Neues aus Europa

Es ist das erste und wahrscheinlich auch für lange Zeit einzige Mal, dass man mit dieser Überschrift zu einem großen Turnier einen Text beginnen kann. Trotz Corona hat die UEFA nicht darauf verzichtet, die Euro 2020 (was ein Wahnsinn, noch nicht einmal die Jahreszahl anzupassen) in vielen Städten über den Kontinent verteilt spielen zu lassen. Es ist Sommerpause, ich habe einen Hang die Nationalmannschaft besser zu finden, als ich sollte (eine typische Fußballfanangewohnheit) und schaue doch ab und an mir Spiele des Turniers an. Dabei kamen mir ein paar Gedanken, die ich gerne festhalten will.

Beste Wünsche für die eigenen Spieler

Drei Spieler, die für nächste Saison vertraglich momentan beim FCA gebunden sind, spielen bei diesem Turnier mit. Die größte Rolle für seine Mannschaft hat dabei wahrscheinlich Michael Gregoritsch. Nach Einwechslung und Treffer in Spiel 1 durfte er in Spiel 2 von Beginn an ran, bevor er in Spiel 3 von außen verfolgte, wie die österreichische Mannschaft ins Achtelfinale des Turniers einzog. Wie wäre es mit einem entscheidendem Treffer in einem K.O.-Spiel? Freddy Jensen und Ruben Vargas wurden beide in Spiel 2 eingewechselt, nachdem es in der ersten Partie nicht zum Debüt gelangt hatte. Ich bin dabei immer hin und her gerissen. Einerseits würde ich die Jungs am liebsten in Watte packen, damit sie sich bei der Nationalmannschaft nicht verletzen. Andererseits wünsche ich Ihnen nur die besten Erfolgsmomente und Erfahrungen.

Gregerl freut sich über seinen Treffer (auch wenn er gezwungen wurde ein Trikot zu tragen, dass überhaupt nicht zu Hose und Stutzen passt)(Foto: GEPA pictures/ Christian Walgram via Imago)

Gregerl ist zudem eine der spannendsten Personalien in diesem Sommer. Gregerls letzte Saison war eine große Enttäuschung. Herrlich und Gregerl passte nicht so richtig. Gregerl in Topform und mit Selbstvertrauen wäre ein Gewinn fürs Team. Einen ordentlichen Transfererlös würde er jetzt im Sommer wohl nicht einbringen. Evtl. würde er trotzdem gerne eine neue Perspektive bei einem anderen Club suchen. Markus Weinzierl kann auch mit Spielern, um die man sich aktiv kümmern mudd. Caiuby und Raul Bobadilla spielten teilweise übermenschlich. Wenn Weinzierl Gregerl mal nicht auf die rechte Spur zurückführen könnte?

Die Gesamtgemengelage

Dieses große Turnier fühlt sich trotz allem komisch an. Das liegt nun nicht nur an der Zuschauerbegrenzung in vielen Stadien. Das liegt auch daran, dass es keine öffentlichen Events und Public Viewing gibt. Martin Hinteregger hat das vor Turnierbeginn so ausgedrückt:

“Dass das ein großes Turnier ist, ist schwer vorstellbar, aber vielleicht kommt mit dem Anpfiff das Feeling, wenn zumindest ein paar Zuschauer im Stadion sind”

Martin Hinteregger

Auch bei mir lief das ähnlich. Als dann erstmal der Fernseher lief, war die EM-Stimmung dann schon etwas gefunden. Naja, zumindest dann wenn das Spiel denn regulär übertragen wurde. Ein Teil der Spiele ist ja bei Magenta TV gelandet. Und die Server hielten natürlich nicht. Es sollte irgendwo möglich sein, einen EM-Pass zu kaufen und alle Spiele sehen zu können. Mit diesen vielen Quellen verliert doch jeder den Überblick und der Spaß geht verloren. Mit diesen vielen Übertragungspartnern macht sich die UEFA das Produkt langfristig kaputt. Unverständlich, wo man doch eigentlich nur aufs Geld schaut.

Spieler als Helden

Wie mit den Spielern indes umgegangen wird, ist weiterhin überaus kritikwürdig. Während Christian Eriksen Herz still stand, hielten die Kameras der Zentralregie voll drauf und es waren die dänischen Spieler, die eine Sichtbarriere um ihren Mannschaftskameraden bildeten. Es waren auch die Mannschaftskameraden, die am schnellsten zur Stelle waren und Eriksen das Leben retteten.

Simon Kjaer, Thomas Delaney, Andreas Christensen und Jonas Wind bangen um das Leben ihres Teamkameraden Christian Eriksen und schaffen selbst Privatsphäre für diesen. Kurz danach musste es weitergehen, denn verbindliche Regelungen für solche Fälle gibt es weiterhin nicht (Foto: Ritzau/Scanpix Liselotte Sabroex via Imago)

Die UEFA hatte schon kurz darauf ein Ultimatum für diese Spieler: entweder spielt ihr heute zu Ende oder morgen um 12 Uhr mittags. Ernst jetzt? Aber ja. Und obwohl medizinische Zwischenfälle immer mal wieder vorkommen im Rahmen von Wettbewerbspartien gibt es keine Regelung wie dann verfahren wird. Kein “ab dieser Schwere brechen wir ab und nachgeholt wird nach mindestens X Tag (en) Pause und dem Angebot psychologischer Betreuung”. Derweil zum Beispiel mögliche Werbeaktivitäten von Spielern genau geregelt sind, gibt es für den Fall eines medizinischen Notfalls kein Protokoll (genau wie Spieler nach Kopfverletzungen weiterhin keinem Protokoll unterliegen und geschützt werden).

Spieler finden ihre Vorbildrolle

Spannend ist sehr wohl zu beobachten, wie manch Spieler seine Vorbildrolle findet. Christiano Ronaldo, der Colaflaschen zur Seite stellt und sagt: “Trinkt Wasser” (und wer Ronaldo sagt, sollte ich bitte auch die Folge 004 FRÜF zu den Vergewaltigungsvorwürfen gegen ihn anhören). Paul Pogba, der die Flasche Heineken entfernt. Auch hierfür wird es jetzt schleunigst eine Regelung geben, die den Spielern das verbietet. Manchmal ist man eben schnell im Regeln. Die UEFA sieht die Spieler noch lange nicht als Partner auf Augenhöhe. Obwohl es weiterhin die Spieler sind, die ihre Knochen hinhalten und die Arbeit auf dem Platz machen. Ohne Spieler keine Spiele. Man fragt sich, wie lange, sie das überhaupt noch mitmachen, dass ein Verband sich auf ihre Kosten die Taschen vollmacht und das Geld irgendwo in der Intransparenz versickert. Dass es noch keine Spielerberater gibt, die Spieler dagegen aufgebracht haben.

Und so kommt es nun, dass ich zwar die UEFA und ihre Haltung in vielen Dingen für schwierig halte, die fortschreitende Kommerzialisierung kritisiere und dennoch mit diesen Spielern fiebere. Mit den Kimmichs und Goretzkas, die es da gibt und die positiv vorangehen in dieser Welt. Mal schauen, wie lange ich das durchhalte und wie sich meine Laune entwickelt. Zumindest momentan bin ich zuversichtlich, dass ich am Mittwoch wieder mit Spannung dabei bin, wenn es gegen die Ungarn geht. Auch, weil man sich bei manchen Spielen etwas mehr wünscht, dass man gewinnt. Und, dass die Arena in München in Regenbogenfarben leuchtet.

Visionen

Dies ist der dritte und letzte Teil einer Beitragsreihe, über die Entwicklung des FCA abseits des Platzes und die Wünsche und Visionen, die der Autor hiermit aus persönlicher Sicht verbindet. Im ersten Teil wurde gezeigt, wie die organisierte Fanszene den Verein in 2020 überflügelte. Im zweiten Teil wurde die These aufgestellt, dass der FCA 2021 zum coolsten Club der Republik werden könnte. Im nun nachfolgenden Beitrag wird gezeigt, was ein Fußballclub aus dieser Stellung heraus bewirken könnte.

Der coolste Club der Republik. Und zwar nicht nur durch die rosaroten Gläser der Brille der FCA Fans selbst. Sondern als unisono Feststellung aller Fußballfans des Landes. Vorbild oder “Role Model” wie man heute so schön sagt. Aber nicht zum Selbstzweck, sondern immer mit der Vision etwas zu bewirken. Die Stadt und unsere Gesellschaft zu verbessern. Einen Beitrag zu leisten. Wenn wir dann wirklich am Gipfel sind, als coolster Club des Landes, dann geht es erst richtig los. Wer jetzt schon denk, was will der denn schon wieder, der sollte hier besser aufhören zu lesen. Jetzt kommen nämlich die Visionen. Dabei geht es um lose Ideen, die als Gedankenanstoß dienen sollen. Perfekt und vollkommen ausgegoren ist dabei noch nichts. Wenn sich ein paar fähige Leute an Konzepte setzen würden, dann könnte darauf vielleicht aufgebaut werden. Los geht’s.

Infrastruktur für Obdachlose

Gerade in diesen Zeiten ist es besonders hart für Obdachlose. Die Gesellschaft ist hauptsächlich mit der Corona-Pandemie beschäftigt, derweil der Wohnungsmarkt nicht besser geworden ist und sich die soziale Situation von vielen nur noch verschlimmert hat. Derweil steht auf dem Lechfeld ein Stadion, dessen Waschbecken und Toiletten schon lange nicht mehr genutzt wurden im Zuschauerbereich und es gibt doch viele windgeschützte und überdachte Bereiche, die mit Abstand genutzt werden könnten. Dazu hat es das Fanzelt und die Gaststätte, die man als Kantine verwenden könnte. Der coolste Club des Landes sollte sich für die Obdachlosen der Region etwas einfallen lassen. Programme à la “Kick Off für Menschen in Not” zusammen mit Beratungseinrichtungen und sozialer Betreuung, um diesen Menschen die Chance zu geben, sich eine Perspektive zu schaffen.

Platz ist da in der leeren Arena. Den könnte man doch auch sinnvoll nutzen. (Foto: PICTURE POINT / Roger Petzsche / Pool via Imago)

Achtsamer Umgang mit Ressourcen

Fußballclubs tragen ihren Teil zur Wegwerfgesellschaft bei. Wer wissen will, wie das ausschaut, muss nur nach einem Spieltag mal an der Arena vorbeifahren und den Wust der Einmalplastikbecher begutachten. Ätzend. Dazu kommt, dass es jedes Jahr neue Trikots gibt, neue Fanartikelkollektionen und es für den Verein scheinbar vorteilhaft ist, wenn immer mehr und mehr gekauft wird. Dabei werden gerade Textilien oft unter schwierigen Bedingungen produziert, die keine Rücksicht auf Menschen oder Umwelt nehmen. Hier gelte es als coolster Club des Landes auszubrechen. Warum jedes Jahr immer eine komplett neue Trikotkollektion? Immerhin wurde das dritte Trikot schon wiederverwendet. Ein neues Trikot pro Saison würde doch schon reichen. Dafür etwas besonderes und lokal produziert. Mit manomama gibt es in Augsburg schön länger ein Unternehmen, dass die Tradition der Textilstadt aufrecht erhält. Arbeitsplätze schafft. Da muss doch was möglich sein?

Den Fußball zurück in die Stadt bringen

Bolzplätze braucht die Welt. Orte, an denen sich Kinder und Jugendliche auspowern können. Diese Orte verschwinden immer mehr und weichen teuren Neubauwohnungen. Platz ist rar und steht sicher nicht für zusätzliche Flächen für Fußballplätze zur Verfügung, auch wenn immer dichter besiedelt wird. Ich wünsche mir vom coolsten Club der Welt eine Bolzplatzinitiative. Eine Zusammenarbeit der Stadt und Initiativen/Vereinen um in Augsburg und Umland mindestens 20 neue Orte zu schaffen, an denen Kids kicken können. Frei und ohne Mitglied in einem Verein zu sein.

So schön, wie diese Statue ist. Kinder auf einem Fußballfeld in der Stadt spielen zu sehen, wird sie nie in den Schatten stellen können. Auch weil es für Helmut Haller – wie für viele andere – so anfing. (Foto via Imago)

Fußball ist ein global verbindendes Element, gerade auch in Zeiten der EM. Er ist dabei allerdings nie neutral oder reiner Selbstzweck. Und schon lange kann es nicht mehr nur um “höher, schneller, weiter” gehen. Die UBT hat in letzter Zeit oft vorgemacht, wie es geht. Es wird Zeit für den FCA zu erkennen, dass in einer klaren Haltung und groß gedachten Aktionen eine riesige Chance liegt. Identifikationspotential für viele Menschen, die im Moment nur viele Marketingaktionen und die Bestandswahrung des Kommerzes sehen. Und dabei vom Verhalten der großen Fußballverbände abgeschreckt werden. Wenn der FCA mehr Verantwortung übernehmen würde, wären auch die Menschen wieder mehr für den Verein da. Nicht nur am Samstag.

Was ein Team!

Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen, heißt es in Forrest Gump. Ich würde ja eher behaupten, dass das Leben wie eine Tüte Colorado Gummibärchen ist. Und ich mag keine Lakritze.

Vor mehr als 5 Jahren fing dieses Abenteuer hier an und ich spendierte dem FC Augsburg einen Blog, weil ich es schändlich fand, dass ein Club der in der Europa League spielt, keinen regelmäßig aktiven Blogger hat. Weit weg war meine Aktivität von dem, was bei den großen Clubs (zum Beispiel miasanrot.de oder schwatzgelb.de) passiert. Vor jeder Saison habe ich mich wieder gefragt: Macht das noch Sinn? Soll ich weitermachen? Gerade wenn der FC Augsburg sich mal wieder entschlossen hatte, erst etwas zu manchen Themen zu kommunizieren, wenn es dingfest etwas zu verkünden gab (gar nicht) oder die Mannschaft lausigen Fußball spielte, galt es die Motivation fürs Schreiben zu suchen.

Zwischenzeitlich war ich dann mal nicht mehr ganz auf mich alleine gestellt. Die Unterstützung war dann aber doch nicht von Dauer. Das Gerüst nicht stabil und die Beitragsdichte schwankte erheblich, manchmal auch für eine Weile gegen null. Es war, wie es war.

Ein Dank ans Team

In sehr eigener Sache möchte ich mich daher heute bedanken. Bedanken bei dieser großartigen Crew, die sich hier mittlerweile eingefunden hat, um über den FCA und die Entwicklungen im Umfeld zu schreiben. Wir sind momentan zu sechst. Irina, Andi, Markus, Franzi und Birgit sind neben mir aktiv und schreiben die längsten und besten Texte zum FCA, die es frei im Web verfügbar gibt. Alle arbeiten ohne Bezahlung und nur aus Spaß an der Sache an diesem Projekt mit, dass mir immer noch eine Herzensangelegenheit ist. Wir alle schreiben neben Job, Familie und anderen Interessen in unseren Leben und ich bin sehr dankbar dafür, dass sich weitere Menschen für diese RoGaz begeistern können.

Wer ist die coolste Crew im ganzen Land? Die Kandidaten für Platz seht ihr auf dem Foto (Foto: Christian Kolbert/kolbert-press/Pool via Imago)

Darüber hinaus haben sich rund um Weihnachten viele Fans bereit erklärt, ihre Geschichte aufzuschreiben, warum sie “Immer noch Original 1907” sind. Gerade in Zeiten der Pandemie war dies eine sehr schöne Erfahrung, sich an den gemeinsamen Erinnerungen zu erfreuen.

Frauen, die Frauen repräsentieren

Der geneigten Leserin ist es vielleicht aufgefallen: Das Team des Blogs hat eine Frauenquote von 50%. Und während der FCA immer noch sucht, nach geeigneten Kandidatinnen für seine Entscheidungsgremien, hat sich dies bei uns ergeben, in dem Frauen mit Frauen netzwerken. Zeigt mir einen anderen Bundesliga-Blog, der das hinbekommen hat!

Und so stellt sich vor der neuen Saison gar nicht die Frage, ob es hier weiter geht. Das Fundament ist so solide, dass der Blog mittlerweile auch ohne mich überleben würde. Und es freut mich. Dies schafft auch die Möglichkeit, technisch zu verbessern oder das ein oder andere Randthema in Angriff zu nehmen. So haben wir die Möglichkeit einen Newsletter zu abonnieren, der einem immer freitags die Beiträge der Woche ins E-Mail-Postfach spült. Wir verzichten hier auf nervige Pop Ups und hoffen, dass ihr den Weg in der Seitenleiste findet, sollte das für euch interessant sein.

Leser und Leserinnen

Was uns dabei natürlich auch nicht verborgen blieb: es schauen immer mehr Menschen auf der Seite vorbei oder lesen uns bei OneFootball. Auch hierüber freuen wir uns, denn das ist Antrieb und Motivation. Es freut uns, wenn die Kollegen bei “Feuer und Flamme” über uns reden. Es freut uns, wenn wir von FCA-Fans in der Breite gelesen werden.

Insgesamt war so die letzte Saison die beste, die es für diesen Blog jemals gab. Unsere Wünsche fürs kommende Jahr: Wir würden gerne wieder vermehrt über guten Fußball schreiben. FCA, jetzt bist mal wieder Du dran.

Und darüber hinaus freuen wir uns über Feedback, Kommentare und Verbesserungsvorschläge als auch Themenwünsche. Wer Lust hat, selbst einen Beitrag oder mehrere zu schreiben, darf sich gerne melden (kontakt@rosenau-gazette.de). Fußball ist etwas, dass Menschen zusammenbringen soll. Wir wollen weiterhin unseren Teil dazu beitragen. Seid ihr dabei?

Der Markus und die Jugend

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Offensichtliche Erleichterung. Auch darüber, in der letzten Woche nicht wie der FC aus Köln in der Relegation zittern zu müssen. Nach einer sehr desillusionierenden Saison unter Heiko Herrlich Hoffnung zu haben, dass sich etwas verbessert. Etwas ist vor allem das Sportliche. Mit Markus Weinzierl ist der Trainer zurück, unter dem der FC Augsburg am konstantesten guten Fußball zeigen konnte. Weinzierl kennt das Augsburger Umfeld und die beteiligten Akteure. Aber auch unter Weinzierl war nicht alles Gold, was glänzte.

Unpopuläre Entscheidungen werden bleiben

Gerade im letzten Sommer haben wir auch darüber gesprochen, wie manche Entscheidungen in Bezug auf verdiente Spieler wie Daniel Baier, auch zu Kritik geführt hatten. Dies wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Beispielhaft möchte ich an eine der schlimmsten Personalentscheidungen aus der ersten Weinzierl-Amtszeit erinnern. Der Spieler, der heute nur noch als “die Wampe von Giesing” bekannt ist, hatte noch am letzten Spieltag gegen Gladbach getroffen und den FCA endgültig nach Europa befördert. In einer Zeit als der Titel “der Augsburger Neuer-Killer” keine Übertreibung war, fand sich in der Folgespielzeit noch nicht mal mehr ein Platz im Kader (!) für die Europa League. Das Ende der Zeit von Sascha Mölders beim FCA war eingeläutet und die Entscheidung hat mich damals ähnlich getroffen, wie die Vorgänge im letzten Sommer.

(Sascha: Es braucht farblich Motive, die man als Augsburg Fan auch tragen kann. Dein Umsatz würde sich schlagartig verbessern. Details können wir gerne bei einem Kaltgetränk diskutieren).

Was kann die Jugend mittlerweile

Der Umgang mit Sascha Mölders war umso verwunderlicher, weil Markus Weinzierl immer sehr gut mit erfahrenen Spielern konnte. Dies war grundsätzlich während seiner ersten Amtszeit nie ein Kritikpunkt. Der lag damals eher in der Integration von Jugendspielern aus dem eigenen Nachwuchs. Weinzierl hatte das damals – anders als seine Nachfolger später – am Entwicklungsstand der Jugendspieler festgemacht. Während Weinzierl noch feststellte, dass die Spieler (u.a. Raphael Framberger und Ioannis Gelios) mindestens 2-3 Schritte von der Bundesligamannschaft weg wären, während seine Nachfolger Dirk Schuster und Manuel Baum die gleichen Spieler recht schnell ins Bundesligawasser warfen.

Maurice Malone kommt mit viel Rückenwind von seiner Leihe zurück (Foto via Imago)

Ein Vorteil für Weinzierl wird sein, dass die Arbeit des Nachwuchsleistungszentrums in der Zwischenzeit weiter professionalisiert wurde. Der FC Augsburg ist auch nach Ansicht von Experten im Umfeld anderer Vereine auf dem Weg in der Region hinter dem FC Bayern die Nummer 2 im Jugendbereich zu werden. Spieler wie Kevin Danso spielen Stamm in der zweiten Liga. Jozo Stanic und Maurice Malone sammeln schon viel Erfahrung in der dritten Liga. Insgesamt lässt sich so schnell feststellen, dass der Nachwuchsbereich und die Jungprofis weiter sind, als noch während Weinzierls erster Amtszeit.

Es braucht die Überzeugung

Das gilt zumindest in der Breite. In der Spitze hatte der FC Augsburg schon unter Weinzierl Talente, die weit genug für die Bundesliga waren. Zu nennen ist hier zuallererst Erik Thommy. Thommy wurde einige Mal verliehen, um Spielpraxis zu sammeln und durfte dann in Augsburg in die Bundesligamannschaft reinschnuppern. Seine Perspektive sah er dann trotzdem nicht mehr hier sondern beim VfB Stuttgart. Seine Leistungen waren dann durchaus durch Formschwankungen geprägt, wobei Erik Thommy fit und in Form einer der aufregenderen Offensivspieler in der Liga ist.

Erik Thommy fehlte am Ende die Überzeugung an eine Entwicklung in Augsburg. Zuletzt gewann er mit dem VfB gegen seinen alten Verein (Foto via Imago)

Der fehlende Glaube an die Perspektive in Augsburg hat dabei aus meiner Sicht zwei Komponenten. Einerseits wurde mit Christoph Janker jemand installiert, der als Bindeglied zwischen Jugend- und Profibereich fungiert und den Kontakt auch zu Leihspielern hält. Hier hat man aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt. Andererseits braucht es dennoch einen Trainer, der hier die nötige Überzeugung und das Vertrauen vermittelt, die Geduld für Jugendspieler mitzubringen. Dies hat Weinzierl bisher nicht unter Beweis gestellt.

Episode oder langfristige Lösung?

Dies führt am Ende dazu, dass sich bei Markus Weinzierl die Frage stellt, ob er mit Blick auf die langfristige Vision des FC Augsburg der richtige Trainer ist. Klaus Hofmann hatte betont, wie wichtig es ihm ist, dass sich in der Zukunft eine Reihe von Augsburger Eigengewächsen in der Startelf des FCA wiederfindet. Der Nachwuchsbereich ist soweit auf einem guten Weg, um immer wieder Kandidaten hervorzubringen. Nun braucht es einen Trainer, der an die Jungs glaubt und ihnen bei diesem Schritt hilft.

Derweil es natürlich ein verdammtes Luxusproblem ist, sich hierüber vor der elften Saison in der Bundesliga Gedanken zu machen. Michael Ströll hatte unlängst kommuniziert, dass aus wirtschaftlichen Gründen kein Spieler verkauft werden müsse (und Felix Uduokhai somit bei einem Abgang mindestens 20 Mio. EUR kosten sollte). Dazu traut wohl das gesamte Umfeld Weinzierl zu, den FCA sportlich wieder hinzubekommen. Der Fußballromantiker in mir träumt nun davon, dass wir mit Markus Weinzierl unseren Christian Streich gefunden haben. Und da wird einer der entscheidenden Punkte bei der Integration der Jugendspieler liegen. Es bleibt zu hoffen, dass Markus an den richtigen Stellen während seiner freien Zeit hospitiert hat. Ich deute das Petkov-Debüt am letzten Spieltag zumindest schon mal so.

Welcher Spieler war 2020/21 am wertvollsten für den FC Augsburg?

Neues Jahr, neues Glück. Schon im letzten Jahr hatten wir an dieser Stelle geschrieben: “Die ungewöhnlichste Bundesligasaison der Geschichte ist passé und es ist Zeit, ein Fazit zu ziehen.” Dies gilt mal wieder. Wir starten an dieser Stelle mal wieder mit unseren Abstimmungen zum “Spieler der Saison”. Die ausgewählten Kategorien bleiben gleich, sodass wir den wertvollsten und meistverbesserten Spieler sowie den Newcomer der abgelaufenen Spielzeit küren wollen. Los geht es mit dem wertvollsten Spieler. Wichtig dabei ist, dass “wertvoll” nicht zwingend gleichzusetzen ist mit “bester”. Wir suchen den Spieler, der mit seiner Leistung auf seiner Position einen bedeutenden Anteil am Erfolg des FC Augsburg hatte. Infrage kommt jeder Profi, der in dieser Saison mindestens einmal für Rot-Grün-Weiß auf dem Platz stand. Nachfolgend – in alphabetischer Reihenfolge – die Spieler, die wir als Kandidaten identifiziert haben. Wir verneigen uns mit der Nominierung in dieser Kategorie vor:

Daniel Caliguiri

Irgendwie vergisst man den Saisonstart so schnell. Derweil hat der FCA am zweiten Spieltag gegen Dortmund gewonnen und ist für die eigenen Verhältnisse wirklich gut in die Spielzeit gestartet. Das konnte man in dieser frühen Phase der Saison vor allem an Daniel Caliguiri festmachen. Routiniert und mit positiver Ausstrahlung hat er direkt die Führung auf dem Platz übernommen und so zu vielen Punkten zu Saisonbeginn beigetragen. Gerade in der Rückrunde erwischte ihn dann ein Formloch. Mit seinem Elfmeter gegen die Bremer machte er den Deckel auf diese qualvolle Saison. Caliguiri fällt definitiv in die Kategorie wichtig.

Spitzname “Beton” – der hält auch Hochspannung bestens aus . Viel Liebe für die Saison von Rafal Gikiewicz (Foto via Imago)

Rafal Gikiewicz

Im Sommer von Union Berlin gekommen, löste “Beton” das Torwartproblem des FC Augsburg auf einen Schlag. Auf dieser Position herrschte nach dem Abgang von Marwin Hitz rege Betriebsamkeit. Damit ist es nun hoffentlich vorbei. Gikiewicz war in der abgelaufenen Saison Peak Performer. Objektiv. Dauergast in der Spieltagself der unterschiedlichen Medien, Torhüter in der WhoScored-Elf der Saison und mit mehr Saves als alle anderen Keeper in der Bundesliga. Die Leistung stimmte. Und wer eine Lektion über Mentalität und Fokus lernen will, der blickt “Beton” einmal im Spiel in die Augen. Der Autor hat sich zum ersten Mal in seinem Leben ein Torwarttrikot gekauft. Es ist Liebe!

André Hahn

Warum auch einfach, wenn es kompliziert geht? So und nicht anders ist wohl das Motto des André Hahn. Seine erste Zeit in Augsburg glich einem Wunder. Der Schritt nach Gladbach war nur konsequent. Zu gut die sportlichen Aussichten. Danach der Umweg über den HSV (warum, nur warum?) zurück nach Augsburg. Hahn wirkte “durch”. Der Tank schien “leer”. Sein Spiel erfordert Antrittsschnelligkeit. Es ist schnörkellos. Das war es nicht mehr. Vor der Saison habe ich Hahn schon abgeschrieben gehabt. Während der Saison habe ich meine Meinung korrigiert: Hahn ist eine geile Sau. Am Ende braucht es Tore, damit man nicht absteigt. 8 Tore und 5 Vorlagen sind der Topwert in der Augsburger Mannschaft in der abgelaufenen Saison gewesen. Und der Zuckerpass auf Florian Niederlechner im Spiel gegen die Bayern ein würdiger Abschluss einer sehr guten persönlichen Saison. Chapeau, André Hahn, Chapeau.

Das Herz geben wir direkt zurück. A lot of love für André Hahn. (Foto: Christian Kolbert/kolbert-press/Pool via Imago)

Rani Khedira

Auch Khedira fand sich letztes Jahr schon hier wieder. Er ging in die Saison mit auslaufendem Vertrag und hat sich in all seinen vier Jahren in Augsburg immer professionell verhalten und seinen Beitrag auf dem Platz gebracht. Diese Saison durfte er nicht immer ran. Wenn er ran durfte, dann hat er ruhig und besonnen seinen Job gemacht und sich immer reingehauen. Es ist ihm hoch anzurechnen, dass dies auch weiterhin galt, nachdem schon fest stand, dass er zu Union Berlin wechselt. Khediras Tor gegen den SV Werder ist vielleicht der wichtigste Treffer der Saison. Unter größtem Druck handlungsschnell zu agieren, der eigenen Mannschaft den Klassenerhalt zu bescheren und sich in größter Klasse zu verabschieden: Wir ziehen den Hut vor deiner Leistung in dieser Saison und den vier gemeinsamen Jahren in rot-grün-weiß, Rani Khedira. Du hast deine Spuren in unserem Geschichtsbuch hinterlassen.

Felix Uduokhai

Uduokhai landete schon im letzten Jahr hier. Zu groß ist sein sportliches Potential. Auch in Zeiten von Corona war es die absolut richtige Entscheidung im letzten Sommer die Kaufoption zu ziehen und Uduokhai fest an den FCA zu binden. Uduokhai war der beste Verteidiger des FCA in der abgelaufenen Saison. Ja, besser als Jeff Gouweleeuw, der wechselhafte Leistungen zeigte und mehr Patzer einstreute. Die sportliche Entwicklung lag im Bereich des möglichen. Sie ist trotzdem sehr schön. Dazu kommt, dass Uduokhai schon in seinen jungen Jahren Führungsverantwortung übernommen hat. Verwundet konnte man beobachten, dass er die Mannschaft in Abwesenheit von Jeff als Kapitän aufs Feld führen durfte. Gerade im Mannschaftsgefüge ist seine Bedeutung nicht mehr zu unterschätzen. Uduokhai war essentiell für den Klassenerhalt und durfte auf dieser Liste nicht fehlen.

Und los geht es mit der Abstimmung. Innerhalb der nächsten Woche könnt ihr euch entscheiden, wer der wichtigste Spieler der Saison war:

Wer war der wichtigste Spieler der Saison 2020/21?

  • Rafal Gikiewicz (88%, 70 Votes)
  • André Hahn (6%, 5 Votes)
  • Daniel Caliguiri (3%, 2 Votes)
  • Felix Uduokhai (3%, 2 Votes)
  • Rani Khedira (1%, 1 Votes)

Total Voters: 80

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Servus David

“Servus” is a very useful word in Augsburg. It can either mean “hello” or “goodbye”. And as we do not know if you – David Blitzer – have ever been to Augsburg or speak a bit of German this is my first advice for you: Coming or leaving, “servus” is mostly the right choice. So let’s start with a “Servus” to you now that we know that you are joining us in cheering on our beloved FC Augsburg.

Now some basic information about football in Germany (that you call soccer). You might be a nice guy overall, nevertheless we are quite sceptic concerning investors in our football clubs. The majority of our clubs is still owned by the associations and their members. FC Augsburg is an anomaly in that field as over 99 percent of the shares were sold over twenty years ago in order to avoid bankrupcy. In the meantime, nobody undertook serious efforts to get those shares back to the association owning the remaining 0.6 percent.

May our Captain explain the German rules to you? (Foto via Imago)

Still, according the statues of the German Football League, FC Augsburg is controlled by the members of the association owning the remaining 0.6 percent of shares. And in Augsburg we mostly believe that this is the right thing. I am not aware of how transparent this was to you when you signed the relevant contracts. We see it as an advantage to be a group of many striving for the same goals and values and are happy to have you on board.

And of course, we want our club to flourish.We are aware that in the Bundesliga, success is highly dependant on the economic circumstances of each club. The money that bought your shares with does not better the situation of FC Augsburg a bit until you decide to increase the capital of the club and make it possbile to invest even further in the infrastructure and the team. This year would be a great year to make a push for some short-term improvements. Due to the Covid situation some clubs will struggle in the Bundesliga. A recent study showed that about 1/3 of the clubs could be facing economic turmoil. Talent will be available cheaper during this summer transfer period and you would get more value for each of your precious bucks.

Not a lot of fun right now on the pitch. Wann join these guys watching? (Foto via Imago)

But be aware, even if you recognized that we are not playing the best football in the moment (and you might even have regretted putting your money in this club), we wouldn’t want your money and know-how at all costs. Our colours and their order (red-green-white) and the tradition and values of this club are not for sale. We would never change the name of our club or what it represents. You can join us in supporting our cause or leave us be.

And even when you meet some “Grantler” in the city of Augsburg, be assured that we can party like champions when we reach the European cup competition (even if this seems like a bit of a stretch right now). In case of a Bundesliga championship, which hopefully is closer now with you on board, we would also very much enjoy the festive headline “Flitzer Blitzer”. Klaus Hofmann will for sure explain what you gotta do when the time comes. Nobody would want to argue his competencies regarding over the top fan behaviour.

David, now is the time to stand together. Bring it! (Foto via Imago)

Well, David, we learnt that a big part of shares in the company owning our football club was sold to you. This club, FC Augsburg, is an important part of our lives. We have been at the brink of relegation quite a few times (better google the concept sooner rather than later). I tried not to lose my humour about the sale of the club and be open minded on who is joining us in our mission.

Klaus Hofmann introduced you as a partner. It is hard to form a partnership without knowing each other. I myself and many others would really appreciate if you would take the time to introduce yourself somehow and answer a few questions. You could always join the fans supporting the team before the important match against Bremen and paint a few banners with them. The guys would love to teach you a few songs as well. And perhaps you might enjoy not only being an investor but would like to become a friend. At least some of us believe in the best of football, bringing together people with the most diverse backgrounds and having a great time together. Call us romantic, when we would follow this club whereever it takes us (and hopefully not the second division). You coming?

Jungs, auf euch kommt es an

In diesen Tagen hat sich die Stimmung in Augsburg direkt gedreht. Heiko Herrlich wurde entlassen. Markus Weinzierl ist zurück. Sonnengebräunt, gut gelaunt und mit einigen präzisen Aussagen zu dem, was sich auf dem Platz ändern muss. Der FCA kann den Klassenerhalt immer noch aus eigener Kraft schaffen. Jetzt wird es Zeit, den Hebel umzulegen und wieder zu punkten.

Einige Dinge kann Markus Weinzierl zu diesem Zeitpunkt während der Saison allerdings nicht mehr beeinflussen. Neue Spieler gibt es keine. Auch die Struktur der Mannschaft und ihre Hierarchie wird er kurzfristig nicht komplett ändern können. Im Prinzip bedeutet das, dass – abseits des ein oder anderen personellen Wechsels – die Mannschaft, die im Köln-Spiel in der ersten Halbzeit wie Fallobst wirkte, es nun richten muss. Zumindest leise Zweifel und Sorgen bleiben dadurch doch.

Der Krater, der mal Verteidigung hieß

Die defensive Stabilität ist etwas, dass wir in Augsburg seit langem hochhalten. Grundsätzlich hinten gut stehen, um dann vorne gezielt zuzuschlagen. Das dann mal individuelle Fehler passieren, ist nur menschlich. Was es hierfür braucht, ist mannschaftlich geschlossenes Verhalten. Und das auch mal jemand das Heft des Handelns in die Hand nimmt.

Dabei blieb es allerdings ja nicht. Beim zweiten Gegentor wurde die Hereingabe von links nicht geblockt. Dann bekamen die Spieler am ersten Pfosten keinen Zugriff auf die Situation (und Jeff schaut in aller Gelassenheit zu). Der Ball hätte überhaupt nicht bei Florian Kainz landen sollen, wo dann Strobl nicht blocken und auch Framberger nicht mehr eingreifen kann. Beide waren deutlich zu weit weg vom Geschehen und reagierten zu langsam. Es ist eine dieser Situationen, in der man jeden Tritt gegen eine Sitzschale nachvollziehen kann.

Einflussmöglichkeiten eines Trainers

Und in diesen Situationen auf dem Feld, ist jeder Trainer machtlos. Das kann rein grundsätzlich kein Verhalten in einem Spiel sein, dass man von Bundesliga-Kickern erwartet. Und es gab quasi keine Unbeteiligten. Carlos Gruezo ließ vor dem 0:3 die Hereingabe in aller Seelenruhe zu, während in der Mitte Tobias Strobl erneut zu spät kam.

Eine weitere Hereingabe, die nicht verhindert wurde. Ein weiteres Gegentor. (Foto: Marcel Engelbrecht/firo Sportphoto/pool via Imago)

Tobias Strobl hat in seinen 42 Einsatzminuten keinen einzigen Zweikampf geführt. Bei Raphael Framberger waren es derer 5 und für Carlos Gruezo auch nur 12 bei deutlich längerer Spielzeit. Derweil andere Spieler zwar Zweikämpfe führten, aber verloren. Jeffrey Gouweleeuw derer 62%. Man könnte die Liste weiter fortführen. Genau 3 abgefangene Bälle und 7 klärende Aktionen sprechen doch im Gesamtbild eine sehr deutliche Sprache. Die Mannschaft ist schlicht in sich zusammengebrochen in dieser vermaledeiten Halbzeit.

Dieses Verhalten ist nichts, was ein Jugendtrainer oder Heiko Herrlich den Spielern vermittelt hätte. Das war einfach unterirdisch. Und wenn sich da in den Köpfen nichts tut, dann sieht es düster aus. Sehr düster.

Ich will Wiedergutmachung

Ja, die zweite Halbzeit war dann besser. Ja, 2 Tore haben wir noch geschossen. Aber es war dann ganz ehrlich auch kein Druck mehr da. Was willst Du in der Situation noch verlieren?

Ich fordere Wiedergutmachung während der letzten drei Spiele. Ich will von der Mannschaft die Basics sehen. Dass sie dem Druck standen halten und konzentriert auftreten kann. In die Zweikämpfe findet. Reaktionsschnell und aggressiv. Von Minute 1 bis zum Abpfiff. Und dann werden wir schon sehen, ob wir auf diesem Weg eher etwas holen. Ich sehe die Verantwortung hierfür allerdings nicht hauptsächlich beim Trainer.

Es gibt menschliche Grundtugenden wie Pünktlichkeit, respektvolles Verhalten und ein gewisses Set an Manieren, dass man grundsätzlich erwarten kann. Konzentration, ein gewisser Fokus auf den eigenen Aufgaben und gewisse Grundtugenden im Zweikampfverhalten wären defensiv das Äquivalent auf dem Platz. Fußballerisch fehlten diese in der ersten Halbzeit gegen Köln und kein Trainer und auch keine anderen Ausreden entschuldigen dies.

Über Motivation

Am Ende wird dann vielleicht doch wieder der Trainereffekt hervorgehoben werden. Manchmal fragt man sich schon, welche Motivation Menschen antreibt. Warum manchmal Menschen so wenig leistungsbereit ihrem Job nachgehen, wie die Mannschaft in der ersten Hälfte gegen Köln. Muss es immer der Trainer sein, der für Motivation sorgt? Wir sind doch nicht im Kindergarten.

Auf der ersten Ebene ist jeder einzelne für seine Leistungen verantwortlich, egal wie die Umstände aussehen. Liebe Mannschaft des FCA, welche Ausreden will jeder einzelne von euch anbringen? Wo war die Selbstverantwortung?

Auf einer zweiten Ebene kommt es dann auch auf die Gruppe in der Kabine an. Wer geht voran und treibt an? Wer ist eher ein Mitläufer? Für was hat es einen Kapitän und andere Führungsspieler? Wo waren die und wie haben sie sich verhalten? Jede(r) kann hier ihre eigenen Schlüsse ziehen.

Die Qualität des Kaders

Wie oft ich mittlerweile gelesen habe, dass mit diesem Kader mehr drin sein müsste. Dass die Qualität so hoch sei. Rein vom Talent und den individuellen Fähigkeiten her mag das auch stimmen. Aber das ist nun bei weitem nicht alles.

Wer in dieser Mannschaft schaut denn auch, dass es eine funktionierende Gruppe gibt? Sorgt dafür, dass neue Spieler integriert und junge Spieler verantwortlich eingebunden werden? Gerade deshalb hat man ja im Sommer auch erfahrene Kräfte dazu geholt. Was nun in der Kabine vorgeht, ist uns allen nicht bekannt.

Da können die Fußballschuhe noch so hübsch sein, wenn den Spielern grundsätzliche Qualitäten abgehen. (Foto: Peter Schatz / Pool via Imago)

Qualitäten eines Fußballers sind aber auch: die Drecksarbeit erledigen, einem Mitspieler zur Hilfe zu kommen, wachrütteln, abspielen, wenn ein anderer besser steht, die Kollegen in die Verantwortung nehmen und nicht nur auf sich selbst schauen. Nach der ersten Halbzeit gegen Köln, scheint es mir an Qualität in dieser Mannschaft zu mangeln. Ich lasse mich aber – entsprechend meiner vorherigen Ausführungen – gerne überzeugen, dass es sich hierbei um ein kurzfristiges Zerrbild handelt.

Jeder einzelne hat Verantwortung

Insgesamt richtet sich der Fokus nun natürlicherweise wieder auf den Trainer. Derweil jedem im Umfeld des FC Augsburg klar sein sollte, dass er/sie einen Teil der Verantwortung trägt. Gerade die Spieler, die auf dem Platz stehen. Das dieses Trikot in diesen Farben eine Verantwortung darstellt. Rot-grün-weiß ist zumindest für uns auf den Rängen nicht nur ein Label. Es wird nie nur eine Marke sein.

Eine weitere Darbietung wie die erste Hälfte gegen Köln wäre schlicht nicht akzeptabel. Mal ehrlich, es heißt ja auch nicht #Augsburgfälltauseinander sondern #Augsburghältzusammen. Gegen Stuttgart und in den weiteren restlichen Partien kommt es nun darauf an, dass die Elf auf dem Platz miteinander und füreinander Fußball spielen. Geschlossen und für das gemeinsame Ziel. Dafür kann sich ein jeder fragen, ob er diesem Ziel in letzter Zeit alles untergeordnet hat.

Über die Leere

Dieser Text erschien zuerst in der Kolumne „Einwurf aus der Rosenau Gazette“ bei presse-augsburg.de.

Ich gebe es zu: zu Anfang der Saison war ich selbst – mal wieder – naiv. Ich hätte nicht angenommen, dass die gesamte Saison quasi ohne Zuschauer stattfinden würde. Der FCA hat bisher gerade mal im Spiel gegen den BVB vor einigen eigenen Zuschauern gespielt. Seitdem blieb die wwk Arena auf den Rängen leer, wenn es wieder hieß: Anpfiff in der Bundesliga. So auch im Spiel gegen Köln

Nach dem Spiel gegen Hoffenheim bin ich in diesem Internet über eine These gestolpert, die mich zum erneuten Nachdenken gebracht hat. @Urbster hat auf Twitter festgehalten:

“Herrlich ist eigentlich nur noch Trainer, weil er vor leeren Rängen spielt. Die „Herrlich raus“-Rufe wären heute wieder laut gewesen.”

@Urbster auf Twitter

Irgendwie konnte ich mir zwar die “Herrlich raus”-Rufe vorstellen. Aber dennoch ist mir die Argumentationskette zu einfach.

Der Einfluss der Fans auf das Spiel

Die Argumentation von @Urbster setzt dabei nämlich voraus, dass die Partie mit Zuschauern im Stadion genau so verlaufen wäre, wie auch ohne. Und auch, dass die Situation des FC Augsburg jetzt ähnlich der wäre, die wir mit Zuschauern hätten. Und ich bin mir schlicht nicht sicher. Nehmen wir die Partie gegen Hoffenheim als Beispiel. Nehmen wir an, der Einfluss der Kulisse äußert sich erst im Spielverlauf. Wir kommen wie geschehen ins Spiel und gehen 2:0 in Führung. In der zweiten Halbzeit verliert die Mannschaft nun etwas den Faden. Es steht weiter 2:0 für uns und die Kurve wird nun einen Teufel tun und direkt anfangen zu murren. Aus der Augsburger Erfahrung könnte ich mir vorstellen, dass es nun gezielten positiven Support und Unterstützung gibt. Und wer weiß, vielleicht fängt sich die Mannschaft dadurch und es gibt überhaupt nichts zu meckern. Wir spielen die zweite Halbzeit etwas souveräner und Ruhe ist. Naja Ruhe nicht wirklich, eher fröhliche Feierei.

Leere auf den Rängen – welchen Unterschied macht es? (Foto: SvenSimon/POOL via Imago)

Nehmen wir vielleicht auch die Partie gegen Bayer 04 Leverkusen, als wir ganz spät den Ausgleich kassiert hatten. Man stelle sich vor, dass Stadion brodelte kurz vor Schluss und diese Stimmung setzte nur minimal mehr Energie im eigenen Team als beim Gegner frei. Vielleicht kassierte die Mannschaft das späte Gegentor überhaupt nicht mehr.

Eine Saison mit Zuschauern

Es scheint mir so weit entfernt. Und alles hätte, wenn und aber führt an dieser Stelle zu nichts. Mir fehlen auch die Daten, um meine These zu belegen. Aus dem Bauch heraus würde ich allerdings argumentieren, dass der Saisonverlauf von Zuschauern zumindest beeinflusst wäre. Ich kann mir schlecht vorstellen, dass Schalke 04 in einer vollen Arena auf Schalke so lange sieglos geblieben wäre. Die Kulisse kann dort schon beeindrucken und manch Gegner hätte sich beeindrucken lassen. Gerade bei engem Spielverlauf hätte das Publikum sicher grundsätzlich in der ein oder anderen Situation Einfluss nehmen können.

Zusätzliche Werbeflächen haben die Zuschauer ersetzt. Wann dürfen wir wieder ein Stadion füllen? (Foto: Eduard Martin/Jan Huebner/Pool via Imago)

Und diese Auswirkungen hätte es auch beim FCA wohl gegeben. Was nun Kritik am Trainer und eigenen Team angeht, kann ich wieder nur von mir ausgehen. Ich reagiere dann kritisch auf die Leistung auf dem Feld, wenn ich merke, dass der Einsatz nicht stimmt oder die Mannschaft sich aufgibt. Das war vor Herrlich schon schlimmer und zuletzt nicht mehr so oft der Fall. Dazu ist Kritik angebracht, wenn die Ergebnisse ausblieben. Aber auch das war bis zuletzt nicht der Fall. Es gab lange keinen dringlichen Grund nach dem Aus des Trainers zu rufen.

Wie wir die Spiele wahrnehmen

Neben all dem hat sich auch verändert, wie wir die Spiele wahrnehmen. Diese Anspannung der letzten Minuten bei eigener Führung ist im Stadion einzigartig. Das Abfallen der Anspannung mit dem Schlusspfiff und das Umarmen der umstehenden Personen: auch ohne Corona im eigenen Wohnzimmer eher selten. Derweil man anstatt zu singen, sich eher mit Details beschäftigt. Warum bekommt die Mannschaft den Ball schon wieder nicht sauber geklärt? Was soll denn der verdammte Fehlpass nun schon wieder?

Es wird danach auch nicht mehr mit der Mannschaft gefeiert und im Weg nach Hause in der Tram über das Spiel debattiert. Die soziale Normierung der eigenen Ansprüche findet nicht mehr statt wie vorher. Und so sind diese Ansprüche vielleicht grundsätzlich etwas höher als zuvor. Ausgeblendet ist dabei auch, dass die Spielerfahrung auch immer noch fürs Team eine andere ist. Komische Zeiten für alle, auch für das Team auf dem Rasen, dem die ritualisierten Anfeuerungen fehlen?

Die Bundesliga als Trostpflaster

Geimpft werden will ich. Das auf die Wissenschaft gehört würde, wäre notwendig. Aber zumindest wird Woche um Woche – komme was wolle – Bundesligafußball gespielt. Es wäre naiv zu vermuten, dass die Situation für die Mannschaften nicht psychisch belastend ist. Dass die Kulisse in den Stadien fehlt ist dabei nur ein Aspekt. Vielmehr ist der sportliche Wert dieser Saison doch nicht vollständig vergleichbar mit den Vorjahren.

Umso wichtiger ist es mir, dass wir den Klassenerhalt in dieser Situation nun sichern. Und bei allen Schwierigkeiten gibt es ein Mindestmaß an Leistung, dass man als Fan erwarten darf. Mit Sicherheit kann ich feststellen, dass ich während und nach der ersten Halbzeit gegen Köln gepfiffen und gebuht und vielleicht auch die Entlassung des Trainers gefordert hätte. Das Mindestmaß war kurzfristig unterschritten und die Kehrtwende folgt hoffentlich direkt.

Sollten wir jemals absteigen, dann will ich den Umstand im Stadion beweinen dürfen. Kaum etwas ist im Moment, wie es noch vor 14 Monaten war. Ich freue mich tierisch auf den Moment, auch unflätiges im Stadion wieder rauslassen zu dürfen. Mensch, selbst Heiko Herrlich würde wahrscheinlich auf die These, dass “Herrlich raus” gerufen würde, nur müde lächeln.

Es rappelt im Netz und keiner springt von seinem Sitz im Stadion hoch. Es schmerzt. (Foto: Sascha Meiser/APF/Pool via Imago)

Denn in meiner Augsburger Selbstwahrnehmung habe ich das Ego zu behaupten, dass wir der Mannschaft in mancher Situation von der Tribüne aus schon einen Kick hätten geben können. Und die Lage eventuell eine andere wäre. Darum, dass Heiko Herrlich dieses Stadion nie voll erlebt hat als Trainer, beneide ich ihn in jedem Fall nicht. Wäre, wenn und aber. So lange wir dieses Jahr die Klasse halten, passt das zumindest für mich. Denn es schmerzt auch jede sensationelle Leistung sehr, die keiner von uns live zu sehen bekommt. Und so machen wir aus der Situation momentan einfach das bestmögliche nun eben mit Markus Weinzierl. Mit schwierigen Situationen kurz vor Saisonende haben wir gelernt umzugehen. Denn wir sind Augsburger und die anderen immer noch nicht.

Raus aus dem Schlamassel

DFB-Pokal-Pause und dann noch 3 Spiele in der Bundesliga, bevor die Saison 2020/21 zu Ende ist. Und am Ende könnte es dann doch davon abhängen, wie wir uns gegen Bayern München am letzten Spieltag anstellen, ob wir noch ein 11. Jahr in der Bundesliga dranhängen können. Wer dem FC Augsburg schon länger die Treue hält, hat leider auch Abende wie gestern schon früher erlebt. Fan-Traumata. Auswärts in Gladbach zum Beispiel, als Koubek ein Slapstick-Patzer unterlief, der zumindest mir nicht mehr aus dem Kopf geht. Und des auch viele Gegentore hagelte. Ähnlich hat sich gestern die erste Halbzeit gegen Köln angefühlt mit ihren drei Gegentoren. Desolat. Ernüchternd.

Ohne Worte (Foto: Eduard Martin/Jan Huebner/Pool via Imago)

Nun war es schon vorher so, dass die sportliche Entwicklung unter Heiko Herrlich Anlass zu Sorge geboten hat. Es war schlicht zu wenig, was die Mannschaft spielerisch in den meisten Spielen auf dem Platz als Kollektiv abliefern konnte. Weniger, als Punkte bisher auf dem Tableau stehen. Präsident Klaus Hofmann hatte schon die erste Halbzeit gegen Arminia Bielefeld als “grausam” bezeichnet und geäußert: “Zumindest mal drei Pässe hintereinander zum eigenen Mann zu bringen, wäre schon mal ein Anfang.” Auch Stefan Reuter hatte “zu viel Krampf” und “spielerisch zu wenig” gesehen. “Wir werden weiter daran arbeiten, wir werden alles versuchen, dass sich das verbessert” hatte Heiko Herrlich noch vor der Partie gegen Eintracht Frankfurt angekündigt. Nun gegen Köln in der ersten Hälfte kam es zum Offenbarungseid.

Ein “weiter so” kann es nicht geben

Nachdem viele Fans schon sehr lange Heiko Herrlich kritisieren, hatte er lange vom Management breite Unterstützung erhalten. Stefan Reuter äußerte noch Mitte Februar: “Ich bin überzeugt davon, dass wir nicht nur die Saison zusammen beenden, sondern dass Heiko Herrlich wegen seiner Qualitäten als Trainer und als Mensch sehr langfristig beim FC Augsburg tätig sein wird”. Die Kritik seitens Klaus Hofmann, Stefan Reuter und Michael Ströll war die erste öffentliche, leise Infragestellung von Heiko Herrlich gewesen. Die Mannschaft quittierte daraufhin in der ersten Halbzeit gegen Köln den Dienst und lieferte ihren Trainer aus. Anstatt mit einer Trotzreaktion das Thema Abstieg final zu den Akten zu legen, verweigerten manche Spieler schlicht die Arbeit.

Natürlich fällt das auch wieder auf den Trainer und sein Team zurück. Allerdings darf sich das Management schon die Frage gefallen lassen, ob die konzertierte Kritikäußerung das richtige Signal zur richtigen Zeit war oder die Situation kurzfristig verschlimmert hat. Am Ende sind es die Spieler, die auf dem Rasen Leistung bringen müssen und auf die sich jeder Trainer verlassen können muss. Wie man es auch wendet: Der Club ist in dieser Situation nun zum Handeln gezwungen. Man muss ganz klar Angst haben, dass die Mannschaft in der derzeitigen Konstellation keine weiteren Punkte mehr einfährt und es nach sehr guter Ausgangssituation noch schafft, abzusteigen.

Heiko Herrlich bei seinem letzten Einsatz für den FCA? (Foto: Peter Schatz / Pool via Imago)

Klassischer Reflex: Trainerwechsel

Die einfachste Lösung wäre es an dieser Stelle – mal wieder – den Trainer, in dieser Saison Heiko Herrlich, zu feuern und schon für die letzten drei Spiele einen neuen Verantwortlichen zu präsentieren. Dieser hätte nun auch knapp zwei Wochen zur Verfügung bevor er gegen den VfB Stuttgart antreten müsste. Da kommt die DFB-Pokal-Pause vielleicht gerade zum richtigen Zeitpunkt.

Wenn man diesen Weg nun einschlägt, dann stellt sich nun die Frage, welche Art von Trainer man für wie lange verpflichtet. Ich bin hier sehr deutlich für die Verpflichtung eines ausgewiesenen Feuerwehrmanns nur für die letzten 3 Spiele. Dies hätte zum einen den Vorteil, dass hier jemand ausgewählt werden könnte, der genau diese Situation kurz vor Saisonende ganz genau kennt und jetzt helfen kann. Zum anderen war vielleicht die ein oder andere Trainerverpflichtung in der Vergangenheit etwas vorschnell. Für die neue Saison würde ich gerne sehen, dass der Verein einen Kriterienkatalog erarbeitet und die Trainerkandidaten auf Herz und Nieren prüft. Bisher ist Stefan Reuter ein Manager, dem man im Bereich der Trainerauswahl schlicht nicht gut bewerten kann. Schuster, Schmidt, Herrlich. Einzig Manuel Baum war in gewisser Art ein Lichtblick.

Konsequenzen für die Mannschaft

Dennoch muss die erste Hälfte der Partie gegen Köln auch Konsequenzen für die Spieler und die Mannschaft haben. Auch hier darf es nicht einfach weitergehen, als ob nichts gewesen wäre. Als Profi hast Du einen Job, den Du erledigen musst. Die erste Hälfte war eine Schande für die Farben rot-grün-weiß. Aus meiner Sicht muss das Management über Konsequenzen für den ein oder anderen Spieler oder die gesamte Mannschaft nachdenken. Auch hier muss es zu einem deutlichen Zeichen kommen, damit den Spielern klar wird, welche Verantwortung sie auf dem Platz tragen.

Ich hatte Heiko Herrlich immer zu Gute gehalten, dass er diese krassen Abstürze, die es unter Martin Schmidt manchmal in der zweiten Hälfte gab, abgestellt hatte. Da war wieder einer. Und es ist aus meiner Sicht ganz klar, dass wir dies nun nicht wieder einreißen lassen. In dieser Situation schlicht nur den Trainer auszuwechseln und die Mannschaft gewissermaßen von der Angel zu lassen, ginge gar nicht.

Das war nix (Foto: Christian Kolbert/kolbert-press/Pool via Imago)

Die Außenseiter-Möglichkeit

Manchmal würde ich mir ja wünschen, dass der FC Augsburg mit den bestehenden Mechanismen in der Branche brechen würde. Wenn man nun Heiko Herrlich so schätzt, wie man es vor zwei Monaten noch deutlich kund getan hat, dann könnte man ihm jetzt auch erneut den Rücken stärken und rein über abgestimmte Disziplinarmaßnahmen im Mannschaftskreis versuchen, das Schiff wieder auf Kurs zu bekommen. Dann wäre aber auch klar, dass man mit Herrlich im Sommer weitermacht, komme was wolle. Und wer kann sich das im Moment noch vorstellen?

Insgesamt ist es damit so, dass wohl kurzfristig Heiko Herrlich ersetzt wird und man hofft, mit einem kleinen Schub den Klassenerhalt zu sichern. Das Schlamassel haben wir trotzdem. Die Mannschaft ist in einer Verfassung, in der sie mit den schlechtesten der Liga kaum über 90 Minuten mithalten kann. Der Kader braucht einen Schnitt im Sommer. Sowohl für Kader als auch für die Trainerauswahl ist in Hauptperson Stefan Reuter in der Verantwortung. Der steht nach dieser Entwicklung jetzt doch wieder mit dem Rücken zur Wand. Und offenkundig stellt man sich die Frage, wie es so weit kommen konnte. Warum man an Heiko Herrlich so lange festgehalten hat.

Die Hoffnung ruht auf dem Team

In dieser Phase der Saison und für die letzten vier Wochen kann es trotzdem nichts anderes geben, als gemeinsam zu schauen, dass wir diese Saison schadlos überstehen und den Scherbenhaufen im Sommer aufgeräumt bekommen. Zusammen und geschlossen. Gerade die Gruppe auf dem Platz trägt dabei die Verantwortung, sich ordentlich zu präsentieren und ihren Job zu machen. Alles hängt davon ab, was auf dem Rasen passiert. Wir können Euch diesmal leider nicht im Stadion helfen. In den nächsten Wochen wird sich zeigen, ob Ihr wirklich WIRKLICH verstanden habt, um was es hier geht. Jungs, bei aller Liebe, setzt euch an einen Tisch, schlagt euch auf dem Trainingsplatz die Köpfe ein oder was auch immer. Aber bei der Statue von Helmut Haller (und gerade vor der Ulrich-Biesinger-Tribüne will ich so einen Scheiß nicht nochmal sehen) lasst uns verdammt noch mal nicht hängen!

Investorenclub FC Augsburg 1907

Unter der Woche platzte die Bombe. Unkontrolliert. Und was die Augsburger Allgemeine als auch der kicker unterschlagen haben: es war die Legio Augusta, denen aufgefallen war, dass sich im Handelsregister bei der Hofmann Investoren GmbH, etwas geändert hatte.

Die Hofmann Investoren GmbH ist die Gesellschaft mit der Klaus Hofmann und andere Investoren (wie es sogar der Name schon sagt) die Anteile an der FC Augsburg 1907 GmbH & Co. KGaA von Walther Seinsch übernommen hatten. Die Hofmann Investoren GmbH gehören mehr als 99% der Aktien am Profibereich des FC Augsburg bis hinunter zur U17. Schon im Februar 2020 wurde laut Handelsregister eine Kapitalerhöhung bei der Hofmann Investoren GmbH vorgenommen. Diese diente wohl in der Vorbereitung dazu, nun den Anteilsverkauf vornehmen zu können, zu der schließlich durch Eintragung im Handelsregister im Februar 2021 evident wurde.

Schon vor einiger Zeit konnte sich Klaus Hofmann über einen ganz besonderen Deal für seine Investorengesellschaft freuen. Den Mitgliedern des Vereins, von denen er gewählt wurde, hatte er nichts mitzuteilen. (Foto: Christian Kolbert/kolbert-press/Pool via Imago)

Die Bolt Football Holdings (Germany), L.P. (im Nachfolgenden: “Bolt”) übernahm 45% der Anteile an der Hofmann Investoren GmbH. Hinter Bolt steckt David Blitzer, ein schwerreicher US Amerikaner, der schon in mehrere Sportunternehmen investierte. Detlef Dinsel und Marcus Höfl verkauften ihre Anteile im Rahmen der Transaktion im Gesamten, Thilo Sautter und Michael Reuss gaben einen Teil ihrer Anteile ab. Klaus Hofmann selbst behielt seine Anteile wie gehabt.

Spekulationsgewinne

Und während es Klaus Hofmann im Interview mit der Augsburger Allgemeinen als üblich bezeichnete, dass Anteile nach 6 Jahren weiter verkauft werden, stellt sich doch die Frage, zu welchen Konditionen dies geschah. Zudem müssen die beiden ausscheidenden Anteilseigner schon früher ihren Willen zum Verkauf geäußert haben. Es ist davon auszugehen, dass die Transaktion monatelang vorbereitet wurde. Eine Kernfrage in diesem Zusammenhang ist aus meiner Sicht: Wie viel haben Dinsel und Höfl damals für die Anteile bezahlt und wie viel haben sie nun im Rahmen des Verkaufs für ihre Anteile bekommen? Wie sieht es bei den anderen Anteilseignern aus? Gerade weil es zu den Leistungen der Investoren – inwiefern hier Know-How und Vitamin B zum Tragen kamen ist fraglich ohne die nötige Transparenz – keine Informationen gibt. Als Fan und Mitglied dieses Vereins finde ich es doch eine sehr interessante Frage, ob sich einzelne Personen an der Entwicklung des FCA bereichert haben. Und Vorsicht: in der Presse ist teilweise von einem Preis i.H.v. 5,5 Mio. EUR die Rede, die Blitzer bezahlt haben soll. Dabei handelt es sich schlicht um den Nennwert der Anteile. Wie viel Blitzer bezahlt hat ist bisher nicht öffentlich geworden. Es wird allerdings ein vielfaches des Nennwerts gewesen sein.

Wortklauberei

Klaus Hofmann hat sich im Interview mit der Augsburger Allgemeinen dagegen verwehrt, dass David Blitzer als “Investor” bezeichnet wird. Schauen wir uns doch mal kurz an, was David Blitzer getan hat: Er hat mit Geld Anteile an der Hofmann Investoren GmbH gekauft. Klaus Hofmann hat ihn als Minderheitsgesellschafter bezeichnet. David Blitzer hält nun mehr Anteile als jeder andere Investor an der Hofmann Investoren GmbH. Er hält mehr Anteile als Klaus Hofmann selbst. Es ist Wortklauberei, wenn Klaus Hofmann sich bei einem Anteilseigner an der Hofmann Investoren GmH am Begriff Investor stört. Diesen schlicht als “Minderheitsgesellschafter” zu bezeichnen, trifft den Sachverhalt noch weniger in der Wortwahl. Neuerdings wird von Seiten des FC Augsburg auch der Begriff “Partner” verwendet. Ein Investor bleibt ein Investor, egal wie man es drehen und wenden mag.

Identifikation

Welche Verbindung hat David Blitzer zum FC Augsburg? War er schon mal da und hat sich ein Spiel angeschaut als dies noch möglich war? Verfolgt er die Bundesliga? Genau so intensiv wie die belgische Liga oder Crystal Palace, wo er auch investiert ist? Welche Beweggründe wird der Investor verfolgen, wenn es um Entscheidungen betreffend den FCA geht? Eventuell wird er – auf Grund seines großartigen Vermögens und seiner Liebe zum Sport generell – nicht zum schnellen Gewinn optieren. Er wird allerdings in keinem Fall die Identifikation mitbringen, die wir Fans und Mitglieder haben. Für uns ist der FCA die Nummer 1. Bei David Blitzer ist die Liste lang. Die Identifikation auf der Investorenebene abseits von Klaus Hofmann selbst scheint grundsätzlich ein Problem zu sein. Anscheinend kam es zu dem Investorenwechsel erst dadurch, dass sich die genannten zwei Mitinvestoren von ihren Anteilen trennen wollten.

Finanzielle Stabilität

Know-How soll der neue Investor mitbringen. Im ersten Artikel der Augsburger Allgemeinen ist von Finanzstärke die Rede, die der Investor mitbringt. Derweil finanziell beim FCA nichts ankommt. Laut Hofmann gab es seit 2014 keine Kapitalerhöhung bei der FC Augsburg 1907 GmbH & Co. KGaA mehr und es ist trotz Corona und den ersten Verlusten seit Jahren auch nichts geplant. Das ist auch nicht weiter verwunderlich. So verkauft ja nicht der FC Augsburg 1907 e.V. Anteile. Der hat ja schon kaum welche mehr. Von Anteilsverkäufen profitieren wie oben beschrieben wenn dann nur noch die verkaufenden Investoren. Wer nun zusätzlich einmal in die Meldungen zum Höfl-Engagement zurückblickt, der entdeckt auch dort schon all die Thesen zu Netzwerk, Marketing, etc. Wie viel ist davon beim FCA angekommen? Gerade jetzt wo der Investorenwechsel in einem Atemzug mit den ausgebliebenen Einnahmen in der laufenden Saison gemeinsam kommuniziert wurde, wird hier durch den gewählten Narrativ ein etwas schiefes Bild geschaffen. Mehr finanzielle Mittel beim FCA wären schön, sind allerdings nicht in Sicht. Und inwiefern David Blitzer wirklich sein Netzwerk und seine Kontakte einbringen wird, werden wir hoffentlich alle noch sehen oder eben auch nicht.

Sonnenkönig Klaus Hofmann

Dietmar Hopp, Martin Kind, Klaus Hofmann. Selbst wenn Hofmann nach dem Einstieg von David Blitzer nicht mehr das größte Anteilspaket am FC Augsburg hält, so hat er doch im Exklusivinterview mit der Augsburger Allgemeinen direkt klar gemacht, dass weiterhin alle Entscheidungen schlussendlich von ihm getroffen werden. Er verbleibt einziger Geschäftsführer der Hofmann Investoren GmbH. Die Entscheidungsstrukturen beim FC Augsburg verbleiben wie bisher. Hofmann regiert über allen. Diesmal indem er indirekt Anteile am FC Augsburg an einen amerikanischen Investor verkauft, der bisher keine erkennbare Beziehung zum FC Augsburg hatte. Den schlicht er seit 20 Jahren kennt. Nichts neues beim FC Augsburg, kann man an dieser Stelle feststellen. Der Verein ist seit dem ursprünglichen Verkauf der Anteile an Walther Seinsch monarchisch geprägt und folgt vielen Mustern, die das Fußballgeschäft mittlerweile aufweist.

Timing

Und jetzt kommen wir zu einem Punkt, der dies nun alles noch etwas unangenehmer macht. Klar, die Bezeichnung “Sonnenkönig” ist wertend. Gemeint ist ein Alleinherrscher, der andere nicht in seine Entscheidungen mit einbezieht. Mit anderen sind vor allem die Mitglieder des FC Augsburg 1907 e.V. gemeint, die Klaus Hofmann vertritt. Diese haben wie alle anderen durch die Meldung der Legio Augusta vom Anteilsverkauf bei der Hofmann Investoren GmbH erfahren. Und genau an dieser Stelle sieht man, wie diese beide Rollen des Klaus Hofmann (des Investors und des Präsidenten) nicht zusammenpassen.

Hofmann, Ströll und Co. Die Entscheidungsstrukturen beim FCA bleiben wie gehabt. Mehr Transparenz und eine klare institutionelle Verankerung von 50+1 auch über den Aufsichtsrat der KGaA fehlt weiterhin. (Foto: Christian Kolbert/kolbert-press/Pool via Imago)

Hofmann mag das Präsidentenamt ehrenamtlich ausfüllen, in seiner Rolle als Investor ist er vermögensverwaltend tätig. Anstatt schon frühzeitig die Mitglieder zu informieren und transparent mit dem Vorgang umzugehen, hat er seine Mit-Investoren geschützt und den Vorgang abgeschlossen. Erst nach Veröffentlichung durch die Legio Augusta nahm auch die Presse den Ball auf und es erfolgte eine ausführliche Erklärung in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen. Eine offizielle Information der Mitglieder des FC Augsburg 1907 e.V. steht weiterhin aus. Ob, wie nun kommuniziert wurde, eine Information nach der englischen Woche erfolgt wäre, hätte sich der FCA mitten im Abstiegskampf befunden, kann jeder für sich selbst beurteilen. Wann der FC Augsburg eine Lösung findet, um eine Jahreshauptversammlung auch virtuell zu veranstalten, steht in den Sternen. Die Mitglieder einzubinden hatte schlicht nicht die höchste Priorität. Michael Ströll hat im Interview bei Sky gestern eingestanden, dass man die Kommunikationsstrategie nicht zu Ende gedacht hatte. Jetzt gilt es für die Zukunft strukturell die Einbindung der Mitglieder sicherzustellen.

Zusammenfassung

Der FCA war und ist ein Investorenclub. Nun gab es einen Wechsel in der Investorenschaft, der für die aussscheidenden Investoren eventuell einen netten Spekulationsgewinn eingebracht hat. Wie der Ausstieg der Alt-Investoren zeigt, war von deren Seite keine allzu hohe Identifikation mit dem FC Augsburg vorhanden. Viel schlimmer kommt es nun mit dem Neu-Investor David Blitzer wohl auch nicht. Kurzfristige Vorteile für den FCA sind nicht zu erwarten und entsprechend hat die Transaktion momentan keine Auswirkungen. Es wird sich im Zeitablauf zeigen, wenn uns Klaus Hofmann mit David Blitzer angeschleppt hat.

Robert Götz hat seinen Kommentar betitelt mit: Neuer US-Investor: Die FCA-Fans müssen vertrauen – anderes bleibt ihnen nicht. Dem möchte ich widersprechen. Aufsichtsratsstrukturen bei einem Verein sind ja nicht nur zum Spaß vorhanden. Insofern würde ich als Mitglied des Vereins gerne wissen, wann Vereinspräsident Klaus Hofmann den Aufsichtsrat der FC Augsburg 1907 e.V. über den Investorenwechsel informiert hat. Zudem gilt es aus Mitgliedersicht zu prüfen, wie der Verein auf den Investorenwechsel reagiert hat. Ich könnte mir vorstellen als Mitglied, die Protokolle der Aufsichtsratssitzungen des FC Augsburg 1907 e.V. vor der nächsten Jahreshauptversammlung anzufordern.

Darüber hinaus gilt es aus Mitgliedersicht darauf zu drängen, dass die Mehrheit der Plätze im Aufsichtsrat der FC Augsburg 1907 GmbH & Co. KGaA durch Vereinsvertreter besetzt wird. Zudem sollte darauf gedrungen werden, dass die FC Augsburg 1907 GmbH & Co.KGaA alle Anstrengungen unternimmt, Anteile an den FC Augsburg 1907 e.V. langfristig zurückzuführen. Wer hier nun schon etwas länger mit liest, der erkennt kaum etwas neues. Dies sind Forderungen, die ich schon seit längerem vertrete. Vielleicht hat der Anteilsverkauf nun doch dem ein oder anderen zusätzlich die Augen geöffnet, wie schnell auch die weiteren Anteile am FC Augsburg verkauft werden könnten, ohne dass es jemand mitbekommen würde. Es ist höchste Zeit strukturell anzupassen, um sich nicht erneut verwundert die Augen reiben zu müssen in der Zukunft. Fußballclubs sollten keine Spekulationsobjekte sein! Es ist so ähnlich wie im Abstiegskampf in früheren Jahren: Es ist Zeit aufzuwachen, bevor es zu spät ist.

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