Unser Capitano

Donnerstag der 23.07.2020 und eine Ära geht zu Ende. Daniel Baier hat seinen Vertrag mit dem FC Augsburg einvernehmlich aufgelöst und wird in der kommenden Saison doch nicht mehr für den Verein in der Bundesliga auflaufen, für den er 11,5 Jahre seine Knochen hingehalten hat. 11,5 Jahre sind eine lange Zeit. Im Profifußball quasi eine Unendlichkeit. Es wurde zwar ein Abschiedsspiel vereinbart, aber der Abschied im Rahmen eines regulären Bundesligaspiels vor heimischen Publikum bleibt Daniel Baier verwehrt.

Ich habe mir nach dieser Nachricht einige Tage Zeit genommen, um diesen Abschied für mich einzuordnen. Wir haben hier im Blog den Abschied ad hoc kommentiert, weil die Vertragsauflösung kein gutes Licht auf den FCA werfen kann. Nicht wenn man den Vertrag erst im Januar verlängert hat und wenn es bei der Person um den verdientesten Spieler des FC Augsburg geht. Wenn man mit dem Spieler Stillschweigen zu Internas vereinbart und die Gerüchte über Daniel Baiers Widerstand gegen einen Gehaltsverzicht in Zeiten von Corona trotzdem mehrfach den Weg in die Öffentlichkeit finden (schämt euch ihr elendigen Plaudertaschen).

Für mich ist Daniel Baiers Abschied aber vor allem ein emotionaler Vorgang. Ein besseres Wort als Schock fällt mir nicht ein. Wie soll man es sonst nennen, wenn man ein Instagram-Video durchhält bis zu den Worten “Euer Capitano” und einem an der Stelle immer wieder die Tränen kommen. Und ich wollte einige persönliche Worte dazu finden. So viele wie eben nötig.

Ich möchte schimpfen und argumentieren. Aber es nützt nichts. So oft habe ich Daniel Baier in Frankfurt spielen sehen. Es kommt kein weiteres Mal für den FCA dazu. Immer hat er gekämpft und alles gegeben. (Photo by Christof Koepsel/Bongarts/Getty Images)

Ich bin in den letzten 11,5 Jahren zweimal umgezogen, habe meine Frau geheiratet und bin Vater von zwei gesunden Töchtern geworden. In all der Zeit gab es immer eine Konstante: meine Liebe zum FCA und Daniel Baier in rot-grün-weiß. Nun ist er weg. Und ich fühle mich leer.

Muss man dabei über das Sportliche überhaupt noch etwas sagen? Daniel Baier zählt die Stationen in seinem Dankesvideo (ja, das mich immer wieder zum heulen bringt) kurz auf. Aufstieg, Klassenerhalte, Europa, Klassenerhalte. Über 350 massive Pflichtspiele. Nach Verhaeghs Abschied die Übernahme des Kapitänsamts. Das Spiel auf dem Platz hat er vorher schon gelenkt. Er war über Jahre unser bester Spieler. Ich habe bei Twitter die Frage in den Raum geworfen, ob es in den letzten 10 Jahren einen ähnlich konstanten 6er in der Bundesliga gab. Ich habe keine Antwort erhalten, die dies nahelegte. Ohne es nachzuschauen, würde ich wetten, dass kein Spieler in diesem Zeitraum so viele Bälle abgefangen hat wie er. Daniel Baier wurde – aus meiner Sicht – um die WM 2014 beschissen und hätte Nationalspieler und Weltmeister werden sollen. Er ist – auch zu seinen sportlich besten Zeiten – immer in Augsburg geblieben. Mit Sicherheit nicht, weil es keine anderen Angebote gegeben hätte.

November 14, 2008 in München: Daniel Baier noch mit der Trikotnummer 7 trifft zum ersten Mal für den FCA. Ich war im Stadion und vielleicht war es auch einfach sein bestes Tor. (Photo by Thomas Langer/Bongarts/Getty Images)

Baier ist dabei jemand, der in Augsburg nicht nur zu Gast ist. Er ist jemand, den in Augsburg jeder zu kennen scheint. Früher als Feier-Baier abends unterwegs, später im Café oder beim Einkaufen, hat man Baier auch gerne in der Stadt getroffen. Baier hat sich nie versteckt und war immer einer von uns. Das liegt auch daran, dass er ein Profi mit Ecken und Kanten war, der auch mal unbequeme Wahrheiten ausgesprochen hat. In der Saison vor der Europa League hat er den Zuschauerzuspruch in einer englischen Woche im Winter kritisiert. Ich fand die Aussage in der Sache falsch, aber es brauchte Mumm es zu sagen. Im platzte auch mal der Kragen. Fragt Hasenhüttl. Passiert jedem von uns und machte ihn nur noch sympathischer. Beim Familientag hat er dafür Kollegen auch mal dazu angehalten ein extra Autogramm zu schreiben.

Warum will man mit 36 Jahren überhaupt noch in der ersten Bundesliga seine Gesundheit aufs Spiel setzen? Wahrscheinlich nicht, weil man das Geld braucht. Ich glaube Daniel Baier hat davon geträumt, mit einem Erfolg seine Karriere zu beenden. Im Pokal noch einmal weit zu kommen. Oben zu schnuppern an den Europa League Plätzen. Als Team zu zeigen, dass der FCA es noch kann. Kann er es noch? Oh, wie sehr wollte ich das als Fan nochmal sehen. Wir werden es herausfinden. Die letzten beiden Jahre waren verloren. Wir sind als Club auf der Stelle getreten und haben uns dabei noch die Füße angeschlagen. Es ärgert mich sehr, dass Daniel Baier seinen Abschied nicht nach einem guten Jahr feiern kann.

Ob wir noch jemals eine solche Saison erleben werden wie 2015/16? Es wird für immer das erste Jahr europäischer Fußball für den FC Augsburg bleiben. Natürlich mit Daniel Baier. (Photo by Johannes Simon/Bongarts/Getty Images)

Gute Jahre kommen hoffentlich wieder. Aber nicht mit Daniel Baier. Die Angst, die ich als Fan habe, ist ganz einfach. Ich fürchte, dass der Traum zu Ende ist. Auch, weil jemand wie Daniel Baier fehlt. Weil man sich nicht mehr so sehr mit der 11 auf dem Rasen identifiziert. Mit Daniel Baier hat man mit gelitten und sich mit gefreut. Genau wie mit Mölders, Werner und Hitz. Ich habe mich mit diesen Spielern identifiziert, weil sie sich mit dem Club identifiziert haben. Und insgesamt waren es wohl die besten Jahre, um Fan des FC Augsburg zu sein. Wir mögen sportlich relevant bleiben. Aber wird es jemals wieder so geil?

Daniel Baier selbst vergönne ich dann bald, dass er auf unsere Seite wechselt. Es bleibt eine meiner Lieblingsgeschichten als er in 2012 als Fan zur EM gefahren ist und mit Bastian Schweinsteiger das Trikot getauscht hat. Wer hat nicht schon einmal davon geträumt, dass Baier selbst nach einem Spiel auf die Tribüne schaut, einen sieht, sein Trikot hochwirft und fragt: “War geil heute, oder?” und man antwortet: “Ja, war geil heute. Du bist der Größte.” Ja, Daniel Baier – unser Capitano – du bist der Größte. Niemand kann Dir mehr nehmen, was Du in Augsburg geschaffen hast. Irgendwann benennen wir hoffentlich eine Tribüne nach Dir.

Und wenn in Augsburg die Mannschaften auf dem Weg in Richtung Rasen sind, dann wird an der Spitze dein o-beiniger Gang fehlen. Es wird fehlen, dass Du dem Schiedsrichter oder Gegenspieler in einer Unterbrechung den Arm um die Schultern legst und ihm ein paar nette Worte sagst. Deine Diskutiererei wird manchmal auch fehlen (aber nur manchmal). Und es wird fehlen, welchen Einfluss Du auf gegnerische Teams hattest. Deren Fans in den sozialen Medien sind alle heilfroh, dass ihre Teams nicht mehr gegen dich spielen müssen.

Das Foto entstand am 30. Juli 2011 im Niederrhein Stadion in Oberhausen. Ich habe mir beim Jubeln die Hose am Zaun zerrissen. Gerne möchte ich dich nach all den Jahren genau so umarmen wie Paul Verhaegh damals. (Photo by Friedemann Vogel/Bongarts/Getty Images)

Es war klar, dass wir uns zeitnah von Dir, Daniel Baier dem aktiven Bundesliga-Kicker, verabschieden hätten müssen. Wie lange wäre es ohne die Vertragsauflösung noch weiter gegangen? Das eine Jahr? Wahrscheinlich. Aber im Gegensatz zu den letzten Tagen hätten wir als Fans uns auf diesen Moment vorbereiten können. So durchleiden wir weiter diesen Schock. Aber es wird die Zeit kommen, da werden wir mit viel Stolz auf diese tolle Zeit zurück blicken und uns an den gemeinsamen Erinnerungen erfreuen. Denn diese gemeinsamen Erinnerungen, die kann dieser räudige Abschied uns nicht kaputt machen. Danke Dir Daniel Baier für diese vielen tollen gemeinsamen Erinnerungen. Ich habe vor kurzem meiner sechsjährigen Tochter vor dem Schlafengehen von Dir erzählt. Mach Dir keine Sorge, die Erinnerungen und deine Legende werden uns beide überleben.

Sinkt das Schiff?

Am Ende ging es wieder einmal ganz schnell. Schon Anfang der Woche machten die Gerüchte die Runde, dass die Verjüngungs- und Verschlankungskur umfassender ausfallen wird als befürchtet und auch altgediente Spieler betroffen sein könnten. Mit Julian Schieber, Georg Teigl und Fabian Giefer war schon gerechnet worden, Andi Luthe erschien auch auf der ominösen Liste und schließlich fiel in dem Zusammenhang der Name Daniel Baier. Man wurde sichtlich nervös. Das war nicht nur unvorstellbar, das konnte auch nicht gut ausgehen.

Es steht zu vermuten, dass die Entscheidung schon länger klar war aber die neugierige Presse das Timing durcheinander brachte. Andererseits ist kaum vorstellbar, zu welchem Zeitpunkt und bei welcher Gelegenheit, diese Nachricht einigermaßen verdaulich gewesen wäre. Die Vereinsmeldung schlug auch entsprechend ein. Stefan Reuter hat wie gewohnt ein gutes Fingerspitzengefühl für die Befindlichkeiten der Fans gefunden und seinen Emotionen mit großen Worten freien Lauf gelassen. Ebenso hölzern freute sich der Manager noch im Januar über die weitere Vertragsverlängerung des dienstältesten FCA Spielers. Doch das scheint nun im Sommer vergessen.

Am Ende gab es nichts mehr zu diskutieren. Ende aus, Daniel Baier läuft für den FCA nicht mehr auf. (Photo by Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)

Erwartungsgemäß tobt die sensible Fanseele und über dem Augsburger Manager entlädt sich ein veritabler Shitstorm. Auch die Gazettenredaktion ist sich hier einig und sehr wütend. Wütend wie lange nicht mehr. Wenn wir nicht gerade angesichts der Abschiedsgrüße des Kapitäns aus dem Urlaub still vor uns hin weinen. Natürlich in schwarz-weiß. Soviel Emotion gab es lange nicht.

Doch es gibt leider ein stimmiges Bild mit den Entwicklungen der letzten Woche und Monate. Und inmitten der überbordenden Emotionen muss man sich die Frage stellen, was da gerade beim FCA passiert. Zuletzt traf es schon mit Zdenko “Mile” Miletic einen der wenigen Figuren, die lange Jahre und glaubhaft mit dem Verein verbunden waren. Und hiervon gibt es nicht allzu viele. Im modernen Fußball ist diese Art der Verbundenheit sehr rar und eigentlich ein Kapital, das man erhalten sollte. Auch Daniel Baiers Beziehung zum FCA war persönlich und glaubhaft, über viele Jahre hinweg. Es ist mehr als fraglich, ob dieser harte Schnitt zu Gunsten eines konsequenten sportlichen Wegs nötig war oder sinnvoll ist.

Das habt ihr nicht wirklich getan? Die Aktionen des FCA sorgen im Moment für einige Fragen. (Photo by Matthias Hangst/Bongarts/Getty Images)

Dass Daniel Baier in den sportlichen Vorstellungen von Heiko Herrlich und Stefan Reuter keine Rolle (mehr) spielt, hat sich abgezeichnet. Schon zuletzt wurde auf den Kapitän keinen Wert mehr gelegt und für die kommende Saison zusätzliche Konkurrenz verpflichtet. Daniel Baier war mit dieser Rolle auf der Ersatzbank nicht glücklich, das war bekannt. Man kann sich vorstellen, dass es in den letzten Gesprächen wohl genau um diese Problematik ging. Und man muss auch von dem langjährigen Stammspieler erwarten können, dass er sich auch über längere Phasen ohne Murren auf die Bank setzt.

Und doch: auch wenn Reuter und Herrlich die sportliche Perspektive – und das Risiko als Ersatzspieler in die letzte Saison zu gehen – klar benannt haben, so ist doch der angebotene Ausweg einer Vertragsauflösung inmitten der Sommerpause nach einer Saison im Ausnahmezustand in keinster Weise verständlich. Der Plan, den Kader zu verjüngen und zu verschlanken hätte man auch auf lange Sicht anlegen können. Sicherlich hat Herrlich eine andere sportliche Vision und die Leistungen des FCA waren in den vergangenen Monaten durchaus schwankend und teilweise auch bedenklich. Aber das hatten wir auch schon alles.

Was Daniel Baier hier sagen will? Etwas in der Art: Am Ende habt ihr besser recht, Stefan Reuter und Heiko Herrlich! (Photo by Sebastian Widmann/Bongarts/Getty Images)

Jetzt mit Zdenko Mileticund Dani Baier zwei altgediente FCAler für die Fehler gewissermaßen mit-verantwortlich zu machen, ist mehr als bedenklich. Auch da der Erfolg des Herrlichen Spielkonzepts bislang noch nicht auszumachen war. Daniel Baier hat dagegen seinen sportlichen Wert mehr als einmal unter Beweis gestellt. Sicherlich wird es Veränderungen geben (müssen), aber den Kapitän auf diese Weise auzusortieren, ist schlicht unwürdig.

Vielleicht wird der Erfolg dem Wirken des umtriebigen Duos Reuter/Herrlich ja am Ende Recht geben und all dies ist in wenigen Monaten vergessen. Aber vielleicht wird auch ein etwaiger Misserfolg Fragen nach den getroffenen Entscheidungen und Methoden aufwerfen. Spätestens dann ist auch Stefan Reuter nicht mehr zu halten. So oder so. Derzeit muss sich doch Sorgen machen, wohin das Schiff steuert. Der Manager hat derweil noch ein Abschiedsspiel für Daniel Baier in Post-Coronazeiten in Aussicht gestellt.

Na, dann ist ja alles gut.

Mil(l)e grazie!

Der FCA hat einen stark aufgeblähten Kader – das wissen wir alle. Veränderungen sind an dieser Stelle nicht unwahrscheinlich bzw. sind diese gar zwingend notwendig. Auch im Trainerteam kommt es hierbei zu Wechseln auf diversen sportlichen Positionen. Kaum war die alte Saison beendet, gab der FC Augsburg auf seiner Website bekannt, dass sich zu Beginn der neuen Saison Veränderungen im Funktionsteam ergeben werden. Hierdurch ergab sich auch eine Art Hiobsbotschaft für alle treuen FCA-Fans, denn Urgestein Zdenko “Mile” Miletic wird nicht länger Torwarttrainer des Erstligisten sein.

Co-Trainer gesucht und gefunden

Die nachträgliche Saisonanalyse scheint hierbei das Resultat geliefert zu haben, dass ein neuer Co-Trainer sportlich notwendig erscheint. Neben den alten “Co’s” – Jonas Scheuermann und Tobias Zellner, der im Mai einmal als Ersatz für Heiko Herrlich am Seitenrand stand, dürfen wir seit dem 1.7. Iraklis Metaxas in Augsburg begrüßen. Der Deutsch-Grieche, der vor kurzem seinen 53. Geburtstag feierte, war zuletzt als Co-Trainer beim Zweitligisten Darmstadt 98 tätig und komplettiert das Trainerteam rund um Heiko Herrlich.

Ebenjener Heiko Herrlich hatte anfänglich – nach Amtsantritt beim FCA – darauf verzichtet, einen Co-Coach mit nach Augsburg zu bringen: „Heiko Herrlich hatte bei seinem Amtsantritt darauf verzichtet, einen neuen Co-Trainer dazu zu nehmen. Es war aber klar abgesprochen, dass wir nach der Saisonanalyse prüfen, wie wir das Trainerteam weiter sinnvoll ergänzen können“, so Stefan Reuter.

Weiterhin wurden die Verträge des Physios Michael Deiss und des Reha Trainers Sönke Ermgassen nicht verlängert. Stattdessen vervollständigt Rudi Ehmann, zuletzt Physio beim FC Bayern München im Bereich Basketball, nun das Funktionsteam des FCA.

Der scheidende Mile

So schön ein weiterer Co-Trainer in der bereits illustren Runde um Heiko Herrlich erscheint, so traurig ist jedoch die Nachricht des scheidenden Zdenko “Mile” Miletic. Der Vertrag der Torwartlegende, selbst zwischen 2002 und 2007 in 116 Partien für den FCA auf dem Feld stand, lief bereits zum 30.06. aus und wurde nicht verlängert. Stefan Reuter begründet dies in der Pressemitteilung auf der FCA-Website folgendermaßen: “In unserer Saisonanalyse sind wir zu dem Entschluss gekommen, dass wir auf der Position des Torwarttrainers eine Veränderung vornehmen wollen“.

Zdenko Miletic mit seinem Arbeitsmaterial. Nach 9 Jahren in der Bundesliga und 13 insgesamt ist die Zeit des zurückhaltenden Torwarttrainers beim FCA im Profiteam vorbei.

Dies muss jedoch nicht unweigerlich das Ende der Ikone am Lech sein, denn offensichtlich hat der langjährige Torwarttrainer – seit 2007 ist er hier in Augsburg im Amt – ein etwas anderes Angebot des FCA vorliegen. „Da ‚Mile‘ ein verdienter und langjähriger Mitarbeiter des FCA ist, haben wir ihm ein Angebot unterbreitet, als hauptamtlicher Torwart-Koordinator in unserem Nachwuchsleistungszentrum die Arbeit mit unseren Nachwuchs-Torhütern weiterzuentwickeln. Wir würden uns daher freuen, wenn uns ‚Mile‘ in neuer Funktion erhalten bleibt, um die Grundlage dafür zu legen, in Zukunft einen Torhüter aus dem eigenen Nachwuchs in der WWK ARENA spielen zu sehen.“

Funktional ersetzen wird “Mile” jedenfalls der 43jährige Kristian Barbuscak, der vom Zweitligisten Jahn Regensburg an den Lech wechselt. Stefan Reuter freut sich augenscheinlich über die Neuzugänge an der Seitenlinie: „Wir freuen uns daher, dass wir mit Iraklis Metaxas und auch mit Kristian Barbuscak zwei absolute Fachmänner für unseren FCA gewinnen konnten, die uns in der individuellen Arbeit mit den Spielern nach vorne bringen werden.“

Das Torwart-Problem

Warum Mile jetzt seinen Hut nehmen muss – nach 13 sportlich erfolgreichen Jahren als Torwarttrainer beim FCA – bleibt ebenso offen, wie die Frage, ob Mile das Angebot des FCA als Koordinator im NLZ annimmt bzw. bereits angenommen hat. Schade ist jedenfalls, dass mit Zdenko Miletic ein Urgestein nun nach einer sportlich schwierigen Phase als einziger Protagonist des Trainerteams gehen muss. Und ihm somit öffentlich die Schuld für die Torwart-Scharade beim FCA in die Schuhe geschoben wird.

Denn eins steht fest: Seit dem Weggang von Marwin Hitz im Jahre 2018 ist beim FCA auf der eminent wichtigen Position des Torhüters eine Unruhe und ein “Wechsel-dich-Spiel” der tendenziell eher negativen Art eingekehrt. Und könnte jetzt ad absurdum getrieben werden. Geht man doch mit nominell vier Stammtorhütern in die Saison – Koubek, Giefer, Luthe und on top noch Neuzugang Rafał Gikiewicz. Letzterer wurde zuletzt vom Ligakonkurrenten Union Berlin ablösefrei verpflichtet.

Mile hat weder Tomas Koubek noch Gregor Kobel verpflichtet und ist nun derjenige, der die verfehlte Planung des FCA auf dieser Position ausbaden darf. (Foto: pmk / NB147469 Fussball)

Dieser Wechsel auf der Torwart-Trainer-Position könnte nun signalisieren, dass man den Schuldigen gefunden hat, der – wie böse Zungen behaupten – keinen Torwart in den letzten Jahren nennenswert und nachweislich verbessern konnte. Aber ob die besagte Person wirklich der Hauptprotagonist in der mittlerweile langjährigen Torhüter-Posse ist, bleibt fraglich. Die Entscheidung pro Giefer, dann pro Koubek und zuletzt pro Gikiewicz haben vermutlich andere getroffen. Diese Personen sitzen vermutlich auch weiterhin sicher im Sattel. Es bleibt abzuwarten, wie sich das Torwartspiel des FCA in der nächsten Saison weiterentwickelt. Und welchen Beitrag der neue Torwarttrainer hier beisteuern kann. Uuuund, ganz wichtig: Wer unsere neue Nummer eins im Tor wird! ABer dies entscheidet und entschied auch vorher nicht unser Mile.

Mile grazie!

Dankbar bleibe ich jedoch für die Arbeit von Zdenko Miletic und für seine Loyalität zum FCA. 13 Jahre sind eine echte Hausnummer. So lange ist nicht mal Christian Streich Trainer des SC Freiburg! Der gebürtige Kroate Miletic kam 2002 von Arminia Bielefeld und wurde schnell zum Stammtorhüter beim FCA, stieg mit dem FCA 2006 in die zweite Fußballbundesliga auf. Miletic selbst wurde laut der Augsburger Allgemeinen jedoch nur Torwarttrainer beim FCA, weil er im Jahr 2007 als Nummer 1 im Augsburger Tor von Sven Neuhaus abgelöst wurde. Sozusagen, weil er den Konkurrenzkampf verloren hat. Und der FCA gewann einen passionierten Torwarttrainer, der den in Wolfsburg aussortierten Simon Jentzsch zu einem vollkommenen Bundesliga-Stammtorhüter formte. Und aus Marwin Hitz viel mehr als nur eine Nummer 2 machte, die er derzeit beim BVB darstellt!

Wir kann man Mile nicht in bester Erinnerung behalten? Danke für alles! (Foto: kolbert-press / Christian Kolbert)

Der kicker selbst fragt etwas zweifelnd: “Wird das Urgestein, seit 2002 im Klub und seit 2007 Torwarttrainer, nun für die Probleme der vergangenen Jahre sowie die Fehlgriffe mit Giefer und Koubek verantwortlich gemacht?” Und resümiert lapidar: “Es bleibt sehr zweifelhaft, ob ein Wechsel auf diesem Posten wirklich eine Lösung bringt.”

Ich lasse dies mal so im Raum stehen und bedanke mich für 13 Jahre mit dir als Torwarttrainer, Mile. Mil(l)e grazie, für alles!

Die Krise der Führungsspieler

Mein Optimismus war ja schon vor der letzten Saison nicht gerade besonders stark ausgeprägt. Ich hatte vermutet, dass die sportlichen Probleme des FCA in Summe dazu führen, dass wir absteigen. Selten war ich so froh, mich geirrt zu haben. Derweil wird eines der Themen, das ich in meiner pessimistischen Voraussage angesprochen hatte, aktueller denn je. Ich habe letzten Sommer darauf hingewiesen, dass mir beim FCA die Führungsspieler fehlen. In einer innerfamiliären Debatte kam das Thema zuletzt wieder zur Sprache. Es hat sich wenig im Vergleich zum vergangenen Sommer getan. Im Gegenteil: das Management und der Trainer bringen weiterhin Unruhe in den Kader.

Der Maestro

Daniel Baier ist der Größte. Punkt. La Decima ist besonders mit einer Person auf dem Rasen verbunden: unserem Maestro im Mittelfeld. Sportliche Lobeshymnen haben wir schon einige geschrieben und es gibt kein Rütteln an meinem Respekt für die Leistungen von Daniel Baier im Trikot des FC Augsburg. Umso unwirklicher wirkt gerade wie Trainer Heiko Herrlich mit Daniel Baier umgehen darf. Baier wurde in den letzten beiden Partien der Saison noch nicht mal mehr eingewechselt. Selbst Reece Oxford erhielt den Vorzug. Darauf angesprochen lobt Herrlich lieber die Stärken der Mitspieler. Herrlich scheint Baier kalt zu stellen.

Daniel Baier am Boden. Wie geht die Karriere des Maestros in Augsburg zu Ende? (Foto: Frank Hoermann / FOTOAGENTUR SVEN SIMON/POOL)

Dabei muss klar sein: Baier hat das Recht auf einen Abschied nach seinen Vorstellungen. Es ist für mich dabei auch recht einfach zu beurteilen, wer sich in den letzten Monaten professioneller verhalten hat. Trainer Heiko Herrlich machte bekanntlich keine gute Figur. Insgesamt lässt dies allerdings Zweifel aufkommen, ob die etablierteste Führungspersönlichkeit beim FC Augsburg auch im nächsten Jahr diese Rolle weiterhin ausführen darf.

(Als New York Giants Fan erinnert mich die Situation sehr daran, wie Eli Manning für Geno Smith auf die Bank gesetzt wurde. Manning hatte die Giants zu zwei Super Bowl Titeln geführt und eine andauernde Serie von über 100 Spielen, die er von Beginn an spielte. Coach war Ben McAddo. McAddos Auftreten wirkte ähnlich professionell wie das von Heiko Herrlich).

Die Leistungsträger

Hoffnung in der Debatte um Führungsspieler beim FC Augsburg machen drei Männer, die über die gesamte Saison hinweg vorweg marschiert sind. Mit ihren Leistungen haben sie die Grundlage für den erneuten Klassenerhalt gelegt. Mit ihrem professionellen Verhalten waren sie zudem Leuchttürme, an denen sich der Rest der Mannschaft orientieren konnte. Gemeint sind Florian Niederlechner, Philipp Max und Rani Khedira. In der Kombination Sturm, Mittelfeld, Abwehr bilden sie eine Achse, um die der FC Augsburg in der Zukunft aufbauen könnte. Gerade weil alle drei mit Sicherheit noch ein paar gute Jahre vor sich haben.

Das macht alle drei allerdings auch interessant für andere Vereine. Philipp Max wurde in den letzten Wochen mit dem AC Mailand und Borussia Mönchengladbach in Verbindung gebracht. Bei Rani Khedira läuft der Vertrag in 2021 aus und die Gespräche über eine Vertragsverlängerung sind wohl ins Stocken geraten. Wenn wir mit allen dreien in die neue Saison gehen, dann wäre ich frohen Mutes. Abgänge sind hier zu vermeiden, solange uns nicht ein Goldschatz angeboten wird und ich befürchte das Schlimmste.

Im Tor

Über die Situation im Tor habe ich mich erst vor kurzem ausführlich ausgekotzt. Die obige Achse reichte zwar im Saisonabschluss bis ins Tor, weil wir mit Andi Luthe einen Topp-Rückhalt hatten. Für die neue Saison werden die Karten allerdings neu gemischt, da mit Rafal Gikiewicz ein neuer Keeper kommt, der in den letzten Wochen schon nicht mit Zurückhaltung geizte. Dafür soll Andi Luthe den Verein wohl sogar verlassen.

Andreas Luthe mit seinen Teamkollegen kurz nach dem Klassenerhalt gegen Düsseldorf. Menschen wie Andreas Luthe jagt man nicht vom Hof. Man gibt ihnen eine Perspektive für die Laufbahn nach der Karriere auf dem Platz. (Foto: Anke Waelischmiller Sven Simon Pool)

Die Logik mag ich nicht verstehen. Luthe ging als Nummer 2 in die Saison und sprang super in die Bresche als Tomas Koubek seine Schwächen offenbarte. Nun scheint der FCA mit Gikiewicz die Position des ersten Keepers neu besetzt zu haben. Mit welchem Argument jagt man nun die beste Nummer 2 vom Hof, die man sich vorstellen kann? Ich verstehe, dass man sich von Koubek und Giefer trennen will. Aber Luthe scheint auch neben dem Platz zu viele Qualitäten zu haben, als dass man hier leichtfertig einen Abschied provozieren sollte. Ein Trauerspiel.

Die Verletzten

Wenn sie denn durchgehend sportlich fit wären, könnten sie auch mehr Führungsaufgaben auf dem Platz übernehmen. Die Rede ist natürlich von Jeffrey Gouweleeuw und Alfred Finnbogason. Gerade Finnbogasons Ansprüche, wenn er denn mal fit ist, sorgen dagegen eher für Unruhe. Bei beiden haben sich die Befürchtungen von vor der Saison leider bewahrheitet. Der FCA wäre naiv sie als Führungsspieler auf dem Platz einzuplanen. Wenn ihre Ansprüche dahingehend größer sind, dann müsste man mit beiden realistisch über ihre Perspektiven sprechen. Gerade Finnbogason scheint beim FCA – leider – keine Perspektive mehr zu haben.

Die nachdrängenden Jungen

Kommen wir zu Hoffnungsmachern. In der letzten Saison haben doch einige jüngere Spieler wichtige Erfahrungen gesammelt. Spieler, die sich weiter verbessern sollten. Die in Zukunft Verantwortung übernehmen könnten. Marco Richter, Ruben Vargas und Felix Uduokhai fallen in diese Kategorie. Die drei haben der Mannschaft sportlich sehr weitergeholfen und wichtige Schritte in ihrer eigenen Entwicklung gemacht. Wer bleibt und tut sich nächste Saison auch neben dem Platz hervor? Für Führungsaufgaben ist es nächste Saison wahrscheinlich trotzdem zu früh.

Die Neuzugänge

Bislang stehen als Neuzugänge Rafal Gikiewicz, Daniel Caligiuri und Tobias Strobl fest. Caliguiri war Führungsspieler auf Schalke. Alle drei sind sehr erfahren. Nach der Jugendwelle im letzten Sommer verstärkt sich der FCA bewusst mit Erfahrung. Problem erkannt? Vielleicht. Alle drei sollten neben ihren sportlichen Rollen Führungsaufgaben beim FCA übernehmen können.

Können wir von Daniel Caliguiri Impulse erwarten, wie er sie auf Schalke geliefert hat? (Foto: nordphotox/xRauch nph00251)

Alle drei müssen allerdings in Augsburg auch erst ankommen und sich akklimatisieren. Respekt muss man sich verdienen. Zudem haben wir auch in der Vergangenheit schon erkannt, dass nicht jeder erfahrene Spieler einschlägt. Stephan Lichtsteiner und Piotr Trochowski sind Namen, die die Hoffnungen dämpfen sollten.

Fazit

Es könnte alles so einfach sein. Der FCA könnte mit Luthe, Max, Baier, Khedira und Niederlechner eine Truppe haben, die die Mannschaft auf dem Platz auch in schwierigen Phasen führt. Momentan glaube ich nur an Florian Niederlechners Einsätze und Beiträge in der nächsten Saison. Khedira, Luthe und Max könnten den FCA wohl im Sommer verlassen. Baier darf evtl. nur noch von der Bank zuschauen. Wer die Führungsaufgaben auf dem Platz dann neben Niederlechner übernimmt steht in den Sternen. Für die Jungen wird es zu früh kommen. Für Neuzugänge wird es im ersten Jahr schwierig werden. Die Kaderplanung sorgt bei mir dahingehend doch für Kopfschütteln. Viel wird daran hängen, ob der FCA auf die Millionen aus möglichen Abgängen angewiesen ist. Hoffen wir es nicht. Hoffen wir, dass Stefan Reuter die Führungstruppe zusammenhalten kann. So wie der Trainer Heiko Herrlich auftritt, wird mir es mir ohne gestandene Führungsspieler ansonsten Angst und Bange. Mal wieder.

Augsburg hält zusammen – ganz Augsburg?

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

In der Corona-Pause hat der FCA das Motto “Augsburg hält zusammen” ins Jahr 2020 übertragen. Gelungen, wie ich damals fand. Es hat stolz in mir hervorgerufen, wie Fans und Verein Hand in Hand der schwierigen Situation entgegen getreten sind und weiterhin entgegen treten. Das ist nicht selbstverständlich.

Die Corona-Krise flacht gerade etwas ab und auch die Saison des FC Augsburg ist beendet. Ein guter Moment, um erneut dieses Motto in den Blick zu nehmen. Für was steht “Augsburg hält zusammen” und was könnte noch besser werden? Bisher hat der FCA zwei Kampagnen aus diesem Banner-Text geformt. Beide wurden – wenig nachhaltig – in Krisenzeiten für einen begrenzten Zeitraum vorangetrieben. Beim ersten Mal stand uns das Wasser sportlich bis zum Hals und es brauchte einen Schub im Abstiegskampf. Jetzt nun kam Corona. Beide Male haben wir die Ausgangssituationen getrieben durch den Zusammenhalt gemeistert.

Über die Einzelsituation hinaus

Derweil könnte dieses Mantra “Augsburg hält zusammen” für noch so viel mehr stehen und nicht nur ein Kampagnen-Motto bleiben. Es könnte das “Mia san Mia” der Fuggerstadt werden, ganz dem fuggerschen Gedanken nachempfunden. Dabei müsste der FCA allerdings über seinen eigenen Schatten springen und als Club anders agieren, um dieses Motto dauerhaft authentisch zu vertreten. Was meine ich damit?

In welche Richtung entwickelt sich der Fußball? Es hängt auch am FCA! (Foto: Marcel Engelbrecht/firosportphoto/POOL)

Es heißt ja nun nicht: Augsburg hält zusammen, aber nicht die farbigen, schwulen oder weiblichen Augsburgerinnen. So könnte es einem aber bislang vorkommen. Als der SV Babelsberg 03 Mitstreiter für seine “Nazis raus aus den Stadien” Kampagne gesucht hat, wurden u.a. in Düsseldorf und Freiburg recht schnell T-Shirts mit dem Slogan verkauft. In Augsburg nicht. Als vor kurzem Spieler anderer Vereine die Aufmerksamkeit auf strukturelle Gewalt gegenüber Schwarzen gelenkt haben, war es still in Augsburg. Gerade am letzten Spieltag lief die Social Media Kampagne #SportPride um Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche und queere Menschen (LSBTIQ*) unter dem Hashtag #SportPride2020 im Sport sichtbar zu machen und für einen diskriminierungsfreien Sport einzustehen. Mainz 05 und andere Bundesligisten beteiligten sich. Der FC Augsburg nicht. Wer dazu beim FC Augsburg eine Frau in verantwortlicher Position suchen sollte, der kann dies lange machen. Gibt es nicht.

Nicht mehr nur Mitläufer sein

Felix Uduokhai hatte kürzlich über Anti-Rassismus-Aktionen gesagt: “Von Mitläufern halte ich wenig”. Die Verantwortlichen des FC Augsburg sollten lange in den Spiegel schauen und sich fragen, ob sie hinsichtlich der oben genannten Bereiche nicht selbst in diese Mitläufer-Kategorie fallen. Klaus Hofmann ist hierzu bisher nur mit fragwürdigen Aussagen aufgefallen und wir haben hier schon versucht wach zu rütteln. Der FCA hatte im Herbst angekündigt den Familientag in diesem Sommer zum Anti-Rassismus-Tag zu machen. Es blieb die einzig angekündigte Aktion in diesem Zusammenhang, die nicht im Zusammenhang von bundesweiten Kampagnen stand.

Es besteht dazu natürlich große Gefahr, dass genau dieser Tag Corona-bedingt dieses Jahr ausfällt. Einerseits verständlich, andererseits sollte sich das Engagement des Vereins in all diesen Belangen nicht nur auf einzelne Tage konzentrieren sondern ein grundsätzlicher Bestandteil von “Augsburg hält zusammen” sein.

Der Mensch im Vordergrund

Den Profi-Fußball plagen viele Sorgen. Zu weit ist er der Normalität entschwunden. Absurde Beträge prägen das Geschäft. Die Bayern zahlen Leroy Sané halb so viel im Jahr, wie der gesamte Augsburger Kader verdient. Und die Augsburger Mannschaft verdient insgesamt immer noch über 35 Millionen EUR. Es wird Zeit, dass der Fußball sich wieder mehr seiner gesellschaftlichen Verantwortung bewusst wird. Es sollte jedem möglich sein, Bundesligaspiele zu besuchen und sich im Stadion heimisch und sicher zu fühlen, egal welcher Hautfarbe, welches Geschlechts oder welcher sexuellen Orientierung die Person angehört. Auch vor Corona hat sich nicht eine jede im Stadion immer wohlgefühlt. Es wird Zeit, dass wir auch in Augsburg schauen, dass sich das bessert. “Augsburg hält zusammen” halt.

Deutscher Meister ist nur der FCA!

Der bayerisch-schwäbische FC Augsburg als deutscher Meister? Für viele Fans ein unergründeter und heimlich gehegter Wunschtraum! Yannic Bederke, e-Sportler des FCA, machte diesen Traum am vergangenen Sonntag wahr. Der 19jährige gebürtige Nördlinger, der auch langjähriges Mitglied des FCA ist, krönte sich (und somit auch sein Team, den FC Augsburg) zum deutschen Meister im E-Fußball.

Was lange währt, wird endlich gut! Denn Yannic stand in der Vorsaison schon im Grand Final der VBL Club Championship – der virtuellen Bundesliga in Deutschland. Immer an seiner Seite: Bruder und Teamkollege Philipp, ebenfalls erfolgreicher e-Sportler, der mit ihm für den FC Augsburg in der virtuellen Bundesliga antritt. Zuletzt hat Yannic mit seinem Fußballprofi-Pendant vom FCA, Marco Richter, die Corona-bedingte Bundesliga Home Challenge gerockt – und kurioserweise schoss dieser Marco Richter das goldene Tor zum Sieg im Grand Final!

Yannic Bederke während des Grand Finals. Die Bederke-Faust immer im Gepäck!

Dieses Jahr hat es jedoch lange nicht danach ausgesehen, dass Yannic den Titel in einem namhaft besetzten Turnier gewinnen könnte. Doch er strafte alle Zweifeler Lügen und bewies, was für ein großes Talent er an beiden Konsolen ist. Das Team hinter der “Rosenau Gazette” gratuliert dem Shootingstar des E-Fußballs in Deutschland herzlich zu seinem Titelgewinn und die Krönung zum Deutschen Meister 2020!

Im Nachfolgenden lest ihr unter anderem exklusiv, was Yannic zu seinem Erfolg persönlich sagt und wie es sich für ihn selbst anfühlt, der amtierende Deutsche Meister zu sein:

Rosenau Gazette: Hallo Yannic, erst einmal vielen Dank für die Möglichkeit, dich interviewen zu dürfen und Gratulation zum Titelgewinn! Wie geht es dir denn heute – mit ein paar Tagen Abstand – s0?

Yannic Bederke: Vielen Dank für die Glückwünsche! Es ist für mich selbst noch nicht wirklich zu glauben was überhaupt passiert ist, um ehrlich zu sein.

Rosenau Gazette: Das kann man – glaube ich – ganz gut nachvollziehen! Beschreib’ doch bitte für unsere Leserinnen und Leser einmal, wie so ein Turnier in der Praxis abläuft und wie du dich während eines Matches fühlst.

Yannic Bederke: Nach einer langen Saison in der VBL Club Championship haben wir als FC Augsburg es in die Playoffs geschafft. Darüber ging es dann für mich ins sogenannte “Grand Final”. Das Turnier lief online ab, zu einer bestimmten Zeit mussten meine Gegner und ich vor der Konsole sitzen und die Partie bestreiten.

Anfangs ging es mit der Gruppenphase los und anschließend in der KO-Runde weiter. Im Halbfinale standen sich dann die beiden besten Spieler pro Konsole gegenüber. Im Finale wurde dann jeweils ein Spiel auf der Xbox und ein Spiel auf der Playstation gespielt, um den deutschen Meister zu finden. Während solchen Spielen ist man extrem nervös! Ich selbst höre dabei Musik, um alles bestmöglich auszublenden und mich zu fokussieren.

Rosenau Gazette: Respekt – ein richtig straffes Programm! Vor allem für dich, wenn man bedenkt, dass du kein E-Sport-Profi bist. Wie viel Zeit bleibt dir denn noch übrig, um neben dem Beruf Zeit für das Training zu finden?

Yannic Bederke: Ja genau! Ich befinde mich aktuell in der Ausbildung zum Notarfachangestellten, die ich auch bald abschließen werde. Deshalb habe ich eine normale 40-Stunden-Woche und kann dann erst abends trainieren. Im Schnitt sind es ca. 2 Stunden vor einem Turnier, die ich nach der Arbeit noch investieren muss. Am Wochenende wird es gerne mal mehr.

Rosenau Gazette: Wolltest du denn selbst immer schon E-Sportler werden oder gab es auch mal was anderes für dich?

Yannic Bederke: Als Kind wollte ich Profi Fußballer werden!

Rosenau Gazette: Na, dann können wir ja glücklich sein, dass das nichts geworden ist. 🙂 Spielst du denn selbst nebenbei noch Fußball im Verein?

Yannic Bederke: Ja, ich spiele selbst beim TSV Oettingen aktiv im Verein Fußball.

Rosenau Gazette: Wie bist du selbst denn eigentlich zum eSport gekommen? Wie muss man drauf sein, um dorthin zu kommen, wo du dich grade selbst befindest?

Yannic Bederke: Das war eher zufällig! Ich spielte, wie jeder Jugendliche wahrscheinlich, gerne FIFA und nahm aus Spaß an kleinen Turnieren teil. Nachdem es dort gut lief trainierte ich, um noch besser zu werden.

Man muss zum einen mit Niederlagen umgehen können und zum anderen einen gewissen Ehrgeiz mitbringen. Man darf nicht zu schnell aufgeben und muss ständig an sich arbeiten.

Rosenau Gazette: Und jetzt bist du deutscher Meister! Hand aufs Herz: Kann man diesen Erfolg denn noch toppen? Was ist dein Ziel im nächsten Jahr?

Yannic Bederke: Mein Ziel ist es, mich auch international für ein großes Turnier zu qualifizieren! Diesen Erfolg zu toppen ist allerdings sehr schwer 🙂

Rosenau Gazette: Wir von der Rosenau Gazette drücken dir natürlich ganz fest die Daumen bei diesem Vorhaben! Eine letzte Frage noch: Du bist bekanntlich auch FCA Mitglied. Seit wann und warum?

Yannic Bederke: Ich bin schon FCA-Fan seitdem ich klein bin! Ich ging mit meinem Bruder ins Stadion und seither ist der FCA als mein Lieblingsverein nicht mehr wegzudenken. Mitglied bin ich seit 2015 und verfolge so oft es geht die Spiele live im Stadion. Aber leider war das ja in letzter Zeit nicht möglich…

Rosenau Gazette: Danke an den amtierenden Deutschen Meister, Yannic, für dieses sympathische Interview. Wir drücken dir weiter die Daumen auf deinem Weg an die internationale E-Sportler-Spitze und hoffen, dass wir bald alle wieder ins Stadion zurückkehren können, um unseren FCA live anzufeuern in Liga 1.

Bis dahin, bleibt alle gesund!

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Das Funkeln in ihren Augen

oder auch: Kein Fußball ohne Fans

Erste Male. Mein Club der FC Augsburg hat mir so viele schöne erste Male beschert. Erstes Mal zweite Liga. Erstes Mal gegen die Löwen gewonnen. Erstes Mal erste Liga. Erstes Mal Westfalenstadion. Erstes Mal Klassenerhalt. Erstes Mal gegen die Bayern gewonnen. Erstes Mal gegen den BVB gewonnen. Erstes Mal international. Erstes Mal in Alkmaar. Erstes Mal in Liverpool. Das erste Mal zehn Jahr am Stück Bundesliga – La Decima. Ich habe sicher viele erste Male vergessen. Oft denke ich mir: “Ach, das hatten wir auch noch nicht. Das ist wieder ein erstes Mal.”. Und es ist jedes Mal etwas besonderes und bleibt in Erinnerung.

La Decima oder auch die traurigste Feier eines Klassenerhalts so ganz ohne Fans (Photo by Sascha Steinbach/Pool via Getty Images)

In den letzten Wochen durften wir allerdings noch viele weitere erste Male genießen, auf die ich gerne verzichtet hätte: “Das erste Bundesligaspiel ohne Fans” und “Das erste Mal Klassenerhalt ohne Fans” zum Beispiel. Mir fiel es schon schwer zu akzeptieren, dass der Rest der Saison 2019/20 vor leeren Rängen gespielt wird. Für die Saison 2020/21 ist das nicht akzeptabel. Da braucht es eine Lösung mit Fans, oder wir lassen das Ganze komplett bleiben. Warum ich das so sehe, möchte ich euch an Hand eines ganz besonderen ersten Males erläutern, das ich kurz vor der Corona-Krise noch erleben durfte.

Das Heimspiel gegen Freiburg war außergewöhnlicher. Besonderer noch als die anderen ersten Male. Ich war deutlich aufgeregter als sonst. Meine Aufregung erreichte ungefähr den Stand des Hoffenheim-Auswärtsspiels, als am letzten Spieltag der Klassenerhalt noch nicht zu 100% sicher war. Ich war wirklich sehr aufgeregt.

Zum ersten Mal ins Stadion

Meine 6jährige Tochter beobachtet nun schon seit einiger Zeit mein Fußball-Fantum mit einiger Faszination. Sie hat mittlerweile verstanden, dass Paps nicht gut anzusprechen ist, wenn er vor dem Fernseher sitzt und seinen FCA verfolgt. Wir basteln dann parallel aus leeren Toilettenpapierrollen Spieler und stellen diese in der Spielformation auf dem Boden auf. Wenn der FCA ein Tor schießt, dann spielen wir den Spielzug nach und jubeln beide. Sie immer noch mit etwas Zurückhaltung. Zuletzt hat sie mir sinngemäß erklärt, dass sie zwar kein Fan eines Fußballvereins sei, aber bis sie einen Verein gefunden hätte, mit mir den FCA unterstützen würde. Sie wächst in Frankfurt auf und die Eintracht ist ein irrsinniger Magnet. Ich schlage mich wacker.

Gegen Freiburg war es nun endlich so weit. Wir hatten einen Stadionbesuch schon früher anvisiert, aber irgendwie kam immer etwas dazwischen. Das Wetter war traumhaft für diesen Wintertag. Die Temperatur war mild und die Sonne schien. Dazu war Mitgliederspieltag und es gab viele Aktionen im Stadionrund. Meine Tochter war auch sehr aufgeregt. Sie hat sehr wohl bemerkt, wie viel es mir selbst bedeutet, dass sie mitkommt. Dazu kannte sie die ganzen Abläufe nicht.

Hand-in-Hand haben wir den Spieltag vom Fußweg zum Stadion, über den Einlass, das Abholen des Stadionkuriers, die Luftballonstation und die Fotobox, den FCA-Knacker und das Beobachten der Ehrenrunde des Kids Club gemeinsam angegangen. Oma, Opa und der Onkel haben uns begleitet und dazu beigetragen, dass sie sich doch sehr geborgen fühlte. Die Gummibärchen, die Oma dabei hatte, haben den Rest erledigt.

Und die Augen begannen zu funkeln

Und so saßen wir vor Spielbeginn auf unseren Plätzen. Bis dahin hatte sich der Stadionbesuch nicht von anderen Events unterschieden, die wir schon gemeinsam besucht haben. Das Interesse am Geschehen auf dem Rasen bei meiner kleinen Maus ist dazu noch sehr begrenzt. Und dennoch passierte dann etwas, dass meiner Maus ein Leuchten in die Augen zauberte und mir heute immer noch ein paar Tränchen in die Augen treibt, wenn ich mich daran erinnere: die Kurve begann zu singen. Dieser wunderschöne Chor von unterschiedlichen Menschen, die so laut sangen, wie sie es noch nicht anderswo gehört hatte. Die ihr bewusst machten: dieser Ort ist besonders. Ich danke jedem, der in diesem Moment gesungen und uns dieses gemeinsame Erlebnis beschert hat. Ihr erstes Mal. Mein erstes Mal mit ihr. Ich werde mich immer daran erinnern.

Was zählt, passiert im Stadion

Fußball ist ein Stadionsport. Na klar, ich kann mich zu Hause hinsetzen und das Spiel im Stream oder im TV verfolgen. Es ist einfach nicht dasselbe. Im Rahmen dieses Stadionsports nehmen die organisierten Fanszenen eine wichtige Rolle ein. Sie sorgen gezielt für Stimmung und Support. Es ist leicht zu erkennen, dass die Plätze auf der Haupttribüne noch nicht gefüllt waren, als die Kurve anfing zu singen. Sponsoren finanzieren die Clubs und hängen sich an ihre Popularität. Dies passiert nicht aus Selbstlosigkeit. Sie haben wenig damit zu tun, ob meine Tochter gerne mal wieder ins Stadion gehen möchte. Zwischen den Fans auf den Rängen und dem Geschehen auf dem Rasen gibt es eine Rückkopplung. Die anderen Fans sorgen dafür, dass das Stadionerlebnis besonders ist und das ich seit Jahrzehnten immer wieder zurück komme.

Am Ende war das Ergebnis auf dem Spielfeld dafür verantwortlich, dass zumindest für mich der Tag nicht dennoch getrübt wurde. Als Fan kann ich mich nicht freimachen, dass meine Laune vom sportlichen Resultat beeinflusst wird. Das Spiel war mau, aber Philipp Max’ Tor, war das erste FCA-Tor, das meine Tochter im Stadion sah. Der Jubel war sicherlich auch sehr beeindruckend. Wie um sie herum Menschen aufgesprungen und sich in die Arme gefallen sind. Unterschiedlichste Menschen vereint durch ein sehr einfaches Ereignis. Wie kann man diese Momente nicht lieben?

Auf viele weitere erste Male

Unser Weg nach Augsburg ist weit. Wir kommen wieder. Wann und zu welchem Spiel wird sich zeigen. Aber wie jeder Fußball-Fan, der Kinder hat, hoffe ich, eine Stadionbegleitung für eine lange Zeit gefunden zu haben. Unser FCA wird auch noch in der Zukunft für viele erste Male sorgen. Erste Male, bei denen dann vielleicht meine Tochter schon direkt dabei ist. Die Aussichten für die Zukunft könnten abseits aller sportlichen Gedanken deutlich trostloser sein. Hoffen wir, dass auch in der nächsten Saison gemeinsame Stadionbesuche wieder möglich sind.

Immer wieder Herrlich

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

1:0 in Mainz gewonnen. 7 Punkte Abstand auf den Relegationsplatz. 3 Spiele noch zu spielen. Der Klassenerhalt ist dem FC Augsburg auch in dieser Saison quasi nicht mehr zu nehmen. Es könnte die Zeit der ungetrübten Freude sein. Es könnte so herrlich sein. Wenn da nicht der Herrlich wäre.

Das Sportliche

Vielleicht einmal vorweg. Sportlich sieht das doch gar nicht so übel aus, was die Mannschaft auf den Rasen bringt. Gerade hinten haben wir zuletzt mehrmals zu null gespielt. Auch gegen Mainz kein Gegentor kassiert. Siege gegen Schalke und Mainz. Dazu ein paar Unentschieden. Die Mannschaft scheint sich Stück für Stück zu stabilisieren. Ich hebe gerne den Wert von kontinuierlicher sportlicher Arbeit hervor. Wenn Heiko Herrlich mit dem Trainerteam die Arbeit in den kommenden Wochen und dann in der Vorbereitung auf die neue Saison so fortsetzen kann, dann scheint die sportliche Zukunft unseres Teams positiv. Aber will man Heiko Herrlich wirklich an der Seitenlinie haben?

Die Geschichte

Bevor wir nun auf die Vorkommnisse in Augsburg zu sprechen kommen, die sich unser derzeitiger Cheftrainer in wenigen Wochen schon geleistet hat, werfen wir vielleicht einen Blick in die Vergangenheit. Ich will Heiko Herrlich nun wirklich nicht auf Basis eines einzelnen Ereignisses beurteilen. Die Vergangenheit kann uns aber vielleicht helfen, ein Muster zu erkennen.

Schauen wir uns als erstes daher die Trainer-Schwalbe von Heiko Herrlich an. Heiko Herrlich war zu diesem Zeitpunkt Trainer von Bayer 04 Leverkusen. Leverkusen spielte gegen Borussia Mönchengladbach. Der Ball geht ins Aus. Denis Zakaria von Gladbach will sich den Ball zum Einwurf holen. Herrlich lässt diesen durch seine Beine und hebt ab, als der Gladbacher Spieler an ihm vorbei will um den Ball zu holen.

Seine Erklärung im Nachhinein ist dann bizarr: Er habe das Gleichgewicht verloren. Es habe vielleicht etwas komisch ausgesehen. Man möchte laut “Bullshit” rufen. Später hat er sich natürlich in aller Form entschuldigen müssen.

Der Augsburger Bullshit

In Augsburg war Heiko Herrlich noch gar nicht an der Seitenlinie angekommen, als er sich schon den ersten Aussetzer leistete. Im Teamhotel in Bobingen hatte er Zahnpasta und Gesichtscreme vergessen und ging schnell zum Supermarkt um die Ecke. Kein großes Ding normalerweise. Derweil steckt die Welt in der größten Pandemie seit fast 100 Jahren und das Hygienekonzept der DFL war täglich in den Schlagzeilen. Herrlich durfte das Teamhotel – genau wie alle seine Spieler – nicht verlassen. Er als Führungsperson hätte es besser wissen müssen. Hat er nicht. Hat freimütig von der Aktion auf der Pressekonferenz erzählt. Sich danach öffentlich entschuldigt. Die Aktion allerdings auch relativiert mit dem Hinweis, alle Hygiene-Maßnahmen eingehalten zu haben. Einsicht sah damals schon anders aus.

Sieht so jemand aus, der schnell das Gleichgewicht verliert? (Photo by KAI PFAFFENBACH/POOL/AFP via Getty Images)

Aber Herrlich ist nicht unter zu kriegen. Gerade nach dem Remis gegen Köln holte er zum Tiefschlag gegen Videoschiedsrichter Winkmann aus und unterstellte diesem Parteilichkeit. Warum er hierfür ungestraft davon kam, ist wohl niemanden so recht klar. Ein Unding. Schon in diesem Zusammenhang wies Gianni Costa von der Rheinischen Post auf Herrlichs Fehltritt-Liste hin und forderte ihm zu einer Entschuldigung bei Winkmann auf. Die Möglichkeit sich für den verbalen Fehltritt selbst zu entschuldigen ließ Heiko Herrlich auf der Pressekonferenz vor dem Mainz-Spiel ungenutzt verstreichen.

Gegen Mainz legte Herrlich direkt nach. Bei Einwurf Mainz spielte er einen zweiten Ball aufs Feld (und kam auch dafür wieder ungeschoren davon). Im Interview bei Sky nach dem Spiel verwies er auf ein Versehen auf Grund seiner technischen Fähigkeiten. Heiko, willst Du uns verarschen? Heiko Herrlichs Highlights als Spieler zeigen recht gut, dass der Ball sein Freund ist. Die Erklärung klingt doch zu sehr nach “Gleichgewicht verloren”. Heribert Bruchhagen stellte die Erklärung bei Sky dann auch direkt in Frage.

Die Analyse

Was erkennen wir nun nach einigen Wochen, die Heiko Herrlich nun in Augsburg ist? Heiko Herrlich hat als Trainer Aktionen gebracht, die jede einzelne meinen Magen zum Grummeln bringen. Klar braucht ein Trainer ein sportliches Konzept, um eine Mannschaft zu führen. Daneben würde ich mir aber sehr ein Bewusstsein für die gesellschaftlichen Zusammenhänge über den Profisport hinaus wünschen. Ein Menschenbild, in dem anderen nicht sofort unprofessionelles Verhalten unterstellt wird. Ein Forttragen des Fairplay Gedankens. Und ein aufrichtiges Umgehen mit den eigenen Fehlern. All dies , sehe ich nicht, wenn ich Heiko Herrlich aus der Distanz beobachte.

Heiko Herrlich, wie er sich den Dingen nicht stellt. (Photo by Michael Dalder/Pool via Getty Images)

Mir ist es wichtig, dass dieser Text nicht als Charakterisierung von Heiko Herrlich als Person aufgefasst wird. Ich kenne Heiko Herrlich nicht persönlich. Mir geht es vor allem um ein Beurteilung von Heiko Herrlich in seiner öffentlichen Funktion als Trainer eines Fußballbundesligisten. Als Vorbild für unsere Kinder. Ich bin vor allem Fan dieses Vereins, der gerade in Zeiten von Corona auf seine Werte und das Zusammenhalten abgestellt hat. Ich finde es schade, dass wir gerade einen Trainer zu haben scheinen, der diese Werte nicht ausreichend repräsentiert. Wir in Augsburg wissen nicht, wie es ist abzusteigen. Zumindest sportlich. Die Entwicklung abseits des Platzes ist doch in den letzten Wochen mehr als bedauerlich. Nicht herrlich.

Mach kaputt, was dich kaputt macht

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Seit 10 Jahren hatte die Bundesliga keinen anderen Meister mehr als den FC Bayern München oder Borussia Dortmund. Wer das Buch “The Number’s Game” gelesen hat, der weiß, dass der sportliche Erfolg zu über 80% von den Gehaltsausgaben eines Vereins abhängt. Es gibt hier eine nachgewiesene Abhängigkeit. Wer sich teure Spieler leisten kann, ist erfolgreicher, als der Club, der es nicht kann. Und wundern tun wir uns hierüber schon seit langem nicht mehr. Was man allerdings feststellen kann: früher war das nicht so. In den ersten sieben Jahren ihrer Existenz, gab es in der Bundesliga sieben unterschiedliche Meister. Da kann ein Verein wie der FC Augsburg oder SC Freiburg noch so gut arbeiten. Mehr als ein vereinzelter Euro League Lotteriegewinn bleibt unmöglich.

Der Fußball braucht keine Rettung

Wenn Herr Watzke, seines Zeichens Geschäftsführer von Borussia Dortmund, in diesen Tag sagt: “Es geht um die Rettung des Fußballs”, dann meint er damit vornehmlich die Vormachtstellung seines eigenen Clubs im aktuellen System. Denn als ich das letzte Mal nachgeschaut habe, da lag auf der Wiese vor unserem Haus immer noch ein Ball mit dem meine Tochter kicken konnte, wann auch immer sie wollte. Der Fußball an sich wird durch die derzeitige Situation nicht verschwinden. Zudem ist die derzeitige Situation nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Wenn ein Club wie Schalke 04 nach wenigen Wochen schon kurz vor der Insolvenz steht, dann liegt das wohl eher an den 200 Mio. EUR Verbindlichkeiten, die trotz abbezahltem Stadion dort schon auf den Büchern lasteten, als an der Krise selbst. Die Krise und der RB Leipzig haben gezeigt, dass die Lizenzierungsbedingungen der DFL eine Farce sind. Also werden gewisse Bedingungen, wie eine Liquiditätsprüfung nunmehr gleich ausgesetzt. Natürlich nur vorübergehend.

Hans-Joachim Watzke sieht die Vormachtstellung seines Clubs gefährdet und hat gefährliche Ideen. (Photo by INA FASSBENDER/AFP via Getty Images)

Dabei bietet die Situation auch Chancen und diese werden aus ungewohnter Ecke adressiert. DFL-Geschäftsführer Seifert hat den Vorschlag einer Gehaltsobergrenze auf den Tisch gebracht. Eine Gehaltsobergrenze würde den sportlichen Wettbewerb in der Liga deutlich erhöhen und für ausgeglichenere Verhältnisse sorgen. Indem die Verteilung von Fernsehgeldern unabhängig der sportlichen Ergebnisse vorgenommen würde, ginge dies auch grundsätzlich nicht zu Lasten der Spieler. In diesen Situationen würden schlicht die Spieler bei den kleineren Vereinen zukünftig mehr verdienen können. Nachdem die Liga auch für Zuschauer wieder attraktiver würde, gäbe es wahrscheinlich grundsätzlich ein mehr an Einnahmen und damit auch ein Gehaltsplus für die Spieler im Gesamten. Das System funktioniert in den US-Ligen schon seit Ewigkeiten.

Machtstellungen sollen zementiert werden

Die großen Vereine wollen aber natürlich ein “weiter so” unter allen Umständen und sind hierfür auch bereit, die Prinzipien des deutschen Profifußballs komplett auszuhöhlen. Herbert Hainer, Präsident des FC Bayern München, hat sich nun erst kürzlich dafür ausgesprochen, die 50+1 Regel abzuschaffen. Hierdurch könnten sich viele Vereine retten, ohne dass das System im Gesamten und damit die Vormachtstellung des FC Bayern angegriffen würde. Dem Branchenprimus geht es derweil weiter hervorragend, wo er doch gerade jetzt eine Transferoffensive für den Sommer angekündigt hat.

Herbert Hainer, Präsident des FC Bayern München, äußert seine gefährlichen Gedanken, wie alles so bleiben kann, wie es ist. Aber wer will denn das? (Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)

Die Corona-Krise scheint dabei für einige Verantwortliche der geeignete Vorwand zu sein, auf den sie lange gewartet haben. Sie hängen weiter ihrer Verblendung nach, in der sie sich schon in den letzten Jahren immer mehr von den Fans auf den Rängen entfremdet hatten. Diese Fans können momentan auf den Rängen nicht gegen Änderungen an den Umständen des Ligabetriebs demonstrieren, sondern engagieren sich vielerorts für die Gesellschaft. Es gibt nun eben doch einiges, was gerade wichtiger ist als Profifußball.

Zeit für Aufstand und Wandel

Derweil ist jetzt der Moment, wo wir mit besonderer Achtsamkeit darauf achten müssen, dass uns “der Fußball” von den Watzkes und Hainers dieser Welt nicht vollends zerstört wird. Die kleinen Vereine sollten eine Koalition bilden, genau wie dies schon vorher von den Fanszenen vorgemacht wurde. Denn jetzt genau ist der Moment gekommen, um für eine gerechtes und chancengleiches System im Profifußball einzustehen, in dem die Vereine weiter das Rückgrat bilden. Es ist Zeit, dass der Fußball wieder auf den Boden der Tatsachen zurückkommt und der wirtschaftliche Wettlauf beendet wird. Damit wir in Augsburg nicht mehr nur von der Meisterschaft träumen sondern auch realistisch Meister werden können. Das Spiel ist kurz davor zu beginnen. Es ist der Moment die eigenen Farben und Visionen zu verteidigen. Es ist der Moment, wo es in Augsburg heißt: “Fäuste hoch”.

Geisterstunde

Ein schales Helles aus dem dünnen Plastikbecher, der unverwechselbare Geruch von Bier und billigem Deospray in der Nase und das lautstarke Nörgeln eines beständig Unzufriedenen nur wenige Reihen hinter einem. Es ist nicht ganz klar, ob die Umstehenden mit leerem Blick seinen Ausführungen folgen oder mit Sorge an den nächsten Arbeitstag und den drohenden Spott der Kollegen denken. Bierduschen und Sonnenbrand, Motzrentner und Bayernfan. Was klingt das plötzlich alles verheißungsvoll. Wie schön wäre es, jetzt im Block zu stehen.

Spielpause

Die Aussetzung des Spielbetriebs war natürlich alternativlos und erfolgte vielleicht fast schon zu spät angesichts der Rolle, die Großveranstaltungen bei der Verbreitung des Virus spielten. Wie geht es nun weiter? Die Frage wird seit Wochen eifrig diskutiert und ist dabei fast Sinnbild aller anderen Debatten rund um die derzeitigen gesellschaftlichen Einschränkungen, die viele Meinungen und wenige Graustufen kennen.

Aber: Es steht vollkommen außer Frage, dass es derzeit dringendere Fragen gibt, als die Problematik, wann die Bundesliga wieder angepfiffen wird. Jeden, der sich gesundheitliche Sorgen macht oder in Kurzarbeit Existenzängste hat, hinterlässt die Debatte rund um die Aussetzung der Bundesliga mit einem Kopfschütteln. Mindestens. Fußball ist nur eine Nebensache. Aber für viele auch die schönste Nebensache der Welt.

Geisterspiele

Von dem Gang ins Stadion sind wir aller Wahrscheinlichkeit nach weit entfernt. Alle Großveranstaltungen sind derzeit bis Ende August offiziell untersagt und auch die ersten Veranstaltungen im Herbst werden schon abgesagt. Und so ist Geisterspiel das Wort der Fußballstunde. Die Profiligen sollen (vielleicht) ab Anfang Mai in enger Taktung vor leeren Tribünen mit einem minimalen Personalaufwand der Liga zu einem würdigen Ende verhelfen. Wobei würdig in dem Fall heißt, das die Verpflichtungen aus den Fernsehverträgen eingehalten werden und so umgekehrt die dringend benötigten Fernsehgelder an die Vereine ausgezahlt werden. Dass der Stillstand der Bundesliga und so ziemlich aller anderen Profiligen weltweit den milliardenschweren Fußballzirkus in gravierende Nöte bringt, ist indes Thema einer anderen Debatte auf diesem Kanal.

Masterplan?

Die Geisterpläne der eigens eingesetzten „Task Force“ , die letzte Woche auch in Presse und Öffentlichkeit seziert worden sind, enthalten nichts wirklich überraschendes – man hatte auf ein Konzept gehofft, dass alle Probleme gesellschaftspolitisch und medizinisch überzeugend löst. Schlicht das Hoffen auf ein Fußballwunder. Was herauskam ist nicht viel mehr als der dringende Appell, sich konsequent die Hände zu waschen, eingekleidet in die schicken Folien einer Powerpointpräsentation und garniert mit allerlei grafischem Pepp aus dem Handbuch aktueller Marketingkurse. Einen großen Charme hat dabei übrigens die grafische Veranschaulichung der Personen im Stadion, eine (unbeabsichtigt) humorvolle Symbiose von Stadionplan und Tipp-kick.

Als die Liga am 16.03. diskutierte passierte das noch in Form eines Präsenzmeetings in Frankfurt. Wie sich die Zeiten geändert haben. (Photo by Thomas Lohnes/Getty Images)

Trotzdem wirkt der gesamte Plan seltsam steril. Da hat es selbst die österreichische Liga geschafft, ihrem Konzept mit einer farblichen Codierung von Zonen und Personal den Anstrich eines adäquaten Masterplans für Notzeiten zu geben. Inhaltlich gibt es aber natürlich kaum einen Unterschied.

Und so erfährt man viel über die Zahl der Personen, die ein Fußballspiel mitsamt Übertragung wohl mindestens benötigt (ca. 300) und dass die Bar im Mannschaftshotel gesperrt wird. Privat solle man Menschenansammlungen meiden und nach Möglichkeit Einwegtaschentücher verwenden. Nun denn. Sollte eine Person positiv getestet werden, erfolgt keine automatische Meldung an die Presse und die Vereine sollen für einen ausreichend großen Kader im Saisonfinale sorgen. Auch das begleitend veröffentlichte medizinische Konzept liefert keinen großen Erkenntnisgewinn. Für Menschenansammlungen vor dem Stadion ist die DFL nicht verantwortlich. Der Vorteil der Banalität des Konzepts ist dessen Universalität. Mit den Kriterien könnte man auch ein Museum wieder öffnen.

Fußball ist unser Leben?

Das Konzept der DFL Taskforce dient nicht dazu, die aufgeheizte Diskussion rund um das Thema Geisterspiele zu versachlichen. Man kommt nicht umhin, den Kritikern Recht zu geben, die die Sonderrolle des Fußballs in der gegenwärtigen Debatte monieren. Während das Land stillsteht und jeder Einzelne zur Wahrung von Abstand und Verzicht angehalten wird, möchte der Fußball lieber heute als morgen seinen Betrieb wieder aufnehmen. Und wer meint, dass die Fans den Fußball herbei sehnen, dem sei der bemerkenswerte Kommentar der Ultras ans Herz gelegt, die deutliche Kritik am Vorhaben der DFL geäußert haben.

Gespenstisch

Und doch könnte der Fußball ein Stück Normalität bieten, zumindest denjenigen, die gerne dem Fußball anhängen. Clubs und Konzerte, Museen und Demonstrationen werden derzeit in die digitale Welt verlegt. Warum also nicht auch die Bundesliga? Man mag sich Geisterspiele in Augsburg vorstellen. Wie Rolf Störmann eigens angefertigten Pappkameraden auf der Ulrich Biesinger Tribüne begrüßt und der Torjubel gleich mit der Tormelodie vom Band kommt. Was vor Wochen noch als undenkbare Alternative abgetan wurde, ist jetzt fast Sehnsuchtsort. Insgeheim hat mittlerweile auch die Stimmung eines schweigsamen Testspiels einen großen Reiz. Und eine gewisse Authentizität. Denn es wird auf das Spiel und das Sportliche reduziert. Ohne den großen Marketingrahmen, das Torwandschießen und die Gratisproben.

Choreo ohne Fans oder auch die Frage: Was bleibt ohne Fans im Stadion? (Photo by Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)

Doch der Wunsch, am Samstagnachmittag wieder Fußball im heimischen Wohnzimmer zu sehen, birgt auch ein anderes Risiko. Was wäre, wenn eine Mannschaft nach mehren positiven Befunden aufgrund der Quarantäne in Gänze oder in Teilen ausfallen würde? Wenn dem FCA die erste Elf fehlen und eine Niederlagenserie zum Abstieg führen würde? Rechtfertigt es da der Verweis auf finanzielle Nöte und die Sehnsucht des Fans, die Spiele wieder anzupfeifen?

Vor dem Spiel ist nach dem Spiel

Das Konzept der DFL kann der Gesellschaft die Sonderrolle, die die Bundesliga spielen soll, immer noch nicht erklären. Und so wird man sich weiter die Frage stellen, ob und wann die Wiederaufnahme des Spielbetriebs gesellschaftlich, moralisch und sportlich sinnvoll ist. Ich würde mich prinzipiell freuen, wenn ein sinnvoller Weg gefunden werden könnte. Der Jubel auf dem Sofa wäre gewiss. Aber eben nicht um jeden Preis. König Fußball muss sich auch unterordnen. Es wird auch finanzielle Lösungen für alle Profivereine geben. Alles andere wäre in dem Millionenzirkus Bundesliga schwer denkbar und vermittelbar.

Denn Fußball ist nur Nebensache. Insbesondere in diesen Tagen. Und man kann der ganzen Situation doch durchaus etwas Positives abgewinnen. Heiko Herrlich ist seit fünf Wochen als FCA Trainer ungeschlagen.

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