Ich war am Samstag in Gladbach und mir war nach der ersten Halbzeit klar, dass wir neue Impulse brauchen, um die Saison in die richtige Richtung zu lenken und nicht abzusteigen. Klarer Fokus aller Beteiligten auf den Abstiegskampf. Und wo ich mich letzte Woche noch gefragt habe, was der Scheiß soll, so hat unser FCA zumindest abseits des Platzes wieder etwas in die Spur gefunden. Zumindest meiner Meinung nach. Warum ich das so sehe?
Die richtigen Prioritäten der Spieler
Für Caiuby hatte der FC Augsburg und seine Teamkameraden nicht die notwendige Priorität. Von einem Profifußballer kann man erwarten, dass er während der Saison und seiner zeitlich begrenzten Karriere vieles dem Job unterordnet. Caiuby hat das nun öfters nicht gemacht und sich daher bewusst dagegen entschieden, seinen Beitrag zu leisten. Anstatt ihn weiter zu decken, hat der Verein nun – nachdem man mit Caiuby selbst gesprochen hat – eine klare Grenze gezogen, wie auch schon bei Daniel Opare vor einem Jahr.
Da der FC Augsburg hier nun mit der entsprechenden Konsequenz vorgeht, hat es auch Martin Hinteregger erwischt, der Manuel Baum nach dem Gladbach-Spiel öffentlich im bayrischen Rundfunk kritisierte. Nun bin ich jemand, der die Entwicklung in 2018 auch als enttäuschend bezeichnete. Der Verein kann mit dem letzten Jahr nicht zufrieden sein. Es war allerdings ganz klar, dass diese öffentliche Meinungsäußerung Konsequenzen haben wird. Zudem war klar, dass die Verantwortlichen von Martin Hinteregger auch wissen wollen würden, ob er sich Manuel Baum in Zukunft unterordnen kann und alle gemeinsam wieder an einem Strang ziehen. Martin Hinteregger hat sich laut verlässlich unterrichteten Augsburger Kreisen schon länger mit dem Gedanken beschäftigt, den FCA zu verlassen. Mit seiner Kritik hat er dies nun beschleunigt und sein im 11er verkündetes Ziel, im Winter zu wechseln, erreicht.
Derweil hat sich unser FCA in dieser Situation souverän verhalten und den Störenfried erstmal für ein halbes Jahr nach Frankfurt ausgeliehen, ohne ihn ohne Not zu verschleudern. Als Ersatz konnte kurzfristig Reece Oxford gewonnen werden, der für die zweite Saisonhälfte aus West Ham kommt. Oxford hat in der letzten Saison in Gladbach erste Bundesligaerfahrung sammeln können und ist nach einem enttäuschenden Halbjahr in West Ham sicher heiß darauf zu spielen. Aus Gladbacher Kreisen habe ich vernommen, dass wir mit dem Tausch – bei aller Sympathie für den Typen Hinteregger – sogar noch einen guten Tausch gemacht haben könnten. Zumindest die größte Lücke im Kader wurde somit kurzfristig gestopft.
Die Personalie Jens Lehmann
Aber auch mit dem besten Kader wird das nichts, wenn das Coaching nicht bald mal wieder etwas zulegt. Mir graut es immer noch, wenn ich an die erste Halbzeit in Gladbach zurückdenke. Insgesamt war man in Augsburg allerdings immer von den fußballtaktischen Qualitäten von Manuel Baum überzeugt. Aber anscheinend wurde die Arbeit des Trainerteams intern analysiert und man hat festgestellt, dass diesem eine Komponente fehlt. Ein dekorierter Ex-Profi, der eine direktere Vorbildfunktion übernehmen kann und von dessen Erfahrungen die Spieler profitieren können. Gegenüber der Presse wurde als Vergleich der SV Werder Bremen genannt, wo Tim Borowski unter Florian Kohlfeldt als Co-Trainer arbeitet und diese Rolle übernimmt. Bremen hat sich in diesem Jahr deutlich stabilisiert.
Mit Jens Lehmann hat man einen ambitionierten Kandidaten gefunden, der schon erste Erfahrungen als Co-Trainer sammeln konnte. Unter Arsene Wenger bei Arsenal London, was ein deutliches Plus ist. Er kann im direkten Vergleich bei manchen Prozessen Verbesserungspotential aufzeigen und wird diese Punkte hoffentlich auch ansprechen. Lehmanns Ambitionen sind dabei sicherlich auch nicht, mit dem FCA in der zweiten Liga herum zu dümpeln. Mit ihm wurde der Anspruch gestärkt, unter der derzeitigen sportlichen Führung die Klasse zu halten. An sich ist man weiterhin vom eingeschlagenen Weg überzeugt und festigt die Strukturen.
Der FC Augsburg geht weiter seinen eigenen Weg
Das ist dann auch sehr typisch für unseren FCA. Insgesamt haben sich die Verantwortlichen in der Causa Caiuby nicht drängen lassen, sondern erst nach dem Gespräch mit dem Spieler die Konsequenzen verkündet. Der öffentliche Druck war enorm. Auch bei Martin Hinteregger war dem Verein wohl klar, dass die Suspendierung des Publikumslieblings in der jetzigen Situation nicht nur positive Reaktionen hervorrufen würde. Er wurde aber von Hinteregger in diese Situation manövriert. Wie viel davon bewusst von Hinteregger inszeniert war, sei mal dahingestellt. Zudem musste allen Beteiligten vorher klar gewesen sein, dass die Verpflichtung von Jens Lehmann als Co-Trainer große Aufmerksamkeit erregen wird. Dennoch waren alle Beteiligten von diesen Schritten überzeugt und haben Sie nun durchgezogen.
Dadurch wird der Markenkern des FC Augsburg eher gestärkt als geschwächt, genau wie das Trainerteam um Manuel Baum. Konstanz auf der Trainerposition, auch wenn es sportlich nicht immer perfekt läuft, ist weiterhin in dieser Branche eine Seltenheit. Der FCA ist eben nicht Hannover 96. Nachdem sich Jens Lehmann gerade erst als unerfahrener, lernbegieriger Trainerlehrling präsentiert hat, fällt zumindest mir die Vorstellung schwer, dass er kurzfristig als Chefcoach übernehmen wird.
Der FC Augsburg geht somit weiter seinen Weg und schert sich wenig, was von ihm erwartet wird. Ich habe dabei weiterhin großes Vertrauen in Stefan Reuter, denn wirtschaftliche Vernunft muss immer die erste Priorität sein. Daneben hat es sich zumeist ausgezahlt, dass eben nicht alles nach außen gekehrt wird. Das Martin Hinteregger schon vor dem Gladbach-Spiel kein Musterprofi war, ist dann eben auch aus offiziellen Kreisen nicht zu vernehmen, obwohl man hinter vorgehaltener Hand munkelt. Der FCA wäscht seine Wäsche nicht öffentlich und mir ringt das immer wieder großen Respekt ab.
In guten wie in schlechten Zeiten
Natürlich ist dies alles im Moment keine einfache Phase. Aber vieles sprich immer noch für uns. Der Kader war zu Saisonbeginn groß und nun werden wie sehen, wie tief die Personaldecke wirklich ist. In Ruhe stellen die Verantwortlichen die notwendigen Weichen für die nächsten Spiele. Hannover und Nürnberg geben sich dabei weiterhin große Mühe ganz unten zu landen. Nachdem der Verein nun die ersten Schritte getan hat, ist es an uns Fans die Spieler, die in den nächsten Spielen auf dem Platz stehen werden, zu unterstützen. Die Mannschaft wird das Publikum am Sonntag und in den kommenden Spielen brauchen und der Klassenerhalt sollte für alle oberste Priorität haben.
In dieser schwierigen Phase wird die Phrase “Augsburg hält zusammen” strapaziert werden. Aber wer nun in dieser schwierigen Phase davon abrückt, der braucht sich bei der nächsten Fahrt nach Liverpool nicht nach einer Karte erkundigen. Es läuft nicht immer rund und gerade dann liegt es an uns allen, an einem Strang zu ziehen. Ich bin am Sonntag im Stadion und würde mich freuen, wenn wir gemeinsam den ersten Schritt in die richtige Richtung machen würden.
Noch klingeln mir die Ohren – ob der beiden letzten Artikel. Dachte ich doch, sie wären beide von Andy. Dem ist Gott sei`s gedankt nicht so. Beide spiegeln aber die aktuelle Zerissenheit des Fan-Lagers wieder. Ich für meine Person kann mich, obwohl mir Baum von Anfang an nicht gerade als Glücksgriff erschien, trotz allem nur Andy anschließen. Reuter ist ein Fels in der Brandung und kein Fähnchen im Wind. Für mich ist er unverzichtbar für den FCA. Trotzdem sollte man den Kritikern Antworten geben. Mein Wunsch ist es, dass wir es schaffen an jedem Spiel als Einheit hinter der Mannschaft zu stehen – unabhängig von der kontroversen und durchaus nachvollziehbaren Diskussion ausserhalb der Spieltage.
Ich als Profifussballer würde auch mit der Zeit über ein anderen Verein nachdenken wenn ich Jahr für Jahr gegen den Abstieg spiele, der Verein nicht richtig in Spieler investiert (nur verletztungsanfällige) und der Trainer seine Taktik nicht überdenkt. Als Fußballprofi will man Erfolg haben und da kann ich von den verantwortlichen genauso erwarten wie die es von Ihm erwarten mit gescheiden Trainer und Transfers.
Wenn ich die Leistungen von Hinteregger bringen würde, würde ich mich eher Fragen, ob die Bundesliga oder die österreichische Liga die richtige für mich ist. In Österreich kann er wenigstens Meister werden und international spielen. Der Verein hat die letzten Jahre so viel in Spieler investiert wie noch nie, allerdings viel wichtiger, er hat in Dinge investiert die noch viel wichtiger sind. Sprich Jugend, Trainingsplätze, Geschäftsstelle und vieles mehr. Die Investitionen die letzten Jahre sind gewaltig für Augsburg und wenn ein Spieler nicht immer gegen den Abstieg spielen wird, sollte er nicht im vollen Bewußtsein in Augsburg unterschreiben. Das der Trainer die Taktik nicht überdenkt grenzt dann an völligen Populismus. In Gladbach hat man schließlich eine völlig andere Taktik als das Spiel davon gespielt. Man hat Dreierkette, Viererkette, mit oder ohne Pressing gespielt. Man kann die Ergebnisse kritisieren, man kann die Spielweise kritisieren, wer aber behauptet, der Trainer überdenkt oder ändert die Taktik nicht, der will eigentlich gar nicht sachlich kritisieren.
Mal sehen, was hier am Sonntagabend geschrieben wird, geschrieben werden muss… Ich war zwar in Gladbach nicht dabei, aber das Heimspiel davor gegen Düsseldorf hat bei mir das Fass zum Überlaufen gebracht, nachdem ich das monatelange Schöngerede davor erduldet habe.