Die bisherige Arbeitsbilanz des Stefan Reuter

In meiner Januar-Kolumne habe ich eine kleine Ode auf Stefan Reuter geschrieben, der sein fünfjähriges Dienstjubiläum im Winter in Augsburg feiern durfte. Nachdem die Wintertransferperiode schon wieder etwas länger vorbei ist, bleibt nun etwas Zeit, um einen Blick auf Reuters gesamte Transferbilanz als Manager des FC Augsburg zu werfen, bevor wir uns vielleicht in den kommenden Wochen auch daran machen, ein paar Gedanken in Richtung Kaderplanung für den Sommer zu verschwenden.

Wie sehr Stefan Reuter die sportlichen Geschicke des FCA in den letzten Jahren geprägt hat, lässt sich schon alleine daran sehen, dass sich nur noch 5 Spieler im 25 Spieler starken Kader des FC Augsburg finden, die nicht von Stefan Reuter ursprünglich fest verpflichtet wurden. Und auch diese haben zwischenzeitlich von Reuter Vertragsverlängerungen erhalten.

Insgesamt hat Reuter 33 Spieler fest verpflichtet. Dafür hat er ca. 57 Millionen Euro ausgegeben. Nicht alle davon haben sich durchgesetzt. Áber manche davon waren großartige Transfers. Es folgen die meiner Meinung nach 5 besten:

  1. Abdul Rahman Baba (Sommer 2014): Baba war nur eine Saison für den FCA tätig. Während dieser spielte er eindrucksvoll und ließ den FC Chelsea alle Hemmungen vergessen. 20 Millionen Euro wechselten den Besitzer und Baba verließ den FCA wieder.
  2. Philipp Max (Sommer 2015): Als Ersatz für Baba kam Philipp Max vom Karlsruher SC. Die Ablöse war mit fast 4 Millionen Euro hoch, vor allem für einen Spieler, der sein Potential in der ersten Liga noch nicht unter Beweis gestellt hatte. Max hat sich mittlerweile zum aufregendsten Augsburger Spieler entwickelt und wird alles dafür geben, damit er im Sommer für Deutschland bei der WM spielen darf.
  3. Michael Gregoritsch (Sommer 2017): Gerade erst im Sommer vom HSV gekommen sieht Gregerl schon jetzt wie ein Spieler aus, der regelmäßig um die 10 Tore pro Saison schießen wird. Dazu ist er technisch stark und wird auch weiterhin einige Vorlagen geben. Mit Gregoritsch hat der FCA neben Finnbogason eine weitere offensive Waffe erhalten, die diesen vielleicht in Zukunft in den Schatten stellen kann.
  4. Alfred Finnbogason (Sommer 2016): Es hat gedauert. Verletzungen haben immer wieder dafür gesorgt, dass Finnbogason pausieren musste, wie auch in den letzten Spielen wieder. Wenn Finnbogason fit ist, dann ist er der komplettste Stürmer, den der FCA in all den Jahren in der ersten Liga hatte. Abschlussstark, kombinationssicher, mit gutem Kopfballspiel und stark gegen den Ball.
  5. Jeffrey Gouweleeuw (Winter 2015/16): Gerade hatte man den AZ Alkmaar in der Europa League geschlagen und einen talentierten Innenverteidiger dabei entdeckt. 3 Jahre später hat sich Gouweleeuw zum Anker in der Innenverteidigung entwickelt. Derweil Hinteregger der spektakulärere Spieler von den beiden ist, sticht er gelegentlich auch durch Fehler hervor. Gouweleeuw ist im Gegensatz konsistenter und in der Spieleröffnung noch besser. Der einzige Wintertransfer auf dieser Liste.

So wie es Volltreffer gab, gab es auch schlechte Transfers. Die fünf schlechtesten aus meiner Sicht waren bisher:

  1. Tim Matavz (Sommer 2014): So viele Tore in der Eredevise. Am Ende hat Matavz nur beeindruckt, indem er die schlechtesten Laktattestdurchläufe der Mannschaft aufwies. Mehrmals. In diesem Fall ist es nicht gelungen, vor einem Transfer herauszufinden,  ob ein Spieler die professionelle Einstellung eines Erstligaspielers hat.
  2. Jonathan Schmid (Sommer 2016): Alex Esswein wechselte gerade nach Berlin. Als Ersatz war Jonathan Schmid auserkoren. Schmid hat eine ordentliche Ablöse gekostet und seitdem selten für besondere Momente gesorgt. Bisher ist dieser Transfer eine einzige Enttäuschung.
  3. Fabian Giefer (Sommer 2017): Der wunderlichste Transfer im Sommer war die Verpflichtung von Fabian Giefer. Marwin Hitz wechselte nicht und trotzdem gab man Geld für einen Torhüter aus. Giefer saß bisher nur auf der Tribüne und ist anscheinend nicht besser als Andreas Luthe. Klar, man wollte sich absichern. Aber vielleicht hätte Hitz auch einfach verlängert, wenn man die Kosten des Giefer Transfers noch auf seine Vergütung aufgeschlagen hätte.
  4. Takashi Usami (Sommer 2016): Usami war einst als großes Talent aus Japan zum FC Bayern München gewechselt und sich danach auch bei der TSG 1899 Hoffenheim nicht durchgesetzt. Der FCA holte ihn aus Japan erneut nach Europa. Nur damit er sich erneut nicht durchsetzt. Usami ist momentan nach Düsseldorf ausgeliehen, allerdings sind meine Hoffnungen auf eine erfolgreiche Rückkehr begrenzt.
  5. Nikola Djurdjic (Sommer 2014): Im Sommer 2014 kamen zwei Stürmer. Keiner davon konnte sich durchsetzen. Djurdjic kam mit weniger Hoffnung beladen als Matavz. Dennoch konnte auch er nur für sehr wenige positive Momente in Augsburg sorgen. Ein klassischer Fehleinkauf.

Der FCA musste bisher immer eine recht hohe Anzahl an Spielern verpflichten. Das liegt daran, dass aus der eigenen Jugend bis vor kurzem kaum ein Talent bei den Profis Fuß fassen konnte. Zudem entwickeln sich Spieler weiter und müssen mit Gewinn verkauft werden. Dies führt dann zu einer Verpflichtung von Ersatz für diese Spieler. Mit der reinen Anzahl von Transfers hebt man sich allerdings in keinster Weise ab. Auch Clubs wie Freiburg, Frankfurt oder Mainz hatten eine ähnliche Anzahl von Transfers. Und das, obwohl diese Vereine schon deutlich früher in ihre Jugendmannschaften investiert haben. Die Trefferquote von Stefan Reuter scheint daher zu passen. Das Transferminus liegt dabei auch nicht weit abseits von anderen Vereinen. Große Sprünge sind dabei weiterhin nicht zu erwarten, v.a. da der FCA immer noch mit die niedrigsten Gehälter zahlen kann. Junge Profis kommen daher vor allem für die Entwicklungsmöglichkeiten und wollen den Verein wieder verlassen, wenn sie sich sportlich weiterentwickelt haben und ein entsprechendes Angebot kommt. Stefan Reuter hatte bisher ein gutes Händchen dafür, die richtigen Spieler zu verpflichten, die hungrig angegriffen haben, um sich in der Bundesliga zu etablieren und sich derweil auch bei Enttäuschungen ruhig verhalten haben. Meist gelingt es ihm dabei korrekt, das Potential der Spieler richtig einzuschätzen. Aus meiner Sicht ist das in dieser Branche der entscheidende Aspekt, der für den FCA einen bedeutenden Wettbewerbsvorteil darstellt. Hoffen wir, dass es im Sommer auch wieder klappt.

Was wir über Montagsspiele gelernt haben

Am Montag vor mittlerweile mehreren Wochen trat der FC Augsburg in Dortmund an und holte einen Punkt. In der zweiten Hälfte war man Dortmund phasenweise überlegen und das Unentschieden war ein mehr als verdientes Ergebnis. Im zeitlichen Umfeld der Partie wurde allerdings weniger über das Spiel an sich gesprochen als über die Terminierung. Auch der FCA war in den “Genuss” eines Montagsspiels gekommen. Noch dazu im fremden Dortmund, dass für Auswärtsfans aus Augsburg an einem Montagabend schwerlich günstig zu bereisen ist. Einige Zeit ist seitdem vergangen und der Nebel hat sich gelichtet. Was bleibt von diesem Montagsspiel? Einige Gedanken meinerseits möchte ich euch nicht vorenthalten:

Der Protest blieb nicht unbemerkt

Sowohl die organisierte Dortmunder als auch die Augsburger Fanszene boykottierten das Spiel. Insgesamt waren “nur” knapp 55.000 Fans im Stadion. Dafür, dass das Dortmunder Stadion ca. 80.000 Menschen fasst, war die Auslastung nicht berauschend an diesem Montagabend. Mehr als nur die ausbleibende Menge fiel allerdings auf, wie leer die berühmte gelbe Wand am Montag aussah. Man hörte über die Außenmikrofone deutlich mehr Einzelstimmen und weniger Gesänge und stimmungsvollen Support. Ohne Stimmung ist ein Fußballspiel nicht das, was wir in den letzen Jahren gewohnt waren. Ohne Stimmung fällt auch das Erlebnis für den Fernsehzuschauer ab. Nachdem die Verteilung der Spiele auf mehrere Tage genau den Hintergrund hat, mehr Zuschauer vor dem Fernseher zu erreichen, traf der Boykott einen wunden Punkt bei der DFL und bei den Vereinen. Gerade bei diesem Spiel hat der Protest einen Effekt auch auf die Außendarstellung der Vereine gehabt.

Der Protest spaltet

Leider ließ sich durch die Proteste von zwei aufeinanderfolgenden Auswärtsspielen auch erkennen, dass der Protest außerhalb der organisierten Fanszene in Augsburg nicht auf breiten Rückhalt stößt. Der Boykott erfordert, dass die Fans – um für ihre eigenen Rechte einzutreten  -ihr größtes Mantra verraten, indem sie die eigene Mannschaft bei diesen Spielen nicht unterstützen. Auch wenn ich selbst der Meinung bin, dass dies notwendig ist, um der eigenen Rechte nicht immer mehr beraubt zu werden, so wird dies bei weitem nicht von allen Fans so gesehen. Weiterer Boykott könnte zu weiterer Spaltung führen und die Folgen hiervon sind für mich nicht überschaubar. Das Mittel des Protests ist daher leider auch mit Risiken verbunden.

Das Wettrennen ist aussichtslos

Die finanziellen Unterschiede zur Premier League sind nicht einholbar und die deutschen Vereine werden weiterhin regelmäßig ihre besten Spieler nach England abgeben müssen. Auch eine weitere Aufspaltung des Spieltags wird daran nichts ändern, genau wie immer  weitere Marketingmaßnahmen, die vom eigentlichen Spiel ablenken. Man wird sich von der Premier League auch nicht dadurch abheben, dass man jeden Quatsch nachmacht. Zum Beispiel eine weitere Aufspaltung des Spieltags. Auch die Vereine haben den neuen Spielterminen zugestimmt, da sie mittlerweile vornehmlich in Unternehmensstrukturen organisiert sind und immer größerem Profit hinterher rennen. Die Abstimmung bei der DFL war damals sogar einstimmig ausgefallen. Dies muss ein Ende haben, denn man wird sich abmühen, ohne am Ende das gewünschte Ziel zu erreichen.

Die Überzeugungsarbeit muss im eigenen Verein beginnen

Die Augsburger Fans haben einen guten Schritt gemacht, als sie eine Petition an die eigene Vereinsführung gestartet haben, damit sich diese mehr für ihre Belange einsetzt. Man fragt sich allerdings schon, wie es überhaupt soweit kommen kann, dass sich der eigene Verein immer öfter gegen seine eigenen Fans und Mitglieder wendet. Für wen setzt sich der Vereinspräsident durch sein Handeln beim Profiunternehmen ein? Es ist müssig darüber zu spekulieren. Deshalb müssen wir uns als Fans einig werden. Aus meiner Sicht geht es darum, den Fußball in seiner Essenz zu erhalten. In der Bundesliga grundsätzlich am Samstag um 15:30 Uhr. Möglichst ohne viel zusätzlichen Schnick Schnack. Dafür sollten sich unsere Vereine für uns einsetzen.Wir sollten Sie dahin bringen, dass sie dies einsehen, solange wir die Einflussmöglichkeiten dank 50+1 haben. Dafür, wie der eigene Verein überzeugt werden kann, gibt es wohl kein Patentrezept und die Situation kann sich verfahren, wie man momentan in Hannover sieht. Mitgliederversammlungen, informelle Gespräche und evtl. weitere Maßnahmen des Stimmungsprotests werden wohl notwendig sein. Es wird ein langer Weg.

Zusammenhalt unter den Fans muss wachsen

Wichtig wird dabei sein, dass wir andere Fans davon überzeugen, warum unser Anliegen wichtig ist. Es geht uns um den Erhalt einer ursprünglichen Erfahrung des Fußballs, die wir im Stadion erleben wollen. Als Fan und Stadiongänger wollen wir ernst genommen werden. Es geht uns um die Bundesliga und nicht den Wettbewerb mit anderen Ligen. Unser Fußball hier soll etwas besonderes bleiben. Samstags um 15:30 Uhr. Mit Bratwurst und einem Bier. Davon müssen wir auch unorganisierte Fans überzeugen (derweil ich selbst weiter unorganisiert bin). Davon müssen wir im Anschluss unseren eigenen Verein überzeugen. Aber bevor wir den Keil weiter durch den Verein treiben, heißt es, sich über Block- und Fangrenzen hinweg zusammen zu tun. Den am Ende ist die Sache mir zu wichtig, als dass ich hierüber nicht selbst im Familienkreis äußerst leidenschaftlich diskutiere. Es ist allerdings ein weiter Weg zurück zu den Umständen, die wir alle so zu schätzen gelernt haben. Viele von uns – auch ich selbst –  haben  lange desinteressiert weggesehen. Es wird Zeit, dass sich auch die unorganisierten Fans an die Seite der organisierten Szenen stellen. Es wird darüber hinaus Zeit, dass die organisierten Szenen akzeptieren, dass sie Wege finden müssen, um die weiteren Gruppen in den Protest zu integrieren. Der Protest muss vielfältiger werden und weitere Formen gewinnen. Es muss eine breitere Mobilisierung stattfinden, anstatt dem üblichen Lagerdenken. Denn nur wenn sich die breite Masse rührt, werden die Verein begreifen, dass sie auf dem Holzweg sind, bevor ein noch größerer Schaden angerichtet ist. Das Montagsspiel in Dortmund hat gezeigt, dass sich die breite Masse rühren kann, indem eine komplette Tribüne verwaist war. Dies ist ein Hoffnungsfunke, den es nun aufzugreifen gilt. Mehr als eine konkrete Richtung ist mir allerdings noch nicht klar.  Manchmal muss man allerdings die ersten Schritte machen, bevor man den Weg genau erkennen kann. Wer kommt mit?

Blick Richtung 2018/19

26. Spieltag in Hannover. Auswärtssieg. 35 Punkte, Platz 8.  André Breitenreiter hat es auf der Pressekonferenz nach dem Spiel gesagt: der FC Augsburg ist durch.

Er hat damit Recht. Die letzten Zweifel am Klassenerhalt sollten ausgeräumt sein. Und heute kann ich es auch schreiben: Mich haben die Unkenrufe in der letzten Woche (und auch davor) genervt. Die Saison ist so entspannt, wie schon seit Jahren nicht. Die Mannschaft hat durch die Transfers von Stefan Reuter und die Anleitung von Manuel Baum in dieser Saison einen enormen Schritt nach vorne gemacht.  Es ist schon fast langweilig, denn ich habe Vertrauen in unser operatives Führungspersonal. Sportlich machen wir viel richtig. Vielleicht können wir uns darüber einfach mal ein bisschen mehr freuen, anstatt immer die Angst zu beschwören oder das Haar in der Suppe zu suchen. Die Mannschaft wird auch in den kommenden Wochen konzentriert arbeiten und es werden weitere Punkte folgen. Wohin das am Ende führt, wissen wir nicht genau. Es ist eine tolle Spannung, dass auch nach oben noch etwas möglich ist. Ich kann zu diesem Zeitpunkt feststellen, dass in dieser Saison sportlich nichts mehr passieren wird, was mir diese Saison madig machen könnte. Zeit den Blick nach vorne zu richten.

Dabei sollte nicht das Gefühl aufkommen, dass ich unser Team gerne verlieren sehe. Oh, wie ich mich ärgere, wenn wir verlieren. Allerdings gehört das Verlieren mit dazu. Wenn wir Augsburger in der Bundesliga genau so viel gewinnen wie verlieren, dann läuft es super. Niederlagen müssen wir akzeptieren, daraus lernen und weitermachen. Das machen wir gut. Auch die sportliche Konstanz wird nie komplett vorhanden sein. Zumindest nicht, wenn wir den eingeschlagenen Weg weitergehen und unseren Jugendspielern Chancen geben wollen. Wenn wir sie auf höchstem Niveau ins kalte Wasser werfen und Wettkampfluft schnuppern lassen. Manuel Baum hat richtigerweise festgestellt, dass dann auch mal schlechte Partien dabei sein werden. Da brauchen wir dann aber alle nicht sofort in Panik zu verfallen, denn unser Führungspersonal weiß, was es tut. Auch in schlechteren Phasen können wir mit diesem Personal im Club momentan entspannt nach vorne schauen.

Wohin wird uns der Weg in der Zukunft führen? Es wird ein weiteres Jahr in der Bundesliga geben, soviel scheint sicher zu sein. Wer hätte das vor 9 Jahren gedacht? Mit folgenden Fragen werde ich mich in diesem Zusammenhang in den kommenden Wochen beschäftigen, wenn es die Zeit zulässt:

  • Wie sieht unser Kader aus und auf welchen Positionen müssen wir uns fürs kommende Jahr verstärken?
  • Welche Jugendspieler klopfen oben an und bekommen vielleicht in den letzten Spielen oder in der neuen Saison mehr Einsatzmöglichkeiten?
  • Wie geht es unseren Leihspielern? Wer kommt auf Einsätze und könnte sinnvollerweise bei seiner Rückkehr durchstarten?
  • Was sollte neben dem Platz passieren? Welche Entwicklungen sind mir wichtig und was sollte strukturell passieren?

Dabei vergesse ich keineswegs, dass wir noch 8 Spiele vor uns haben. Fast ein Viertel der Saison ist noch zu spielen. Leistungsträger wie Jeffrey Gouweleeuw und Alfred Finnbogason werden fit zurückkehren. Manuel Baum wird sportlich die Mannschaft auch in diesen Spielen weiter verbessern. Wir werden in jedem Spiel um den Sieg kämpfen. Ich freue mich darauf. Ich werde alleine vor dem Fernseher zittern. Ich werde im Stadion mit lieben Menschen anstoßen. In Augsburg, auf dem Lechfeld und hoffentlich auch auswärts. Am liebsten samstags um 15:30 Uhr.  Ich würde mich freuen, wenn sich möglichst viele von uns in diesen 8 Spielen darüber freuen, was wir haben, als Angst davor zu haben, was wir verlieren könnten oder sich darüber zu ärgern, dass es noch weiter nach oben gehen könnte und wir es noch nicht ganz geschafft haben. Lasst uns auf Daniel Baier hören, der auf der Pressekonferenz vor dem Hannover-Spiel erneut betont hatte, dass nach dem 34. Spieltag abgerechnet wird. Vielleicht erwachen wir erneut in Europa. Spielt das eine Rolle? Wir werden in jedem Fall in der nächsten Saison in der Bundesliga spielen. Es hätte uns wieder kaum jemand zugetraut. So schwer es uns Augsburgern fallen mag: Es ist die Zeit gekommen, selbstbewusst und zufrieden nach vorne zu blicken. Zumindest für 8 Spiele.

 

Zusammenfassung der Wintertransfers 2017/18

Stefan Reuter hat wieder ein Brett vorgelegt in dieser Transferperiode. Die Aufgabe war zumindest aus meiner Sicht klar definiert. Der Kader war in der Hinrunde zu groß. Durch die positiven Ergebnisse drang keine Unruhe nach draußen, aber einige Spieler waren mit ihrer Situation sicher nicht zufrieden. Der FCA hat zumindest für die Rückrunde den Kader deutlich entschlackt. Damit sollte auch in der Rückrunde in Augsburg weiter Ruhe herrschen (So dachte ich zumindest bis zur Opare-Suspendierung). Folgende Spieler haben den FCA in der Winterpause verlassen:

  • Georg Teigl (ausgeliehen an Eintracht Braunschweig)
  • Tim Rieder (ausgeliehen an Slask Wroclaw)
  • Konstantinos Stafylidis (ausgeliehen an Stoke City)
  • Jan-Ingwer Callsen-Bracker (ausgeliehen an den 1. FC Kaiserslautern, Vertrag verlängert bis 2019)
  • Moritz Leitner (ausgeliehen an Norwich City)
  • Dong-Won Ji (ausgeliehen an Darmstadt 98, Vertrag verlängert bis 2019)
  • Marvin Friedrich (verkauft an Union Berlin, mit Rückkaufklausel)
  • Erik Thommy (verkauft an den VfB Stuttgart)

Der Kader des FC Augsburg umfasst immer noch 25 Profispieler (inkl. Opare). Nachdem wir uns alleinig auf die Bundesliga konzentrieren können, sollte diese Kadergröße für die Rückrunde vollkommen ausreichen. Pep Guardiola hat zuweilen damals beim FC Bayern mit einem 24-Mann Kader gearbeitet. Mit Dreifachbelastung und deutlich mehr Nationalspielern. Zudem ist unter den genannten Spielern kein einziger, der ein Leistungsträger in der Hinrunde war und von uns nicht zu ersetzen ist. Teigl, Rieder, Callsen-Bracker, Leitner und Friedrich haben alle keine einzige Pflichtspielminute in der Bundesliga absolviert. Stafylidis kam gerade auf zwei, Ji auf drei Kurzeinsätze. Erik Thommy kam bei 10 Kadernominierungen auf 6 Einsätze und insgesamt 167 Einsatzminuten. Tore und Torvorlagen Fehlanzeige. So reagierte auch Manuel Baum auf der Pressekonferenz vor dem Frankfurt-Spiel entspannt, als er sinngemäß feststellte, dass die Spieler, die abgegeben wurden, wohl zum Großteil auch bei den eingetretenen Verletzungsproblemen nicht geholfen hätten. Es wird wohl in der Rückrunde darauf ankommen, ob die Qualität in der zweiten Reihe reicht und nicht in der dritten.

Bzgl. der Abgänge sind zwei Gruppen zu unterscheiden. Es gibt einerseits die große Gruppe von Spielern, die an andere Vereine ausgeliehen wurden. Die ausgeliehenen Spieler erhalten die Möglichkeit sich dort weiterzuentwickeln und besser nach Augsburg zurückzukehren. Oder sich für andere Vereine zu empfehlen. Wer in dieser Saison beobachtet, wie wichtig Daniel Opare für uns geworden war, der weiß, dass dieses Modell sehr wohl funktionieren kann. Zumindest sportlich. Wünschen wir allen ausgeliehenen Spielern bei den aufnehmenden Vereinen alles Gute und viel Erfolg für die Rückrunde. Im Sommer wird sich zeigen, wo deren Weg nach den Leihen hinführt. Nachdem bei Marvin Friedrich wohl eine Rückkaufoption besteht, kann man ihn getrost in diese Gruppe packen.

Erik Thommy ist ein anderer Fall und die Überraschung des Transferfensters. Thommy war im Sommer aus Regensburg nach Augsburg zurückgekehrt und hatte unter Manuel Baum seine Einsätze bekommen. Objektiv bin ich mit der Anzahl der Einsätze nicht unzufrieden und hielt die Entwicklung für vielversprechend. Ich hatte erwartet, dass Thommy in der Rückrunde noch das ein oder andere gute Spiel für uns macht. Nun gab es im Hintergrund wohl längst Gespräche zwischen dem Verein und Thommy über die Verlängerung seines auslaufenden Vertrags. Der FCA wollte mit Thommy verlängern. In diesem Zusammenhang hatte Thommy für sich entschieden, den FCA im Sommer zu verlassen. Warum der VfB Stuttgart nun schon im Winter Geld in die Hand genommen hat, um Thommy an Bord zu holen, hat sich direkt gezeigt. Thommy spielt in Stuttgart direkt auch unter dem neuen Trainer Korkut. Dennoch hat er für mich noch nicht nachhaltig gezeigt, dass er die nötige Klasse für die 1. Liga hat. Anstatt ruhig und zielstrebig weiter in Augsburg seine Chance zu suchen, wird Thommy nun für den VfB Stuttgart tätig. Der VfB, ist nach dem FCA, Jahn Regensburg und dem 1.FC Kaiserslautern Thommys vierter Verein in drei Jahren. Thommy gibt aus meiner Sicht eine fixe Perspektive aus der Hand, sich in der Bundesliga zu etablieren und greift in Stuttgart nach den Sternen. Es bleibt für ihn zu hoffen, dass der VfB die Klasse hält und er sich dort durchsetzen kann. Der FCA erhält zumindest eine geringe Transferentschädigung. Bzgl. der Einsatzchancen ergeben sich durch den Wechsel offensiv nun mehr Möglichkeiten für Marco Richter, wenn  er nach seiner Bänderverletzung im Sprunggelenk wieder fit ist. Seine erste Chance gegen Frankfurt hat er direkt bravorös genutzt. Auch Johnny Schmid steht als Ersatz auf den Außenbahnen bereit, und hat weiterhin die Möglichkeit sein Potential zu bestätigen.

Insgesamt bin ich mit der Transferperiode sehr zufrieden. Stefan Reuter hat die in ihn gesetzten Erwartungen voll erfüllt. Hoffen wir, dass die Ergebnisse in der Rückrunde dies widerspiegeln und wir weiterhin sportlich so erfolgreich sein werden. Im Schnitt hat Reuter im Winter zuletzt immer einen Neuzugang präsentiert. Diese haben aber nicht immer eingeschlagenen. Nehmen wir Moritz Leitner nur als Beispiel. Er hat nun im Winter nichts übers Knie gebrochen. Auch das ist zu loben. Wir handeln weiterhin wirtschaftlich sinnvoll und geben nun auch der eigenen Jugend mehr Chancen. Die Transferpolitik stimmt mich grundsätzlich positiv.

Die Herausforderung steht jetzt an, da Jeffrey Gouweleeuw und Alfred Finnbogason mittelfristig verletzt fehlen werden und Spieler wie Sergio Cordova und Kevin Danso zeigen müssen, ob sie die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen können. Lassen wir uns überraschen, wer von den Jungs groß durchbrechen wird. Manuel Baum wird es schon richten und die Spieler entsprechend ihrer Stärken auf- und einstellen. Ich bin zuversichtlich, dass schon morgen das nächste positive Ergebnis folgt.

Wie der FC Augsburg seine Unschuld verlor

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Am Samstag vor dem Spiel gegen Eintracht Frankfurt platzte die Bombe. 4 Tage nach Schließung des Transferfensters in Deutschland, veröffentlichte der FC Augsburg eine Pressemitteilung, die im Augsburger Umfeld noch vielen etwas länger in Erinnerung bleiben wird. Kernsatz der Mitteilung ist folgendes Zitat von Stefan Reuter:

„Daniel Opare hat uns bewusst und trotz der Konfrontation mit Fakten wiederholt belogen. Des Weiteren hat er mehrfach gegen den Verhaltenskodex innerhalb der Mannschaft verstoßen“

Die Pressemitteilung teilt darüber hinaus mit, dass Opare gegen Eintracht Frankfurt nicht im Kader stehen wird und sich darüber hinaus einen neuen Verein suchen kann. Sein Angebot zur Vertragsverlängerung hat der FCA zurückgezogen. Ob Daniel Opare erneut für den FCA auflaufen wird steht in den Sternen. Er hat noch Vertrag bis zum 30.06.2018 und Raphael Framberger, der nun für ihn in die Startelf gerückt ist, hatte während seiner Karriere immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen. Der FCA hat zumindest für den Moment kommuniziert, dass Daniel Opare nicht mehr für den FC Augsburg auflaufen wird.

Die Wechseloptionen sind derweil zum jetzigen Zeitpunkt beschränkt. Die großen westeuropäischen Ligen haben ihre Transferfenster alle Ende Januar geschlossen. Alleinig ein Wechsel in etwas weiter entfernte Gefilde z.B. nach Russland oder China ist momentan noch möglich. Ob es Opare gerade dorthin zieht? Vielleicht wird er seinen Vertrag beim FCA auch einfach absitzen und im Sommer ablösefrei zu seinem Wunschclub wechseln. Die Kommunikation des FCA über die Pressemitteilung hat es für Opare nun auch nicht einfacher gemacht, irgendwo unterzukommen. Oder interessiert das einen anderen Verein überhaupt?

Der FCA wurde zumindest in den sozialen Medien für sein Statement gegen revoltierende Spieler gefeiert. Das alles kurz nachdem Herr Aubameyang den BVB einen Winter lang verarscht und seinen Abgang zum FC Arsenal quasi erpresst hatte. Allerdings ist die Ausgangslage bei Opare nicht ganz so eindeutig. Opare war eine Stütze der Mannschaft in der Hinrunde, v.a. da Raphael Framberger mal wieder verletzt gefehlt hatte. Den Weggang von Paul Verhaegh hatte vor allem er genutzt und sich in den Vordergrund gespielt. Opares gute Leistungen hatten sich dabei in Augsburg gerade mal auf 6 Monate beschränkt und kamen sehr unverhofft. Nun läuft Opares Vertrag zum 30.06.2018 aus und auf Grund der guten Leistungen hat der FCA ein Verlängerungsangebot unterbreitet. In den letzten Wochen ging es diesbezüglich hoch her. Einerseits hatte Opare signalisiert in Augsburg verlängern zu wollen, andererseits gab es diverse Meldungen bzgl. einem Abgang im Winter. Leicester City soll wohl interessiert gewesen sein. Zuletzt wurde dann öffentlich, dass Opare sich mit Domenico Tedesco, dem Cheftrainer von Schalke 04, getroffen hatte. Manuel Baum hatte ein Gespräch mit Opare geführt und in der Pressekonferenz am Freitag dazu gesagt:

„Das Gespräch hat stattgefunden. Aber was wir und wie wir gesprochen haben, ist mir immer wichtig, das es intern bleibt. (…) Das zeichnet uns in Augsburg aus, dass wir da ein bisschen langweilig sind und das es intern bleibt.“

Man hätte nun erwartet, dass man Opare im Zweifel für die Aktionen  suspendiert oder ihm eine Geldstrafe aufbrummt, evtl. parallel versucht ihn nach Russland oder China zu verkaufen, sich vielleicht wieder zusammenrauft oder auch nicht. Der Vertrag wäre dann sowieso im Sommer ausgelaufen. Alles in allem kein Vorgang, der im Profifußball für viel Verwunderung gesorgt hätte. Opare hat sich daneben benommen, es gibt eine Reaktion hierauf durch den Arbeitgeber und der muss die Konsequenzen tragen. Passiert.

Dennoch hat der FCA öffentlich gegen Opare ausgetreten. Ohne dem Spieler die Möglichkeit einzuräumen, sich direkt gegen die Vorwürfe zur Wehr setzen zu können, hat der Verein diese Pressemitteilung versendet. Diese Reaktion hinterlässt bei mir große Verwunderung. Opare, so falsch er sich auch verhalten haben mag, ist weiterhin Angestellter des Vereins und hat für diesen Verein erst vor kurzem noch seine Knochen hingehalten. Davon ist er von den Fans gefeiert worden. Ich bin in diesem Zusammenhang vollkommen Manuel Baums Meinung, wenn ich darauf dränge, dass solche Konflikte intern bleiben sollten. Denn es wäre doch vermessen anzunehmen, dass es in dieser Geschichte genau eine Wahrheit gäbe. Zumindest muss man dann bereit sein, diese insgesamt auszupacken und nicht nur Andeutungen zu machen. Und den kompletten Vorgang in der Öffentlichkeit diskutieren, will doch nun wirklich keiner. Welche selbst so benannte “Familie” trägt ihre Probleme so nach außen?

Den Schaden hat der FC Augsburg nun aber. Er muss sich für den Sommer nach einem neuen Rechtsverteidiger umschauen. Anstatt dies still und leise zu machen, weil niemand genau weiß, ob Opare wechselt oder nicht, weiß nun jeder, dass der FCA auf dieser Position jemanden verpflichten muss. Günstiger wird es dadurch wohl nicht. Zudem werden zukünftige Fälle von Undiszipliniertheiten nun immer mit diesem Fall verglichen werden.  Der FCA hat nach Dressler, Thurk und Schuster den nächsten ungeklärten Mythos. Zu diesem hat er die bisher längste Stellungnahme abgegeben. Ob das bedeutet, dass wir hier irgendwann erfahren, was genau passiert ist?

Was man vor dem Spiel gegen die Frankfurter Eintracht wissen sollte

Nur noch wenige Stunden bis zum Anpfiff der Partie gegen Eintracht Frankfurt. Ich breche gerade aus meinen eigenen Gewohnheiten aus. Eigentlich beschäftige ich mich nicht im Vorfeld von Spielen mit der aktuellen Lage. Ihr bekommt doch meistens ein ganz gutes Bild, wenn ihr euch selbst die Pressekonferenz anschaut oder die lokalen Medien verfolgt. Diese Woche ist das etwas anderes. Selbst etwas aufmerksamere Beobachter haben vielleicht den Überblick verloren, denn diese Woche war “Freak Week” beim FCA. Es passierte irrsinnig viel, und auch einiges kontroverses. Und nachdem es sich um viele spannende Themen handelt, will ich euch einen kurzen Überblick geben:

1. Sportlich: die Ausfälle

Im Spiel gegen Frankfurt werden seit längerer Zeit wieder einige Stammkräfte fehlen. Unproblematisch, da nur für ein Spiel, ist an dieser Stelle Rani Khedira. Er hat sich die fünfte gelbe Karte gegen Köln abgeholt und fehlt gesperrt. Dazu musste Jeffrey Gouweleeuw gegen Köln schon in der Halbzeit vom Platz. Er hat sich das Innenband angerissen und wird wohl sechs Wochen fehlen. Mit Kevin Danso steht allerdings sehr guter Ersatz bereit. Dazu kommt ein kurzfristiger Ausfall von Alfred Finnbogason. Eine Muskelverletzung in der Wade bedeutet einen Ausfall von sechs Wochen. Nachdem Finnbo fit ein sehr kompletter und abschlussstarker Stürmer ist, steht dort kein gleichwertiger Ersatz bereit. Vielleicht kann Sergio Cordova die Chance nutzen und sein Potential unter Beweis stellen? Achja, Daniel Opare wird dann auch fehlen und von Raphael Framberger ersetzt werden, daber das führt uns gleich zum nächsten Punkt…

2. Sportlich: die Suspendierung

Opare war eine Stütze der Mannschaft in der Hinrunde, v.a. da Raphael Framberger mal wieder verletzt gefehlt hatte. Den Weggang von Paul Verhaegh hatte vor allem er genutzt und sich in den Vordergrund gespielt. Nun läuft Opares Vertrag zum 30.06.2018 aus und auf Grund der guten Leistungen hat der FCA ein Verlängerungsangebot unterbreitet. In den letzten Wochen ging es dennoch hoch her. Einerseits hatte Opare signalisiert in Augsburg verlängern zu wollen, andererseits gab es diverse Meldungen bzgl. einem Abgang im Winter. Leicester City soll wohl interessiert gewesen sein. Zuletzt wurde dann öffentlich, dass Opare sich mit Domenico Tedesco, dem Cheftrainer von Schalke 04, getroffen hatte. Manuel Baum hatte ein Gespräch mit Opare geführt und in der Pressekonferenz am Freitag dazu gesagt:

“Das Gespräch hat stattgefunden. Aber was wir und wie wir gesprochen haben, ist mir immer wichtig, das es intern bleibt. (…) Das zeichnet uns in Augsburg aus, dass wir da ein bisschen langweilig sind und das es intern bleibt.”

Gestern platzte nun die Bombe. Opare ist beim FCA in Ungnade gefallen und Stefan Reuter wird zitiert mit folgenden Satz:

„Daniel Opare hat uns bewusst und trotz der Konfrontation mit Fakten wiederholt belogen. Des Weiteren hat er mehrfach gegen den Verhaltenskodex innerhalb der Mannschaft verstoßen“

Der FCA tritt öffentlich gegen Opare aus. Warum zu diesem Zeitpunkt und in dieser Art und Weise? Was war genau passiert? Der FCA hat nach Dressler, Thurk und Schuster den nächsten ungeklärten Mythos.

3. Gesellig: die Fankneipe

Gerade vor ein paar Minuten wurde die Fankneipe am Stadion eröffnet. Was als Kneipe angekündigt war, sieht mir auf den ersten Blick nach einem großen Stadionkiosk mit Sitzbereich aus. Es ist gut, dass es endlich auch einen Treffpunkt gibt, wo man vor Stadionöffnung am Stadion und bei Auswärtsspielen zusammenkommen kann. Naiv und faul wie ich bin, hätte ich gedacht, dass in einer Kneipe nicht fürs Bier aufstehen muss, aber das scheint mir nicht so zu sein. Wie sich die Örtlichkeit in Zukunft dann entwickelt, warten wir  einfach mal ab.

4. Der Investor: Hofmann im Interview

Fast schon in den Hintergrund getreten ist, dass Klaus Hofmann dem Kicker ein Interview gegeben hat, das in der Montagsausgabe erschienen ist. Dort nimmt Klaus Hofmann erneut Stellung zu RB Leipzig und erklärt die Unterschiede zum FC Augsburg. Er fordert eine Abschaffung der Sonderregeln bzgl. 50+1 oder als Alternative 50+1 aufzuheben. In seiner Rolle als Großinvestor beim FCA halte ich diese Aussagen für sehr kritisch. Zudem gehen mir die Rückfragen bzgl. der Strukturen beim FCA leider nicht genug ins Detail. Und auch wenn Hofmann immer behauptet, er sei Fan, so finden Fanbelange im Interview leider keinen Platz. Dann übernehmen wir diesen Punkt eben auch noch…

5. Das Montagsspiel in Dortmund: Szene Fuggerstadt boykottiert

Das Montagsspiel in Dortmund am 26.02. wirft schon jetzt einen langen Schatten. Schon vor einiger Zeit hatte ein beträchtlicher Teil der Dortmunder Fans angekündigt, dass Spiel zu boykottieren. 300 Dortmunder Fanclubs haben sich angeschlossen. Gerade für uns Augsburger ist die Ansetzung durch die weite Reise quer durch die Republik besonders beschissen. Zudem kämpfen auch die Augsburger Fans schon lange gegen eine weitere Zerstückelung der Spieltage. Dies hat nun auch zu der Entscheidung geführt, die Mannschaft in Dortmund nicht zu unterstützen, sondern durch einen Boykott gegen die Situation zu protestieren. In diesem Zusammenhang veröffentlichte die Szene Fuggerstadt eine Stellungnahme. Zudem hat die Szene Fuggerstadt eine Petition für FCA-Fans gestartet, um Druck auf die eigene Vereinsführung zu erzeugen, dass diese sich doch bitte auch für Faninteressen einsetzen soll. Dies ist in der Vergangenheit wohl nicht passiert. Hatte ich erwähnt, dass Faninteressen im Interview mit Klaus Hofmann nicht thematisiert wurden? Die Petition ist kurz gehalten, ich finde diese unterstützenswert und habe selbst unterschrieben. Überlegt bitte, ob ihr das nicht auch machen wollt. Es geht sehr einfach.

Das war es dann auch schon. Viele Themen und viele wichtige Themen wie ich finde. Aber am wichtigsten ist auf dem Platz und deshalb gilt es heute drei Punkte gegen Frankfurt einzufahren. Mit dem Rest beschäftigen wir uns dann ab morgen wieder.

Luxusprobleme allerorts

Morgen steht unser Spiel in Köln an. Köln ist in dieser Saison zumindest aus sportlicher Perspektive nicht zu beneiden. Auch nach den letzten beiden Siegen zu Beginn der Rückrunde steht der Effzeh, wie man den Verein in Köln liebevoll nennt, immer noch auf dem letzten Tabellenplatz. Es wird für die Kölner wohl ein Abstiegskampf bis zum letzten Spieltag und für uns morgen auch keine einfache Partie.

Allerdings gibt es in Köln etwas, dass ich aus Augsburger Perspektive sehr gerne sehen würde. Der FC ist einer von nur sechs Vereinen in der Bundesliga, der noch selbst über 100% seiner Anteile verfügen kann. Im Gegensatz dazu haben wir in Augsburg 99% unserer Anteile damals an Walther Seinsch und seine Investorengruppe verkauft. Im Zuge seines Rückzugs hat dieser seine Anteile an Klaus Hofmann und Buddies weitergereicht. Ohne diesen Anteilsverkauf und die entsprechenden Finanzmittel daraus, würde es den FC Augsburg in der heutigen Form nicht geben. Allerdings scheint dies eine Einbahnstraße zu sein und ich halte diese Einbahnstraße für sehr gefährlich. Die Gründe hierfür möchte ich nachfolgend gerne etwas ausführlicher darlegen.

Nachdem es sich bei Bundesligavereinen um millionenschwere Wirtschaftsunternehmen handelt, besitzen die Anteile an diesen Unternehmen mittlerweile einen erheblichen Wert und stellen quasi das Tafelsilber eines Vereins da. In Köln gab es deswegen im Herbst 2017 eine Initiative, die dafür kämpfte, dass  nach einem Satzungsänderungsantrag die Vereinsmitglieder in einen Anteilsverkauf mit eingebunden hätten werden müssen. Dieser Satzungsänderungsantrag ist leider auf der Mitgliederversammlung abgelehnt worden. Die Mitglieder werden bei potentiellen Anteilsverkäufen bis 25% der Anteile weiterhin nicht eingebunden.

Auch bei anderen Vereinen wird darüber diskutiert sich potentiellen Investoren zu öffnen. So hat nicht unlängst der VfL Bochum beschlossen seinen Profibereich in eine Kapitalgesellschaft auszugliedern, um nach diesem vorbereitenden Schritt, Anteile an der Kapitalgesellschaft an einen Investor verkaufen zu können. Dieser soll natürlich zum Vereinsleitbild passen und sich am besten nicht einmischen wollen.

Sind die Anteile erstmal weg, dann gibt es kaum noch einen Weg zurück. Dies gilt sowohl im guten wie im schlechten. Den negativen Fall kann man bei den Münchner Löwen beobachten. Sie haben sich mit Hasan Ismaik einen Investor ins Boot geholt, den sie nach einigen Streitereien gerne wieder loswerden würden. Allerdings verfügt der Verein nicht über die finanziellen Mittel, um Ismaik seine Anteile abkaufen zu können. Ismaik hält 60 Prozent der Anteile von 1860 und erst die finanziellen Probleme des Vereins haben dazu geführt, dass Ismaik an Bord geholt wurde. Der Schrecken wird sobald kein Ende nehmen.

Einen positiven Fall einer solchen Investorentätigkeit können wir bisher in Augsburg beobachten. Der FCA erwirtschaftet mittlerweile Millionengewinne (8 Millionen EUR im abgelaufenen Geschäftsjahr). Allerdings werden die Millionen von der Kapitalgesellschaft erwirtschaftet, die zu 99% Klaus Hofmann und Buddies gehört. Also steht dieser Gewinn am Ende wirtschaftlich auch den Investoren zu. In der Jugend des FCA kommt davon erstmal nichts an. Der Verein wird darüber hinaus auch nicht in die Lage versetzt, seine Anteile zurückzukaufen. Solange der Laden läuft und die handelnden Personen gleich bleiben, scheint die Lage stabil zu sein. Allerdings kann ja vieles im Leben ganz schnell gehen und schon findet man sich in einer Lage wieder, wie die Münchner Löwen.

Oder wie Hannover 96. Dort ist Martin Kind mittlerweile so lange am Verein beteiligt, dass die 50+1 Regel von ihm ausgehebelt werden kann.  Wenn Klaus Hofmann nur lange genug seine Beteiligung halten wird, dann wird er in Augsburg auch über diese Möglichkeit verfügen. Wobei, wer kontrolliert schon die Einhaltung der 50+1 Regel? Wird bei den Vereinen wirklich nachgeschaut, ob im Alltag ein Vereinsvertreter in den offiziellen Organen der Kapitalgesellschaften die Stimmmehrheit der Vereinsmitglieder in der Praxis zur Kontrolle oder Gestaltung im Alltag umsetzt? Natürlich nicht. In Augsburg hat kein Vereinsvertreter einen offiziellen Posten z.B. in Geschäftsführung oder Aufsichtsrat der KGaA. Und wenn Klaus Hofmann sich wundert, wie RB Leipzig die Lizenz erhalten hat, so wundere ich mich, warum er nicht strukturell beim eigenen Verein anpackt.

Langfristig geht es sportlich auf und ab. Köln pendelt immer mal wieder zwischen erster und zweiter Liga. Die rosigen Zeiten werden wahrscheinlich auch in Augsburg nicht ewig halten. Hoffen wir, dass wir dann nicht nur wirtschaftlich mit Bedacht agiert sondern auch strukturell die richtigen Weichen gestellt haben.

Wir können Stefan Reuter vertrauen

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Während der Winterpause passieren meist wenige wirklich aufregende Dinge, die einen Fußballverein auf Jahre hinaus prägen. Die Weichen für die Saison werden in der Sommerpause gestellt. Spieler, die bei ihren Vereinen eine tragende Rolle einnehmen, können in der Winterpause meist nicht verpflichtet werden. Trainerwechsel sind in Augsburg sehr selten und wenn es dann doch mal so weit kommt, dass man den Trainer entlässt, dann wird wie bei Dirk Schuster nicht bis zur Winterpause gewartet. Wir können uns daher schon jetzt darauf einstellen, dass diesen Winter nicht viel passieren wird. Dies liegt in dieser Saison auch daran, dass die Winterpause durch die WM zwei Wochen kürzer ist als sonst. Ich hoffe zumindest darauf, dass wir keinen Leistungsträger der Vorrunde abgeben. Dann brauchen wir auch keinen Ersatz.

Und so gibt es in den letzten Jahren nur wenige Entscheidungen und Verpflichtungen in der Winterpause, die entscheidenden Einfluss auf unsere Clubgeschichte genommen haben. Zeit für eine kleine Top 3?

3. Platz 3 geht für mich an die Leihe von Dong-Won Ji im Winter 2014. Im ersten halben Jahr in Augsburg schoss uns Dong-Won Ji eindrucksvoll mit zum Klassenerhalt und war kaum aufzuhalten. Leider war er danach nie wieder so torgefährlich, aber diese erste Zeit in Augsburg hat uns 2013/14 mit die Klasse gerettet. Ein wahrer Game Changer.

2. Vor sieben Jahren begann die zweite Phase der Legende Daniel Baier in Augsburg und der FCA hat ihn damals fest verpflichtet, nachdem er in der Saison 2009/10 schon als Leihspieler in Augsburg anzutreffen war. Daniel Baier war seitdem einer der besten defensiven Mittelfeldspieler der Liga. Der Wechsel von Daniel Baier war wohl die prägendste Spielerverpflichtung seit dem Neustart unter Walther Seinsch.

1. Platz eins geht allerdings nicht an einen Spieler, sondern an die große Konstante der letzten 5 Jahre. Denn ziemlich genau vor 5 Jahren hat Stefan Reuter seinen Dienst beim FCA angetreten. Er hat direkt Markus Weinzierl so gestützt, dass dieser seine Linie in der Bundesliga fand und die Mannschaft zum Klassenerhalt bugsierte. Danach hat er mit Weinzierl zusammen ein Team geformt, dass den Einzug in die Europa League schaffte und die Gruppenphase überstand. Nach zwei Trainerwechseln geht der Blick in der Tabelle schon wieder nach oben und unsere Spieler sind in ganz Europa im Munde. An wem sonst sollte das liegen, wenn nicht an Stefan Reuter.

Nicht ganz in die Top 3 haben es die Wechsel von Alfred Finnbogason und Jeffrey Gouweleeuw vor 2 Jahren geschafft. Ende 2013 kam auch ein gewisser Dominik Kohr nach Augsburg, für den es allerdings auch nicht für einen Platz in der Rangliste gereicht hat.

Stefan Reuter hätten noch im Frühjahr oder Sommer des Jahres 2017 wohl auch nicht alle Fans des FC Augsburg so prägend eingestuft. Derweil war genau diese Phase äußerst bedeutend dafür, wie Reuter auch in Jahren noch gesehen werden wird. Insgesamt sollte man Reuter immer zu Gute halten, dass er sich selbst nicht in den Mittelpunkt stellt. Er verrichtet seinen Job emotional engagiert und mit viel Herzblut. Sein eigenes Schaffen stellt er dabei – sehr sympathisch – gerne mal in den Hintergrund.

Derweil hat sich Stefan Reuter zu einem der besten Manager in der Bundesliga gemausert. Seine Verdienste stechen dabei mittlerweile wie Leuchttürme hervor. Der FCA ist hochprofitabel. 8 Millionen Euro Gewinn standen bei der letzten Mitgliederversammlung im Berichtsheft. Das meiste stammt aus schlauen Transfers und entsprechenden Transfererlösen. Derweil steht die Mannschaft im gesicherten Mittelfeld der ersten Bundesliga. Der FCA ist unter Reuter kein einziges Mal abgestiegen. Das hätte ich vor fünf Jahren so auch nicht vermutet. Naja, aus der Europa League vielleicht – aber das zählt nicht. Und obwohl unser Budget immer noch keine großen Sprünge ermöglicht und erst seit kurzem mehrere fähige Jugendspieler im Profibereich dazu stoßen, hat Reuter es Jahr um Jahr geschafft, eine schlagkräftige Truppe zusammenzustellen und zudem einen Generationenwechsel eingeleitet. Ich werde beim ersten Rückrundenspiel ein Bierchen auf Stefan Reuter trinken. Die Kurve sollte ein Liedchen anstimmen. Wir sollten alle hoffen, dass er noch lange bleibt. Und wenn die nächste schwächere Phase kommt, dann sollten wir alle wissen, dass Stefan Reuter besser als viele andere weiß, was er tut und ihm vertrauen.

Das Allerschlimmste

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Auf der Jahreshauptversammlung des FC Augsburg war erkennbar gute Stimmung. Gute Geschäftszahlen und die tolle sportliche Phase lassen das Bild leuchtend schön erscheinen. Schnell vergessen ist die vergangene Rückrunde und das Aus von Dirk Schuster, der der ausgemachte Wunschkandidat von Klaus Hofmann war.  Der FCA hat die Ergebnisse der Jahreshauptversammlung in einem Video selbst zusammengestellt. Dort kommt ein Fan zu Wort der sagt: “Perfekt. Unter der Führung von Klaus Hofmann. Besser geht’s gar nicht mehr.” Wenn das der FCA Werbeblock wäre, dann könnte man das nun so stehen lassen, ohne diese Aussage weiter zu hinterfragen und das Thema abhaken. Ich halte diese Aussage allerdings aus unterschiedlichen Gründen für falsch. Ich will das gerne begründen.

Der erste Grund basiert auf Fakten. Es gibt in der Tabelle Platz nach oben, man kann immer noch mehr Gewinn machen, in die Champions League einziehen und größere Stars verpflichten. Besser geht’s da immer noch. Diese Kennzahlen sind für mich nicht von übergeordneter Bedeutung. Der Punkt, bei dem der FCA seit Jahren schlechter wird, ist ein anderer. Der FCA nimmt die Menschen in der Region nicht mehr im gewohnten Maße mit. Seit der Saison 2013/14 ist der Zuschauerschnitt rückläufig. Da können noch so viele kreative Werbekampagnen nichts daran ändern. Man könnte fast den Eindruck bekommen: Umso besser es dem FC Augsburg geht, umso größer wird die Entfremdung.

Ob Klaus Hofmann diesen Zusammenhang verneinen würde, ist unbekannt. Allerdings hat das Thema es zumindest nicht geschafft auch Tage danach noch überregional die Medien zu durchfluten. Er hat es in seiner Rede auf der Jahreshauptversammlung nicht unter den Titel “das Allerschlimmste” gestellt. Ich frage mich, was ernsthaft für den Verein schlimmer ist, als dass ihm die Bindung in der Region verloren geht. Wenn über mehrere Jahre hinweg, trotz sportlich ansehnlichen Leistungen, immer weniger Zuschauer kommen, um sich das Ganze anzusehen. Aber Hofmann hat sich einen anderen Aspekt der großen Fußballwelt herausgesucht, der ihm erneut am Herzen liegt. “Das Allerschlimmste” ist nämlich laut Klaus Hofmann das Leipziger Fußballkonstrukt. Und so hat er in diesem Zusammenhang gesagt, was viele sich auch denken. Unter anderem fielen die Sätze “Regeln sind für alle gleich nicht für einen gleicher.” und “Das Konstrukt Leipzig darf keine Lizenz haben.” Inhaltlich stimme ich total zu. Als “das Allerschlimmste” hätte ich das Leipziger Konstrukt nicht bezeichnet.

Ich glaube auch, dass Walther Seinsch, Klaus Hofmanns Vorgänger als Präsident, sich nicht in dieser Intensität mit den Leipzigern beschäftigt hätte. Seinsch hätte es wahrscheinlich sogar geschafft, über den Tellerrand des Fußballgeschäfts zu schauen. Er, der die Stiftung Erinnerung gegründet hat, die den Marion-Samuel-Preis verleiht, um an die während des Nationalsozialismus ermordeten jüdischen Kinder zu erinnern. Mir zumindest fallen in diesen Zeiten einige Dinge ein, die ich als schlimmer bezeichnen würde, wenn ich über die aktuellen Geschehnisse in der ersten Fußballbundesliga hinausblicke.

Und ich glaube, dass ist genau die Aufgabe der Clubs, damit die Leute wieder eine Beziehung zum Fußballsport finden. Dass sie RB Leipzig ablehnen, bedeutet für viele Menschen gleichzeitig wohl eher, dass sie die Bundesliga insgesamt nicht mehr ernst nehmen und abschalten. Der Wettbewerb an sich verliert an Reiz und damit auch der FCA. Dies setzt die Clubs unter Zugzwang. Der Kreislauf ist aus meiner Sicht nur zu durchbrechen, indem man in der Region engagiert und indem man sich nachhaltig und gezielt sozial engagiert. Nicht nur auf dem Weihnachtsmarkt, sondern sichtbar das ganze Jahr über. Auf der Mitgliederversammlung lief hierzu auch ein kleines Filmchen. Dieses zeigte allerdings nur, wie sich beim FCA in dieser Beziehung Marketing und Engagement vermischt. Dabei hat der Marketingaspekt meist die Oberhand.  So baut man bisher keine Brücke und zeigt warum man es wert ist, angefeuert zu werden.

Aber es gibt Hoffnung. Klaus Hofmann hat in Bezug auf seine Gemütslage auch gesagt, dass diese sich schnell ändern kann: “Und wenn sie mich in zwei Wochen fragen, dann kriegen sie vielleicht schon wieder ein ganz anderes Stimmungsbild.” Vielleicht findet unser Präsident in einer ruhigen Minute auf einer Parkbank die Muße, ein paar Gedanken über den RB Leipzig hinaus zu fassen.

Zur Berichterstattung rund ums Derby

Journalismus ist ein Handwerk. Journalismus ist keine Kunst. Laut dem deutschen Journalistenkolleg ist eine typische Rolle eines Journalisten jene des (neutralen) Vermittlers. Hierbei wird davon ausgegangen, dass die Berichterstattung objektiv sowie neutral erfolgt und der Journalist keine bestimmte politische Meinung vertritt und Informationen nicht selektiert. Das Ziel des Journalisten sollte es sein, komplizierte Inhalte möglichst einfach zu erklären und auch möglichst realitätsgetreu zu berichten. Der Leser muss sich eine eigene Meinung bilden können. Neutraler Journalismus steht im Gegensatz zum Meinungsjournalismus. Dieser Blog ist offensichtlich kein klassisches neutral-journalistisches Produkt. Ich habe eine Meinung, selektiere Informationen, aber ich habe dies auch nie abgestritten.

Etwas anders sieht es in diesem Zusammenhang mit der Augsburger Allgemeinen aus. Diese erhebt den Anspruch ein neutral-journalistisches Produkt zu sein. Nun sind Begriffe wie “neutral” und “Selektion von Informationen” nicht eindeutig abgrenzbar. Welcher Blickwinkel ist neutral und welche Information wesentlich? Im Folgenden will ich am Beispiel der Berichterstattung rund um das Fußballspiel zwischen der zweiten Mannschaft des FC Augsburg und dem TSV 1860 München an ein paar Details betrachten, wo Probleme in der Praxis liegen können und warum eine gewisse Aufmerksamkeit als Leser nicht schaden kann. Die Wahrheit liegt dabei wohl im Auge des Betrachters. Dieser Beitrag erscheint bewusst einige Zeit nach dem Spiel, um allen Beteiligten sachliche Gedankenanstöße zu geben und die Emotionen zu begrenzen. Mir war persönlich das Thema zu wichtig, um es nicht zu betrachten. Ein gewisser Abstand schadet aber auch nicht.

Zu den Geschehnissen: Am Sonntag den 15.10.2017 spielte die zweite Mannschaft des FC Augsburg gegen den TSV 1860 München in der wwk Arena in Augsburg. Der FCA II gewann 3:2 und ärgerte damit den großen Favoriten der Regionalliga Bayern ein bisschen. Im Vorfeld der Partie war die Stimmung zwischen den Fans beider Lager angespannt. Die 60er Fans hatten sich als Sammelort den Augsburger Königsplatz auserwählt. Die Augsburger besetzten den Platz selbst und die Polizei musste die Fanlager trennen. Am Abend nach dem Spiel kam es zu kleineren Ausschreitungen in der Augsburger Innenstadt. Die Augsburger Allgemeine berichtete umfangreich vom Spektakel u.a. mit diesem Artikel. Die Berichterstattung zum Spiel löste allerdings eine Gegendarstellung durch die Rot-Grün-Weiße Hilfe aus, die Fans hilft, die im Zusammenhang mit FCA-Spielen Probleme mit der Justiz bekommen haben. Robert Götz, Mitarbeiter in der Sportredaktion der Augsburger Allgemeinen, hat daraufhin eine persönliche Stellungnahme bei Facebook veröffentlicht und seine Arbeit verteidigt. Nachdem sich der Nebel etwas gelichtet hat, will ich einen Blick auf die größten Streitpunkte werfen. Vorweg darf ich anmerken, dass ich nicht vor Ort war und die Punkte nur aus zweiter Hand beurteile. Vielleicht gelingt gerade dadurch ein neutraler Blick auf die Geschehnisse.

Auf dem Königsplatz

Im Artikel vom Abend des 15.10.2017 wird die Situation auf dem Königsplatz weit im Vorfeld des Spiels wie folgt geschildert:

Das Großaufgebot der Polizei hatte dann auch einiges zu tun, um die Fan-Lager auseinanderzuhalten. Die rund 350 Löwen-Ultras, die mit dem Zug angereist waren, wurden am Hauptbahnhof festgehalten. Allerdings gelang es immer wieder kleinen vereinzelten Gruppen aus beiden Lagern, in einem Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei sich doch zu Schlägereien zu treffen. Insgesamt kam es vor dem Spiel zu 17 Festnahmen.

Später beschreibt Robert Götz die Stimmung bei Facebook als ruhig und angespannt. Dies geht aus meiner Sicht aus seiner sehr kurzen Darstellung der Szenerie auf dem Königsplatz im Artikel nicht hervor. Ich als Leser, der nicht vor Ort war, lese dies anders und kann erste Proteste aus der Fanszene nachvollziehen. Ich kann verstehen, dass man in diesem Zusammenhang nicht auf jedes Einzelereignis eingehen kann. Allerdings verdeutlicht die geleistete erste Hilfe der Fans sehr gut, dass die Lage nicht immer angespannt war und es sehr wohl friedliche Momente gab. Kann man diese Ereignisse beschreiben, so dass sich jeder wiederfindet? Ich zweifle. Ist hier eine “neutrale” Darstellung gelungen? Ich bin mir dennoch nicht sicher.

Vor dem Stadion

Die Augsburger Fans marschierten später zum Stadion. Auf dem Weg kurz vor dem Stadion wurde der Fanzug an einer Engstelle durch Beamte des USK angehalten, um einen Zusammenstoß mit 60er Fans zu verhindern.
Nach den persönlichen Eindrücken von Robert Götz setzte ein Polizist Pfefferspray ein, als einige Fans versuchten über einen Zaun zu klettern. Kurze Zeit später wurde die Blockade des Fanzugs aufgehoben. Die Szene findet sich im Abendartikel überhaupt nicht wieder. Die Fans hatten sich grundsätzlich nicht auffällig verhalten und es ist weiterhin unklar, warum sie über den Zaun klettern wollten (Flucht vor der Enge? Versuchter Angriff auf gegnerische Fans?). Für Robert Götz war dies “ein harter Einsatz der Polizei, aber in diesem Moment, um eben die Fantrennung aufrecht zu erhalten, nachvollziehbar. Darum fand er auch keinen Eingang in die Berichterstattung, weil er für mich nach den Vorfällen am Abend nicht mehr das Gewicht hatte.” Ein kurzer Blick zurück. Robert Götz hat hier nun Informationen selektiert. Er hat nicht nur Informationen zusammengefasst sondern bewusst Informationen weggelassen, weil diese für ihn nicht mehr wesentlich waren.

Die Polizei hat gegen eine grundsätzlich friedliche Menschenmenge Pfefferspray eingesetzt. Ich bin kein Jurist, musste aber nicht lange googeln, um festzustellen, dass der Einsatz von Pfefferspray in vielen Prozessen von deutschen Gerichten als rechtswidrig angesehen wurde. Dabei ist der Einsatz meist unverhältnismäßig, da Unbeteiligte getroffen werden und die ärztliche Versorgung nicht sichergestellt ist. Gerade erst vor kurzem hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem 10 Jahre zurückliegenden Fall Fans Schadensersatz zuerkannt. Nachdem die Polizei selbst mit Erfolgsmeldungen im Artikel mehrfach zu Wort gekommen ist, wäre es aus Gründen der Neutralität der Darstellung und für ein differenziertes Bild aus meiner Sicht notwendig gewesen, hier diese Schattierung mitzugeben, indem man den Vorfall erwähnt. Ja, es ist auch durch den Einsatz der Polizei an diesem Tage meist friedlich geblieben. Waren die Mittel der Polizei dabei immer gerechtfertigt und angemessen? Ich glaube nicht. Durch den unstreitigen Einsatz von Pfefferspray vor dem Stadion, könnte man sogar zu dem Schluss kommen, dass das Verhalten mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht immer rechtskonform war. Ermittlungen würden wegen fehlender Kennzeichnungspflicht aber wohl ins Leere laufen.

Über fairen Umgang miteinander

Insgesamt glaube ich, dass es Details in der Berichterstattung gibt, bei denen ich die Kritik der Rot-Grün-Weißen Hilfe an der Augsburger Allgemeine nachvollziehen kann. Ich halte die Aufgabe allerdings auch nicht für einfach. Wenige Stunden nach dem Spiel objektiv die relevanten Informationen zu berichten und diese neutral darzustellen ist ein schwieriger Job. Zeichenbegrenzungen und Redaktionsschluss inklusive. Dabei urteilt die Rot-Grün-Weiße Hilfe gerne selbst pauschal und differenziert wenig, wenn der Vorwurf kommt, dass Informationen “mal eben weggelassen werden”. Dies würde ich Robert Götz nicht vorwerfen. Dessen Reaktion könnte professioneller nicht sein. Er stellt sich auf moderne Art und Weise der Kritik, bedankt sich für Stellungnahmen bei Facebook und setzt sich damit sicherlich auch in der Sache auseinander. Das ist zumindest mein Eindruck an dieser Stelle. Der Versuch der Rot-Grün-Weiße Hilfe “objektiv an Sachen ranzugehen” ist dabei vorerst gescheitert. Die eigene subjektive Art, die Arbeit der Presse zu verunglimpfen stellt selbst kein gutes Beispiel dar, Kritik zu formulieren. Ich würde an dieser Stelle auch bestreiten, dass Informationen bewusst weggelassen oder ein Sachverhalt bewusst falsch dargestellt wurde. Eine etwas unaufgeregtere und fairere Herangehensweise an die Dinge und eine direkte Kommunikation (hat von der Rot-Grün-Weiße Hilfe jemand versucht im konkreten Fall mit der Augsburger Allgemeine Kontakt aufzunehmen?), hätte wohl  nicht geschadet. Im Kern sollte allerdings unangemessenes Verhalten auch der Polizei Eingang in die Berichterstattung finden, wenn es denn schon stattfindet.

Mir war es ehrlich gesagt insgesamt zu viel Trubel um ein Spiel der Regionalliga Bayern. Zeit, sich wieder auf die Bundesliga zu konzentrieren. Die Darstellung, dass auch bei diesem Derby viele Tausende zusammen Spaß an Fußball hatten, kam mir allerdings insgesamt zu kurz. Das Fehler auf allen Seiten immer passieren, wenn Menschen beteiligt sind, ist ganz normal. Ich würde mich freuen, wenn wir uns alle zusammen mehr auf das verbindende Element des Fußballsports konzentrieren würden. Dazu gehört eine entsprechende Kommunikation von allen Seiten.

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