Kaderanalyse: Mittelfeld

Der FC Augsburg hat den nächsten Transfer vollzogen. Arne Maier wechselt zunächst auf Leihbasis von Hertha BSC nach Schwaben, im Gegensatz schließt sich FCA-Eigengewächs Marco Richter den Berlinern an. Der FC Augsburg kann Maier langfristig an sich binden, wenn er eine gewisse Anzahl an Einsätzen macht. Davon, dass der Achter auf ausreichend Spielzeit kommt, ist auszugehen. Wie sieht die Lage im Mittelfeld darüber hinaus aus? Der Kadercheck.

Zentrales Mittelfeld

Das zentrale Mittelfeld ist das Herzstück einer jeden Mannschaft. Umso schwerwiegender ist es, dass der FCA auf dieser Position zuletzt eher schwach besetzt war. Im Mittelfeld herrschte vor der Saison der größte Handlungsbedarf, auch weil Sechser Rani Khedira den Verein nach vier Jahren verlassen hat. Manager Stefan Reuter war also gefordert – und scheint seine Hausaufgaben mehr als ordentlich gemacht zu haben.

Dorsch und Maier – U21-Duo als Schaltzentrale

In der Zentrale scheint Neuzugang Niklas Dorsch gesetzt. Der 23-Jährige deutete im Pokal gegen Greifswald bereits an, wie sehr er dem FCA mit seiner Spielintelligenz weiterhelfen kann. Das 4:2 war mustergültig per Chipball vorbereitet. An ihm werden die Fans noch viel Freude haben.

Da hat Stefan Reuter schon einen großen Fisch an Land gezogen (Foto via imago)

Neben ihm könnte Arne Maier auflaufen. Der Olympia-Fahrer gewann vor wenigen Wochen die U21-Europameisterschaft – zusammen mit Niklas Dorsch. Das Duo bildete das zentrale Mittelfeld mit Dorsch als defensiveren Part sowie Maier als Achter und harmonierte perfekt. Beide waren ein Garant für den Titel. Hier könnte der FCA einen echten Transfercoup hingelegt haben.

Gegen Greifswald startete Jan Moravek neben Dorsch im Mittelfeld. Der Tscheche, mittlerweile seit neun Jahren im Verein, spielte eine gute Vorbereitung und genießt das Vertrauen von Markus Weinzierl. Schon zu Europa-League-Zeiten arbeiteten die beiden zusammen. Ist Moravek fit, ist er fast gegen jeden Gegner eine Option für die Startelf. Seine Ballsicherheit kann dem FCA-Spiel nur guttun.

Moravek scheint derzeit der erste Kandidat zum Durchrotieren zu sein. Carlos Gruezo ist in der Vorbereitung hingegen etwas aus dem Blickfeld geraten. Das liegt auch an seiner Corona-Infektion bei der Copa America. Vergangene Saison schien er den Sprung zum Stammspieler zu packen. Jetzt, samt neuer Konkurrenz, werden die Karten neu gemischt.

Eine weitere Optionen auf der Sechs ist Tobias Strobl. Der Routinier konnte vergangene Saison nicht in die Fußstapfen von Daniel Baier treten und laboriert derzeit an einer Sprunggelenksverletzung. Wenn der frühere Gladbacher zum Team zurückkehrt, wird es schwierig, auf Einsatzzeiten zu kommen.

Das gilt auch für Tim Civeja. Das Eigengewächs feierte vergangene Saison seine ersten Einsätze im Profibereich. Dem 19-Jährigen wird in Augsburg viel zugetraut, aber ob er diese Saison sonderlich viele Einsatzminuten sammelt, ist fraglich.

Für Tim Civeja wünschen wir uns auch einiges an Einsatzzeit (Foto via imago)

Insgesamt ist der FC Augsburg im zentralen Mittelfeld mehr als gut aufgestellt. Von den Namen brauchen sich die Schwaben hier auch nicht vor der Bundesligakonkurrenz verstecken. Sollten Spieler verletzt oder gesperrt sein, gebe es mit den Innenverteidigern Reece Oxford und Jeffrey Gouweleeuw weitere Optionen für die Sechs. Der FCA-Kapitän bekleidete die Position bereits in Alkmaar und kann im Mittelfeld seine Spielstärke und Übersicht ideal ausspielen. Wäre Gouweleeuw nicht so wichtig für die Defensive, würden ihn die FCA-Fans bestimmt öfter weiter vorne sehen.

Rechtes Mittelfeld

Auf der rechten Außenbahn scheint Daniel Caligiuri gesetzt. Es ist zwar auch vorstellbar, dass der 33-Jährige unter Markus Weinzierl defensiver agiert, doch wir sehen ihn aktuell (noch) in der Offensive. Der Deutsch-Italiener, der sich derzeit von einer Coronainfektion erholt, will an die gute vergangene Spielzeit anknüpfen.

Gegen Greifswald spielte André Hahn auf rechts. Der gebürtige Niedersache spielte sich vergangene Saison in den Fokus, zeigte seine besten Leistungen allerdings in zentralerer Rolle. Es bleibt spannend, wie Weinzierl mit ihm plant.

Der derzeitige Topscorer (Foto: Eibner-Pressefoto via imago)

Konkurrenz erhält das Duo unter anderem von Neuzugang Lasse Günther. Der 18-Jährige, der bereits in der Jugend beim FCA kickte und nun vom FC Bayern an den Lech zurückgekehrt ist, soll allerdings behutsam an die Profis herangeführt werden. Stammspieler ist Günther nicht, eine vielversprechende Alternative jedoch allemal.

Linkes Mittelfeld

Im linken Mittelfeld deutet alles auf den im Pokal gesperrten Ruben Vargas hin. Der Schweizer EM-Fahrer hat seinen Vertrag in Augsburg erst verlängert und könnte unter Weinzierl eine tragende Rolle einnehmen. Der flinke 23-Jährige hat schon einige hervorragende Ansätze gezeigt. Sein Potential scheint allerdings noch nicht vollends ausgeschöpft. Dem FCA kann dies nur recht sein.

Konkurrenz auf links hat Vargas derzeit eher wenig. Gegen Greifswald setzte Weinzierl auf einen starken Fredrik Jensen. Wir sehen den Finnen aber eher in der Zentrale. Das offensive Mittelfeld haben wir bereits in unserem Offensiv-Check unter die Lupe genommen.

Eine positive Überraschung in dieser Saison könnte Maurice Malone sein. Das FCA-Eigengewächs ist frisch von seiner Leihe aus Wiesbaden zurückgekehrt und soll eine Chance im Profikader bekommen. Zwölf Tore und neun Vorlagen für den SV Wehen lesen sich stark. Nun muss der 20-Jährige jedoch zeigen, dass er auch in der Bundesliga mithalten kann. Die Veranlagungen dazu hat der gebürtige Augsburger.

Wir gratulieren herzlich zum ersten Pflichtspieleinsatz für die Profis! (Foto via imago)

Wie Weinzierl mit Noah Joel Sarenren Bazee plant, ist noch unklar. Der Deutsch-Nigerianer kann beide Außenbahnen bekleiden, gilt allerdings als extrem verletzungsanfällig. Bleibt der frühere Hannoveraner und Wunschtransfer von Martin Schmidt fit, kann er zu einem wichtigen Puzzleteil im Augsburger Spiel werden. Wenn auch nur als Joker.

Fazit: Der FC Augsburg ist auf den Außenbahnen im Prinzip ordentlich aufgestellt. Gerade die Startelfkandidaten versprechen einiges. In der Tiefe wird es allerdings dünn, zumal Sarenren Bazee sehr verletzungsanfällig ist und sich Günther wie auch Malone erst noch beweisen müssen. Nach dem Abgang Marco Richters könnte der FCA daher noch einmal nachjustieren. Hier gilt allerdings das Credo: Nur etwas machen, wenn es die Mannschaft wirklich weiter bringt.

Augsburg angelt Dorsch – Chapeau, FCA!

Herzlich willkommen in Augsburg, Niklas Dorsch. Der FC Augsburg hat mit dem U21-Europameister seinen dritten Neuzugang für die neue Saison bekanntgegeben – und dabei einen richtig dicken Fisch an Land gezogen. Dem gesamten FCA ist zu diesem Transfer nur zu gratulieren.

Dorsch hat in Augsburg einen Vertrag bis 2026 unterschrieben und kommt aus Belgien in die Fuggerstadt. Nachdem er sich beim FC Bayern nicht durchsetzen konnte, wechselte der gebürtige Oberfranke 2018 zum FC Heidenheim. Nach zwei starken Zweitligasaisons entschied er sich im Sommer zu einem Wechsel zum belgischen Erstligisten KAA Gent. Die Dienste des Mittelfeldspielers waren dem Meister von 2015 rund 3,5 Millionen Euro wert. Wie Felix Uduokhai und Marco Richter wurde er für die Olympischen Spiele nominiert.

Dorsch löst DIE Problemstelle im Augsburger Team

Die Ablösesumme soll sich auf sieben bis acht Millionen Euro belaufen. Viel Geld für den in puncto Marktwert und TV-Erlösen immer noch als Abstiegskandidat deklarierten, “kleinen” FC Augsburg – gerade in Zeiten von Corona. Hier sei zunächst erwähnt, dass sich der FCA finanziell deutlich sattelfester durch die Krise manövrieren konnte als andere Klubs. Zudem sei an die Verpflichtung Felix Uduokhais erinnert, dessen kolportierte sieben Millionen Euro Ablöse mancher Fan als zu hoch ansah. Nach einer starken Saison des Innenverteidigers sollte allen klar sein, dass sich diese Investition gelohnt hat. Nun ist freilich nicht gesagt, dass Dorsch ähnlich stark performen wird. Es spricht jedoch eine Palette an Argumenten für einen Transfer.

Dorsch ist zentraler Mittelfeldspieler und löst damit die Baustelle im Augsburger Kader. Dass auf der Sechs beim FCA etwas passieren muss, ist spätestens seit dem Abgang Rani Khediras klar. Im Grunde genommen herrschte schon seit der – für die Rosenau Gazette immer noch unfairen – Degradierung Daniel Baiers Handlungsbedarf. Tobias Strobl konnte den langjährigen Capitano leider nicht adäquat ersetzen. Das zentrale Mittelfeld, eigentlich das Herzstück einer jeden Mannschaft, verpasste es in der abgelaufenen Bundesligasaison, das Spiel zu lenken. Die vor der Abwehr positionierte Kette wurde oft und viel zu leicht überspielt. Der defensive Zugriff fehlte ebenso wie die Ausgewogenheit zwischen Rückwärtsbewegung und Angriffsspiel.

Zweikampfstark, ballsicher, Führungsspieler – das ist Niklas Dorsch

Dorschs Stärke ist, dem Spiel Stabilität zu geben. Er ist zudem ein Spielertyp, der proaktiv Zweikämpfe sucht. In der abgelaufenen Saison kommt er auf die ligaweit vierthäufigsten erfolgreichen Tacklings. Dass sich Dorsch in jeden Zweikampf schmeißt, war zuletzt bei der U21-Europameisterschaft zu sehen. Als Stammspieler hatte er entscheidenden Anteil am Titel und bekam daraufhin viele Lobeshymnen. Sogar Vergleiche mit Bastian Schweinsteiger oder Joshua Kimmich wurden gezogen. Das liegt auch an Dorschs Auftreten auf dem Platz. Der 23-Jährige ist ein Leader und übernimmt Verantwortung. In der U21 ist zwar Mittelfeldkompagnon Arne Maier Kapitän, doch die Kommandos kommen von Dorsch. Der 1,78-Meter-Mann übernahm auf dem Rasen seit jeher Verantwortung. In der Jugend des FC Bayern trug er die Kapitänsbinde, in der U17 übrigens unter einem gewissen Heiko Herrlich. Zudem scheint der Oberfranke äußerst sympatisch und bodenständig zu sein. Das zeigen etwa seine bedachten Wechsel nach Heidenheim und Gent sowie sein Interview nach dem gewonnen EM-Titel.

Darüber hinaus punktet Dorsch außerdem mit seinen Passwerten. Eine Passquote von 88,2 ist hervorragend – erst recht, wenn man bedenkt, dass der FCA in dieser Kategorie mit durchschnittlich 78,1 Prozent einen Abstiegsplatz belegt. Um es drastisch auszudrücken, Ballsicherheit erzeugte im Augsburger Mittelfeld in der abgelaufenen Saison lediglich Jan Moravek. Er stand in fünf Partien auf dem Platz.

Mit seiner leidenschaftlichen Spielweise sollte Niklas Dorsch gut nach Augsburg passen. (Foto via imago).

Erste Liga Belgien – unter dem Radar, aber deswegen schlecht?

Der Schritt in die in der öffentlichen Wahrnehmung eher schwächere Jupiler Pro League schien für einige Beobachter etwas ungewöhnlich, zahlte sich jedoch vollends aus. Dorsch war in Gent absoluter Stammspieler und kam in 43 Spielen zum Einsatz. Dabei gelangem dem Rechtsfuß je vier Tore und Assists. Dorsch blickt auf eine persönlich starke, gleichzeitig aber auch turbulente, unbefriedigende Spielzeit zurück. Der Vorjahreszweite Gent schied sang- und klanglos aus der Europa League aus (0 Punkte, 4:15 Tore) und wurde am Ende der Saison – unter der Regie von insgesamt vier verschiedenen Trainern – nur Siebter. Dorsch zog im Interview mit Transfermarkt.de daher auch ein etwas gespaltenes Fazit. “Es war ein Wechselbad der Gefühle. Sportlich war es nicht das beste Jahr, aber für meine persönliche Entwicklung sehr wichtig.”

Dorsch kam in fünf der sechs Europa-League-Spiele Gents zum Einsatz. Das krachende Aus der KAA in einer Gruppe mit Hoffenheim, Belgrad und Liberec konnte aber auch der deutsche U21-Nationalspieler nicht verhindern. (Foto via imago)

“Liga steht absolut im Fokus”

Die belgische Liga als schwach abzustempeln, zeigt nur, dass man sich nicht wirklich mit ihr auseinandersetzt. Die Division 1A hat sich in den letzten Jahren zu einer Anlaufstelle für junge Talente entwickelt. Dorsch: “Wenn man die Transfers aus der belgischen Liga heraus in den letzten Jahren betrachtet, steht sie aus meiner Sicht absolut im Fokus der großen Fußballnationen.” Gent etwa hat vor einem Jahr den kanadischen Mittelstürmer Jonathan David für 27 Millionen nach Lille transferiert – nun wurde er französischer Meister mit dem LOSC. Leverkusens Leon Bailey lernte das Fußballspielem beim KRC Genk. Die Liste der Profis, die in jüngster Vergangenheit aus der Jupiler Pro League zu europöischen Spitzenklubs gewechselt sind, ist lang. Gemein haben viele Transfers die enorme Marktsteigerung der Profis. Belgiens Erstligisten sind zwar regelmäßig in den europäischen Pokalwettbewerben vertreten, spielen im Konzert der Großen jedoch keine große Rolle. Das wissen die Klubs. Sie positionieren sich bewusst als Ausbildungsvereine und sind dahingehend mit der niederländischen Eredivisie vergleichbar. Genk etwa verpflichtete Mittelfelmann Sergej Milinković-Savić für rund 400.000 Euro. Nach einer guten Saison war der serbische Nationalspieler Lazio Rom 18 Millionen Euro wert.

Jugend forscht

Dass man mit Dorsch nun auf einen 23-Jährigen setzt statt einen Ü30-Mann ablösefrei an den Lech zu lotsen, ist nur zu begrüßen. Ja, Erfahrung ist viel Wert und es ist nach wie vor wichtig, Spieler wie Strobl im Kader zu haben. Der FC Augsburg ist aber nunmal ein Ausbildungsverein und muss auch die Zukunft im Blick haben. Die Investition in junge Talente ist die vollkommen richtige Strategie, um langfristig in der Bundesliga mithalten zu können. Spieler wie Felix Uduokhai oder Ruben Vargas zeigen den allmählichen Kurswechsel in der Augsburger Transferphilosophie, auch wenn die Mannschaft immer noch zu den ältesten in der Bundesliga zählt Den FCA-Fans muss bewusst sein, dass beide nicht mehr allzu lange in Augsburg unter Vertrag stehen werden. Was sportlich wie aus Gründen der Verbundenheit schmerzt, ist finanziell lukrativ. Beide Spieler werden den Verein mit einem Transferplus verlassen.

Pauls und Reuter als Pluspunkt

Die Installation von Timon Pauls als Kaderplaner vor zwei Jahren scheint sich allmählich auszuzahlen. Der 29-Jährige war zuvor Chefscout im Nachwuchsleistungszentrum des FC Bayern und begleitete dort Spieler wie Alphonso Davies oder Jamal Musiala – und eben auch Niklas Dorsch. Pauls war von 2015 bis 2019 “Head of Academy Recruitment” beim FCB. Dorsch spielte bis 2018 im Münchner Nachwuchs. Dass der Mittelfeldspieler nun nach Augsburg wechselt, dürfte zwangsläufig auch am für seine kommunikativen Fähigkeiten und sein starkes Netzwerk geschätzten Kaderplaner liegen.

Lobend erwähnt werden muss hier allerdings auch Stefan Reuter. Dem Manager, der zuletzt wegen der erneuten Entlassung eines von ihm installierten Trainers wieder in die Kritik geraten war, gelang der nächste Transfer-Coup. Dabei scheint sich der langfristige Kontakt zu den Spielern auszuzahlen. Schon zu Dorschs Heidenheimer Zeiten war der FC Augsburg interessiert. Ein Wechsel kam nicht zustande, die Drähte zu Dorschs Beraterfirma blieben aber bestehen. Ähnlich agierte der FCA bei Alfred Finnbogason, den Reuter und Weinzierl schon 2013 statt erst 2016 verpflichtet hätten sowie bei Florian Niederlechner. Dorschs Management berät übrigens auch Felix Uduokhai und Tobias Strobl. Christian Nerlinger ist zudem Gründer der CN Sports GmbH. Nerlinger hat engen Kontakt zu Reuter, beide spielten zusammen bei Borussia Dortmund. Man kennt sich also. Dass Dorsch trotz anderer, nahmhafter und finanziell besser aufgestellten Interessenten nach Augsburg wechselt, ist dem Führungsduo hoch anzurechnen.

2019 lotste Reuter Pauls nach Augsburg – auch um die Kaderausrichtung jünger zu gestalten. (Foto via imago)

Unterhält man sich mit Augsburg-Fans, so löst die Verplfichtung Niklas Dorschs eine regelrechte Euphorie aus. Auch die Rosenau-Gazette ist begeistert von diesem Transfer und möchte diese Freude nicht trüben. Aber man sollte sich einerseits klar sein, dass Dorsch den Verein nach womöglich zwei guten Saisons wieder verlassen könnte und andererseits die Erwartungen an einen jungen Spieler nicht zu hoch ansetzen. Wir freuen uns dennoch sehr über diesen Wechsel und sehnen den Tag herbei, an dem Rolf Störmann Augsburgs neue Nummer 30 das erste mal in einem vollen Stadion ausruft. Herzlich willkommen bei Rot-Grün-Weiß, Niklas!

FCA-Nachwuchs in Corona-Zeiten: “Es entsteht eine Lücke in der Entwicklung”

Die meisten Fußballplätze in Deutschland wirken momentan nahezu ausgestorben. Coronabedingt sind die Spielstätten vielerorts geschlossen. In Bayern etwa ist gemäß der Infektionsschutzverordnung lediglich kontaktarmer Sport im Freien gestattet, je nach Inzidenz greifen härtere Maßnahmen. Spiele finden seit Herbst nahezu gar nicht mehr statt. Laut DFB durften im Februar 2021 nur 0,07 Prozent aller 145.000 Mannschaften in Deutschland spielen. Anfang November haben sich die Präsidenten der Regional- und Landesverbände gemeinsam mit DFB-Präsident Fritz Keller dafür ausgesprochen, das „organisierte Sporttreiben für Kinder und Jugendliche unter freiem Himmel“ wieder zu ermöglichen. Seitdem ist in der Breite wenig passiert.

Der FC Augsburg gehört zu den wenigen Teams im Land, die geringer von den Einschränkungen betroffen sind. Vor Ort schätzt man dieses Privileg sehr, wie Roy Stapelfeld, Kaufmännischer Leiter des Nachwuchsleistungszentrums, im Gespräch mit der Rosenau-Gazette erklärt. Seit 2015 leitet der gebürtige Thüringer die Nachwuchsabteilung des FCA und ist damit federführend für die rund 220 Spieler der elf Nachwuchsmannschaften von der U9 bis zur U23 verantwortlich.

Stapelfeld bemüht sich um Optimismus, erkennt aber auch die möglichen Probleme eines beispiellosen Jahres, in denen von geregeltem Wettbewerb keine Rede sein kann. In puncto Nachwuchsförderung spricht er von einer „Lücke in der Entwicklung“. Diese soll die „Vision, die uns daran erinnert, wofür wir das alles hier eigentlich machen“ jedoch nicht hemmen.

Roy Stapelfeld war vor seiner Arbeit in Augsburg Geschäftsführer beim FC Carl Zeiss Jena. Nun widmet sich der 45-Jährige voll und ganz dem FCA. (Foto via imago)

Herr Stapelfeld, wann standen Sie zuletzt bei einem Fußballtraining einer Augsburger Jugendmannschaft auf dem Sportplatz?  

Vor Ostern habe ich mir ein internes Testspiel zwischen der U23 und der U19 angeschaut. Das war ein gutes Gefühl, von der Nähe aus live ein Fußballspiel zu sehen, weil das sehr, sehr lange her war.

“Die Spieler sind traurig, weil die Wettkämpfe fehlen”

In welchem Umfang darf denn aktuell überhaupt trainiert werden?

Es ist ein bisschen kompliziert. Seit dem zweiten Lockdown im November dürfen wir ab der U17 trainieren. Das ist möglich durch eine Sondergenehmigung, da unsere Spieler als Auszubildende gelten. Wir sind extrem dankbar, in diesen Altersklassen einen relativ normalen Trainingsbetrieb – unter Beachtung aller Hygienevorschriften – zu haben.

Seit Oktober gab es keine Pflichtspiele mehr. Wie nehmen die Kinder und Jugendlichen im Verein diese Einschränkungen wahr?

Den Spielern geht es da sicherlich wie allen Menschen, die durch die Corona-Thematik beeinträchtigt sind. Sie sind traurig, weil die Wettkämpfe fehlen. Das ist das, was Fußball ausmacht und aktuell fehlt deshalb etwas. Auf der anderen Seite sind wir und die Spieler sehr dankbar und froh darüber, dass wir überhaupt trainieren dürfen. Das Wichtigste ist, die positive Grundstimmung nicht zu verlieren.

Wie ist es für die Kinder aus den unteren Jahrgängen. Sie dürfen quasi seit Monaten nicht trainieren?

Wir können seit Anfang März auch mit der U14, U15 und U16 trainieren. Diese Altersklassen werden nach einem Antrag, den die Kickers Würzburg gestellt hatten und dem stattgegeben wurde, als Landeskader gesehen, sodass keine weiteren Einschränkungen gelten. Das war ein schöner Zwischenschritt, weil diese Jungs vorher überhaupt nicht trainieren durften. Bis zur U9 ist aber nahezu gar kein Training möglich. Wir haben anfangs kontaktarmes Training angeboten, aber dann war auch dies nicht mehr möglich.

Wie stehen Sie mit diesen jungen Spielern im Austausch?

Wir haben versucht, so kreativ wie möglich zu sein und Dinge entwickelt, um mit den Mannschaften Kontakt zu halten. Es geht hierbei um zwei Themen: Einerseits um den sozialen Kontakt. Mannschaftssport lebt vom Miteinander. Das ist aktuell kaum möglich, wir versuchen aber die Bindung zum Verein aufrechtzuerhalten. Andererseits spielt auch die sportliche Aus- und Weiterbildung eine Rolle. Wir versuchen, das bestmöglich online darzustellen.

Wie konkret sehen diese digitalen Angebote aus?

Wir haben Online-Spieltage gegen andere Nachwuchsleistungszentren abgehalten und Hausaufgaben-Trainingsprogramme erstellt, in denen Technik, Kognition und Athletik in den Vordergrund gerückt wurden. Außerdem stehen alternative Sportarten wie Yoga, Basketball oder Volleyball sowie ein Kurs zur Zubereitung von gesunden Shakes für Sportler auf dem Programm. Zudem können Videoanalysen zur Vermittlung beitragen.

“Man muss der Politik vertrauen. Wir haben eine große Verantwortung”

Der BFV untersuchte im Dezember in einer Umfrage die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Vereine. Fast Zwei Drittel sorgen sich, in Zukunft weniger Mitglieder zu haben. Vier von fünf Vereinen befürchten einen Wegfall von Kindern und Jugendlichen für den Fußball. Das trifft den Amateursport gewiss härter, aber sehen Sie auch in Augsburg die Gefahr, Kinder zu verlieren?

Ehrlicherweise spüren wir diese Auswirkungen aktuell nicht beziehungsweise noch nicht. Wenn wir in absehbarer Zeit wieder zur Normalität zurückkehren können, ist die Problematik meiner Meinung nach auch noch aufzufangen. Die Leute haben ja grundsätzlich den Drang, Sport zu betreiben. Wenn sich das aber noch länger hinzieht, wird es logischerweise irgendwann auch Einbrüche in diesem Bereich geben. 

Die Gesellschaft für Aerosolforschung veröffentlichte vor Kurzem einen offenen Brief an die Bundesregierung. Darin heißt es: Die Gefahr, sich mit dem Coronavirus zu infizieren, lauere insbesondere in geschlossenen Räumen, weniger an der frischen Luft. Diese wissenschaftlichen Erkenntnisse sind nicht erst seit Kurzem bekannt und DFB oder BFV argumentieren schon lange: Solange die Regeln außerhalb des Platzes eingehalten werden, spricht eigentlich wenig gegen die Wiederaufnahme des Spielbetriebs. Haben Sie daher noch Verständnis dafür, dass der Breitensport und auch Teile der Jugend des FC Augsburg weiter ausgesetzt bleiben?

Das ist eine schwierige Frage. Es ist absolut schwer einzuschätzen und man muss der Politik, die aktuell einen echt schweren Job hat, vertrauen. Da sind Experten am Werk, die Keinem etwas Böses wollen. Daher ist das der Weg, den wir gehen müssen, weil die Gesundheit das Wichtigste ist. Wir sind dabei in einer Position, in der wir mit Schutzbefohlenen arbeiten. Dadurch haben wir eine große Verantwortung und deshalb wollen wir auch komplett auf Nummer sicher gehen. Wir in Augsburg haben gut funktionierende Hygienekonzepte, allerdings auch kleinere Probleme wie eine nicht ganz so optimale Parkplatzsituation am Trainingsgelände oder einfach auch das intuitive Verhalten kleinerer Kinder. Wir hoffen, dass es irgendwann wieder zu Normalität kommt, aber es handelt sich um eine schwierige Thematik mit vielen Faktoren drumherum.

“Diese Frage stellt sich aktuell Jeder im Nachwuchsfußball”

Im Nachwuchsleistungszentrum des FC Augsburg gibt es Spieler, die schon bei den Profis mittrainieren durften, in Testspielen zum Einsatz kamen oder sogar im Bundesligakader standen. Tim Civeja (19) feierte sein Profidebüt. Aber auch Talente wie Jannik Schuster (22) David Deger (21), Seong-Hoon Cheon (20), Lukas Petkov (20), Adrien Koudelka (18), Dion Berisha (17), Franjo Ivanovic (17), Dikeni Salifou (17) oder Kristijan Taseki (17) gerieten ins Blickfeld. Wie folgenschwer für ihren weiteren Karriereweg ist dieses verlorene Jahr mit kaum Wettkampfpraxis?

Bei jedem Spieler, der jetzt über lange Zeit nicht trainieren oder spielen konnte, handelt es sich logischerweise um eine Lücke in der Entwicklung. Wir reden über Spieler, die alle hier sind, um sich zu entwickeln und da ist jede Altersklasse wichtig. Was dieses Corona-Jahr mit jedem Spieler macht, ist eine große Frage, die wir wahrscheinlich erst in der Zukunft beantworten können. Führt es zu einer gewissen Delle oder steckt man das einfach so weg und macht ohne negative Auswirkungen weiter, wo man vor Corona aufgehört hat? Diese Frage stellt sich aktuell Jeder im Nachwuchsfußball, man muss dabei allerdings auch etwas differenzieren.

Inwiefern?

Es gibt Spieler, für die dieses Jahr keine allzu großen Auswirkungen haben wird. Tim Civeja zum Beispiel, der sich aktuell bereits bei den Profis beweisen kann. Aber insbesondere für die Spieler, die noch nicht so im Fokus sind und noch einen Entwicklungsschritt weiter zurück sind, ist es ohne Wettkämpfe schwer, sich zu zeigen. Wir versuchen wegen der Durchlässigkeit, die Nachwuchsspieler bei den Profis mittrainieren zu lassen oder sie in Testspielen zum Einsatz zu bringen. Das ist wichtig für den Vergleich auf höherem Niveau.

Tim Civeja spielt seit 2015 in der Jugend des FC Augsburg. Der gebürtige Dachauer kommt mittlerweile auf drei Profieinsätze in der Bundesliga. (Foto via imago)

“Wir wollen uns an Hofmanns Mission messen lassen”

Diese Spieler sind in einem Alter, in dem die Schritte zum Profifußball kleiner werden. Erste Verträge werden ausgehandelt, der Traum vom Profifußball scheint greifbarer. Gleichzeitig bleibt aufgrund der geringen Durchlässigkeit ein gewisser Druck. Werde ich übernommen? Wie steht mein Coach überhaupt zu mir? Wie gehen Sie und die Trainer des FC Augsburg aktuell mit diesen Talenten um?

Das kann man nicht verallgemeinern und ist völlig individuell zu sehen. Man muss mit den Jungs sprechen und auch ihre Ziele und ihr Umfeld betrachten. Wo will jemand hin? Wie schätzt er sich selbst ein? Da gibt es Spieler, die sich fußballerisch auf hohem Niveau befinden und – ob bei uns oder woanders – ihren Weg gehen werden. Dann gibt es aber auch Spieler, die sich für die Sicherheit entscheiden und sich auf das Schulische wie Berufliche konzentrieren. Das ist etwas, was wir absolut befürworten und diese Jungs auf ihrem Weg auch unterstützen.    

Klaus Hofmann investierte in die Nachwuchsförderung des FC Augsburg und formulierte 2014 ehrgeizig: „Meine Vision ist es, dass ich einmal im M-Block stehe und in der Startformation unserer Bundesligamannschaft stehen vier Spieler, die schon seit der D-Jugend bei uns sind.“ Nun sagte er in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen bezogen auf die Nachwuchsförderung: „Wir hatten zwischenzeitlich einen guten Stand, auf den wir aber wieder kommen müssen“. Sehen Sie dieses Ziel als realistisch an?

FCA-Vorstandschef Klaus Hofmann sieht im Augsburger Nachwuchs eine wichtige Säule für die Zukunft – Roy Stapelfeld ebenso. (Foto via imago)

Ja, ich glaube es ist eine Frage der Zeit. Nachwuchsentwicklung ist etwas Mittel- und Langfristiges und da braucht man Zeit und Geduld. Vier Nachwuchsspieler in der Startelf sind eine ordentliche Zielsetzung – an der wir uns aber auch messen lassen wollen. Das ist eine Vision, die uns daran erinnert, wofür wir das alles hier eigentlich machen. Ich halte sie nicht für unrealistisch. Gewisse Schwankungen in einzelnen Jahrgängen sind normal, aber wir streben danach, in jedem Jahrgang Spieler zu haben, die wir nach oben bringen können.

Interview: Andreas Schmid

Alternativlos

Nach 412 Tagen im Amt wurde Heiko Herrlich nach der 2:3-Niederlage gegen den 1. FC Köln als Trainer des FC Augsburg entlassen. Die Trennung ist nicht nur nachvollziehbar, sondern gar alternativlos. Stefan Reuters Poker auf Besserung stellte sich als falsch heraus. Nun ist auch der Manager gefordert. Eine kommentierende Analyse.

Heiko Herrlich ist nicht mehr Trainer des FC Augsburg. In 42 Pflichtspielen unter seiner Regie gab es zwölf Siege, neun Unentschieden und 21 Niederlagen – zu wenig, um langfristig bei Rot-Grün-Weiß zu arbeiten. (Foto via imago)

Der FC Augsburg stand in dieser ja immer noch speziellen und schwierigen Corona-Saison nie schlechter als Tabellenplatz 13 da. Mit dem knüppelharten Abstiegskampf hatten die Schwaben bis dato nicht wirklich etwas zu tun. Weil das in der Vergangenheit nicht immer so war, scheint die Spielzeit 2020/21 auf den ersten Blick eine ordentliche zu sein. Doch der nackte Blick auf die Tabelle ist trügerisch.

Der FC Augsburg kommt auf insgesamt neun Saisonsiege in bisher 31 Spielen. Das ist okay, nach Ende der vergangenen zwei Spielzeiten waren es nicht mehr. Sieht man sich die Partien, in denen dreifach gepunktet wurde, allerdings genauer an, so muss man feststellen, dass der FCA nur wenige davon verdient für sich entschieden hat. Konkret: das 3:1 gegen Mainz sowie das famose 2:0 gegen Dortmund. Ansonsten gewannen die Augsburger entweder wegen der enormen Effizienz (z.B. 2:1 gegen Hoffenheim), eines überragenden Rafal Gikiewicz (z.B. 1:0 gegen Mainz), dem ungenutzten Chancenwucher des Gegners (z.B. 3:1 gegen Gladbach) oder oft auch allen drei Faktoren zusammen (z.B. 2:1 gegen Union Berlin). Zudem verpasste es der FCA in der Regel, nach einem Sieg nachzulegen. Nach sieben der neun Dreier wurde verloren.

Hängende Köpfe: Carlos Gruezo und Rafal Gikiewicz nach dem 2:3 gegen den 1. FC Köln. Die ersten 45 Minuten stehen für eine der schlechtesten Halbzeiten in der Augsburer Bundesligageschichte. (Foto via imago)

Keine Weiterentwicklung erkennbar

Klar, Fußball ist ein Ergebnissport – und Ergebnisse hat der FC Augsburg gerade in den direkten Abstiegsduellen gegen Bielefeld, Köln und Mainz (jeweils 1:0) geliefert. Nichtsdestotrotz geht es in der Analyse der Manschaftsleistung auch um andere Parameter. Auch wenn das bloße Herunterbrechen auf Statistiken einem Trainer nicht gerecht wird, haben sie eine gewisse Aussagekraft. Die Fuggerstädter kommen ligaweit auf die drittwenigsten Torschüsse, die zweitschlechteste Passquote und den zweitwenigsten Ballbesitz. Das sind – so ehrlich muss man am Lech sein – Werte eines Absteigers. Vor 13 Monaten wurde die Entlassung Martin Schmidts insbesondere mit dem schlechten Abschneiden in diesen Kategorien begründet. Stefan Reuter rechtfertigte die Trennung mit den “Statistiken, die deutlich gegen uns sprechen, die deutlich in die falsche Richtung zeigen”. Herrlich gelang es in diesen Bereichen nur bedingt, die Mannschaft zu verbesseren, wie unser Vergleich zwischen Schmidt und Herrlich zeigt.

Die Hauptaufgabe eines Trainers ist es, die Mannschaft weiterzuentwicklen. Vergleicht man die aktuelle Leistung mit der von vor einem Jahr, muss man allerdings feststellen, dass Heiko Herrlich diese Aufgabe nicht geglückt ist. Der gebürtige Mannheimer hat es geschafft, die Defensive zu stabilisieren. Das war auch bitter nötig. Im Offensivspiel hapert es jedoch nach wie vor gewaltig an kreativen Ideen. Ein Spielkonzept im letzten Angriffsdrittel fehlt ebenso wie ein offensiver Mittelfeldspieler im Kader. In diesem Zusammenhang ist auch Reuter zu kritisieren, da er es im Grunde genommen seit dem Abgang Ja-Cheol Koos verpasst hat, einen entsprechenden Spieler zu verpflichten. Das bedeutet jedoch nicht, dass Herrlich hier aus der Verantwortung zu ziehen ist.

Denn der Augsburger Kader ist grosso modo absolut bundesligatauglich. Man sollte ihn nur richtig für sich zu nutzen wissen, womit wir wieder bei der Herangehensweise des Trainers sind. Herrlich ging gefühlt in ein Spiel, um nicht zu verlieren, statt zu gewinnen. Das Augsburger Spiel war zu sehr auf Toreverhindern als -erzielen aus. Auch gegen individuell schwächer besetzte Teams. Dass diese destruktive Herangehensweise mit neun Saisonsiegen belohnt wurde, kaschiert die spielerische Leistung des FC Augsburg deutlich. Es liegt auf der Hand, dass Herrlichs risikovermeidende Spielweise keinen langfristigen Erfolg sichern konnte.

Präsident Klaus Hofmann traf nach dem 0:0 gegen Bielefeld den Nagel auf dem Kopf und sprach von “einer weiteren Episode unansehnlicher Leistungen in dieser Saison.” Ein klarer Fingerzeig des Vorstandsvorsitzenden in Richtung Trainerteam. Hätte Hofmann Herrlich schützen wollen, hätte er wohl andere Worte gewählt. Er wirkte ohnehin zusehends unzufrieden mit der Leistung des FCA, was etwa an seinem Verhalten auf der Tribüne deutlich wurde. Gegen Köln schimpfte Hofmann lautstart und trat wütend mit dem Fuß gegen eine Sitzschale.

Reuters riskantes Spiel und das Prinzip Hoffnung

Alles in allem kommt die Trennung Heiko Herrlichs nicht überraschend. Der Trend aus den vergangenen Spielen sprach deutlich gegen den 49-Jährigen. Aus den Partien gegen die direkten Konkurrenten Schalke, Bielefeld und Köln konnte gerade einmal ein Punkt geholt werden. Alle Klubs rangieren in der Tabelle hinter dem FCA. Der FC Augsburg hatte in diesen Spielen die Möglichkeit, den Klassenerhalt perfekt zu machen. Nach einem Sieg gegen Bielefeld hätte man neun Punkte Vorsprung auf die Arminia gehabt, nach einem Dreier gegen Köln sich wohl endgültig aller Abstiegssorgen entledigt. Die Chance, das elfte Bundesligajahr in Serie perfekt zu machen, war also da.

Daher ist es auch nachvollziehbar, dass sich Reuter lange hinter seinen Coach gestellt hat. Man hatte das Gefühl, der FCA werde sich schon irgendwie in der Liga halten können – egal ob aufgrund der eigenen Leistungen oder einfach deshalb, da es schlicht drei Vereine gibt, die eine noch schlechtere Saison als die Schwaben spielen. Zudem darf man nicht vergessen, dass Reuter in der Vergangenheit zwar auf dem Transfermarkt, nicht aber in der Trainerfrage glücklich agiert hat. Mit phasenweiser Ausnahme von Manuel Baum war keiner der von Reuter installierten Trainer langfristig in Augsburg erfolgreich.

Daher muss sich auch der Weltmeister von 1990 kritischen Stimmen stellen. Hat er zu lange auf das Prinzip Hoffnung gesetzt? Im Nachhinein betrachtet war dieses Spiel riskant – und fußte mehr auf Ergebnisse als der tatsächlichen Leistung auf dem Platz. Aus einer Entlassung Heiko Herrlichs geht der Geschäftsführer Sport daher zwangsläufig ebenso als Verlierer hervor. Reuter hatte ihn ja an den Lech gelotst. Der nächste Coach an der Augsburger Seitenlinie hat nun zu funktionieren, ansonsten wackelt auch der Stuhl des in der Vergangenheit oft so klug agierenden Managers.

Lange stellte sich Reuter hinter seinen Coach. Nach der Niederlage gegen Köln verweigerte der Manager allerdings ein Treuebekenntnis, konstatierte eine “erschreckende erste Halbzeit” und meinte: “Es ist klar, dass eine Reaktion nötig ist.” (Foto via imago)

Herrlich hatte keine Argumente mehr

Der FC Augsburg befindet sich nun an einem Zeitpunkt, an dem der Klassenverbleibt massiv in Gefahr ist. Es bleiben noch drei Spiele in dieser Saison: in Stuttgart, gegen Bremen und beim FC Bayern. Der Vorsprung auf den Relegationsrang beträgt nach dem 31. Spieltag vier Punkte. Hertha BSC hat quarantänebedingt noch drei Partien in der Hinterhand, weswegen dieses Polster in der Realität geringer ist.

Die Trennung von Heiko Herrlich ist daher alternativlos. Angesichts der zuletzt desolaten Leistungen, die in der sportlichen Bankrotterklärung in der ersten Halbzeit gegen Köln gipfelten, gab es keinen Spielraum mehr, an der Zusammenarbeit festzuhalten. Argumente pro Herrlich? Ebenso wenig vorhanden wie die Augsburger Torgefahr in vielen Saisonspielen. Wie an dieser Stelle schon häufiger erwähnt: Wenige FCA-Fans stört es, Tabellen-13. zu sein, viele allerdings, wie Woche für Woche Fußball gespielt wird. Heiko Herrlich stand sinnbildlich für dieses Auftreten. Die Trennung war bitter nötig.

Aus FCA-Sicht darf gehofft werden, dass die nötigen Punkte mit einem neuen Impuls an der Seitenlinie eingetütet werden können. Wie mittlerweile bestätigt, wurde Ex-Trainer Markus Weinzierl mit dieser Mission beauftragt – eine populäre Entscheidung, die viele Fans begrüßen. Ob der gebürtige Straubinger der richtige Mann für den Neuanfang ist, bleibt jedoch abzuwarten. Weinzierl steht sinnbildlich für die erfolgreichste Zeit der Augsburger Vereinsgeschichte, scheiterte allerdings bei seinen Stationen auf Schalke und in Stuttgart. Ihm und dem gesamten FC Augsburg ist es zu wünschen, dass nun wieder bessere Zeiten kommen.

Damit dies gelingt, sind allen voran auch die Spieler gefordert. Bei einigen Profis hatte man zuletzt nicht das Gefühl, dass ihnen der Ernst der Lage bewusst ist, wie André Hahn nach der Niederlage gegen Köln unmissverständlich deutlich machte: “Ich dachte, wir hätten es alle verstanden. In der ersten Halbzeit haben wir gesehen, dass es nicht alle verstanden haben.”

Reicht das für den Klassenerhalt?

Der FC Augsburg hat es wieder einmal verpasst, einen großen Schritt in Richtung Klassenerhalt zu gehen. Wie so oft in dieser Spielzeit folgte auf ein Erfolgserlebnis der direkte Rückschlag. Nach fünf der sieben Saisonsiege wurde verloren – so nun auch bei Hertha BSC. Der wichtige Dreier in Mainz konnte nicht vergoldet werden.

Dabei hätte die Partie eigentlich kaum besser beginnnen können. Nach schönem Spielzug über Tobias Strobl und André Hahn erzielte Winterleihgabe Laszlo Benes seinen Premierentreffer für Rot-Grün-Weiß (2.). Weil sich in der Folgezeit aber (mal wieder) vermehrt auf das Toreverhindern als -erzielen konzentriert wurde, kamen die Berliner zurück in die Partie.

Hängende Köpfe: Am Ende setzte es in Berlin für Rafal Gikiewicz & Co. die zwölfte Saisonniederlage. (Foto via imago)

Will der FCA Spiele gewinnen?

Die ersten 45 Minuten überstand der FCA dabei auch dank eines starken Keepers noch unbeschadet und hätte sogar beinahe das 0:2 erzielt (Florian Niederlechner stand bei seinem Pfostenkopfball aber ohnehin im Abseits, 39.). Im zweiten Durchgang erhöhten die Gastgeber dann etwas den Druck und der FCA fand sich vermehrt im eigenen Verteidigungsdrittel wieder. Eine Flanke, bei der die Zuordnung nicht stimmte, und ein vermeidbarer Elfmeter bedeuteten letztlich eine 2:1-Niederlage. Aufgrund der Spieldaten geht das Ergebnis in Ordnung – die Hertha investierte weitaus mehr als der FCA, hatte mehr Ballbesitz und auch die zwingenderen Abschlüsse. Dennoch zauberten die Berliner keineswegs Königsklassenfußball auf den holprigen Rasen des Olmypiastadions, weswegen der vor diesem Spieltag Tabellen-16. durchaus zu schlagen gewesen wäre. Und so bleibt leider nach wie vor die Frage nach dem Trainer: Will Heiko Herrlich überhaupt Spiele gewinnen oder vielmehr Niederlagen vermeiden? Denn eins steht fest: Ein funktionierendes Offensivkonzept, das nicht nur auf Konter fußt, suchte man auch in Berlin über weite Strecken der Partie vergeblich. Eine Führung kann nicht über 88 Minuten verteidigt werden. Es braucht Angriffsszenen und Entlastung – und zwar nicht erst wieder, wenn der Gegner getroffen hat (Niederlechner, 65./78.).

Genießt weiterhin das Vertrauen: Trainer Heiko Herrlich (l) kann sich auf die Rückendeckung Stefan Reuters verlassen. (Foto via imago)

26 Punkte nach 24 Spielen – reicht das?

Nach der Niederlage in Berlin steckt der FCA mit 26 Punkten weiter im Abstiegskampf fest. Tabellenplatz 13 und acht Punkte Vorsprung auf den ersten Abstiegsrang wirken auf den ersten Blick entspannt, könnten allerdings auch trügerisch sein. Das zeigt der Blick in die Historie.

Seit Einführung der Drei-Punkte-Regel in der Saison 1995/96 sind 17 Mannschaften abgestiegen, die nach 24 Runden 26 Punkte oder mehr auf dem Konto hatten:

  • Eintracht Frankfurt (03/04): 26 Punkte nach 24 Spielen (13.) -> 32 am Saisonende (16.)
  • TSV 1860 München (03/04): 26 Punkte nach 24 Spielen (14.) – > 32 am Saisonende (17.)
  • Karlsruher SC (97/98): 26 Punkte nach 24 Spielen (14.) -> 38 am Saisonende (16.)
  • FC St. Pauli (96/97): 26 Punkte nach 24 Spielen (15.) -> 27 am Saisonende (18.)
  • Eintracht Frankfurt (95/96): 26 Punkte nach 24 Spielen (14.) -> 32 am Saisonende (17.)

  • VfL Bochum (09/10): 27 Punkte nach 24 Spielen (13.) -> 28 am Saisonende (17.)
  • FSV Mainz 05 (06/07): 27 Punkte nach 24 Spielen (14.)-> 34 am Saisonende (16.)
  • Alemannia Aachen (06/07): 27 Punkte nach 24 Spielen (13.) -> 34 am Saisonende (17.)
  • Arminia Bielefeld (02/03): 27 Punkte nach 24 Spielen (13.) -> 36 am Saisonende (16.)
  • SpVgg Unterhaching (00/01): 27 Punkte nach 24 Spielen (14.) -> 35 am Saisonende (16.)
  • Eintracht Frankfurt (00/01): 27 Punkte nach 24 Spielen (15.) -> 35 am Saisonende (17.)
  • FC Köln (97/98): 27 Punkte nach 24 Spielen (13.) – 36 am Saisonende (17.)

  • VfB Stuttgart (15/16): 28 Punkte nach 24 Spielen (12.) -> 33 am Saisonende (17.)
  • Fortuna Düsseldorf 12/13: 28 Punkte nach 24 Spielen (12.) -> 30 am Saisonende (17.)
  • Eintracht Frankfurt (10/11): -28 Punkte nach 24 Spielen (13.) > 34 am Saisonende (17.)
  • FC St. Pauli (10/11): 28 Punkte nach 24 Spielen (12.) -> 29 am Saisonende (18.)
Abstieg nach Talfahrt: Der VfB Stuttgart holte 2016 nach dem 24. Spieltag nur noch einen Sieg und verlor die letzten sechs Partien. Am Ende stand der Gang in die Zweitklassigkeit (Foto via imago).
  • SSV Ulm (99/00): 30 Punkte nach 24 Spielen (12.) -> 35 am Saisonende (16.)

Der VfL Wolfsburg hatte in der Saison 2016/17 ebenfalls 26 Punkte nach 24 Spielen vorzuweisen und rutschte am Ende mit 37 Zählern noch in die Relegation – wo sich die Wölfe gegen Eintrach Braunschweig durchsetzen konnten. Mainz, Frankfurt, Bielefeld und Unterhaching stiegen als 16. ab, weil es keine Relegationsspiele gab.

35 Punkte nach 34 Spieltagen?

Der FC Augsburg holte aus den verbleibenen zehn Partien in der Hinrunde neun Punkte (zwei Siege, drei Remis). Können die Schwaben diese Ausbeute wiederholen, stünden am Ende 35 Zähler auf der Habenseite. Nimmt man Herrlichs Punkteschnitt von 1,09 wären es 37. Da vermehrt Gegner auf Augenhöhe auf dem Programm stehen, sollte das gelingen. Aber würde sich der FCA dadurch das elfte Bundesligajahr überhaupt sichern? Voraussichtlich, denn es muss nicht per se die ominöse 40er-Marke sein. In der Saison 2008/09 rettete sich Borussia Mönchengladbach gar nur mit 31 Punkten. Gleichzeitig bedeuteten aber auch schon 38 Punkte den Weg ins Unterhaus. (Karslruhe 1997/98).

Mut macht derweil, dass der FCA die Klasse auch schon mit geringerer Ausbeute nach 24 Spielen halten konnte. Bereits viermal gelang den Fuggerstädtern dieses Kunststück.

  • 18/19: 21 Punkte nach 24 Spielen (15.) -> 32 zu Saisonende (15.)
  • 15/16: 25 Punkte nach 24 Spielen (13.) -> 38 zu Saisonende (12.)
  • 12/13: 21 Punkte nach 24 Spielen (16.) -> 33 zu Saisonende (15.)
  • 11/12: 22 Punkte nach 24 Spielen (16.) -> 38 zu Saisonende (14.)
Erstklassig: Der FC Augsburg bejubelt 2013 den Klassenerhalt. Nach 24 Spielen hatten die Schwaben 21 Punkte auf dem Konto (Foto via imago).

Der schwachen Konkurrenz sei Dank – Augsburg gelingt der Klassenerhalt

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass der FCA zweifelsohne nicht die beste Saison spielt und dafür in anderen Spielzeiten wohl bestraft worden wäre. Da aber mit Schalke ein Absteiger schon so gut wie fest steht und die anderen Kellerkinder ebenfalls nicht richtig in die Spur kommen, wird der FCA wohl den Klassenerhalt schaffen. Dafür, dass schon jetzt fürs elfte Bundesligajahr geplant werden kann, ist die Lage allerdings noch zu prekär. Der FC Augsburg ist in den nächsten Spielen gefordert, denn in der Vergangenheit gibt es ausreichend mahnende Beispiele, in denen Vereine trotz ordentlicher Punkteausbeute noch abgestiegen sind. In der Vorsaison hatte der FCA übrigens 27 Zähler nach 24 Punkten auf dem Konto. Am Ende wurden es 36 und Platz 15.

Welchen Trainer braucht der FCA?

“Die Luft für Heiko Herrlich wird immer dünner”, titelte der Kicker nach der 0:2-Niederlage des FC Augsburg gegen Wolfsburg. Manager Stefan Reuter stellte sich nach dem nächsten verlorenen Spiel derweil demonstrativ hinter den Coach, eine Trainerdiskussion in Augsburg gebe es nicht. Punkt. Geht die sportliche Talfahrt jedoch so weiter, werden Herrlich wie Reuter irgendwann die Argumente ausgehen. Nur drei der letzten 14 Ligaspiele konnten gewonnen werden, der Abstand zum Relegationsplatz beträgt nur noch fünf Punkte und die sportliche Entwicklung im letzten Jahr wird schmerzlich vermisst. Die Parallelen zu Martin Schmidt werden leider immer deutlicher. Auch der Schweizer rutschte trotz ordentlichem Polster noch in den Abstiegsstrudel. Die Entlassung begründete die Chefetage unter anderem mit der fehlenden sportlichen Entwicklung.

Wie lange hält Stefan Reuter noch an Heiko Herrlich fest? (Foto via imago)

Herrlichs leeres Versprechen

Für was steht Heiko Herrlich eigentlich? Wir haben uns mit dieser Frage schon einige Male beschäftigt und kommen – auch wenn nicht alles schlecht ist – zu dem Ergebnis, dass Wunsch und Realität doch sehr weit auseinander liegen. Immer wieder betont Herrlich, er stehe für offensiv ausgerichteten Fußball. Alle seine bisher trainierten Mannschaften hätten dies gezeigt. Dass der Trainer trotz der bitteren Fakten nicht müde wird, dies zu betonen, verwundert dabei immer mehr. Ligaweit gibt nur Arminia Bielefeld weniger Torschüsse ab als der FCA. Gegen Wolfsburg hatten die Schwaben in der zweiten Halbzeit eine einzige Abschlusssituation – einen Weitschuss von André Hahn.

In den vergangenen Monaten konnte der FC Augsburg seine offensive Harmlosigkeit oft durch gnadenlose Effizienz sowie defensive Kompaktheit kaschieren. Die mit dem Label Angsthasenfußball etikettierte Spielphilosophie wird nun aber immer mehr zum Problem: Vier eigene Treffer in den letzten sechs Spielen und gleichzeitig 13 Gegentore sprechen für sich. Herrlich selbst weiß um die aktuelle Situation und könne die Kritik daher verstehen, wie er vor dem Wolfsburg-Spiel erklärte. Man werde daran arbeiten, sich weiter zu verbessern. Wer regelmäßig die Pressekonferenzen des FC Augsburg verfolgt, hat dieses Versprechen nicht das erste Mal gehört.

Wie lange sitzt Heiko Herrlich noch auf der Augsburger Bank? (Foto via imago)

Herrlich raus?

Und so bleibt die Frage, ob Herrlich noch der richtige Trainer ist. Vielleicht ist er das nicht, doch das soll nicht heißen, dass der FC Augsburg den Coach nun ruckartig entlassen soll. Denn ein Installieren eines Feuerwehrmannes an der Seitenlinie würde die Probleme des FC Augsburg nur verschieben. Die Schwaben werden aller Voraussicht nach in der Bundesliga bleiben – was weniger dem eigenen Leistungsvermögen, sondern vielmehr der schwachen Konkurrenz geschuldet ist.

Der FC Augsburg braucht generell keinen Trainer, der für den kurzfristigen Erfolg steht. Das wurde am Beispiel Martin Schmidt eindrucksvoll deutlich. Vielmehr ist der FC Augsburg ein Verein, der durch Kontinuität auf der Trainerbank punkten kann. Man benötigt einen Trainer, dem man langfristig zutraut, die Mannschaft voranzubringen.

Nun liegt es an Reuter, im Sinne des Vereins zu entscheiden, ob Heiko Herrlich dieser Trainer ist beziehungsweise noch sein kann. Der Manager wird sich diese Frage gut überlegen müssen und daher wohl keine voreiligen Schlüsse ziehen. Denn klar ist ferner, dass mit einer Entlassung Herrlichs auch die Kritik an Reuter wieder an Fahrt aufnimmt. Denn in puncto Trainer – so ehrlich muss man trotz einiger kluger Spielertransfers sein – hat Reuter in den letzten Jahren keine gute Figur abgegeben. Der nächste Schuss muss definitiv sitzen. Reuter kann es sich kaum leisten, 2022 das nächste Trainerexperiment vorzeitig zu beenden. Daher wird Herrlich auch nur entlassen werden, wenn der Geschäftsführer Sport einen passenden Nachfolger in der Hinterhand hat.

Geht die sportliche Entwicklung des FC Augsburg so weiter, muss sich Stefan Reuter eingestehen, auf der Trainerposition (erneut) daneben gegriffen zu haben. Bei all der (berechtigten) Kritik darf gleichzeitig nicht vergessen werden, dass Reuter Markus Weinzierl und Manuel Baum überhaupt erst zum Bundesligatrainer gemacht hat. Es lief also nicht alles falsch. (Foto via imago)

Baum und Weinzierl als Alternativen?

Der Kicker brachte in seiner Montagsausgabe die beiden Ex-Trainer Markus Weinzierl und Manuel Baum ins Spiel. Beide würden im Umfeld des Vereins gehandelt werden. In Fankreisen wurde diese Meldung durchaus positiv zur Kenntnis genommen, doch es stellt sich die Frage, ob eine Rückkehr zum Ex wirklich die klügste Entscheidung ist.

Baum genießt bei den Klubbossen nach wie vor einen hohen Kredit. Bereits auf der Pressekonferenz seines Abschieds schloss die Chefetage nicht aus, dass es in Zukunft zu einer erneuten Zusammenarbeit kommen könnte. Der frühere NLZ-Chef war in Augsburg beliebt, wird von Beobachtern als taktisches Genie beschrieben und würde gewiss auf den ein oder anderen Jugendspieler setzen. Gegen Baum spricht allerdings, dass seine Zeit in Augsburg am Ende wenig erfolgreich war und der 41-Jährige nicht gerade unverbrannt nach Augsburg zurückkehren würde – auch wegen seiner missratenen Arbeit auf Schalke.

Markus Weinzierl indes war für die sportlich erfolgreichste Zeit des FC Augsburg verantwortlich. Erst rettete der gebürtige Straubinger den FCA nach schwachem Start sensationell vor dem Abstieg, dann führte er ihn 2015 in die Europa League und schrieb so Augsburger Fußballgeschichte. Der Name Markus Weinzierl wird also immer mit glorreichen FCA-Zeiten in Verbindung gebracht. Dabei entsteht jedoch die Gefahr, dass man Weinzierls Leistungsvermögen überschätzt. Denn zur Wahrheit gehört auch, dass der 46-Jährige bei seinen weiteren Stationen auf Schalke und in Stuttgart krachend gescheitert ist.

Seit ihrem Abschied aus der Fuggerstadt ging bei beiden Trainern die Leistungskurve nach unten. Folgt das Comeback am Lech? (Foto via imago)

Das Spiel des FCA muss wieder Spaß machen

Beide Trainer wären durchaus charmante Lösungen und kämen bei den Fans gewiss gut an. Ob sie jedoch den FC Augsburg langfristig prägen können, ist unklar. Daher möchte ich nun einen Blick auf weitere Trainer werfen, die für den FC Augsburg infrage kommen könnten. Hauptkriterium für die Aufnahme in diese Liste ist eine offensive Spielweise. Denn eines sollte an dieser Stelle noch kurz erwähnt werden. Wenige FCA-Fans haben ein Problem damit, Tabellen-13. zu sein, viele allerdings mit der Art und Weise, wie Woche für Woche Fußball gespielt wird. Klar, Fußball ist ein Ergebnissport, er sollte am Ende aber immer auch schön anzusehen sein. Das nur am Rande, nun zu den möglichen Trainerkandidaten. Die Auswahl ist hier rein subjektiv.

Tim Walter

Tim Walter ist seit Ende 2019 vereinslos. Zuletzt trainierte der 45-Jährige den VfB Stuttgart in der 2. Bundesliga, nachdem er sich bei der U23 des FC Bayern sowie bei Holstein Kiel einen Namen gemacht hatte. Die Saison 2018/19 beendete Walter in Kiel auf einem ordentlichen sechsten Platz. Dass die Zeit an der Förde anschließend vorbei war, lag vielmehr am Interesse des VfB, als am mangelnden Vertrauen der Kieler Verantwortlichen. In Stuttgart scheiterte Walter dann allerdings an der hohen Erwartungshaltung innerhalb des Traditionsvereins. Trotz Rang drei zur Winterpause war für den Kraichgauer Schluss.

Das soll jedoch keineswegs bedeuten, dass die Arbeit Walters schlecht war. Sein offensiver Pressing-Ansatz könnte dem FC Augsburg gut zu Gesicht stehen. Da der FCA ligaweit zu den stärksten Teams in puncto Laufbereitschaft zählt, könnte die Zusammenarbeit funktionieren – wenngleich sie mit Risiken verbunden wäre. Walter, der in Stuttgart mit einer Viererkette samt offensiven Außenverteidigern agierte, müsste eine Balance zwischen Angriff und Verteidigung finden. Gelingt dies nicht, fliegt ihm sein offensives Konzept alsbald um die Ohren.

Tim Walter sagte einst in einem Interview mit der Welt, er würde selbst in Abstiegsangst nach vorne spielen: “Die Mannschaften, die weiter hinter in der Bundesliga stehen, spielen einen defensiven, zurückhaltenden Fußball, sie igeln sich hauptsächlich ein. Das wäre nicht meine Idee. Gerade dann würde ich offensiver rangehen.” Sein Ansatz sei es, “die Freude am Spiel zurückzubringen.”

“Ich bin ein offensiv-kreativ denkender Trainer”

Zudem müsste der Kader etwas angepasst werden. Schnelle Außenverteidiger wären zwar vorhanden, aber für Walters Spiel ist ein ballsischerer Mittelfeldspieler elementar. Walter sei “ein Fußballgestalter, kein Zerstörer”, wie er selbst betont. In Stuttgart nahm die zentrale Rolle in der Regel Daniel Didavi ein, in Augsburg fehlt ein derartiger Spieler im Kader – abgesehen von Leihspieler Benes. Nur mal so am Rande: Didavis Vertrag am Neckar läuft wohl im Sommer aus.

Alles in allem scheint Walter zum FC Augsburg passen zu können – jedoch nur, wenn der FCA langfristig mit dem als kantigen wie impulsiven Typen geltenden Fußballlehrer plant. Denn Walters Spielkonzept benötigt Zeit, um perfekt in sich greifen zu können. Gelingt dies, könnten die FCA-Fans viel Freude an ihrer Mannschaft haben: “Ich versuche, ein defensiv gut organisierter, offensiv-kreativ denkender Trainer zu sein.”

Walters Versprechen klingt schon einmal ordentlich. Eine Zusammenarbeit ab der neuen Saison ist hier definitiv klüger, als ein kurzfristiges Installieren in der aktuellen Situation. Mit Holstein Kiel stellte Walter dem FC Augsburg übrigens beinahe ein Bein. Im Pokalachtelfinale stand Anfang 2019 ein glückliches 1:0 für den FCA. (Foto via imago)

Steffen Baumgart

Eine ähnlich offensive Herangehensweise wählt Steffen Baumgart, aktuell Trainer beim SC Paderborn. Der 49-Jährige steht seit 2017 bei den Ostwestfalen unter Vertrag und führte den Klub erst zurück in die 2. Liga und dann ein Jahr später direkt in die 1. Bundesliga. Letztlich stieg der SCP mit deutlichem Abstand ab, überzeugte in seinen Spielen allerdings mit ansehnlichem Offensivdrang. Würde man Baumgart nun einen Kader an die Hand geben, der qualitativ besser ist als der von Paderborn, scheint also durchaus etwas möglich zu sein.

Inwiefern sich der 49-Jährige, der sich sehr wohl bei seinem Klub fühlt, jedoch neu orientieren möchte, ist fraglich. Ein Engagement in Augsburg käme ohnehin erst im Sommer infrage, da Baumgart diese Saison kaum wechseln würde. Mit dem SC Paderborn ist der gebürtige Rostocker derzeit Tabellenneunter. Der Aufstieg, übrigens nicht als Ziel ausgesprochen, scheint noch nicht gänzlich abgeschrieben.

Steffen Baumgart und Heiko Herrlich beim 0:0 im Mai 2020. Letztlich scheint Baumgart zu Höherem berufen als dem SC Paderborn. Ihn wird man langfristig gewiss wieder in der Bundesliga sehen – vielleicht ja beim FC Augsburg. (Foto via imago)

Frank Schmidt

Frank Schmidt leistet seit Jahren konstant gute Arbeit beim FC Heidenheim. Unter seiner Regie gelang dem FCH der Wandel vom Oberligateam zum ambitionierten Zweitligisten. Der gebürtige Heidenheimer steht seit 2007 an der Brenz unter Vertrag und kann gewissermaßen als Christian Streich der 2. Liga bezeichnet werden. Dem dienstältesten Coach des Unterhauses wurde schon oft der Schritt in die Beletage zugetraut, letztlich blieb Schmidt aber immer beim FC Heidenheim – wo er nun sein 500. Pflichtspiel an der Seitenlinie feierte.

Und vermutlich wird er das auch noch länger tun. Angebote von höherklassigeren Vereinen gab es bis dato einige, “aber ich fühle mich hier wertgeschätzt”, wie Schmidt einst in einem Interview mit der Zeit erklärte. Deshalb habe er seinen Vertrag auch bis 2023 verlängert. Außerdem habe der Klub “immer Ziele und ist nie zufrieden, was gut zu mir passt.” Ein Wechsel nach Augsburg scheint daher unwahrscheinlich, hätte jedoch gewiss seinen Reiz. Auch Schmidt überzeugt mit einer offensiv ausgerichteten Spielphilosophie, agiert in der Regel mit Viererkette und zwei Spitzen.

Eine Institution beim FC Heidenheim. Ein Abschied Frank Schmidts scheint undenkbar – auch wenn der 47-Jährige gewiss zum FC Augsburg passen würde. (Foto via imago)

Domenico Tedesco

Domenico Tedescos Aufstieg ins Profigeschäft verlief äußerst rasant. Nach Anfängen im Jugendbereich rettete der Deutsch-Italiener Erzegbirge Aue vor dem Abstieg. Nach einem halben Jahr bei den Veilchen zog es Tedesco dann zum FC Schalke, wo er Markus Weinzierl beerbte und in seiner ersten Saison Vizemeister wurde. Dann folgte in der nächsten Spielzeit der Absturz auf Rang 14 und Tedesco musste gehen. Seit Oktober 2019 trainiert er Spartak Moskau, mit denen er aktuell Tabellendritter ist.

Tedesco wird immer wieder mit einer Rückkehr in die Bundesliga in Verbindung gebracht. Dass er erfolgreichen Fußball spielen lassen kann, hat er bereits bewiesen. Die Vizemeisterschaft sollte man wohl nicht zu hoch hängen, die sportliche Misere gleichzeitig aber auch nicht zu kritisch sehen. Tedesco gilt als Taktik-Experte, der gerne auch mit einer offensiven Dreierkette spielt. Sein Vertrag in Moskau läuft Ende Mai aus. Im Sommer werden sich wohl einige Klubs mit dem immer noch erst 35-Jährigen beschäftigen – auch der FC Augsburg?

Domenico Tedesco im Jahr 2018 zusammen mit Stefan Reuter. Spielt der Jungtrainer in den Überlegungen des Managers eine Rolle? (Foto via imago)

Lucien Favre

Lucien Favre ist zweifellos der klangvollste Name in dieser Auflistung. Seit seiner Entlassung bei Borussia Dortmund ist der Schweizer vereinslos. Letztlich schaffte er es nicht, mit dem BVB um Titel mitzuspielen. Mit Favre spielst du zwar schönen Fußball, gewinnst aber keine Trophäen, lautet ein Vorwurf, mit dem sich der 63-Jährige immer wieder konfrontiert sieht. In Augsburg sollte der Druck nach Tafelsilber allerdings nicht allzu hoch sein.

Favre hat grundsätzlich bei all seinen Stationen überzeugt, egal ob bei Hertha, Gladbach, Zürich oder Nizza. Der Mann mit dem besten Punkteschnitt aller BVB-Trainer gilt als Perfektionist und Verfechter von attraktivem Offensivspiel inklusive barcaesker Passstaffeten. Es wäre höchst interessant, zu sehen, was Favre aus dem Potential des Augsburger Kaders machen könnte. Natürlich bräuchte es im Sommer zusätzlich spielstarke Verstärkungen. Ob Reuter einen derartigen Spitzentrainer an den Lech lotsen kann, scheint jedoch fraglich. Vor kurzem hatte Olympique Marseille Interesse an Favre. Der Schweizer sagte offenbar ab, da er keinen Verein mitten in der Saison übernehmen möchte.

Ist Lucien Favre als FCA-Coach denkbar? Kann der Schweizer mit einer spielerisch limitierteren Mannschaft umgehen? Es wäre höchst interessant, zu erfahren, wie Favre den FC Augsburg spielen lassen würde. (Foto via imago)

Über diese Trainer könnte man zumindest nachdenken

Des Weiteren gibt es freilich weitere interessante Trainerkandidaten. Immer wieder mit einer Rückkehr in die Bundesliga in Verbindung gebracht wird etwa Alexander Zorniger, den es nach seiner Entlassung aus Stuttgart nach Kopenhagen zu Bröndby IF zog. Dort wurde der Ex-Leipziger dänischer Pokalsieger. Zuletzt auf Schalke gehandelt wurde unter anderem Dimitrios Grammozis. Der ehemalige Darmstadt-Coach belegte mit den Lilien Rang Zwei in der Rückrundentabelle. Aufgrund unterschiedlicher Vorstellungen bezüglich der Vertragslaufzeit, wurde die Zusammenarbeit im Sommer beendet.

Ebenso spannend wären Peter Zeidler, der den FC St. Gallen vergangene Saison zur Vizemeisterschaft in der Schweiz geführt hat, Berns Meistertrainer Gerardo Seoane oder Daniel Farke, der mit Norwich City vor dem Aufstieg in die Premier League steht. Schwebt dem FCA eine interne Lösung vor, rücken auch Alexander Frankenberger (U19) und Josef Steinberger (U23) in den Fokus. Dass Reuter ein derartiges Experiment eingeht, scheint allerdings unwahrscheinlich.

Alexander Frankenberger (l) und Josef “Sepp” Steinberger sind aktuell in der zweiten Reihe des FC Augsburg aktiv. Beide machen einen ordentlichen Job, aber sind sie schon bereit für die 1. Liga? (Foto via imago)

Fazit

Der FC Augsburg sollte sich gut überlegen, wie die sportliche Zukunft aussehen soll. Da es für einen neuen Trainer immer angenehmer ist, zur neuen Saison zu übernehmen, scheint ein kurzfristiges und hektisches Agieren auf dem Trainermarkt die falsche Wahl. Bis dahin hat Heiko Herrlich die Chance verdient, positiv auf sich aufmerksam zu machen. Das Messen am tabellarischen Abschneiden sollte hier nicht das einzige Kriterium sein. Vielmehr muss die spielerische Entwicklung in den Vordergrund gerückt werden. Der FC Augsburg wird den Klassenerhalt vermutlich schaffen. Laufen die restlichen Spiele jedoch spielerisch so überschaubar wie aktuell, kann es ein “Weiter so” nicht geben.

Sollten nächste Saison wieder Fans in die Stadien gelassen werden, dürfte ein derartig mutloses Auftreten wie aktuell übrigens selbst von den eigentlich treuen Augsburger Fans mit Pfiffen quittiert werden. Eine Rückkehr zu mutigerem Offensivfußball scheint unabdingbar. Der Vorteil: Destruktiver als jetzt kann es eigentlich kaum noch werden. Wir sind gespannt, wer nächste Saison den FCA trainieren wird. Überrascht Herrrlich mit einer enormen Weiterentwicklung, ist auch eine Zusammenarbeit über den Sommer hinaus nicht ausgeschlossen. Aktuell sieht es allerdings so aus, dass sich die Wege (spätestens) nach der Saison trennen.

Vertragsverlängerungen: Reuter ist gefordert

Der 2:1-Sieg gegen Union Berlin hat dem FC Augsburg etwas Luft im Abstiegskampf verschafft, die auch durch die Niederlage in Dortmund – der Konkurrenz sei Dank – nicht verpuffte. Nach dem 18. Spieltag waren es sieben Zähler auf den Relegations- und angenehme zehn auf den ersten Abstiegsplatz. Kann der FCA seinen Punkteschnitt halten, wird es auch im Jahr 2022 Bundesligafußball in der Fuggerstadt zu sehen geben. Bleibt die Frage: mit welchem Personal? Demnächst laufen nämlich einige Spielerverträge aus. Im Sommer enden zwar nur drei Kontrakte, ein Jahr später aber satte neun. Die Verantwortlichen um Manager Stefan Reuter müssen also bereits nach dieser Saison überlegen, mit wem man in die Zukunft gehen möchte und bei wem die womöglich letzte Chance auf eine Ablösesumme genutzt werden soll. Mit welchen Spielern soll der FCA verlängern? Wir machen den Check.

Julian Schieber (Vertrag bis 2021, Marktwert: 500 Tsd. Euro)*

Dass Julian Schieber keine sportliche Zukunft beim FC Augsburg hat, ist mehr als offensichtlich. Eine echte Verstärkung war der Stürmer nie, so ehrlich muss man sein. Das rechtfertigt jedoch nicht den Umgang mit seiner Person. Im Sommer beorderte ihn der FC Augsburg zur U23, ließ seinen Spint räumen und vergab seine Nummer neu an Daniel Caligiuri: “Der Trainer hat mir knallhart gesagt, dass er nicht auf mich bauen wird und er – auch auf meinen Körper bezogen – nicht glaubt, dass ich konstant auf Bundesliga-Niveau spielen kann”, resümierte Schieber gegenüber dem Kicker.

Ob dieser Offenheit habe der Ex-Dortmunder “erst mal schlucken müssen” und emotional eine “Mischung aus Entsetzen, Enttäuschung und Wut” erlebt. Die wenigen Angebote, die er in der Folgezeit erhalten habe, hätten ihn “emotional nicht gepackt”, weswegen Schieber weiterhin auf Vereinssuche ist.

RoGaz-Prognose: Eine Verlängerung ist ausgeschlossen. Schieber wird kein Spiel mehr für den FCA machen und bei einem passenden Angebot auch schon im Winter wechseln. Nach wie vor reizt ihn das Abenteuer Asien. Ein Wechsel nach Thailand, von dem der 31-Jährige im Oktober sprach, kommt vorerst aber nicht mehr infrage. Das Transferfenster in der Thai League ist seit dem 10. Januar geschlossen.

Auf dem Rasen hat man Julian Schieber schon lange nicht mehr gesehen. Sein letztes Pflichtspiel für den FC Augsburg ist mehr als 14 Monate her. Insgesamt kam der Stürmer zwölf Mal für Rot-Grün-Weiß zum Einsatz (ein Tor). Es werden keine weiteren Spiele hinzukommen. (Foto via imago)

* Die Angaben zum Marktwerkt entsprechen den Schätzungen von transfermarkt.de, die Verträge enden stets zum 30. Juni.

Marek Suchy (Vertrag bis 2021, Marktwert: 1 Mio. Euro)

Von Marek Suchy haben sich wohl einige FCA-Fans mehr erhofft. Der frühere Kapitän der tschechischen Nationalmannschaft blieb in Augsburg vieles schuldig und konnte sich nicht nachhaltig für eine Vertragsverlängerung empfehlen. In seinen insgesamt nur zehn Einsätzen war der Innenverteidiger vielmehr Unsicherheitsfaktor als Stabilisator. In der kommenden Saison bekommt der 32-Jährige zudem Konkurrenz von Neuzugang Frederik Winther und Leihrückkehrer Kevin Danso.

RoGaz-Prognose: Ein weiteres Engagement in Augsburg käme mehr als überraschend. Suchy wird den FC Augsburg daher ablösefrei verlassen und womöglich in seine tschechische Heimat zurückkehren.

Keine wirkliche Verstärkung: Dass Marek Suchy seine besten Zeiten offenbar hinter sich hat, wurde leider nicht nur beim Spiel in Sinsheim deutlich. Dem Tschechen mangelt es an Spritzigkeit. (Foto via imago)

Rani Khedira (Vertrag bis 2021, Marktwert: 8 Mio. Euro)

Die Personalie Rani Khedira ist zweifelsohne die schwierigste in dieser Auflistung. Der Vertrag des Mittelfeldspielers endet in wenigen Monaten. Sportlich wäre ein Abgang des 27-Jährigen (mittlerweile) wohl verschmerzbar. Unter Heiko Herrlich ist der gebürtige Stuttgarter keineswegs mehr so gesetzt wie etwa unter Martin Schmidt, wo Khedira quasi unumstrittener Stammspieler war. Es wirkt so, als habe ihm Carlos Gruezo etwas den Rang abgelaufen.

Hätte Khedira noch länger Vertrag und gebe es dann ein lukratives Angebot, würde ihn der FCA also vermutlich verkaufen. Immerhin wird sein Marktwert auf acht Millionen Euro geschätzt. In Corona-Zeiten würde freilich weniger für ihn bezahlt werden, aber mit vier bis fünf Millionen Euro könnte der FCA durchaus rechnen.

Khedira konnte 2017 ablösefrei an den Lech gelotst werden – und hat seinen Marktwert seitdem von 750.000 Euro auf zwischenzeitliche 10,5 Millionen Euro gesteigert. Ein ablösefreier Abgang aus Augsburg wäre daher vor allem finanziell betrachtet sehr schmerzlich. Wohl auch deshalb wollte der FCA in der Vergangenheit mit dem zentralen Mittelfeldspieler verlängern.

Obendrein ist Khedira natürlich weiterhin ein absolut solider Bundesligaspieler, für den man im Falle eines Wechsels Ersatz bräuchte, was grundsätzlich für eine Verlängerung spricht. Weil die Gespräche zuletzt allerdings zum Ruhen gekommen sein sollen und Khedira jüngst selbst offen über einen Wechsel ins Ausland sprach, scheint es insgesamt aber seine letzte Saison für Rot-Grün-Weiß zu sein.

RoGaz-Prognose: Khedira verlängert nicht und wechselt im Sommer ablösefrei den Verein. Wie sein Bruder ist der Mittelfeldspieler großer Fan der Premier League. Möglich scheint eine Backup-Rolle bei einem Mittelklasse-Team wie dem von Ex-Coach Ralph Hasenhüttl trainierten FC Southampton, realistischer ein Engagement bei einem weniger ambitioniertem Klub wie etwa Norwich City. Die Canaries stehen vor dem Aufstieg und sollen bekanntlich ein Fable für deutsche Spieler haben.

Musste sich in dieser Saison des Öfteren in ungewohnter Rolle wiederfinden: Rani Khedira ist zwar jeden Spieltag eine Option für die Startelf, aber längst nicht mehr gesetzt. (Foto via imago)

Rafal Gikiewicz (Vertrag bis 2022, Marktwert: 1,5 Mio. Euro)

Mit Rafal Gikiewicz hat der FC Augsburg endlich das Problem auf der Torhüterposition gelöst. Der Pole ist absoluter Führungsspieler und scheut nicht davor, auch einmal ungemütlichere Töne anzustimmen – auf und nebem dem Platz. Weil zudem die sportliche Leistung stimmt (Gikiewicz wehrt ligaweit die zweitmeisten Schüsse ab), spricht eigentlich nur wenig gegen eine Vertragsverlängerung.

RoGaz-Prognonse: Gikiewicz ist bereits 33 Jahre – ein für einen Torwart gehobenes, aber nicht zwingend leistungsabfallendes Alter. Dennoch wird der FCA Gikiewiczs Entwicklung aufmerksam beobachten und daher wohl nicht voreilig mit seinem ältesten Spieler im Kader verlängern. Bringt der Keeper aber auch in der Folgesaison gute Leistungen, steht einer Verlängerung nichts mehr im Weg.

Der konstanteste Profi in dieser FCA-Saison: Rafal Gikiewicz war von Anfang an ein sicherer Rückhalt einer oft von Leistungsschwankungen gezeichneten Augsburger Mannschaft. Wie lange bleibt der Pole in Schwaben? (Foto via imago)

Jan Moravek (Vertrag bis 2022, Marktwert: 600 Tsd. Euro)

Es ist sehr schwierig, die Leistungen von Jan Moravek fair zu bewerten. Blickt man auf die reinen Fakten, so kam der Tscheche seit 2013 nicht mehr über 16 Einsätze pro Saison hinaus. Viele davon als Joker. In dieser Spielzeit steht die Null in der Statistik. Keine Frage, Moravek ist im Augsburger Kader nur Ergänzungsspieler – und dementsprechend verzichtbar.

Man kann nur spekulieren, welche Rolle der frühere Nationalspieler in Augsburg eingenommen hätte, wenn er denn einmal konstant verletzungsfrei geblieben wäre. Wir sind uns sicher, dass Moravek sein Leistungspotential nie richtig ausschöpfen konnte – dieses aber nun auch mit 31 Jahren nicht mehr ausschöpfen wird.

RoGaz-Prognose: Eine Verlängerung hat für den FC Augsburg keine große Priorität. Weil Angebote für einen verletzungsanfälligen Ü30-Spieler rar sind, deutet derzeit vieles daraufhin, dass Moravek seinen Vertrag erfüllt und den Verein 2022 ablösefrei verlässt. Denkbar auch, dass es den Tschechen zurück in seine Heimat zieht, eventuell zu Ex-Klub Bohemians Prag.

Auch in dieser Saison vielmehr Rekonvaleszent als ernstzunehmende Alternative für den Kader. Jan Moravek erholt sich derzeit von einer Muskelverletzung. (Foto via imago)

Tim Civeja (Vertrag bis 2022, Marktwert: 300 Tsd. Euro)

Zur Vertragslaufzeit Tim Civejas machte der FC Augsburg im Sommer keine Angabe. Bei der Beförderung zum Profi hieß es lediglich, der 19-Jährige erhalte einen “langfristigen Vertrag”. Nach Informationen von transfermarkt.de soll das Arbeitspapier des gebürtigen Dachauers bis 2022 gelten. Bis dahin will der zentrale Mittelfeldspieler, der in Bremen sein Debüt feiern durfte, weiter näher an die erste Mannschaft heranrücken.

RoGaz-Prognose: Der FC Augsburg ist sich dem Potential Civejas bewusst und wird vorzeitig dafür sorgen, dass der Mittelfeldspieler langfristig am Lech bleibt.

Vom eigenen Nachwuchs in die Bundesliga: Tim Civeja steht sinnbildlich für den Weg, den der FCA einschlagen möchte – und genießt daher wohl noch länger das Vertrauen der Verantwortlichen. (Foto via imago)

Felix Götze (Vertrag bis 2022, Marktwert: 725 Tsd. Euro)

Felix Götze konnte bislang nicht nachhaltig auf sich aufmerksam machen. Immer wieder warfen den zentralen Mittelfeldspieler, der auch als Verteidiger agieren kann, Verletzungen zurück. Seit seinem Wechsel 2018 kam der 22-Jährige neun Mal für die Profis des FCA zum Einsatz. Zuletzt sollte der Ex-Münchner eigentlich verliehen werden, doch eine Corona-Infektion verhinderte den nächsten Karriereschritt.

RoGaz-Prognose: Entscheidend wird sein, was Götze selbst willl. Der FC Ausgburg würde ihm bei einem Wechselwunsch gewiss keine Steine in den Weg legen. Tendenz: Abschied im Sommer.

Eines der wenigen Highlights für Felix Götze im Augsburger Dress: Der Bruder von Weltmeister Mario trifft im September 2018 zum 1:1-Ausgleich gegen den FC Bayern. (Foto via imago)

André Hahn (Vertrag bis 2022, Marktwert: 1,8 Mio. Euro)

André Hahn schien in dieser Saison seinen zweiten Frühling zu erleben. Der 30-Jährige spielte sich mit starken Leistungen in die Startelf, wurde im Dezember dann aber durch eine Covid-Erkrankung ausgebremst. Wieder fit, knüpfte der einfache Nationalspieler nun direkt an seine guten Auftritte an und war zuletzt gegen Union an beiden Treffern beteiligt, bevor er gegen den BVB selbst traf.

Hahn steht insgesamt wenig für Spektakel, dafür aber umso mehr für Kampfgeist und Laufbereitsschaft. Der mannschaftsdienliche Außenspieler mag kein unumstrittener Stammspieler sein, ist aber gegen jeden Gegner eine Option für die Anfangsformation. Gerade solche Spieler braucht man.

RoGaz-Prognose: Der FC Augsburg verlängert noch einmal mit Hahn, wenn ihn die Verantwortlichen von der Rolle als Bindeglied zwischen Startelf und Joker überzeugen können.

André Hahn gehört zu den lauffreudigsten Spielern im Augsburger Kader und spult Spieltag für Spieltag mit die meisten Kilometer ab. Ein Prunkstück, das sich der FCA erhalten sollte. (Foto via imago)

Michael Gregoritsch (Vertrag bis 2022, Marktwert: 4,5 Mio. Euro)

Michael Gregoritsch erlebte nach seinem Wechsel aus Hamburg eine brillante Premierensaison in Rot-Grün-Weiß. 13 Tore und vier Vorlagen sorgten prompt für das Prädikat Königstransfer. In der Folgezeit ließ der zweifelsohne über fußballerisches Talent verfügende Offensivmann seine Klasse aber nur noch selten aufblitzen, bis jetzt kamen nur noch neun weitere Treffer hinzu.

2019 hatte Reuter die Chance, Gregoritsch zu verkaufen. Weil der als harter Verhandlungspartner bekannte Manager aber wohl zu viel Ablösesumme forderte, kam es nicht zu einem Wechsel nach Bremen. Anschließend haben der mehr oder minder erzwungene Leih-Wechsel zum FC Schalke sowie seine dürftige aktuelle Saison (ein Tor, zwei Vorlagen) Gregoritschs Standing in Augsburg nicht gerade verbessert.

RoGaz-Prognose: Den Moment der höchsten Ablösesumme hat der FC Augsburg verpasst. Weil Gregoritschs sportlicher Mehrwert (um den Klinsmann-Sprech zu verwenden) mittlerweile überschaubar ist, spricht wenig gegen einen Wechsel im Sommer – sofern denn die Ablösesumme stimmt.

Die Momente des Jubelns sind seltener geworden. Michael Gregoritsch erzielte in dieser Saison nur einen Treffer und ist immer seltener ein Kandidat für die Startelf. (Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Maurice Malone (Vertrag bis 2022, Marktwert: 500 Tsd. Euro)

Derzeit ist Maurice Malone an Drittligist SV Wehen verliehen. Beim Zweitligaabsteiger sorgt der Stürmer dabei für ordentlich Furore und steuerte in 17 Spielen bereits acht Tore und sechs Vorlagen bei. Im Sommer kehrt der 20-Jährige wieder nach Ausgburg zurück und will sich in der Bundesliga beweisen. Ob eine gute Saison in Wiesbaden für die Beletage reicht, bleibt vorerst abzuwarten.

Das Vertrauen in das Eigengewächs (seit 2008 im Verein) ist definitiv gegeben. Nicht ausgeschlossen scheint eine weitere Leihe – vielleicht zu einem Bundesligaaufsteiger wie bei Sergio Cordova. Dann müsste der FCA Malones Vertrag aber verlängern, denn Spieler mit nur noch einem Jahr Restvertrag können nicht mehr verliehen werden.

RoGaz-Prognose: Die Sommervorbereitung sowie die generelle Situation im Augsburger Angriff werden darüber entscheiden, ob Malone Chancen auf Einsatzzeiten hat. Kommen die Verantwortlichen zu dem Entschluss, dass dies nicht der Fall ist, kommt es zur Vertragsverlängerung sowie einer Leihe zu einem mittelstarken Verein. Ein endgültiger Abschied aus Augsburg ist unwahrscheinlich.

Maurice Malone zeigt aktuell, dass er eine ernstzunehmende Option für die Zukunft sein kann. Der Linksfuß könnte der nächste Ausgburger Bundesligadebütant aus dem eigenen Nachwuchs sein. (Foto via imago)

Florian Niederlechner (Vertrag bis 2022, Marktwert: 10 Mio. Euro)

Florian Niederlechner wechselte im Sommer 2019 hauptsächich wegen zwei Gründen nach Ausgburg. Der Familienmensch wollte näher an seine oberbayerische Heimat heranrücken – und obendrein seine Einsatzzeiten in der Bundesliga erhöhen. Beides ist dem früheren Freiburger gelungen.

In Augsburg kommt Niederlechner regelmäßig zum Zug und ist gewissermaßen Stürmer Nummer Eins. Der gebürtige Ebersberger genießt auch in sportlich schlechteren Zeiten wie jüngst während seiner 997 Minuten andauernden Torflaute das Vertrauen und wird vom Team geschätzt. Aktuell gibt es wenige Gründe, die gegen eine Zusammearbeit über 2022 hinaus sprechen.

RoGaz-Prognose: Der FC Augsburg setzt auch in Zukunft die Dienste des Topstürmers der abgelaufenen Saison. Weil Niederlechner den FCA sehr schätzt, sollten die Verhandlungen nicht allzu schwierig werden.

Lang ersehnter Torschrei: Florian Niederlechner jubelt über das 1:0 gegen Union Berlin. Wie viele Treffer steuert der Angreifer in seiner Karriere noch für den FC Augsburg bei? (Foto via imago)

Alfred Finnbogason (Vertrag bis 2022, Marktwert: 2,5 Mio. Euro)

Alfred Finnbogason war vor seinem Engagement in Augsburg ein regelrechter Wandervogel. Der Isländer kickte bereits in Belgien, Schweden, den Niederlanden, Spanien und Griechenland. Seit Januar 2016 ist er in Augsburg zu Hause, wo auch seine beiden Kinder zur Welt kamen. In der Fuggerstadt fühlt sich der 31-Jährige pudelwohl, was etwa daran deutlich wird, dass er sich noch während der Weltmeisterschaft 2018 zum FCA bekannte.

Wie die Situation in einem Jahr aussieht, ist allerdings unklar. Finnbogason steht womöglich vor der letzten Möglichkeit auf einen großen Vertrag. Dass er diesen nicht längst schon unterschrieben hat, liegt paradoxerweise am gleichzeitig größten Vor- und Nachteil für den FC Augsburg: seiner Verletzungsanfälligkeit.

Denn wäre Finnbogason in der Vergangenheit längere Zeit verletzungsfrei geblieben, würde er jetzt wohl nicht mehr in Augsburg spielen. Der Isländer ist eigentlich ein Europa-League-Stürmer. Mindestens. Das ist aber nunmal nicht der Fall und somit ist Finnbogasons Wert für die Mannschaft in den letzten Monaten gesunken. Was also will der FC Augsburg? Ein letztes Mal eine Ablösesumme für den 31-Jährigen kassieren oder ihn weiter an den Verein binden? Finnbogasons Zukunft entscheidet sich wohl im Sommer.

RoGaz-Prognose: Eine Sturmspitze mit Niederlechner und Finnbogason kann sich eigentlich mehr als sehen lassen. In Anbetracht der Situation um Sergio Cordova und Maurice Malone könnte sich der FCA bei einem passenden Angebot aber wohl dennoch für einen Verkauf entscheiden. Wir finden allerdings, dass mit dem Publikumsliebling zwingend verlängert werden sollte, wenn sich die Chance dazu bietet und hoffen darauf, dass Finnbogason selbst in der Rückrunde Argumente für einen Verbleib liefert. Ausgang völlig offen.

Was hat Heiko Herrlich noch vor mit Alfred Finnbogason? Die Entscheidung über seine Zukunft hängt auch vom Wohlbefinden des Coaches ab. (Foto via imago)

Fazit

Stefan Reuter steht vor einem anstrengendem Transfer-Sommer. Aufgrund der Vielzahl an Spielern, deren Arbeitspapier im Jahr 2020 ausläuft, werden die Weichen für die Zukunft schon in wenigen Monaten gestellt. Im Einzelfall gilt es dann abzuwägen: letzte Chance auf einen Verkauf mit Ablösesumme oder langfristige Verängerung? Dass die Beantwortung dieser Frage elementar sein kann, zeigt derzeit das Beispiel Rani Khedira.

Die Wochen der Wahrheit

Beim Schreiben dieser Zeilen ist das Bundesligaspiel des FC Augsburg gegen den FC Bayern noch nicht einmal 24 Stunden alt. Beim Blick zurück auf die 0:1-Niederlage schwingt dabei nach wie vor das Gefühl mit, dass gegen den Triple-Sieger mehr drin gewesen wäre als die 15. Niederlage im 19. Bundesligaduell. Die von erschreckendem Angsthasen-Fußball geprägte erste Halbzeit darf und muss kritisiert werden, keine Frage. Gleichzeitig sollte der zweite Durchgang allerdings auch Mut machen. Mut, auch gegen stärkere Gegner bestehen zu können. Gegner, mit denen es der FC Augsburg in den kommenden Wochen zuhauf zu tun bekommt. In den nächsten fünf Spielen treffen die Schwaben ausnahmslos auf Teams aus der Top-6. So auch am Samstag (15.30 Uhr), wenn Union Berlin zu Gast am Lech ist.

Das Hinspiel in Berlin konnte der FCA positiv bestreiten. Ruben Vargas, Michael Gregoritsch und André Hahn sorgten für einen 3:1-Sieg an der Alten Försterei. (Photo by Maja Hitij/Getty Images)

Über den Gegner

Die Berliner sind zweifelsohne die Überraschungsmannschaft der Saison. Nach Abschluss der Hinrunde haben die Köpenicker stolze 28 Punkte auf dem Konto – einen weniger als Borussia Dortmund und neun mehr als der FC Augsburg. Vor der Saison wurden die Eisernen von vielen als Abstiegskandidat gehandelt, die Rede war vom viel zitierten “verflixten zweiten Bundesligajahr”.

Diesen kritischen Stimmen trotzt die Mannschaft von Urs Fischers allerdings Woche für Woche. Union hat gerade einmal drei Spiele verloren (unter anderem gegen den FCA) und bietet selbst Spitzenteams Paroli. Den Bayern konnte ein 1:1 abverlangt, gegen Leverkusen (1:0) und Dortmund (2:1) sogar gewonnen werden. Zudem blieb der FCU am Mittwoch in Leipzig das erste Mal in dieser Saison torlos – und das, obwohl Toptransfer Max Kruse immer noch verletzt ausfällt. Zum Vergleich: Der FC Augsburg brachte bereits in sechs Spielen keinen eigenen Treffer zusammen.

Die Eisernen durften in dieser Saison schon häufig jubeln. 28 Punkte bedeuten Tabellenplatz sechs. (Foto via imago)

Urs Fischer als Fußballlehrer – er macht seine Spieler besser

Der Vorjahreselfte stellt mit 32 Treffern die drittbeste Offensive der Liga, nur Dortmund (33) und Bayern (49) haben mehr. An dieser Zahl ist die enorme Weiterentwicklung des langjährigen Zweitligisten sehr gut abzulesen. In der vergangenen Saison erzielte die Fischer-Elf in der gesamten Saison gerade einmal 41 Treffer, also nur neun mehr als bisher. Der damalige Aufsteiger beschränkte sich in seinen Offensivaktionen auf lange Bälle und Standardsituation. Diese Elemente spielen auch heute noch eine entscheidende Rolle (die Ecken und Freistöße von Christopher Trimmel sind die gefährlichsten der Liga). Urs Fischer hat es allerdings geschafft, sein taktisches Repertoire zu erweitern. Union setzt mittlerweile auch auf spielerische Ansätze und variable Formationen. Das Spiel der Köpenicker ist unausrechenbarer als noch in der Vorsaison. Hinzu kommen ein aggressives Anlaufen (höchste Laufdistanz der Liga), ein körperbetontes, aber nicht unfaires Verteidigen sowie ein hervorragender Teamgeist.

All das wird gepaart mit einem Trainer, der es bei nahezu allen Spielern geschafft hat, sie auf ein neues Level zu bringen. Christopher Lenz oder Robert Andrich drohten in der 2. Bundesliga zu versumpfen – jetzt sind sie Bundesliga-Stammspieler. Gleiches gilt für die Ex-Augsburger Marvin Friedrich und Andreas Luthe, die nach düsteren Zeiten in der Fuggerstadt ebenfalls schon als abgeschrieben galten. Dass trotz der derzeitigen Erfolgswelle niemand an der Alten Försterei durchdreht und Fischer statt von Europa vom Klassenerhalt spricht, steht obendrein sinnbildlich für den positiven Weg, den der Verein eingeschlagen hat.

Konnten sich beide nicht in Augsburg etablieren: Andreas Luthe (r) machte 31 Spiele, Marvin Friedrich (2.v.l) kam sogar nur in der U23 zum Einsatz (26 Spiele). Bei Union sind beide unangefochtene Stammspieler. (Foto via imago)

Die Fakten zu #FCAFCU

Alupremiere: Gegen den FC Bayern traf der FC Augsburg in Person von Alfred Finnbogason das erste Mal in dieser Saison Pfosten oder Latte. Kein Team scheitert seltener am Aluminium. Spitzenreiter in dieser Kategorie ist der VfB Stuttgart (zehn).

Elfer-Bilanz: Alfred Finnbogason trat vor dem Bayern-Spiel zehn mal im Augsburger Trikot zu einem Elfmeter an – und war dabei stets erfolgreich. Gegen die Bayern scheiterte der Isländer erstmals. In seiner gesamten Karriere kommt er übrigens auf eine Quote von 28/31.

Kilometerfresser: Union Berlin stellt gleich drei Spieler der zehn laufstärksten Spieler der Bundesliga: Robin Knoche (187 Kilometer), Christopher Lenz (186) und Marvin Friedrich (185). Bielefelds Marcel Hartel spult die meisten Kilometer ab (205), bester Augsburger ist Daniel Caligiuri auf Rang 15 (180).

Passschwach: Der FC Augsburg trifft am Samstag mal wieder auf eine Mannschaft, die eine geringere Passquote vorzuweisen hat. Die 79,6 Prozent des FCA bedeuten ligaweit Rang 15, Union ist einen Platz dahinter mit 78,9 Prozent. Nur Köln (78,4) und Mainz (76,8) sind schlechter.

Zweikampfmoster: Daniel Caligiuri hat ligaweit die zweitmeisten Zweikämpfe für sich entschieden (239). Nur Stuttgarts Wataru Endo hat mehr (262), Dritter ist übrigens Ex-Augsburger Martin Hinteregger (228). Felix Uduokhai landet zusammen mit Unions Christopher Lenz auf einem starken zwölften Rang (187).

Daniel Caligiuri scheint trotz seiner 33 Jahre noch nicht müde zu sein. Man kann gar ncht oft genug betonen, wie wichtig dieser Transfer war. (Foto via imago)

Die letzten Begegnungen

19.09.2020: Union Berlin – FC Augsburg 1:3

25.01.2020: Union Berlin – FC Augsburg 2:0

24.08.2019: FC Augsburg – Union Berlin 1:1

12.03.2011: Union Berlin – FC Augsburg 0:0 (2. Liga)

22.10.2010: FC Augsburg – Union Berlin 2:1 (2. Liga)

Im Oktober 2010 egalisiert der FC Augsburg einen Benyamina-Treffer erst durch Uwe Möhrle, ehe Stephan Hain (Mitte) in der 93. Minute per Hinterkopf zum viel umjubelten 2:1 netzt. (Foto via imago)

Was macht eigentlich Caiuby?

Caiuby Francisco da Silva, der Lockenkopf aus Sao Paulo, sorgte in Augsburg immer wieder abseits des Rasens für Schlagzeilen: Party-Ärger, Schwarzfahrern, Verspätungen, verlängerter Urlaub. Die Liste der Verfehlungen ist lang und gipfelte 2019 in der Suspendierung des Publikumslieblings.

Nachdem der Brasilianer für ein halbes Jahr leihweise bei den Grasshoppers Zürich geparkt wurde, stand er im Sommer 2019 ohne Verein da – bis jetzt. Im Januar unterschrieb der 32-Jährige einen Vertrag bei Ex-Klub FC Ingolstadt, wo er bereits seit einigen Monaten mittrainieren durfte. Am Montag gegen 1860 München feierte der Stürmer sein Comeback für die Schanzer und wurde in der 80. Minute eingewechselt. Die Niederlage konnte allerdings auch Caiuby nicht verhindern. Dank eines gewissen Sascha Mölders besiegten die Löwen den FCI mit 1:0. Nach Abpfiff lagen sich die beiden Ex-Kollegen im Mittelkreis in den Armen. Drei Jahre hatten sie zusammen für den FCA gespielt.

(Bei Sascha Mölders ist übrigens gesichert, dass kein Friseur besucht wurde, obwohl die Haare wieder schön waren. Seine Frau hielt auf Instagram fest, wie der Sohn dem Vater mit dem Rasierer an den Pelz ging. Bestes Vorbild!)

Ein Hauch von Augsburg im Grünwalder Stadion. Caiuby und Sascha Mölders haben offenbar nach wie vor ein gutes Verhältnis. (Foto via imago)

Was sonst noch wichtig ist

Am 27. Januar jährt sich zum 76. Mal der Tag, an dem die Überlebenden im Konzentrationslager Auschwitz aus ihrer Gefangenschaft befreit wurden. Im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus unterstützt der FC Augsburg daher in diesem Jahr den “Erinnerungstag im deutschen Fußball“ von der Initiative „Nie wieder“.

Fokus des diesjährigen Erinnerungstages liegt dabei auf Menschen, die im Dritten Reich aufgrund ihres Geschlechts und ihrer sexuellen Orientierung verfolgt und ermordet wurden. “In der Homosexualität sind alle bösen Triebe der Judenseele vereint”, hieß es damals vonseiten der NSDAP.

Der FC Augsburg setzt daher “ein Zeichen gegen Diskriminierung, gegen das Vergessen der menschenverachtenden Gräueltaten der Nationalsozialisten und für eine weltoffene und tolerante Gesellschaft.”

Die Eckfahnen sowie Jeffrey Gouweleeuws Kapitänsbinde werden die Farben der Regenbogenfahne tragen, außerdem soll die WWK-Arena am Spieltag statt in grün in Regenbogenfarben leuchten. Auch wir lehnen jegliche Art der Diskriminierung ab, sind #ImmernochOriginal1907 und stellen eindringlich klar: Nie wieder!

Gerade in den Kommentaren der sozialen Medien scheint das nicht jedem zu gefallen. Wir freuen uns hier über die Klarheit unseres Clubs:

Doch äußerst verwundert mussten wir feststellen, wie sich manche „FCA-Fans“ in den Kommentaren äußern! Genau diese Kommentare zeigen uns aber, dass es wichtig ist, sich für diese Themen ohne Wenn und Aber einzusetzen! Wir zeigen klare Kante gegen Diskriminierung, Rassismus und Intoleranz und stehen entschieden für eine weltoffene Gesellschaft ein! Wem das nicht gefällt, ist bei Rot-Grün-Weiß an der falschen Adresse!

FC Augsburg in einem Instagram-Kommentar

Die vorraussichtliche Aufstellung

Im Hinspiel setzte Heiko Herrlich noch auf eine Viererkette und bekam die Eisernen damit gut in den Griff. Dennoch ist davon auszugehen, dass der Coach an der mittlerweile bewährten Dreierkette mit Reece Oxford, Jeffrey Gouweleeuw und Felix Uduokhai festhält. Tobias Strobl dürfte für Rani Khedira vor die Abwehrkette rücken.

In der Offensive muss der FCA auf den angeschlagenen Ruben Vargas verzichten, der, wie Herrlich betonte, aber nicht länger ausfallen sollte. Damit bleibt aller Voraussicht nach der lauf- und einsatzstarke André Hahn zusammen mit Marco Richter in der Startelf. Im Vergleich zum Mittwoch dürfte der FCA zudem wieder auf einen echten Stürmer setzen. Dass der FCA gegen die Berliner öfter in Ballbesitz sein wird, spricht in diesem Fall für den etwas spielstärkeren Alfred Finnbogason. Dann stünde Florian Niederlechner als Joker bereit.

Weitere Alternativen sind Noah Joel Sarenren Bazee und insbesondere der nach seiner Einwechslung stark aufspielende Fredrik Jensen. Michael Gregoritsch fehlte gegen die Münchner auf dem Spielberichtsbogen, dürfte aber wieder in den Kader zurückkehren. Raphael Framberger (Muskelfaserriss) ist noch keine Option.

Gikiewicz – Caligiuri, Oxford, Gouweleeuw, Uduokhai, Iago – Strobl, Gruezo – Hahn, Richter – Finnbogason

Dass Reece Oxford noch einmal mehrere Spiele in Folge für den FCA in der Startelf stehen wird, haben wohl nur wenige in Augsburg für möglich gehalten. Auch wir hatten den Engländer bereits abgeschrieben, müssen aber festhalten: Der Innenverteidiger macht derzeit einen guten Job! (Foto via imago)

Tipps

Andy: 2:0 – Ich lasse mir meinen Optimismus nicht nehmen. Union liegt uns und wir holen 3 Punkte. Gefeiert werden die Tore mit der Regenbogeneckfahne.

Irina: 1:1 – mehr als ein Punkt springt gegen starke Berliner nicht heraus.

Franzi: 2:1 – vor dem Hammerprogramm der nächsten Wochen müssen gegen den veremeintlich leichtesten Gegner unbedingt Punkte her. Die holen wir uns, weil genau das alle wissen, und dazu Giki gegen seinen alten Verein seine Bude verteidigen wird – als ginge es um Leben und Tod 🙂

Andi: 3:1 – Dieser Tipp ist maßgeblich mit dem Wunsch verbunden, die Mannschaft einmal offensiv nach vorne spielen zu sehen. Die Qualität zum Toreschießen ist ja eigentlich da. Dazu müsste Herrlich allerdings auch etwas risikofreudiger aufstellen. Dann wird der Mut auch belohnt.

“Unsere Defensive hat kein Bundesliganiveau”

Es waren drastische Worte, die Rafal Gikiewicz nach dem 1:4 gegen den VfB Stuttgart wählte. “Wir machen zu viele Fehler hinten. Ich bin froh, dass ich nur vier Gegentore bekommen habe”, konstatierte der Keeper nach der sechsten Saisonniederlage, um dann noch einmal in aller Deutlichkeit hinterher zu schieben: “Unsere defensive Leistung hat kein Bundesliganiveau.”

Dabei ist die Abwehrarbeit eigentlich Augsburgs Prunkstück in dieser Saison. Vor dem 15. Spieltag kassierten nur fünf Teams weniger Gegentreffer als der FCA. Das liegt einerseits daran, dass Trainer Heiko Herrlich enormen Wert auf defensive Kompaktheit legt und andererseits an einem starken Torwart, der ligaweit die zweitmeisten Schüsse abwehrt.

Gegen Stuttgart wählte Herrlich eine etwas angriffslustigere Taktik. Der FCA stand etwas höher und attackierte früher. Was in der Offensive für aussichtsreiche Abschlussgelegenheiten sorgte, ging jedoch zu Lasten der Sicherung des eigenen Tores. Das 2:0 fiel aus einem langen Ball von VfB-Innenverteidiger Kempf, nachdem der FCA weit aufgerückt war. Das ging viel zu einfach und hatte mit Bundesliganiveau in der Tat wenig zu tun. Aus Augsburger Sicht darf gehofft werden, dass Gikiewicz’ öffentlicher Rüffel die Mannschaft wachrüttelt und somit gegen Bremen (Samstag, 15.30 Uhr) ein anderes Gesicht gezeigt wird. Dass Abwehrchef Jeffrey Gouweleeuw wieder mit dabei ist, sollte für zusätzliche Stabilität sorgen. Dass der FCA mit den Werderanern nicht gerade auf die gefährlichste Offensive der Liga trifft, ebenso.

Der FCA kassierte gegen Stuttgart das erste Mal in dieser Saison vier Gegentore. Was Rafal Gikiewicz vom Auftreten seiner Vordermannschaft hielt, machte der Pole unverblümt klar. (Foto via imago)

Über den Gegner

Bremen hat nahezu das gleiche Torverhältnis wie der FC Augsburg. Beide Teams schossen magere 17 Tore, der SVW kassiert einen Treffer mehr. Dennoch trennen Augsburg und Bremen vier Punkte voneinander, was sich auch durch die etwas bessere Chancenverwertung der Schwaben begründet.

Die Hanseaten hecheln den eigenen Erwartungen aber nicht nur in puncto Offensive hinterher. Von den letzten zwölf Bundesligaspielen hat die Mannschaft von Florian Kohfeldt nur eines gewonnen (1:0 gegen Mainz durch ein Tor von Juniorenspieler Eren Dinkci in der 90. Minute). So langsam verdichten sich die Anzeichen, dass die vergangene Saison, in der sich der Traditionsverein erst in der Relegation retten konnte, eben nicht nur ein Ausrutscher war. Auch wenn das manch eine(r) in Bremen, wo man vor eineinhalb Jahren noch von Europa sprach, nicht wahrhaben will.

Emotionaler Coach an der Seitenlinie: Florian Kohfeldt ist seit November 2017 im Amt. Seitdem qualifizierte sich Werder fast für die Europa League, stieg allerdings auch fast ab. Die Rückendeckung im Klub ist auch jetzt da. (Foto via imago)

“Wir haben sehr, sehr schlecht Fußball gespielt”

Die Realität sieht bekanntlich anders aus. Drei Saisonsiege, Tabellenplatz 13. Dementsprechend wählte Kohfeldt vor zwei Wochen auch deutliche Worte und war nach der 0:2-Niederlage gegen Union Berlin sichtlich bedient: “Wir haben in allen Belangen eine sehr schlechte Leistung abgeliefert. Wir haben sehr, sehr schlecht Fußball gespielt. Mit dieser Leistung kann man kein Bundesligaspiel gewinnen. So wie heute geht es nicht.” Im nächsten Spiel zeigten seine Schützlinge dann allerdings eine Reaktion und sicherten sich ein verdientes 1:1 in Leverkusen.

Auch wenn die sympatischen Bremer gerne an ihren Vereinslegenden festhalten, dürfte so langsam aber sicher über Frank Baumann diskutiert werden. Als Manager ist er maßgeblich für die Kaderzusammenstellung verantwortlich und hat – so ehrlich muss man auch trotz Corona sein – zuletzt keinen guten Job gemacht. Das wurde beispielsweise an unüberlegten Leihdeals samt Kaufpflicht oder dem Verkauf Davy Klaassens (Ajax Amsterdam) deutlich. Natürlich hat der klamme SVW die kolportierten elf Millionen Euro Ablöse gerne genommen. Ein positionsgetreuer Ersatz wurde allerdings nicht verpflichtet.

In Bremen ist man sich der Wichtigkeit des Augsburg-Spiels bewusst. Während der Trainingswoche setzte Kohfeldt auf Geschlossenheit und will die Partie gegen den FCA als Chance sehen. Die Hanseaten haben am Samstag die Gelegenheit, sich etwas vom Abstiegskampf loszueisen – und den FCA gleichzeitg näher an ihn heran zu bringen. (Foto via imago)

Die Fakten zu #SVWFCA

Flankenblock: Kein Team stellt sich mehr Flanken erfolgreich in den Weg als der FC Augsburg (36). Neun Blocks davon gehen auf das Konto von Iago – ligaweit Platz zwei.

Harmlos: Nur Bielefeld und Köln (beide 8,7) geben weniger Schüsse pro Spiel ab als Augsburg (9,5) und Bremen (10,2).

Kopfballschwach: Der FCA ist die Mannschaft der Liga, die es bisher am wenigsten per Kopf versucht hat. Gerade einmal 16 Kopfbälle in Richtung Tor kamen in den bisherigen 15 Spielen zustande. Bremen ist 15. (29), Bayern und Gladbach Erster (43).

Sprints: Der FC Augsburg weist ligaweit die drittmeisten Sprints auf (3672), nur Bayern (3755) und Wolfsburg (3728) haben mehr. Bremen belegt in dieser Statistik den letzten Platz (3038). Der Kontrast zum FCA ist bemerkenswert, zumal es bei den intensiven Läufen ähnlich aussieht: Die Schwaben sind Vierter, Werder Vorletzter.

Torflaute: 1000 Mal probiert, 1000 Mal ist nichts passiert? Florian Niederlechner wartet seit sage und schreibe 929 Minuten auf ein Tor in der Bundesliga – schon jetzt die längste Durststrecke des Stürmers. Nun steht der Oberbayer in Bremen vor dem Erreichen der unrühmlichen Vierstelligkeit.

Trainerbilanz: In sechs Aufeinandertreffen mit Heiko Herrlich konnte Florian Kohfeldt nur einmal gewinnen. 2016 im Pokal gegen die von Herrlich trainierten Regensburger.

Nach 13 Treffern in der Vorsaison steht bisher noch die Null. Wann platzt bei Florian Niederlechner endlich der Torknoten? (Foto via imago)

Die letzten Begegnungen

01.02.2020: FC Augsburg – Werder Bremen 2:1

01.09.2019: Werder Bremen – FC Augsburg 3:2

10.02.2019: Werder Bremen – FC Augsburg 4:0

22.09.2018: FC Augsburg – Werder Bremen 2:3

17.03.2018: FC Augsburg – Werder Bremen 1:3

Ruben Vargas trifft zum 2:1-Endstand im letzten Duell gegen Bremen. Die jüngste Bilanz spricht dennoch klar für Werder, insgesamt hat jedoch der FCA die Nase vorn. Von bis dato 18 Bundesligaspielen konnten die Schwaben bei zwei Remis neun Siege einfahren. (Foto via imago)

Was macht eigentlich Matthias Ostrzolek?

Im Januar 2012 wechselte Matthias Ostrzolek vom VfL Bochum in die Fuggerstadt. Bis 2014 machte der Linksverteidiger 74 Spiele für Rot-Grün-Weiß (kein Tor, elf Vorlagen). Nach zweieinhalb starken Jahren in Augsburg wechselte der Deutsch-Pole zum Hamburger SV, wo seine Leistungskurve fortan nach unten gehen sollte. Nach drei Jahren und 89 Spielen für die Rothosen zog es Ostrzolek zu Hannover 96, mit denen der frühere U21-Nationalspieler in die 2. Liga absteigen sollte.

Im Sommer wurde sein auslaufender Vertrag am Maschsee dann nicht verlängert und Ostrzolek stand ohne Verein da – bis jetzt. Anfang Januar gab der FC Admira Wacker Mödling die Verpflichtung des 30-Jährigen bekannt. Beim von Damir Buric (früher Greuther Fürth) trainierten österreichischen Erstligisten unterschrieb Ostrzolek einen Vertrag bis 2022.

Spielte in seiner Augsburger-Zeit wie hier beim 1:0-Sieg gegen den FC Bayern durchaus eine wichtige Rolle. Matthias Ostrzolek war beim FCA Stammspieler. (Foto via imago)

An dieser Stelle wollen wir noch an einen weiteren Ex-Augsburger erinnern, der unter der Woche für bundesweite Schlagzeilen gesorgt hat. Gratulation zum Einzug ins Pokal-Achtelfinale, Ioannis Gelios!

Die voraussichtliche Aufstellung

Marco Richter fehlt aufgrund seiner mehr als überflüssigen gelb-roten Karten gesperrt. Jeffrey Gouweleeuw kehrt nach seiner fünften gelben Karte wieder in die Startelf zurück. Eine Dreierkette mit Reece Oxford scheint nicht ausgeschlossen, doch gegen die offensiv harmlosen Bremer könnte Herrlich auch wieder zur Viererkette zurückkehren. Ob in dieser Iago den Linksverteidiger gibt, ist mehr als fraglich. Der Brasilianer konnte nach seiner verletzungsbedingten Auswechslung gegen Stuttgart noch nicht wieder trainieren, sodass vermutlich Mads Pedersen zu seinen zweiten Startelfeinsatz kommen wird. Sein Pendant auf der rechten Seite gibt wohl Robert Gumny, da Raphael Framberger (Muskelfaserriss) noch nicht wieder einsatzbereit ist. Vieles deutet zudem daraufhin, dass sich der Coach für ein kompaktes Zentrum mit Rani Khedira, Carlos Gruezo und Tobias Strobl entscheidet. André Hahn, Michael Gregoritsch und Alfred Finnbogason sind Alternativen für den Angriff.

Gikiewicz – Gumny, Gouweleeuw, Uduokhai, Pedersen – Khedira, Gruezo – Caligiuri, Strobl, Vargas – Niederlechner

Rückkehr in die Startelf: Jeffrey Gouwelleuw wird gegen Bremen wieder ins Abwehrzentrum rücken – und damit hoffentlich für mehr Stabilität sorgen. (Foto via imago)

Tipps:

Andy: 0:3 – Bremen spielt keinen guten Fußball. Wir hatten gegen den VfB und auch Frankfurt spielerische Ansätze gezeigt. Ich höre nicht auf optimistisch zu sein und glaube, dass wir diesmal zu Toren kommen und damit an einen deutlichen Auswärtssieg. Von Stuttgart lernen, heißt auswärts siegen lernen.

Irina: 2:1 – wir verlieren auch gegen Bremen, aber nicht so deutlich wie gegen dem VfB.

Andi: 1:1 – In einem höhepunktarmen Spiel gibt es am Ende keinen Sieger. Werder spielt damit zum siebten Mal in dieser Saison 1:1 und der FC Augsburg kann den Abstand zu einem direkten Konkurrenten um den Klassenerhalt wahren. Es wäre Flo Niederlechner zu wünschen, dass er seine Torflaute endlich beendet.

Von Oberbayern nach Schwaben

In unserer Serie #ImmernochOriginal1907 erzählt heute Andi, wie er zum FCA gekommen ist. Allgemeine Infos zur Serie und Aktion gibt es hier. Vorher hatten schon IrinaStefanStephan, Sebastian, Franzi und Andy berichtet. Ihr habt auch eine Augsburger Fangeschichte zu erzählen? Dann meldet euch gerne bei uns und haltet die Serie am Leben (kontakt@rosenau-gazette.de). Viel Spaß beim Lesen und ein gutes und vor allem gesundes neues Jahr!

Seinen Verein kann man sich nicht aussuchen heißt es oft. Doch genau das habe ich getan. Ich habe großen Respekt für Menschen, die von Geburt an ein und demselben Klub ihre Treue schwören. Augsburg-Fan seit Tag eins. Das trifft auf mich jedoch nicht wirklich zu. Den FCA fand ich über Umwege.

Seit meiner Geburt Ende der Neunziger spielt der Fußball in meinem Leben eine omnipräsente Rolle. Schuld daran ist mein Vater. Ein fußballverrückter Kerl, der selbst im Kreißsaal die Bundesliga-Konferenz verfolgte und als Trainer der D-Junioren seines Heimatortes im Spiel um die bayerische Meisterschaft mal nur 2:0 gegen die Auswahl des FC Bayern verlor. Bis heute ist er als Coach aktiv und lebt den Fußball. Dabei ist er vielmehr Fan des Sports als von einer bestimmten Mannschaft. Er hat sehr große Sympathien für die brasilianische Nationalmannschaft – ist selbst in Spielen gegen Deutschland für die Selecao -, aber ansonsten keinen Verein, für den sein Herz schlägt. Über meinen Vater bin ich also zum Fußball gekommen, allerdings nicht zum FCA.

Gemeinsam im Sport1-Doppelpass: Mein Vater trägt einen Brasilien-, ich einen FCA-Pulli. (Foto: privat)

FC Augsburg? In meiner Heimat kein Thema

Ich bin im Süden Oberbayerns aufgewachsen. Dort gibt es fast ausschließlich Bayern-Fans, abgesehen von den wenigen verrückten Sechzgern. (In den letzten Jahren hat sich dieses Bild etwas verändert. Immer mehr FCA-Fans kommen mittlerweile aus meiner Region.) Mein erstes Trikot war von Bastian Schweinsteiger, das erste Spiel im Stadion in München. Bayern gegen Sporting Lissabon. Champions League. Mein Nachbar, glühender FCB-Fan mit Dauerkarte, hatte mich mitgenommen. Über die Jahre kamen noch ein paar Spiele und Fan-Accessoires hinzu und die Beziehung zum FC Bayern wurde größer. Ich war damals noch ein kleines Kind und es war sicherlich sehr angenehm, Anhänger eines Vereins zu sein, der jede Woche gewinnt.

Je mehr ich mich allerdings mit Fußball beschäftigte, desto kritischer wurde ich. Ich hinterfragte mein Fan-Sein und kam irgendwann zu dem Entschluss, dass es doch sehr langweilig ist, wenn es stets quasi nur um die Höhe des Sieges geht. Parallel zu diesem Prozess stiegen die Sympathien für den FC Augsburg, der damals noch in der 2. Liga spielte. Wohl auch weil der Verein – auch wenn das einige Schwaben nicht gerne lesen – aus Bayern kam. Ich verfolgte den FC Augsburg schließlich immer intensiver und war am Boden zerstört, als er in der Relegation am 1. FC Nürnberg scheiterte. Aber es sollte ja ein Jahr später klappen.

Wie mich eine Niederlage zum Fan machte

Als Rot-Grün-Weiß in die Bundesliga aufstieg, war ich 13 und bezeichnete mich immer noch als Bayern-Fan. Der kleine FCA nahm jedoch einen immer größeren Platz in meinem Herzen ein und zwei Jahre später durfte ich dann endlich das erste Mal ins Stadion. Freitagabend. Flutlicht. Schalke. Dieses Spiel hat mich endgültig gepackt. Mit welcher Leidenschaft sich Tobi Werner, Dani Baier & Co. in die Zweikämpfe warfen und dafür vom Publikum in der ausverkauften Arena gefeiert wurden, imponierte mir sehr. Das kannte ich vom FC Bayern nicht. Auch wenn der FCA nach einem Doppelpack von Klaas-Jan Huntelaar mit 1:2 verlor, ging ich mit einem Lächeln aus dem Stadion. Das will ich wieder erleben, dachte ich mir.

Jubel dreier FCA-Größen: Tobias Werner brachte Augsburg mit 1:0 in Führung, ehe Schalke die Partie noch drehte. (Foto via imago)

Vielfalt statt Einfalt – der FCA verbindet

Und so setzte ich mich immer häufiger in den Zug, um die zwei Stunden von meinem Heimatort in die Fuggerstadt zu fahren. Oft mit Freunden oder Familienangehörigen, manchmal aber auch alleine. Das machte mir nichts aus, denn einsam war ich bei Spielen des FCA nie. Ich war anfangs überrascht, wie schnell man mit anderen Fans ins Gespräch kommt, liebte es aber immer mehr, mit eigentlich fremden Menschen zu jubeln. Diese verbindende Funktion des Fußballs das erste Mal zu spüren, war beeindruckend. Aus Fremden wurden irgendwann Freunde. Ich lernte immer mehr Menschen kennen, mit denen ich später gemeinsam ins Stadion gehen sollte. Bis heute.

Wie der Fußball allgemein verbindet auch der FC Augsburg. “Und in das Stadion dieses Vereins dürfen keine Nazis rein. Denn hier drinnen gibt es nur Fußballfieber pur. So was Großes gibts nur bei unserm FCA.” Für mich ging es damals also vom Triple-Sieger zum Bundesliga-Underdog. Das mag für manche unverständlich klingen, war für mich jedoch eine der besten Entscheidungen meines Lebens. Auch wenn ich nicht mit allen Dingen rund um den Verein einverstanden bin, kann ich mir ein Leben ohne den FCA nicht mehr vorstellen.

Und so kamen im Laufe der Jahre etliche schöne FCA-Spiele hinzu. Am Tag des Ticketverkaufs für die Heimspiele in der Euro-League schwänzte ich die Schule, um an Karten zu gelangen. Ich hatte Fieber. FCA-Fieber. Leider war ich damals noch zu jung für die Auswärtsfahrten nach Bilbao, Alkmaar, Belgrad und Liverpool. Das hätte ich sehr gerne live im Block erlebt. Ohnehin sind es vor allem die Spiele in fremden Stadien, die mich begeistern. Je älter ich wurde, desto öfter verfolgte ich den FCA auch außerhalb Schwabens.

Zu Gast im Borussia-Park: Meiner Meinung nach eines der schönsten und stimmungsvollsten Stadien der Bundesliga. (Foto: privat)

Viele meiner Auswärtsfahrten endeten dabei ernüchternd. Nicht selten ging der FCA als Verlierer vom Platz: Pokalaus in Magdeburg, Last-Minute-Niederlagen in Mainz oder Dortmund, 5:1-Klatsche in Gladbach, 6:0-Packung in München. Nur um ein paar Beispiele zu nennen. Nichtsdestotrotz setzte ich mich immer wieder in Bus und Bahn, um den FCA zu unterstützen. Die enorm engagierten Jungs und Mädels von Fanfahrt.de begleiteten mich dabei regelmäßig. Gemeinsam mit anderen Augsburg-Fans durch die Bundesrepublik zu reisen, war und ist für mich das größte. Selbst die Berlin-Fahrt an einem nasskalten Dezember-Dienstag konnten die unermüdlichen Ray Hartung und Jens Schwarz zu einem Erfolg machen. Vielen Dank, dafür. Die schönste Auswärtsfahrt war gewiss der Sonderzug nach Dortmund. Jau, wurde da gefeiert.

Trotz Last-Minute-K.o. durch Paco Alcacer ein unglaublich schöner Tag. Das 4:3 im Dortmunder Westfalenstadion. (Foto: privat)

Zurück ins Stadion – die Sehnsucht wächst

Generell fehlt mir das Stadionerlebnis sehr. Das 1:1 gegen Freiburg war mein letztes Spiel, das ich vor Ort gesehen habe. Es war am 15. Februar. Auch wenn es eine eher maue, ereignisarme Bundesligapartie war und Tomas Koubek mal wieder schlecht bei einem Gegentor aussah, habe ich sehr schöne Erinnerungen an diesen Tag. Ich stand zusammen mit meinem Mitbewohner, dessen und meinem Bruder im M-Block und sorgte so dafür, dass sie den FCA hautnah erleben konnten. Es hat ihnen sehr gefallen und sie wollen wieder kommen. Mit meinem Bruder war ich zuvor schon öfter im Stadion. Auch er war in Kinderjahren Bayern-Fan, fand durch mich aber zum FC Augsburg. Seit etwa fünf Jahren schlägt sein Herz für Rot-Grün-Weiß. Er wird im Januar 16 Jahre alt, zu Weihnachten schenkte ich ihm eine Mitgliedschaft beim FC Augsburg. Ich bin stolz darauf, ihn auf den richtigen Pfad gebracht zu haben. Gemeinsam mit ihm dem FCA zu unterstützen, bedeutet mir sehr viel.

Vor etwa einem Jahr waren wir im Stadio Renato Dall’Ara in Bologna. Natürlich in FCA-Montur, was am Ende dann auch im Stadionkurier zu lesen war. (Fotos: privat)

Immer noch Original 1907

Ich habe den rasanten Aufstieg des FC Augsburg vom ambitionierten Zweitligisten bis hin zum etablierten Bundesligisten erlebt. Für die weniger ruhmreiche Vergangenheit in profifußballfernen Zeiten bin ich mit meinen 22 Jahren zu jung. Leider. Es muss bombastisch gewesen sein, im ausverkauften Rosenaustadion zu stehen. Für FCA-Fans, die den Klub schon damals unterstützten, habe ich übrigens größten Respekt. Ihr seid das Fundament dieses Vereins.

In den vergangenen Jahren ist der FCA sehr gewachsen. Mitgliedszahlen, finanzielle Möglichkeiten, Ausbau von Stadion, Geschäftsstelle und NLZ. Augsburg ist in der höchsten deutschen Spielklasse angekommen. Dennoch bedeutet es mir jedes Jahr enorm viel, wenn der Klassenerhalt endlich perfekt gemacht werden kann. Denn Augsburger Bundesligafußball ist nach wie vor nicht selbstverständlich. Trotz der positiven Entwicklung des Vereins. Das sollte man nicht vergessen.

Natürlich habe auch ich nichts dagegen, wenn der FCA sportlich auf der Erfolgswelle surft und der Blick vielmehr nach Europa als in den Tabellenkeller geht. Aber letztlich – und das ist doch das wunderschöne – bleiben wir alle auch nach den heftigsten Niederlagen, Patzern und Fehlentscheidungen der Chefetage Fan. Fan eines Vereins, der eine enorm integrative Funktion hat. Wir alle sind #ImmernochOriginal1907 – und werden es für immer bleiben. Nur der FCA!

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