augenhöhe überzeugten die Schwaben nicht. Gegen Bielefeld (1:1) spielte man nur eine Halbzeit ansehnlichen Fußball, gegen Freiburg (0:3) und Mainz (1:4) war die Partie bereits nach einer halben Stunde entschieden.

Nachdem ein Viertel der Saison gespielt ist, wächst der Druck auf Mannschaft und Trainer. An anderen Bundesligastandorten wäre es bereits deutlich unruhiger. In Augsburg, wo es in den letzten fünf Jahren fünf unterschiedliche Trainer gegeben hatte, will man Personaldiskussionen offenbar vermeiden. Hofmann stellte sich demonstrativ hinter Weinzierl: “Ich halte ihn für einen erstklassigen Trainer und einen Menschen, der zum FCA passt.” Mit Weinzierl hatte man bereits Erfolg, das “wird man auch jetzt schaffen”. Gleichzeitig nahm Hofmann die Mannschaft in die Pflicht und sagte er sei “auch schon mal mit größerer Vorfreude zu Heimspielen gefahren”. Wer den 54-Jährigen schon einmal live im Stadion erlebt hat, weiß, dass da auch einmal deutlich schärfere Worte fallen.

Weinzierl muss liefern

Wie ist das Bekenntnis zu Weinzierl nun zu verstehen? Zunächst einmal spricht es nicht für die Leistung des FC Augsburg, dass ein solches Bekenntnis überhaupt notwendig ist. Den Saisonstart hatte man sich anders vorgestellt. Dass die sportliche Führung an Weinzierl festhalten will, ist nachvollziehbar. Den in Augsburg noch immer sehr beliebten Straubinger nach wenigen Monaten wieder zu schassen, wäre manchem Fan wohl schwer vermittelbar. Zumal es auf dem Trainermarkt derzeit nicht wirklich viele Alternativen gibt. Ein Domenico Tedesco zum Beispiel wäre allerdings interessant.

Bis Weihnachten trifft der FC Augsburg noch auf Stuttgart, Hertha, Bochum, Köln und Fürth. Spiele, in denen ein anderes Gesicht gezeigt werden muss, als am Freitag in Mainz. Der Auftritt der Mannschaft war schlicht bodenlos. Die Mainzer Fans sangen den FCA während der Partie sogar in die 2. Bundesliga.

Am Boden: Daniel Caligiuri und der FCA haben in Mainz sang- und klanglos verloren. (Photo by Matthias Hangst/Getty Images)

Die Situation ist ernst, keine Frage. Dass nun aber von einigen Fans bereits erste Forderungen nach einem Trainerwechsel laut werden, ist keineswegs hilfreich. Markus Weinzierl hat eine ernsthafte Chance verdient. Dass ihm Hofmann den Rücken stärkt, ist daher richtig. Klar ist aber auch: Weinzierl und die Mannschaft sollten dieses Vertrauen allmählich zurückzahlen und wieder zurück in die Spur kommen. Auch ein Einzug ins Pokalachtelfinale kann auf diesem Weg helfen.

Transferperiodencheck

Seit gestern Abend ist nun das Sommer-Transferfenster geschlossen und die meisten Clubs haben nochmals personell aufgestockt. So auch der FCA: Der Schweizer Mittelstürmer Andi Zeqiri wurde am Montag als Neuzugang präsentiert. Am “Deadline Day” schlug der FCA – trotz anderslautender Gerüchte – nicht mehr zu. Auch, weil ein Transfer in letzter Sekunde platzte. Aufgrund des versiebten Saisonauftaktes wurde dennoch mit der Verpflichtung eines Stürmers personell reagiert.

Nach einer kuriosen Vorsaison, die mit dem knappen Nicht-Abstieg durch den “Retter” Markus Weinzierl endete, folgte dann die ernste Aufarbeitung. Diese schonungslose Analyse förderte unter anderem einige Problemstellen zu Tage, die es neu- oder nach zu besetzen galt. Ein probates Mittel hier, externe Neuzugänge an Bord zu holen, um Lücken zu schließen. Um freie Ressourcen zu schaffen, müssen auch Spieler (temporär oder permanent) abgegeben werden. Die Zusammenfassung eines turbulenten Sommers aus FCA-Sicht:

Abgänge – die “Profis”

Ein schwerwiegender Abgang für den FCA ist definitiv Rani Khedira. Er war zuletzt Teil des Mannschaftsrats, hat sich in Augsburg zum Bundesligaspieler gemausert. Dies blieb der Konkurrenz nicht verborgen und Khedira schloss sich bekanntlichermaßen ablösefrei Union Berlin an. Und riss damit eine neuerliche Problemstelle im Augsburger Kadergerüst auf, nachdem Daniel Baier in der Saison zuvor schon nicht adäquat ersetzt werden konnte. Khediras Wechsel zu kompensieren wird sportlich und menschlich jedenfalls nicht leicht werden, so viel steht fest. Zu solide und umsichtig agierte der gebürtige Stuttgarter in der Augsburger Schaltzentrale die letzten Jahre. Nie vergessen werden wir das wichtige 1:0 durch Rani Khedira am vorletzten Spieltag der vergangenen Saison gegen Werder Bremen, das uns alle in einen kollektiven Freudentaumel versetzt hat und zeitgleich den Klassenerhalt bedeutete.

Mit Marco Richter wechselte eine Augsburger Identifikationsfigur in die deutsche Hauptstadt, um sich sportlich weiterzuentwickeln. Dies ist einerseits traurig, weil die Augsburger Fans natürlich gerne einen gebürtigen Augsburger in der Stammelf sehen möchten. Diese “Local Heroes” gehen dem FCA allerdings so langsam aus. Mit Framberger spielt derzeit nur noch ein gebürtiger Augsburger bei den Profis und dies zuletzt nur als Teilzeitkraft. Oft wirkte es bei Richter so, als wäre diese Erwartungshaltung eine Bürde, die der gebürtige Friedberger mit sich trug. Und die er gefühlt nie ablegen konnte. Unmut zog der flinke Flügelspieler weiterhin auf sich, weil er oft aus zweiter Reihe (teilweise zu überhastet) abschloss und dabei leider den ein oder anderen besser postierten Nebenmann übersah. Das Tor traf er bei diesen Versuchen äußerst selten.

Trotzdem verehren wir Marco Richter alle sehr, so wie RoGaz-Gründer Andy, der ihm einen virtuellen Liebesbrief widmete. Wir wünschen ihm viel Erfolg und man kann wohl sagen, dass er abseits der Heimat den nächsten Entwicklungssprung packen kann, nachdem er beim FCA lange stagnierte. Mach einfach den Kopf aus Marco und zieh dein Ding durch.

Weitere Abgänge, wie die von Leihrückkehrer Kevin Danso oder Ersatzmann Marek Suchy, fallen höchstens quantitativ ins Gewicht. Und sind nur zum Teil nachbesetzt worden. Gerade Marek Suchy merkte man an, dass der Bundesligafussball oft zu schnell für ihn war. Kevin Danso hat sich beim FCA nicht mehr in der Lage gesehen, für den Verein Fußball zu spielen. Ein unrühmliches Ende einer eigentlichen Success Story. In ihm hatten wir eigentlich alle einen künftigen Leader in der Augsburger Defensive gesehen.

Marek Suchy war ein solider Ersatzmann und verstärkte den FCA in der Breite. Sein Abgang schmerzt daher nicht ganz so sehr, wie die von Khedira und Richter. (Foto:  kolbert-press Christian Kolbert)

Abgänge – die “Nachwuchshoffnungen”

Der FCA hat einigen Jungspunden aus dem Nachwuchs per Leihe die Möglichkeit gegeben, Spielpraxis zu sammeln und Profiluft fernab des Lechs zu schnuppern. So wurden die folgenden Spieler seit Anbeginn der Transferperiode an Clubs aus der zweiten, dritten und vierten Liga verliehen:

  • Lukas Petkov (20): Konnte am letzten Spieltag gegen den FC Bayern sein Bundesligadebüt feiern, wurde dann Anfang Juli zum Drittligisten SC Verl (NRW) verliehen.
  • Benjamin Leneis (22): Der Keeper absolvierte zu Beginn der Vorbereitung erst ein Probetraining bei den Magdeburgern und wurde dann für eine Saison zum Drittligisten verliehen. Leider zog sich der 1.95 Meter große Schlussmann vor kurzem einen Innenbandriss zu, Rückkehr unbekannt.
  • Felix Götze (24): Der defensive Mittelfeldspieler wurde auf eigenen Wunsch hin erneut zum 1. FC Kaiserslautern in die dritte Liga verliehen. Auch Felix Götze erwischte es vor kurzem knüppeldick: Er zog sich in einem Ligaspiel eine Kopfverletzung zu und musste sogar ins Krankenhaus. Den beiden Verletzten auch weiterhin gute Besserung!
  • Jozo Stanic (22): Kam beim FCA nicht zum Zuge und wurde zum Drittligisten Wehen-Wiesbaden verliehen. Dort konnte in der Vorsaison Maurice Malone brillieren.
  • Maurice Malone (21): Apropos, Maurice Malone verlies den FCA auf den letzten Drücker für eine weitere Leihsaison. Er wird in der aktuellen Saison für den Zweitligisten Heidenheim auflaufen.
  • Seong-Hoon Cheon (20): Der Südkoreaner wurde am “Deadline Day” noch in die Regionalliga Südwest zum FC Homburg verliehen. Der Stürmer soll hier insbesondere Spielpraxis sammeln.

Die beiden Augsburger Eigengewächse Tim Civeja und Dominic Schmidt hingegen wurden nicht verliehen. Während der Mann mit der tollen Haarpracht dieses Jahr das Abitur ablegen will, hat sich “Dodo” Schmidt in der Saisonvorbereitung mangels Innenverteidiger ins Rampenlicht gespielt. Beide sind nahe dran am Team. Gerade bei Tim Civeja muss man sicher auch darauf achten, wie er nach seiner langwierigen Verletzung wieder in Tritt kommt. Dominic Schmidt hingegen spielt eigentlich bei der U23 des FCA in der Regionalliga Bayern eine gewichtige Rolle.

Zugänge – Die “U21 – EM-Helden”

Kommen wir nun zu den neuen Spielern in der Fuggerstadt, die die Abgänge kompensieren sollen: Zum einen ist hier sicher der Königstransfer in Person des U21-Europameisters Niklas Dorsch zu nennen. Der Transfer des 23jährigen Mittelfeldspielers zog sich in die Länge wie Kaugummi – sehr zum Leidwesen vieler FCA-Fans. Jedoch wurde der Dorsch an Land gezogen und ganz Fußballdeutschland beneidete uns um diesen tollen Fang. Gegen Greifswald versprühte der gebürtige Franke leichte Baier-Vibes, als er akkurate Außenristpässe an den Mann brachte. Jedoch leistete er sich auch eklatante Fehlpässe. Kurzum, gebt dem jungen Mann Zeit, denn er hat bisher – trotz aller Vorschusslorbeeren – kaum Bundesligaluft geschnuppert.

Sein kongenialer U21-Nebenmann Arne Maier konnte via Tauschdeal mit der Hertha eingetütet werden. Tauschobjekt seitens der Augsburger war hierbei Marco Richter. Maier wechselt erstmal per Leihe für ein Jahr an den Lech und fiel die letzten zwei Partien direkt aus. Noch ist es zu früh, den beiden defensiven Mittelfeldspielern eine glorreiche Zukunft zu prognostizieren. Im Hier und Jetzt ist hier noch ganz viel Abstimmungsarbeit nötig und die Erfahrung in der Bundesliga wird mit jeder gespielten Minute anwachsen. Seitens des FCA sieht man in den beiden aber wohl ggf. die künftige Augsburger Schaltzentrale, die seit den beiden Abgängen von Stammhalter Baier und Thronfolger Khedira qualitativ unterbesetzt ist. Weder Gruezo noch Strobl konnten dies Lücken füllen und der, der es am ehesten kann, ist dauernd verletzt. Die Rede ist hier natürlich von Jan Moravek.

Zugänge – die “No-Names”

Nachdem der FCA in den ersten drei Saisonspielen nur ein Tor selbst erzielen konnte, war man quasi zum Handeln auf dieser Position gezwungen! In Andi Zeqiri (22) fand man einen Spieler mit einem Profil, das es so in Augsburg derzeit noch nicht gibt. Ein schneller Stoßstürmer, pressingstark, guter Torabschluss – allerdings wenig erfahren. Zuletzt in England bei Brighton & Hove Albion unter Vertrag und nun für ein Jahr zum FCA transferiert. Er ist Schweizer Nationalspieler und kennt daher seinen Landsmann Ruben Vargas bereits, mit dem er auch in dieser Länderspielpause im Einsatz ist für die “Nati”. Markus Weinzierl klang aber zuletzt im Interview der Augsburger Allgemeinen so, als würde er in Zeqiri nicht sofort den benötigten Knipser sehen. Zeqiri sei aber defintiv weiter vom Entwicklugsstand als bspw. Maurice Malone.

Andi Zeqiri ist Schweizer Nationalspieler und somit Teamkollege von Ruben Vargas (Foto: xJustPictures.ch VedranxGalijasx)

Andi Zeqiri ist also nicht der Spieler, der sofortige Tore en masse verspricht. Man kann wohl auch bezweifeln, dass dieser Spielertyp für ein angemessenes Entgelt am Ende der Transferperiode noch zu bekommen war. Ein Zeqiri ist eher ein vielversprechendes Talent, das den nächsten Schritt machen will und muss. Parallelen zu Landsmann Vargas sind durchaus vorhanden. Es wird spannend sein, wie Weinzierl und Co. mit ihm planen. Flo Niederlechner ist sein Herausforderer, sein Torknoten ist gegen Leverkusen geplatzt. Finnbogason kehrte gerade von seiner Verletzung zurück und stand im Kader. Cordova ist seit kurzem wieder im Mannschaftstraining. Und alle drei sind andere Spielertypen als Zeqiri. Dies könnt ihr im unten beigefügten Video gerne selbst bestaunen.

Hier an dieser Stelle möchten wir Andi Zeqiri noch herzlich in Augsburg begrüßen!

Herzlich Willkommen, Andi. Gute Skills scheint er zu haben. Wir hoffen, wir werden sie auch in Augsburg besser früher als später bestaunen dürfen.

Zwei Ergänzungsspieler kamen im Sommer zum FCA: Mit Lasse Günther konnte man einen ehemaligen Augsburger zurück an den Lech lotsen und dem FC Bayern ein Schnippchen schlagen. Gilt der 18jährige doch als absolutes Juwel innerhalb seines Jahrganges! Beheimatet ist der Jungspund auf Rechtsaußen, dort kann er seine Schnelligkeit optimal einbringen. Ein Mann für die Zukunft – gerade ob der Tatsache, dass die beiden Platzhirsche Hahn und Caligiuri schon über 30 Jahre alt sind. Ein Zukunftsspieler ist sicherlich auch Daniel Klein, U-Nationalspieler Deutschlands und bei der TSG Hoffenheim ausgebildet. Der Keeper konnte sich bereits in Testspielen und bei der U23 beweisen und man kann sagen, der hat was auf dem Kasten! 🙂

Daniel Klein kam von der TSG Hoffenheim zum FCA. In der U23 konnte er sein Können schon unter Beweis stellen. Gehört ihm die Zukunft beim FCA? (Foto via imago)

Prognose 1 – “Augsburger Schaltzentrale”

Nur zwei Leistungsträger verließen den Club (Khedira und mit Abstrichen Richter) – und diese Positionen wurden nachbesetzt. Ob dies qualitativ gelungen ist, lässt sich jetzt noch schwer abschätzen. Mit Dorsch und Maier hat man jedenfalls zwei “Nachwuchstalente” für sich gewinnen können, die (fast) in der ganzen Bundesliga und auch darüber hinaus begehrt waren. Nur müssen sich diese natürlich einspielen und in der Liga endgültig Fuß fassen. Maier hat bei Arminia Bielefeld letzte Saison schon andeuten können, welch Gewinn er für eine Mannschaft sein kann. Dorsch muss dies noch nachweisen, in Gent hatte er letzte Saison einen schweren Stand aufgrund vieler Trainerwechsel in einem eher unruhigen Umfeld.

Fazit: Zusammen könnten diese beiden die nächsten Jahre das defensive Mittelfeld des FCA bilden und in die Fußstapfen von Baier und Khedira treten.

Prognose 2 – “Wer dirigiert hier?”

Marco Richters Abgang wird wohl eher im Kollektiv aufgefangen werden müssen – hier hätten viele Augsburger Anhänger sicher gerne Maurice Malone gesehen. Leider wurde dieser von den Verantwortlichen als noch zu leichtgewichtig empfunden. Mein Blick wird nun auch häufiger gen Heidenheim wandern. Mit dem Augsburger Evergreen Hahn, dem Schweizer Wirbelwind Vargas und dem Corona-Genesenen Caligiuri hat man jedenfalls (noch für diese Saison) die beiden Flügel qualitativ ausreichend besetzt. Dahinter lauern Freddy Jensen und Noah Sarenren Bazee. Die Außenseiterrolle nimmt Lasse Günther ein, der zuletzt einige Male bei der U23 in der Startformation stand und hier gute Ansätze zeigte.

Im offensiven Mittelfeld hat man bisher noch keine richtige Lösung gefunden, Freddy Jensen galt hier lange als Kronprinz. Hinkt den Erwartungen bislang jedoch hinterher. Gregoritsch kann diese Position ebenfalls spielen, wirkt auf dem Platz – abhängig der Tagesform – sehr häufig wie ein Fremdkörper. Hier hätte ein externer Zugang ggf. gut getan. Im Sturm wird es zunächst auf einen Zweikampf hinauslaufen – zwischen Niederlechner und Zeqiri. Außer Weinzierl stellt das System um, sodass beide Stürmer Platz haben. Finnbogason kann also in Ruhe fit werden nach erneuter Verletzung. Cordova hätte man eigentlich abgeben können oder zumindest verleihen. Ein Schritt zurück in die zweite Liga, so wie bei Maurice Malone geschehen, wäre bestimmt sinnvoll gewesen. Arminia Bielefeld in der letzten Saison war möglicherweise zu früh ein Regal zu hoch gegriffen.

In der Offensive war zuletzt der Japaner Ritsu Doan beim FCA im Gespräch. Leider hat sich in den letzten Stunden des “Deadline Days” der Wechsel zerschlagen, der FCA war jedenfalls laut Medienberichten nah dran an einer Verpflichtung. Aus unserer Warte kann hier nur gesagt werden: Das ist sehr schade. Der wuselige Flügelspieler hat letzte Saison bei Aufsteiger Bielefeld brilliert und wäre eine absolute Bereicherung für die Offensive gewesen – böse Zungen behaupten, er wäre ein Upgrade für den abgewanderten Richter gewesen.

Fazit: Der Dirigent des Augsburger Offensivfußballs wird weiterhin dringend gesucht.

Ritsu Doan war das Objekt der Begierde am Deadline Day – leider kam es zu keiner Einigung. Der Japaner hat letzte Saison bei der Arminia für Furore gesorgt und wird wohl in der laufenden Saison nur Ergänzungsspieler bei seinem Club PSV Eindhoven sein. (Foto via imago)

Prognose 3 – “Eher schlank, als breit “

In der Innenverteidigung und im Sturm bestand tatsächlich der dringendste Handlungsbedarf. Jeffrey Gouweleeuw verletzte sich im Testspiel gegen Cagliari Ende Juli schwer an den Adduktoren, kam gegen Hoffenheim mehr schlecht als recht zurück und fällt seither auf unbestimmte Zeit aus. Danso hat sich mit ein wenig Drama nach Frankreich verabschieden können und Leihrückkehrer Winther machte seine Sache gegen Greifswald im DFB Pokal ausgezeichnet. Braucht allerdings noch Zeit. Der Langzeitverletzte Reece Oxford kehrte triumphal gegen Frankfurt auf den Platz zurück und war unser Man of the Match! Seither heißt das IV-Duo Uduokhai und Oxford. Mit dem Ausfall von Moravek, der wohl auch einige Zeit lang nicht zur Verfügung stehen wird und dem weiterhin verletzten Strobl, sieht es auch im Defensiven/Zentralen Mittelfeld nicht allzu rosig aus.

Einer, dem diese Rolle liegen sollte, ist eigentlich Carlos Gruezo. Der Ecuadorianer konnte aber auch gegen Leverkusen den verletzten Moravek nicht ersetzen und zeichnete sich primär durch viele unnötige Ballverluste aus. Zudem wird er wegen einer Nominierung für seine Nationalmannschaft sicher gegen Union Berlin fehlen. Dies kritisierte Reuter zuletzt übrigens medial. Mit der zerschlagenen Verpflichtung von Kevin Vogt hat man hier die Chance verpasst, die personelle Lage etwas entspannen zu können. Gerade Ex-Augsburger Vogt hat sich bereits nachhaltig in der Liga bewiesen und kennt den FCA aus der Vergangenheit. Die Erfahrung und Klasse des heute 29jährigen hätte der Defensive sicher gut zu Gesicht gestanden. Zudem kann der Innenverteidiger auch auf der “Sechs” spielen, dies hat er zum Beispiel beim FCA anno dazumal recht erfolgreich getan.

Fazit: Der Kader in diesem Mannschaftsteil eher schlank, als breit.

Chance – Vertragslose Spieler

Spieler könnte der FCA dennoch verpflichten, wenn diese vertrags- und vereinslos sind. Hierfür gilt die Regel, dass bis Ende des Wintertransferfensters noch vereinslose Spieler unter Vertrag genommen werden dürfen. Hier gibt es einige interessante Namen, die für den FCA ggf. noch interessant wären, um sich in der Breite noch kurzfristig zu verstärken. Vorbehaltlich, die Spieler ziehen hier mit. Ich liste nachfolgend einmal die interessanten Spieler auf unseren “Problempositionen” auf, wohlwissend, dass die Spieler noch oder maximal kurzfristig weiterhelfen (gerade auch aufgrund des teilweise hohen Alters):

  • Neven Subotic (32, Innenverteidiger): Der Ex-Dortmunder ist derzeit vereinslos, in der Bundesliga war er vor einiger Zeit zuletzt für Union am Ball. Könnte den FCA kurzfristig in der Innenverteidigung verstärken, hier plagt den FCA derzeit Spielermangel und die Backups sind tendenziell alle eher unerfahren (Winther, Schmidt, mit Abstrichen auch Oxford) oder keine gelernten Innenverteidiger (Strobl, mit Abstrichen auch hier Oxford).
  • Sebastian Langkamp (33, Innenverteidiger): Der Ex-Augsburger ist ebenfalls vertragslos und auf der Suche nach einem neuen Verein. Die Begründung ist dieselbe wie bei Neven Subotic. Der Vorteil bei Langkamp wäre hier zusätzlich, dass er das Augsburger Umfeld von früher noch kennen sollte. In der Bundesliga war Langkamp zuletzt in der Saison 2019/2020 für Werder Bremen am Ball.
  • Shkodran Mustafi (29, Innenverteidiger): Auch der Weltmeister von 2014 ist derzeit vereinslos. Zuletzt war der Innenverteidiger, der auch auf der Rechtverteidiger-Position spielen kann, bei Schalke 04 im Einsatz. Lange Zeit kickte der ehemalige deutsche Nationalspieler höchst erfolgreich in der Premier League für den FC Arsenal. Diese Glanzzeiten sind längst vorbei, aber Mustafi ist erst 29 junge Jahre alt und könnte sicher noch 2-3 Jahre durchschnittlichen Bundesligafußball spielen. Warum dann nicht beim FCA als Backup?
  • Jack Wilshere (29, Zentrales Mittelfeld): Der ehemalige englische Nationalspieler ist erneut vertragslos. Seine Karrierehöhepunkte hatte er bei Arsenal, Bournemouth und West Ham. Hierbei generierte er über 70 Mio. Euro an Ablösen. Der aus der Arsenal Jugend stammende Mittelfeldspieler kann sowohl defensiv als auch offensiv agieren. Ggf. könnte es hier mit dem Gehaltswunsch von Jack Wilshere eng werden, ohne genau zu wissen, was dieser zuletzt bei seinem letzten Club Bournemouth verdient hat. Gute Stats hat er für einen Mittelfeldspieler jedenfalls: In 182 Premier League Spielen war er an 29 Toren direkt beteiligt, in der Champions League lief er 22 Mal auf und erzielte je vier Tore und Assists.
  • Max Meyer (25, offensives Mittelfeld): So jung, so talentiert und trotzdem vereinslos – das trifft auf den ehemaligen deutschen Nationalspieler voll zu. 2018/19 noch mit einem Marktwert von 18 Mio. Euro ausgestattet, verzockte sich der Offensivspieler mit seinem Wechsel zu Crystal Palace. Statt großer Karriere ging es seither eher bergab für ihn. Bei seinem Jugendclub Schalke 04 ist er seit seinem Abschied alles andere als beliebt. In der Bundesliga kommt er insgesamt auf 156 Einsätze (17 Tore, 16 Vorlagen). Zuletzt war Meyer beim 1. FC Köln im Einsatz. Bei den Geißböcken kommt er in der Rückrunde 20/21 auf vier Startelfeinsätze und acht Einwechslungen. Für einen neuen Vertrag konnte er sich nicht empfehlen. Könnte Markus Weinzierl den “kopferten” Max wieder hinbiegen?
  • Gonzalo Castro (34, Zentrales Mittelfeld): Der Ex-Stuttgarter kann auch im offensiven oder rechten Mittelfeld sowie in der rechten Verteidigung spielen, ist nun aber auch schon 34 Jahre alt. In seiner Blütezeit spielte der Deutsch-Spanier bei Leverkusen und Dortmund, kommt auf stolze 409 Bundesligapartien. Hierbei erzielte er 37 Tore und 79 Assists. Für eine Saison wäre er durchaus eine Möglichkeit für den FCA – aufgrund seiner Polyvalenz und der massigen Erfahrung. In der letzten Saison absolvierte er beim VfB in der Bundesliga 26 Partien (4 Tore, 2 Assists). Ich sag dann mal: Why not? Mach uns den Trochowski, Gonzalo!
  • Daniel Sturridge (32, Sturm): Der ehemalige englische Nationalspieler ist schon seit Frühjahr 2020 vereinslos. Zuletzt war er für Trabzonspor in der Türkei am Ball, hierfür verlies er 2019 den FC Liverpool. Einige englische Topclubs zieren seine Vita, sein Marktwert lag 2018 noch bei 20 Mio. Euro. In der Premier League kommt er auf 218 Partien. 77 Tore und 29 Assists klingen beeindruckend. Ob er wohl fit und einsatzbereit wäre aufgrund mangelnder Spielpraxis? Erfahren genug ist er jedenfalls. Treffsicher nachweislich auch. Und die Bundesliga fehlt noch in seiner Vita. Übrigens hat er heute Geburtstag, ebenso wie Mads Pedersen (Happy Birthday!) und ist damit auf den Tag genau sieben Monate jünger als Alfred Finnbogason. Obendrein etwas weniger verletzungsanfällig als dieser. Happy Birthday, Daniel. Stefan Reuter, übernehmen Sie, der Mann hat ein Geburtstagsgeschenk verdient!

Weitere bekannte Spieler, wie Marko Marin, Ribéry, Maicon und Falcao, sind derzeit auf der Suche nach einem Verein. Dürften jedoch aufgrund ihres Renommees gehaltstechnisch in einer anderen Liga spielen oder schlichtweg schon zu alt sein. Einige Ex-Augsburger sind ebenfalls vereinslos – darunter Caiuby, Marcel Heller, Shawn Parker, Fabian Giefer und Ibrahima Traore.

Marin und Traore sind eher Flügelspieler – und hier sehen wir uns in Augsburg für diese Saison noch ordentlich besetzt. Sonst hätte man auch auf diese beiden noch ein Auge werfen können. Ich möchte dem FCA keineswegs unbedingt einen vertragslosen Spieler ans Herz legen, schlussfolgere jedoch, dass der ein oder andere temporär weiterhelfen könnte. Spieler wie Subotic oder Castro kennen die Liga, kennen das Business und wären sicherlich schnell startklar. Ob dies jedoch die auch die Ansicht unserer Verantwortlichen ist, bleibt abzuwarten. Der Verlust durch solch ein Geschäft ist jedenfalls gering.

Schlussworte

Sicher hätten wir gerne noch den ein oder anderen qualitativ hochwertigen Neuzugang am Lech gesehen. Doch leider sollte es nicht mehr sein. In der Innenverteidigung und im offensiven Mittelfeld wäre noch eine Planstelle zu besetzen gewesen – auch, wegen dem derzeitigen Verletzungshochstand. Man hatte am “Deadline Day” laaaange das Gefühl gehabt: Da passiert heute noch was beim FCA! Das Social Media Team hat dies auch noch mächtig angeteasert. Doch passiert ist zum Leidwesen der Fans eben gar nix. Das hatten wir dann so nicht unbedingt erwartet.

Rufe nach dem japanischen Nationalspieler Doan wurden – nach Hochkochen der Gerüchte – zwischenzeitlich in den Foren so laut, dass diese sicherlich auch in Japan ankamen. Umso trauriger natürlich dann die finale Absage. Hierzu zähle ich auch das Scheitern des Deals mit Vogt. Wobei natürlich auch allgemein gilt, dass – neben dem Spieler – auch der abgebende Verein mitspielen und die Rahmenbedingungen für beide Parteien passen müssen. Spekulieren könnte man hier jetzt über das späte Interesse, die fehlenden Plan B’s – oder hätte man die Spieler nur aufgenommen, um die Kaderbreite zu verstärken? Bei beiden Aspekten bin ich mir hier relativ unsicher.

Trotz einiger Abstellungen zu den Nationalteams kann der FCA die Länderspielpause für sich nutzen und einige Abläufe auf den Prüfstand stellen. Ein Test gegen Heidenheim ist hier für den heutigen 1.9. (18 Uhr) anberaumt. Die große Aussagekraft wird dieses Freundschaftsspiel jedoch nicht haben, sondern es gilt hier primär, einige Dinge ohne Druck und Pflichtspielambiente auszuprobieren.

Wir sind gespannt, wie sich die Empörkömmlinge und Neuankömmlinge weiterhin in der Fuggerstadt schlagen und wünschen allen eine rasche Akklimatisierung.

Den Daten nach ein dicker Fisch?

Was haben wir auf diesen Wechsel hingefiebert. Knapp sechs Wochen ist es jetzt her, dass der FC Augsburg stolz den Fang von Niklas Dorsch vom belgischen KAA Gent verkündet hat. Für fünf Jahre und sieben Millionen Euro kommt „Dorschi“ an den Lech. Dabei war er nur der erste dicke Fisch in einer bemerkenswerten Transferserie, die unserem Sportdirektor den Spitznamen „Don Reuter“ eingebracht hat. Denn auf den Dorsch-Coup folgte kürzlich noch ein (von uns nicht ausnahmslos gefeiertes) Tauschgeschäft mit der Hertha. Aus Berlin kam Arne Maier, leihweise. Nach Berlin ging Marco Richter, fix. Dass dann urplötzlich auch noch unser ehemaliger Capitano, Daniel Baier, auf dem Tableau erschien, der den FCA ab 1.9. beim internationalen Scouting unterstützt, setzte dem Ganzen noch das Sahnehäubchen auf. Was soll bei DER Besetzung bitte noch schiefgehen, wollte man meinen.

Tagelang spannte uns die Social Media-Abteilung des FCA mit Andeutungen auf die Folter, bis Strichmännchen Reuter endlich die „30“ aus dem Teich angelte. Wahnsinnsaktion, Jungs und Mädels!

Am Wochenende wurden wir eines Besseren belehrt. Gegen Hoffenheim ging vieles gehörig schief. All unsere (durchaus begründeten) Träume von einer sorgenfreieren Saison mit frischerem Fußball sind fürs Erste zerplatzt. 0:4 zu Hause. Plopp. An einem dieser vielen Gegentore war Niklas Dorsch nicht unbeteiligt. Und auch im DFB-Pokal gegen Greifswald sah unser neuer Sechser mit einem folgenschweren Fehlpass nicht gut aus. Haben wir uns also zu viel von unserem vermeintlichen Königstransfer versprochen? Ist Dorsch am Ende noch gar nicht reif fürs knallharte Oberhaus? Ziemlich ernüchternde Fragen, wenn ihr mich fragt…

Wir wollen sie aber trotzdem stellen und mithilfe von Daten, erneut bereitgestellt von Createfootball, herausfinden, was dran sein könnte. Oder vielleicht auch nicht. So viel sei aber schon mal gesagt: Verzweifeln müssen wir FCA-Fans mit und an Dorschi keinesfalls. Im Gegenteil.

Was Dorschi stark macht

Die Createfootball-Crew sieht in dem 23-jährigen gebürtigen Lichtenfelser vor allem einen Spielertyp verkörpert: einen sogenannten Deep Lying Playmaker, der das Spielgeschehen aus einer defensiven Mittelfeldposition heraus diktiert. Als solcher konzentriert er sich vor allem auf den Spielaufbau, er verfügt über exzellente Übersicht und hohe technische Fertigkeiten am Ball. Was Dorsch zudem von anderen Sechsern unterscheidet, ist sein herausragendes Passspiel. Anders als sie versucht er nicht, das Spiel mit dem Ball einfach zu halten. Sondern es vor allem mit kurzen, flachen Pässen in die für den Gegner gefährliche Zone zu verlagern.

Zeigen lässt sich das, indem man ein paar Passwerte von Dorsch mit denen der anderen zentralen Mittelfeldspieler in der belgischen Pro League vergleicht. So kam der Neuaugsburger in der Saison 2020/21 auf 53 Pässe pro Spiel, von denen er 90% an den eigenen Mann brachte. Bei seinen Ligakollegen waren es weniger (43; 83%). Auch bei Pässen ins letzte Drittel (8.6), von denen 78% beim Mitspieler landeten, hatte Dorsch im Vergleich zu seinen Ligakollegen im zentralen Mittelfeld die Nase vorn (6.9; 71%).

Neben dem progressiven Passspiel liegen Dorschs Stärken laut Createfootball-Daten aber noch woanders. Nämlich darin, dass er eng in die Defensivarbeit eingebunden ist. Konkret heißt das: Er kommt auf extrem viele Balleroberungen. Bei Gent letzte Saison pro Spiel auf durchschnittlich 9.1, während die anderen zentralen Mittelfeldleute im Ligaschnitt nur 7.2 schafften. Insofern zeigt der U21-Europameister hier auch gewisse Eigenschaften eines Ball Winning Midfielders, der proaktiv verteidigt und so das gegnerische Spiel mit Balleroberungen und (taktischen) Fouls stört. Laut den Datenscouts verkörpert der Franzose N’Golo Kanté vom diesjährigen Champions League-Sieger FC Chelsea diesen Spielertypus mustergültig.  

Beim KAA Gent konnte sich Niklas Dorsch in den Schlüsselkategorien eines Deep Lying Playmakers verbessern. (Foto: Matteo Cogliati / Hans Lucas via imago)

Wichtiger Entwicklungsschritt in Belgien

Dass sich Niklas Dorsch zu einem tief stehenden Spielmacher mit guten Balleroberungsqualitäten entwickeln konnte, ist auch dem Jahr in Gent zu verdanken. Denn Trainer Hein Vanhaezebrouck ließ den damals 22-Jährigen bei dessen insgesamt 43 Einsätzen für den belgischen Erstligisten hauptsächlich in dieser Rolle auflaufen. Von der Sechserposition aus konnte Dorsch das Spiel lenken, Seitenverlagerungen und damit Torgefahr erzeugen.

Beim FC Heidenheim, wo Dorsch von 2018 bis 2020 spielte, bekleidete er dagegen eher die Achterposition. Hier war er pro Spiel noch viel häufiger in Dribblings (3.3) und Offensivzweikämpfe (9.8) verwickelt als später in Gent (1.9; 6.9). Auch konnte er vor allem in seiner zweiten Saison beim deutschen Zweiligisten die fürs Offensivspiel so wichtigen Schnittstellenpässe (0.8) und Torschussvorlagen (0.6) noch nicht ganz so stark ausspielen wie dann im Jahr darauf in der belgischen Pro League (1.5; 1.1).

Wo er schwächelt

Ob es nun am Positionswechsel vom zentralen ins defensive Mittelfeld liegt oder nicht. Schwächen sieht Createfootball beim Neuaugsburger noch im Dribbling. In Gent dribbelte er nicht nur weniger, sondern kam dabei auch nur zu 45% zum Erfolg. Der Schnitt in der Pro League lag dagegen höher bei 57%. Auch wenn bei Dorsch am Ende eine hohe Zahl an Balleroberungen steht, so kommt diese doch durch eine geringe Quote an gewonnenen Zweikämpfen zustande. Zwar führte er pro Spiel mehr Defensiv- wie Offensivzweikämpfe (9.6; 6.9) als die anderen Mittelfeldkräfte der belgischen Liga (7.4; 5.7), er gewann davon aber auch weniger (Dorsch: 56 bzw. 36%; Liga: 58 bzw. 44%). Entsprechend tut sich Dorschi noch schwer, Zweikämpfe effektiv und vor allem erfolgreich zu Ende zu führen.

Was die Daten nicht verraten (das können sie auch nicht, Createfootball hat sie uns schon vor Saisonbeginn zukommen lassen): Wie oben schon kurz angesprochen, hatte unser neuer Mann mit der Nummer 30 sowohl gegen Greifswald als auch gegen Hoffenheim Probleme mit dem Passspiel. Obwohl darin ja gerade seine große Stärke liegt. Allerdings galt das nicht in der Breite. Gegen die TSG hatte er die beste Augsburger Passquote mit 89%. Er verlor den Ball „nur“ eben an entscheidender Stelle. Etwa im Vorfeld des 0:2, als er einen Pass von Iago nicht wieder zu diesem zurückbrachte und Hoffenheim aus der anschließenden Ballbesitzphase das Gegentor erzielte. Auch beim 4:2-Arbeitssieg in Greifswald resultierte aus einem misslungenen Vertikalpass von Dorsch auf Niederlechner der frühe Rückstand zum 0:1. Und das bei einer Passquote, die sonst wieder ganz passabel aussah (87%).

Noch unterlaufen Dorschi Passfehler. Mit besserer Kontrolle und Abstimmung mit EM-Mittelfeld-Buddy Arne Maier bekommt er die sicherlich noch in den Griff. (Foto via imago)

Optimistische Prognose

Das klingt jetzt vielleicht erstmal nicht besonders rosig. Dorsch, der neue Lenker und Playmaker im defensiven Mittelfeld, verpatzt die entscheidenden Pässe und geht in viele, gewinnt aber nicht genügend Zweikämpfe. Doch in der Finalrunde der U21-EM, so Createfootball, hat er gerade auch durch solche Aktionen auf sich aufmerksam gemacht, die eigentlich nicht zu seinen Stärken gehören (stark im Defensivzweikampf, Dribblings, progressive Läufe). Das stimmt (mich) doch optimistisch! Außerdem denke ich, dass der junge Dorsch smart und selbstkritisch genug ist, um in den kommenden Spielen auch noch die wenigen Pässe abzustellen, bei denen er zuletzt ins zu hohe Risiko gegangen ist. Womöglich wollte er, wenn auch einen Tick zu überengagiert, damit gleich zu Beginn demonstrieren, wofür man ihn nach Augsburg geholt hat.   

Den Datenscouts zufolge ist ein Spielertyp wie Dorsch auf der Doppelsechs auch besonders gut mit einem Achter oder einem zweikampfstarken Abräumer kombinierbar. Wie gut, dass Neuzugang Arne Maier genau SO einen zentralen Mann auf der Acht darstellt! Zwar haperte es nach dessen Einwechslung im letzten Drittel gegen die Hoeneß-Elf noch so manches Mal an der Abstimmung zwischen den beiden Nachwuchseuropameistern. Mit FCA-Urgestein Jan Morávek klappte das besser. Doch ich gehe auch hier davon aus, dass sich das legen wird, je länger Maier im Augsburger Mannschaftstraining ist. Im Moment ist das ja gerade einmal eine Woche.

Insofern würde ich in jedem Fall sagen, dass wir uns mit Niklas Dorsch einen richtig dicken Fisch geangelt haben. (Tschuldigung für die bestimmt tausendste Verwendung dieses Wortspiels.) Das geben auch die Daten her. Um sich beim FCA zu akklimatisieren und mit seinen Nebenmännern (ob jetzt Maier oder Moravek) für echten Wirbel zu sorgen, braucht er vielleicht nur noch ein Weilchen. Bei der Frankfurter Eintracht (15:30 Uhr) gibt’s die nächste Chance. Schnapp sie dir, Dorschi! Hejaaa!

Kaderanalyse: Abwehr

Nachdem wir bereits in den letzten Tagen die anderen drei Mannschaftsteile unter die Lupe genommen haben, widmen wir uns im letzten Teil der Abwehr. Die Reihenfolge der präsentierten Mannschaftsteile hat hierbei keinerlei Bedeutung. Nachdem es zuletzt jedoch in der Abwehr noch einen Abgang gegeben hat und noch ein paar Namen im Netz kursieren, hatten wir mit dem Kadercheck der Abwehr noch ein wenig gewartet. Kurz vor dem Bundesligaauftakt am nahenden Samstag nun also unsere Einschätzung der Defensive:

Linksverteidiger

Hier konkurrieren sich die zwei Teilzeitkräfte der Vorsaison: Iago und Mads Pedersen. Beide sind (noch) nicht der ersehnte Thronfolger von Philipp Max, der im vergangenen Sommer auf links eine große Baustelle hinterlassen hat. Dies liegt mitunter auch an den Verletzungen, die sich beide nominellen Linksverteidiger zugezogen hatten. Zuletzt fehlten sie sogar zeitgleich….

Der wieder genesene Iago hat gegen Greifswald den Vorzug erhalten, kommt – ebenso wie Pedersen – aus einer längerwierigen Verletzung und war noch nicht allzu lang im Mannschaftstraining. In den Testspielen hatte Markus Weinzierl mangels Masse sogar Kilian Jakob aus der U23 des FCA reaktiviert, der durchaus zu überzeugen wusste. Jakob, der im Jahr 2018 im Trikot des FCA in der Bundesliga debütiert hat, kehrte zuletzt erst von einer Leihe zurück. Auch Robert Gumny kann diese Position aushilfsweise bekleiden, wird jedoch eher auf rechts gebraucht – hierzu später mehr.

Unsere Einschätzung: Rückkehrer Iago hat derzeit leicht die Nase vorne, im Pokalspiel gegen Greifswald hat er mit zwei Vorlagen glänzen können. Jedoch ist der Vorsprung derzeit nur marginal und sollte der verletzungsanfällige Iago ausfallen oder nicht überzeugen, steht ein ebenbürtiger Vertreter in Pedersen bereit. Beide sind schnell und offensiv für Aktionen gut, jedoch können beide in der (defensiven) Rückwärtsbewegung noch zulegen. Auf der Position benötigen wir definitiv aber keine externe Verstärkung mehr.

Rechtsverteidigung

Der eben erwähnte Robert Gumny duelliert sich auf der Rechtverteidiger-Position mit Eigengewächs Raphael Framberger. Der 25jährige gebürtige Augsburger durfte gegen Greifswald starten, wusste jedoch nicht unbedingt zu überzeugen. Vielmehr hatte er immense Schwierigkeiten mit seinem wuseligen Gegenspieler Lukas Knechtel. Gut zu sehen war dies beim überraschenden Gegentor in der zweiten Spielminute. In der Vorwärtsbewegung kann “Frami” auf ordentlich Speed zurückgreifen, harmoniert gut mit dem vor ihm positionierten André Hahn.

Robert Gumny hat sich jedoch in Framis Abwesenheit zu einem Stammplatz-Anwärter gemausert. Ein enges Rennen, welches wohl zugunsten des Spielers entschieden wird, der das System von Weinzierl besser verinnerlicht hat. Daniel Caligiuri kann auf dieser Position als Notnagel fungieren, hat diese Rolle bei seinem Ex-Club Schalke 04 ab und an bekleidet. Hier sprechen wir aber von einem echten Notnagel, denn Daniel Caligiuri ist offensiv eingeplant und ist aufgrund seines Alters auch nicht mehr der spritzigste.

Unser Frami hier mit “Reserve-Leible” im Duell mit Neuzugang Arne Maier (links). (Foto via imago)

Zuletzt hatten Gerüchte die Runde gemacht, dass der FCA am MLS-Spieler Tajon Buchanan dran ist. Der Kanadier erinnert in Ansätzen an Bayern-Juwel Davies – kann rechts offensiv sowie defensiv auflaufen. Diese Polyvalenz machen ihn sehr wertvoll und dies haben einige europäische Clubs erkannt. Der 22jährige scheint die MLS nun verlassen zu wollen, der SC Freiburg und Club Brügge werden derzeit als heißeste Kandidaten für einen Wechsel genannt. Der FCA scheint hier mittlerweile aus dem Rennen zu sein. Sein Marktwert beträgt derzeit vier Mio. Euro (Quelle: Transfermarkt). Zuletzt wusste er beim Gold Cup mit der kanadischen Nationalmannschaft zu überzeugen. Er hat es in die Elf des Turniers geschafft, gewann zudem die Trophäe des besten Jugendspielers. So ein Spieler zieht natürlich alle Blicke auf sich.

Unsere Prognose: Gumny und Framberger liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Framberger ist eminent verletzungsanfällig, hat sich nach wie vor noch nicht vollends in der Bundesliga akklimatisiert. Gumny wirkt hier unbekümmerter und spritziger, ist aber noch jung – ihm gehört aber definitiv die Zukunft. Nach dem Greifswald-Spiel würde es nicht wundern, wenn Coach Weinzierl einen Wechsel auf der Rechtsverteidiger-Position vornimmt.

Aber ob er die Abwehrformation kurzfristig nochmals ändern möchte? Wir werden es wohl erst am kommenden Samstag final sehen. Ein externer Neuzugang scheint hier nicht ausgeschlossen, aufgrund des verletzungsanfälligen Framis scheint dies ggf. sogar notwendig zu sein. In Buchanan hätte man einen polyvalenten Shootingstar an der Angel, jedoch scheint der FCA hier bereits aus dem Rennen zu sein. Tendenz: Es bleibt bei der alten Besetzung.

Innenverteidigung

Hier sind die Möglichkeiten des FCA derzeit sehr begrenzt. Jeffrey Gouweleeuw war zuletzt indisponiert aufgrund von Adduktorenproblemen. Gegen Greifswald in der ersten Runde des DFB-Pokals hat ihn Frederik Winther adäquat ersetzt. Kehrt Kapitän Jeff gegen Hoffenheim fit zurück, ist er gesetzt und verdrängt den jungen Dänen wieder auf die Bank. Dieser hat jedoch in Ansätzen gezeigt, dass er ein solider Backup sein und auch als Torschütze in Erscheinung treten kann.

Sein Nebenmann ist – wie schon in der letzten Saison – der neue dritte Kapitän des FCA. Felix Uduokhai hat trotz der Strapazen seiner Olympia-Teilnahme einen Stammplatz sicher. Der FCA kann sich wirklich glücklich schätzen, dass der ambitionierte Innenverteidiger den Verein nicht verlassen will, sondern weiß, was er am Verein hat. Ganz im Gegensatz zu seinem ehemaligen Konkurrenten auf dieser Position: Kevin Danso verlies nach einem öffentlichen Hin und Her den Verein gen Frankreich. Der Erstligist RC Lens überweist gem. dem Kicker 5,5 Mio. Euro. Mögliche Bonuszahlungen noch nicht einberechnet.

Falls die etablierten Stammkräfte einmal ausfallen sollten, steht neben Winther noch Reece Oxford bereit. Der junge Engländer ist wieder zurück, trainiert noch individuell. Für den Ligastart ist er wohl noch keine Option, jedoch ist eine Rückkehr in den Spieltagskader im Laufe des August realistisch. Zuletzt seien an dieser Stelle zwei “Notnagel” genannt: Tobias Strobl, derzeit ebenfalls im Krankenstand weilend, durfte in der Vorbereitung einmal in der Innenverteidigung ran (in Abwesenheit von Uduokhai). Dies ist jedoch nicht seine Paradeposition und sollte nur in absoluter Notlage in Frage kommen.

Weiterhin rückte ein gewisser Dominic Schmidt aus der U23 des FCA in den Blickpunkt und machte in den Testspielen eine gute Figur. Im letzten Test gegen Cagliari musste Schmidt früh für den verletzten Kapitän ran und spielte seine Rolle ganz abgeklärt. Ihn behalten wir einmal im Hinterkopf, denn sollten die Optionen weiter rar werden, kommt er ggf. wieder ins Spiel. Externe Zugänge sind hier nicht ausgeschlossen, zuletzt wurde medial von einem Interesse des FCA am Bremer Innenverteidiger Marco Friedl bekannt. Dieser weist einen Marktwert von 7,5 Mio. Euro auf (Quelle: Transfermarkt).

Dominic Schmidt war den meisten FCA Fans vor dem Cagliari Testspiel kein Begriff – nun kennen wir den Mann mit der stylischen Frisur alle. Er könnte bei Personalengpässen die Überraschung der Saison sein…?! (Foto via imago)

Unsere Prognose: Jeff scheint wieder auf dem Platz zu weilen, daher gehen wir derzeit von dem altbewährten Duo Gouweleeuw und Uduokhai aus. Dahinter wird die Luft jedoch ziemlich dünn. Winther hat sich als ernsthafte Option erwiesen, Schmidt wäre des weiteren noch ein Notnagel. Oxford und Strobl sind angeschlagen bzw. trainieren individuell. Ein externer Neuzugang scheint hier nicht ausgeschlossen, hier müssen jedoch die Modalitäten passen.

Fazit

Die berühmte Viererkette lautet zu Ligastart also

Iago - Uduokhai - Gouweleeuw - Gumny

Externe Neuzugänge scheinen nicht ausgeschlossen, da die Personaldecke in der Defensive aufgrund einiger verletzungsbedingter Ausfälle und des Abgangs von Kevin Danso extrem dünn ist. Auch hier hoffen wir, wenn ein Zugang nötig erscheint, auf die entsprechende Qualität des Spielers. Zudem auf die persönliche Eignung, denn noch ein unzufriedener Spieler mit Neigung, seine Gedanken publik zu machen, kann sich der FCA nicht leisten. Hier wäre entweder ein entspannter sowie erfahrener Backup wie Suchy oder Lichtsteiner wünschenswert. Alternativ wäre sicher auch ein formbares Talent wie Buchanan, der durchaus polyvalent ist, erstrebenswert. Bis Transferschluss wird es in der Abwehr definitiv spannend – Ende derzeit noch unbekannt!

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